8. Planung optimaler Bestellmengen ausgewählte praxisrelevante Bedingungen Definitionen, Grundsätzliches Fertigungslos (Fertigungsauftrag) Als Losgröße wird die Menge gleichartiger Materialien (z.b. Rohmaterial, Teile, Baugruppen, Produkte9 bezeichnet, die zusammenhängend, d.h. ohne Unterbrechung gefertigt werden. Bestellos (Bestellauftrag) Ein Bestellos ist die Menge gleichartiger Materialien, die zusammenhängend, d.h. mit einem Bestellvorgang bestellt werden. Optimale Losgröße Eine optimale Losgröße ist eine auf einen Zeitpunkt bezogene und an einer ostenminimierungsvorschrift orientierte Auftragsmenge. Materialbedarfsplanung und Losgrößenplanung hängen zusammen. Prinzipiell ist es möglich, Lose durch Teilung von Netto-Bedarfsgrößen einer Periode oder durch Zusammenfassen zeitlich aufeinanderfolgender Netto-Bedarfe zu bilden. Die Bestimmung kostenminimaler Losgrößen setzt Materialbereitstellung unter Vorratshaltung voraus. Als Bestandteil von PPS-Systemen ordnen sich die Planung von Fertigungsaufträgen und Bestellaufträgen in die Auftragsplanung ein. Fertigungs- und Bestellauftragsplanungen weisen strukturgleiche Probleme auf. 1
Planung optimaler Bestellmengen-Verfahrenssystematik In Literatur und Praxis sind eine Vielzahl von Verfahren zur Planung von Losgrößen bekannt. Die nachfolgende Übersicht zeigt wesentliche Systematisierungsaspekte und zugeordnete Verfahrensgruppen. riterium Verfahrensgruppe Bedarfsverlauf Statische Verfahren Dynamische Verfahren Qualität der Lösung Exakte Verfahren Näherungsverfahren Stufigkeit des Verfahrens Einstufige Verfahren Mehrstufige Verfahren Anzahl Produkte Ein-Produktverfahren Mehrproduktverfahren Beachtung von apazität Verfahren ohne Verfahren mit apazitätsbeschränkung apazitätsbeschränkung Planungsumgebung statisch rollierend Legende: Merkmale des klassischen Losgrößen-Verfahrens nach Harris bzw. ANDLER Sicherheit der Daten Deterministische Verfahren Stochastische Verfahren ostenminimierungsvorschrift Verfahren ohne Vorschrift Verfahren mit Vorschrift 2
Planung optimaler Bestellmengen-lassisches Bestellmengen-Modell-1 Prämissen für die Modellanwendung: Betrachtung nur einer Materialart; konstanter Materialbedarf bei einem vorgegebenen Gesamtbedarf des Planungszeitraumes (eine Periode Einperiodenmodell); unendlicher Planungshorizont; keine Bestelldauer; beliebig teilbare Beschaffungsmengen; onstante Einstandspreise, konstante osten pro Bestellung; lineare Lagerhaltungskosten bezogen auf die Lagermenge; keine Restriktionen hinsichtlich Beschaffungs- und Lagermengen; Fehlmengen sind nicht erlaubt. Verwendete Formelsymbole: M Gesamtbedarf pro Periode [ME/ZE] osten pro Bestellung [GE] p Lagerhaltungskostensatz [%)] p L Lagerkostensatz [%] p Z x, x opt kalk. Zinssatz[%] Losgröße, optimale Losgröße [ME] G Gesamtkosten der Periode [GE/ZE] u m unmittelbare Beschaffungskosten der Periode [GE/ZE] mittelbare Beschaffungskosten der Periode [GE/ZE] B Bestellkosten der Periode [GE/ZE] L Lagerkosten der Periode [GE/ZE] E Einstandspreis [GE/ME] 3
lassisches Bestellmengen-Modell-2 Prinzip G + + G U L B L Ansatz G u + G m M E+ M x p + E x 2 100 u B L B xopt Angenommener Verlauf des Lagerbestands: x m Die Null gesetzte 1. Ableitung von G führt schließlich zur Formel für die optimale Bestellmenge. Deren 2. Ableitung dient dem Nachweis des ostenminimums. Bestand x x 2 t x opt M 200 E p 4
lassisches Bestellmengen-Modell-3 Modifizierung des Modells durch Berücksichtigung von Mengenrabatten Zur Verbesserung der Praxisnähe soll nun die Prämisse konstanter Einstandspreis aufgehoben werden. Im Modell werden nun Mengenrabatte berücksichtigt.. Mengenrabatte sind Preisnachlässe des Lieferanten bei Abnahme größerer Mengen an Material durch den unden. Üblich sind u.a.: Preisstaffelungen, prozentuale Preisnachlässe, Gratiseinheiten. Zu beachten ist hierbei, das Staffelpreise für die gesamte Bestellmenge gültig sind. Aufgabe: Überlegen Sie, welche Wirkung eine Rabattierung in Form der Preisstaffelung in Hinblick auf die Gesamtkosten der Beschaffung hat. Visualisieren i Sie Ihre Gedanken zur Gesamtkostenentwicklung t t kl im nachfolgendem Diagramm! Wirkung der Rabattierung: 5
lassisches Bestellmengen-Modell-4 Modifizierung des klassischen Modells durch Berücksichtigung von Mengenrabatten G B Staffelung 1 E 1 > Staffelung 2 Staffelung 3 E 2 > E 3 x 6
lassisches Bestellmengen-Modell-5 Modifizierung des klassischen Modells durch Berücksichtigung von Mengenrabatten Vorgehensweise zur Bestellmengenplanung g mit Mengenrabatten 7
lassisches Bestellmengen-Modell-6 Übungsaufgabe 1 Von einer definierten Materialart sind folgende Ausgangsgrößen bekannt: Jahresbedarf M 100 000 Stück Bestellfixe osten 100 je Bestellung Lagerhaltungskostensatz p 25% als Durchschnitt im Jahr Einstandspreise nach folgender Staffelung Rabattstaffelung Menge in Stück Stückpreis in 1 1 bis 2999 10 2 3000 bis 5999 8 3 6000 bis 8999 6 Ermitteln Sie die absolut kostenoptimale Bestellmenge x opt/abs! 8
lassisches Bestellmengen-Modell-7 Modifizierung des klassischen Modells durch Berücksichtigung von Preiserhöhungen der Lieferanten Ausgangssituation Ein Lieferant kündigt eine Preiserhöhung für ein aufteil an. Ursache der Preiserhöhung ist eine vom beschaffenden Unternehmen vorgenommene konstruktive Änderung an diesem aufteil, die zu einer ostenerhöhung im Produktionsprozess des Lieferanten führt. Die Preiserhöhung wird somit vom beschaffenden Unternehmen prinzipiell akzeptiert. Beschreiben Sie zunächst die Entscheidungssituation des Beschaffers! Formulieren Sie hieraus den mathematischen Ansatz für die Modellmodifizierung! 9
lassisches Bestellmengen-Modell-7 Übungsaufgabe 2 Ein Unternehmen bezieht von einem Lieferanten ein aufteil zu einem Stückpreis von 8,-. Pro Woche werden 100 Stück von diesem Teil benötigt. Der Lieferant kündigt eine Preiserhöhung um 10% an. Der durchschnittliche jährliche Lagerhaltungskostensatz beträgt 25%. Wieviel Material soll noch zum alten Preis bestellt werden? 10
Bestellmengenplanung-Verfahren der gleitenden wirtschaftlichen Losgröße Ausgangspunkt Die Anwendung des klassischen Bestellmengen- / Losgrößenplanungsverfahrens setzt voraus, daß der Nettobedarf einer Planungsperiode bekannt ist. Die Berechnung der optimalen Bestellmenge entsteht durch Teilung des Gesamtbedarfs. Dieser Ansatz ist für die Praxis nachteilig, da häufig der periodenbezogene Gesamtbedarf einer Materialart nicht bekannt ist und / oder Nettobedarfsgößen aufeinanderfolgender Teilperioden einer Gesamtperiode bereits festgelegt sind. Für diese Situation ist es zweckmäßig, die Optimierung der Bestellmengen nicht durch Teilung einer Gesamt- bedarfsgröße, sondern durch Bündelung von zeitlich aufeinanderfolgenden Nettobedarfsgrößen vorzunehmen. Diese Vorgehensweise ist in folgenden wichtigen Verfahren verankert: 1. Methode der gleitenden wirtschaftlichen Bestellmenge / Losgröße 2. Stückperiodenzahl-Verfahren 3. ostenausgleichsverfahren 4. Grenzkostenverfahren (GROFF) 5. Silver-Meal-Verfahren l (SILVER, MEAL) 6. Verfahren nach WAGNER und WITHIN Vorgehensweise- Methode der gleitenden wirtschaftlichen Bestellmenge Die Reichweite einer Bestellmenge wird durch Zusammenfassen der Nettobedarfsgrößen zeitlich aufeinanderfolgender Teilperioden einer Gesamtperiode solange erhöht, bis die mittelbaren Beschaffungskosten je Stück erstmals ansteigen. Die hierbei zuletzt vorgenommene Bedarfsbündelung bleibt in der Rechnung unwirksam. 11
Verfahren der gleitenden wirtschaftlichen Losgröße-Anwendungsbeispiel-1 Ausgangssituation Für ein aufteil liegt über eine Planungsperiode von 9 Wochen die nachfolgend dargestellte Nettobedarfsreihe vor: alenderwoche (W) 26 27 28 29 30 31 32 33 34 Teilperiodenlänge [Tage] 7 7 7 7 7 7 7 7 7 Rechnungsperiode k [-] 1 2 3 4 5 6 7 8 9 Nettobedarf m k [Stück] 60 40 30 60 20 50 20 55 25 Als weitere kostenbezogene Größen sind bekannt: Bestellfixe osten 15,00 Einstandspreis 30,00 7 Stück Durchschnittlicher jährlicher Lagerhaltungskostensatz 24 % Aufgabe 1. Berechnen Sie die optimale Bestellmenge und die hieraus resultierenden mittelbaren Beschaffungskosten 2. Berechnen Sie die optimale Bestellmenge nach der Methode der gleitenden wirtschaftlichen Bestellmenge (vgl. Demonstrationsbeispiel) 3. Vergleichen Sie die mittelbaren Beschaffungskosten aus beiden Verfahren! 12
Verfahren der gleitenden wirtschaftlichen Losgröße-Anwendungsbeispiel-2 Lösung: zu 2: Mittelbare Beschaffungskosten 89,67 Periode Reich- Bestell- Bestell- Lagerhaltungskosten g Mittel- Stück- Bem. weite menge kosten (Menge*Dauer*ostensatz) bare kosten [-] [Tage] [Stück] [ ] [ ] Beschaf- fungs- osten [ / [ ] Stück] 1 7 60 15,- 60*0*0,1380,00 15,00 0,2500-2 14 100 15,- 0*40*1*0,1385,52 20,52 0,2052 fallen 3 21 130 15, - 5,52+30*2*02 0,13813,80 28,8080 0,2215 steigen 3 7 30 15,- 30*0*0,1380,00 15,00 0,5000-4 14 90 15,- 0+60*1*0,1388,28 23,28 0,2580 fallen 5 21 110 15,- 8,28+20*2*02 0,13813,80 80 28,8080 0,2620 steigen 5 7 20 15,- 20*0*0,1380,00 15,00 0,7500-6 14 70 15,- 0+50*1*0,1386,90 21,90 0,3130 fallen 7 21 90 15,- 6,9+20*2*02 0,13812,42 27,42 0,3050 fallen 8 28 145 15,- 12,42+55*3*0,13835,19 50,19 0,3460 steigen 8 7 55 15,- 55*0*0,1380,00 15,00 0,2730-9 14 80 15,- 0+25*1*0 0,1383,45 18,45 0,2310 fallen 13
Bestellmengenplanung-Verfahren nach WAGNER-WITHIN-1 Ausgangspunkt Der zeitliche Bedarfsverlauf einer Materialart schwankt, d.h. er verläuft dynamisch. Die optimalen Bestellmengen werden ähnlich dem Verfahren der gleitenden wirtschaftlichen Bestellmenge durch Bündelung zeitlich aufeinander- folgender Nettobedarfe ermittelt. Prämissen für die Modellanwendung: Betrachtung nur einer Materialart; Dynamischer Bedarfsverlauf onstante Bestellkosten und Lagerhaltungskosten Planungszeitraum umfasst die Teilperioden t 1,2, T Bedarf m t > 0 in t Prinzip Unterscheide zwei Alternativen zur Bestimmung der Gesamtkosten t einer optimalen Bestellpolitik der Perioden 1,..,t: 1. Nachfrage von t wird aus einer Bestellung in t befriedigt 2. Nachfrage von t wird aus der Bestellung einer früheren Periode j<t gedeckt. Aus beiden Alternativen ist die kostengünstigste auszuwählen: Fehlmengen sind nicht zugelassen Lagerkapazität ist unbeschränkt i min ( t min 0<j<t 1 ) + ( t ) { ( j 1 ) + j + ( j 1 ) m Ti } t i j + 1 Lieferung der Bestellmenge x t erfolgt zu Beginn jeder Teilperiode Es werden schließlich schrittweise die osten (0) bis (T) berechnet. 14
Bestellmengenplanung-Verfahren nach WAGNER-WITHIN-2 Beispiel Gegeben sei die nachfolgende Nettobedarfsreihe einer definierten Materialart und weitere für die Bestellmengenplanung wichtige Größen: Periode t [-] 1 2 3 4 5 6 Bedarf m T [ME] 40 60 70 80 70 60 Bestellfixe osten 100 Lagerhaltungskostensatz 30 % ( im Durchschnitt über 12 Teilperioden) Einstandspreis 40 / ME Aufgabe 1. Bestimmen Sie zunächst die Lagerhaltungskosten je ME und Periode t 2. Ermitteln Sie die optimale Bestellpolitik (optimale Bestellmengen,) nach dem WAGNER-WITHIN-Verfahren! Annahme: Lagerbestand zu Beginn und am Ende der Periode gleich Null! Bestellfixe osten und Lagerhaltungskostensatz für alle Teilperioden konstant 15
Bestellmengenplanung-Verfahren nach WAGNER-WITHIN-3 Lösung osten einer Bestellung kt für die Bedarfe der Perioden t bis l mit t 1,,l, T Be ereitstellung gsperiode k Bedarfsperiode t (40) (60) (70) (80) (70) (60) 1 2 3 4 5 6 1 100 160 300 540 820 1120 2 200 270 430 640 880 3 260 340 480 660 4 360 430 550 11 100 + 1 m 12 13 14 15 22 23 24 25 26 33 34 35 11 12 13 14 11 22 23 24 25 + + + + + + + + T 2 2 m 3 m 4 m 1 m T 3 T 4 2 m 3 m T 5 200 T 3 4 m { min, } 33 34 11 + + + 22 1 m 2 m 3 m T 4 T 5 T 6 T 4 T 5 100 + 1 1 60 160 + 160 + 1 2 70 300 300 + 1 3 80 540 540 + 1 4 70 820 200 + 1 1 70 270 270 + 1 2 80 430 430 + 1 3 70 640 640 + 1 4 60 880 { min,, } 160 + 100 260 260 + 1 1 80 340 340 + 1 2 70 480 480 + 1 3 60 660 260 + 100 360 5 440 500 45 44 + 1 mt 5 360 + 1 1 70 430 46 45 + 2 mt 6 430 + 1 2 60 550 6 530 55 { min 14, 24, 34, 44 } + 340 + 100 440 56 55 + 1 mt 6 440 + 1 1 60 500 { min,,,, } + 430 + 100 530 Die optimalen Bestellmengen je Bereitstellungsperiode werden durch Rückwärtsrechnung, ausgehend von min der letzten Periode (hier 500 ) ermittelt. 36 44 66 35 15 13 25 23 T 6 35 33 + 45 55 16
Bestellmengenplanung-Verfahren nach WAGNER-WITHIN-3 Lösung Optimale Bestellpolitik Bereitstellungsperiode für Bedarfsperiode Bestellmenge 1 1,2 100 3 3,4 150 5 5,6 130 17