Wortprotokoll * 17. Wahlperiode. Öffentliche Sitzung. Ausschuss für Bauen, Wohnen und Verkehr. 27. Sitzung 22. Mai Andreas Otto (GRÜNE)

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Transkript:

Plenar- und Ausschussdienst Wortprotokoll * Öffentliche Sitzung Ausschuss für Bauen, Wohnen und Verkehr 27. Sitzung Beginn: Schluss: Vorsitz: 14.05 Uhr 17.17 Uhr Andreas Otto (GRÜNE) Punkt 1 der Tagesordnung Siehe Inhaltsprotokoll. Aktuelle Viertelstunde Vorsitzender Andreas Otto: Wir kommen nun zu Punkt 2 der Tagesordnung a) Besprechung gemäß 21 Abs. 3 GO Abghs Weiterer Umgang mit Objekten der alten Wohnungsbauförderung, die sich in der Auszahlungs- oder Bedienphase befinden, und solchen, die dem Wegfall der Anschlussförderung unterliegen (auf Antrag aller Fraktionen) 0128 BauVerk Hierzu: Anhörung * Die in der gedruckten Fassung des Protokolls schwarz-weiß sichtbaren Abbildungen sind in der PDF-Datei in der Dokumentation des Abgeordnetenhauses in den Originalfarben dargestellt. Redaktion: M. Nickert, Tel. 2325-1453 bzw. quer 99407-1453

Seite 2 Wortprotokoll BauVerk 17/27 b) Besprechung gemäß 21 Abs. 3 GO Abghs Erster Austausch über die Ergebnisse der wohnungspolitischen Konferenz vom 13.11.2012 zum Sozialen Wohnungsbau (auf Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, der Fraktion Die Linke und der Piratenfraktion) c) Antrag der Fraktion Die Linke Drucksache 17/0679 Erwerb der barrierefreien Sozialwohnungen in der Palisadenstraße durch ein städtisches Wohnungsunternehmen 0094 BauVerk 0100 BauVerk Haupt Besteht der Bedarf zu begründen? Wir müssen das nicht machen. Diese Punkte standen alle schon einmal auf der Tagesordnung. Dann könnten wir im Prinzip nahtlos zur Anhörung schreiten. Ich gehe davon aus, dass wir ein Wortprotokoll anfertigen lassen. Ich höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich habe die Anzuhörenden vorhin schon begrüßt, aber mache es ruhig noch mal auch weil die Namensschilder aus dem Zuschauerraum nicht zu sehen sind. Ich begrüße Frau Sprungala vom BFW, von der Investitionsbank Frau Genth und Herrn Schneider, Herrn Jung von der Sozialmieterinitiative und Frau Hamann und Frau Cakmak von der Initiative Kotti & Co. Wir hatten ursprünglich vier Anzuhörende eingeladen, aber jetzt sind manche zu zweit gekommen. Ich habe allen gesagt, dass trotzdem jeweils nur eine Redezeit von maximal zehn Minuten zur Verfügung steht. Wenn Sie sich diese zehn Minuten aufteilen, dann können Sie das selbstverständlich eigenverantwortlich machen, aber bitte halten Sie sich an die Zeitvorgabe! Im Bedarfsfall würde ich Sie auch bitten, zum Schluss zu kommen. Unsere Erwartung an die heutige Anhörung ist, dass Sie uns ein Bild vermitteln: Wie steht es um die Miethöhen? Wie steht es um den Leerstand? Wie steht es um die Situation von Eigentümern? Gibt es noch viele Insolvenzfälle? Von diesen Themen erhoffen wir uns ein breites Bild. Es gibt auch eine Präsentation von der IBΒ, die verteilt wurde und die wir dann an der Wand sehen werden. Jetzt müssen wir uns nur noch einigen, wie wir anfangen wollen. Ich schlage vor, vielleicht von links nach rechts. Wollen Sie anfangen, Frau Cakmak von Kotti & Co.? Ja! Zum Ablauf generell: Wir machen jetzt diese Anhörung, diese viermal zehn Minuten. Danach würde ich dem Senat das Wort geben Herr Müller nickt, Herr Gothe. Sie würden dann Stellung nehmen können. Es folgt eine Fraktionsrunde, pro Fraktion eine Person, und im Anschluss bekommen die Anzuhörenden wieder das Wort, damit sie die aufgeworfenen Fragen beantworten können. Ich vermute, dass wir dann zeitlich so weit sein werden, das wir diesen Tagesordnungspunkt abschließen. Wenn es zu diesem Verfahren keinen Widerspruch gibt, dann machen wir das so. Bitte, Frau Cakmak, Sie haben das Wort! Fatma Cakmak (Kotti & Co.): Ich bedanke mich zunächst für die Einladung! Sehr geehrte Abgeordnete! Vor einem Jahr haben wir, die Mieterinitiative Kotti & Co., begonnen, uns gegen jährliche Mietsteigerungen im sozialen Wohnungsbau zur Wehr zu setzen, und deshalb sind wir heute von Ihnen eingeladen worden. Wir sind nicht die Ersten und werden nicht die - ni/sth -

Seite 3 Wortprotokoll BauVerk 17/27 Letzten sein, die gegen die unhaltbaren Zustände im sozialen Wohnungsbau ihre Stimme erheben. Das tun mit uns auch viele andere wie die Palisaden-Panther, das Bündnis Sozialmieter.de und die anderen Mieterinitiativen des mieterpolitischen Dossiers. Wir haben durch unsere Mischung aus Kreativität und Beständigkeit die Aufmerksamkeit der bundesweiten und internationalen Öffentlichkeit auf das Problem der Mieten, insbesondere der Sozialmieten in Berlin gelenkt. Worin besteht dieses Problem? Seit Jahren sind die Berlinerinnen und Berliner nicht nur diejenigen, die im sozialen Wohnungsbau leben die Leidtragenden der kontinuierlichen Mietsteigerungen in unserer Stadt. Es ist zynisch, diese Entwicklung als Zeichen einer sozialen Aufwertung zu begrüßen. Damit lässt die Politik nicht nur ihre Bürger im Stich, sondern sie zeigt sich auch blind für das, was Berlin für Zuzügler aus aller Welt so attraktiv macht. Es ist die Mischung aus Normalität, Bildung, Kunst und Kreativität, die ganze Bandbreite der verschiedenen Lebensentwürfe der Menschen in der Berliner Innenstadt, die einmalig ist. Möglich wurde sie durch niedrige Mieten, durch bezahlbaren Wohnraum, gerade in der Innenstadt. Der soziale Wohnungsbau, der sich nicht auf Großsiedlungen am Stadtrand beschränkte, hat daran seinen Anteil. Seine Aufgabe, für die Milliarden an öffentlichen Geldern flossen, war die Bereitstellung von bezahlbarem Wohnraum für Niedrig- und Normalverdiener. Dieser Aufgabe wird er in Berlin schon seit Längerem nicht mehr gerecht. Das Kostenmietensystem ein grundsätzlich sinnvolles wohnungspolitisches Instrument wurde in Berlin durch spezielle Strukturen pervertiert, für die nicht selten die Bezeichnung mafiös gebraucht wird und über die wie bekannt schon einmal eine CDU-SPD- Koalitionsregierung stürzte. Die Kostenmieten wurden in den Siebziger-/Achtzigerjahren künstlich in die Höhe getrieben. Es wurden bis zu 22 Euro pro m² amtlich genehmigt. Hierfür trägt das Land Berlin die Verantwortung, was heute die Politik zu verdrängen versucht, ebenso wie es die Mieter verdrängt, die Berlin und seine Kieze mit aufgebaut und attraktiv gemacht haben. Beim angeblichen Ausstieg 2003 hat Finanzsenator Sarrazin nicht an die Mieterinnen und Mieter gedacht. Der Ausstieg hat nicht die alten Förderverträge verändert, sodass heute das Land noch auf die Rückzahlungen durch die Mieter des sozialen Wohnungsbaus spekuliert. Im neuen Koalitionspapier vom 7. Mai legt die Koalition sogar fest, dass der Neubau ausschließlich aus den Rückzahlungen unserer Häuser und aus Bundesgeldern finanziert werden soll. Mit der Vertreibung der Armen wird also der Neubau finanziert. Heute sitzen wir Mieter dank des alten Fördersystems und des missglückten Ausstiegs auf zwei Zeitbomben. Eine explodiert langsam und besteht in jährlichen Mieterhöhungen. Die Anhebung der Tilgungsrate der Darlehensrückzahlungen durch das Land Berlin sorgt dafür, dass heute schon die soziale Miete am Kottbusser Tor 6 Euro netto/kalt pro m² und ungefähr 10 Euro warm beträgt. Das Jobcenter genehmigt nur 4,91 Euro kalt und 2 bis 3 Euro warm. In den meisten Wohnungen des sozialen Wohnungsbaus leben nach wie vor die Menschen, für die sie einst gedacht waren diejenigen, die den Aufstieg noch nicht geschafft haben oder nicht mehr schaffen können, Rentnerinnen und Rentner, Menschen mit drei Jobs, die immer noch nicht die Miete zahlen können, Arzthelferinnen und arbeitslose Bauingenieure, die beim Jobcenter aufstocken müssen, umgeschulte Elektrotechniker, selbstständige Taxifahrer mit oder ohne Migrationsgeschichte. Wir Mieterinnen und Mieter versuchen, die überhöhten Mieten aufzubringen. Jährlich verliert das Land Berlin so allerdings sympathisch bezahlbaren - ni/sth -

Seite 4 Wortprotokoll BauVerk 17/27 Wohnraum durch Erhöhung der Tilgungsraten. Dass mit dem Mietenkonzept den Vermietern Geld geschenkt wird, ist ein Mythos. Das Geld müssen entweder wir Mieter aufbringen, ohne Mietenkonzept, oder das Land Berlin verzichtet auf Einnahmen. Die Vermieter werden ohnehin nicht zur Kasse gebeten. Das garantiert ihnen das Land Berlin mit 30 Jahre alten Förderverträgen. Hier muss dringend etwas unternommen werden, um die Wohnungen für die Mieterinnen und Mieter und das Land Berlin zu erhalten. Sollte das Mietenkonzept, das immerhin in 19 000 Wohnungen die Verdrängung aufhält, nicht weitergeführt werden, werden wir Mieter mehr Zwangsräumungen zu verhindern haben. Die zweite Zeitbombe ist das Wohnraumgesetz. Private Vermieter können sich durch die Abzahlung der Darlehen direkt aus den Bindungen rauskaufen. Damit können sie theoretisch auch in den restlichen öffentlich geförderten 110 000 Wohnungen die Kostenmiete erheben. Wir halten die Abschaffung des sozialen Wohnungsbaus, welche Bürgermeister Wowereit aus diesem Anlass bekanntgab, nicht für einen Fortschritt, sondern für eine Kapitulation der Politik. Diese Kapitulation muss dringend rückgängig gemacht werden. Der Politik muss klar sein, dass sie für ihre Wählerinnen und Wähler Verantwortung trägt. Sie muss in der Wohnungspolitik wieder eine gestaltende Rolle spielen. Es müssen Lösungen für die Bestandsmieter gefunden werden, und die heißen nicht Neubau. Neubau ist unter 7 Euro pro m² nicht zu haben. Das sind keine bezahlbaren Mieten. Wir müssen schon bei 6 Euro kalt an allem sparen. Jeden Tag müssen wir als Mütter mit der Familienkasse kämpfen und unseren Kindern alles an Bildung, Kultur und Essen verwehren. Wir können nicht mehr. Und wenn wir nicht unsere Familien und Freunde, unsere Netzwerke in der nächsten Nähe hätten und unsere Eltern pflegen würden, könnten wir gar kein würdevolles Leben mehr führen und unsere Eltern würden von den Pflegediensten und dem Staat abhängig sein. Für uns, die Mieter im sozialen Wohnungsbau, bedeutet die Kapitulation der Politik: Wir zahlen 50, 60 oder 70 Prozent unseres Einkommens für die Miete. Das ist nicht nur unbezahlbar für sogenannte Transferleistungsempfänger, von denen viele einen langen Arbeitstag mit zwei Jobs oder ein langes Arbeitsleben hinter sich haben. Auch Geringverdiener aus der unteren Mittelschicht und selbstständige Kleinunternehmer, Künstler oder Angestellte können sich diese Mieten nicht mehr leisten. Im Ergebnis geht die soziale Mischung, um deretwillen angeblich die Belegungsbindung in den Großsiedlungen im vergangenen Jahrzehnt aufgehoben wurde, verloren. Wir möchten nicht umziehen. Neubau ist für uns Berliner Mieterinnen und Mieter keine Option. Deshalb müssen Lösungen für den Bestand gefunden werden. Und das ist: Ankauf ist billiger als Neubau. Wir schlagen deshalb ein umfassendes Rekommunalisierungsprogramm vor. Die Gelder, die aus unseren Mieterhöhungen kommen, dürfen nicht für unbezahlbaren Neubau verwendet werden, sondern sollen für den Ankauf im Bestand festgelegt werden. Das Land Berlin soll endlich seiner eigenen Verfassung treu werden, die in Artikel 28 Abs. 1 festlegt: Jeder Mensch hat das Recht auf angemessenen Wohnraum. Das Land fördert die Schaffung und Erhaltung von angemessenem Wohnraum, insbesondere für Menschen mit geringem Einkommen, sowie die Bildung von Wohnungseigentum. Für die Menschen, die den Marktpreisen keine geeigneten Löhne oder Renten bieten können, muss der aus Steuermitteln geförderte soziale Wohnungsbau gerettet werden. Damit die Poli- - ni/sth -

Seite 5 Wortprotokoll BauVerk 17/27 tik ihrem verfassungsmäßigen Auftrag wieder nachkommt, stellen wir folgenden Antrag zur Abstimmung: Das Berliner Abgeordnetenhaus möge beschließen: Der Senat wird aufgefordert, erstens [Daniel Buchholz (SPD): Den Text haben wir schriftlich vorliegen!] Okay, dann lassen wir das, dann war es das. Ich danke. Vorsitzender Andreas Otto: Die zehn Minuten Redezeit sind jetzt auch um. Vielen Dank, Frau Cakmak! [Fatma Cakmak (Kotti & Co.): Okay! Ich danke auch!] Dieses Papier, das Sie gerade verlesen wollten, haben Sie uns geschickt, und wir haben es an die Fraktionen verteilt. Das Papier enthielt die Überschrift: Entwurf für einen fraktionsübergreifenden Beschluss. Im Anschluss an diese Sitzung müssen sich die Fraktionen überlegen, wie sie damit weiter umgehen, sodass wir heute nicht darüber abstimmen werden. Letztlich muss das von den Fraktionen übernommen werden, wenn sie es für richtig halten, das irgendwie in den Geschäftsgang einzubringen. Herr Jung! Ich bitte Sie als Nächsten, uns Ihr Thema innerhalb von zehn Minuten darzustellen. Bitte schön! Sebastian Jung (Mieterstadt.de): Im Namen des Vereins Mieterstadt.de Netzwerk für soziales Wohnen und bürgernahe Stadtentwicklung danke ich für die Einladung! Wir sind ein neuer gemeinnütziger Verein, der aus dem Berliner Bündnis Sozialmieter.de hervorgegangen ist. Ein Schwerpunkt unserer Tätigkeit ist das Eintreten für einen bezahlbaren sozialen Wohnungsbau im Bestand, im gemeinsamen Interesse von Mietern und Steuerzahlern. Ich möchte heute mit Ihnen über versteckt preisgünstige Sozialwohnungen in der Innenstadt reden und wie hiermit am sinnvollsten umzugehen ist. Es gibt Sozialbauten, die auf den ersten Blick unbezahlbar sind, jedoch so unglaublich es klingt bis in die 2040er- bzw. 2050er- Jahre für sehr viele Menschen erschwinglich und für die Jobcenter geradezu ein Geschenk sein könnten und dies ohne den Landeshaushalt zusätzlich zu belasten. Ich habe mir erlaubt, eine grobe Einteilung der Berliner Sozialwohnungen vorzunehmen und zwar einmal hinsichtlich der Anschlussförderung, ja oder nein, sowie hinsichtlich der Frage, ob ein Eigentümerwechsel vorliegt oder nicht. Bei der Kategorie mit Eigentümerwechsel übernimmt der neue Eigentümer die Kostenlast des Voreigentümers, bei der Kategorie ohne Eigentümerwechsel ist das nicht der Fall. Im Folgenden muss ich mich aus Zeitgründen auf die Wohnungen beschränken, die vom Wegfall der Anschlussförderung betroffen sind. Es stellt sich die Frage, ob nicht vor Jahren schon alles entschieden worden ist in politischer Hinsicht ist das sicherlich der Fall. Eine Rückkehr zur Anschlussförderung wird es nicht geben sei es nun richtig, dass Berlin ohne jeden Kompromiss ausgestiegen ist oder nicht. Mit einem Wiedereinstieg in die Anschlussförderung rechnet aber auch niemand mich selbst eingeschlossen. - ni/sth -

Seite 6 Wortprotokoll BauVerk 17/27 - ni/sth -

Seite 7 Wortprotokoll BauVerk 17/27 Doch um diese Frage geht es hier schlicht nicht, sondern darum, wie das Beste aus dieser politischen Entscheidung gemacht werden kann. Ist in rechtlicher Hinsicht denn auch alles entschieden? Nein, sicher nicht! Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts aus dem Jahr 2006, mit dem die Rechtmäßigkeit des Wegfalls der Anschlussförderung bestätigt wurde, berührt nur die Frage, ob die Eigentümer als Subventionsempfänger einen Anspruch auf Weiterzahlung gegen Berlin als Subventionsgeber hatten. Das ist geklärt, nämlich dass dies nicht der Fall ist, doch über das Verhältnis von Mieter zu Vermieter sagt dies nichts aus. Gerichtlich ist nicht entschieden, ob die Konsequenzen aus dem Wegfall der Anschlussförderung aus Sicht der betroffenen Mieterinnen und Mieter tatsächlich so unausweichlich sind, wie dies in der Öffentlichkeit dargestellt wird. Es ist gerichtlich nicht entschieden, dass Mietsteigerungen bis zu mehreren hundert Prozent und die Verdrängung von Sozialmieterinnen und Sozialmietern aus ihren Wohnungen, die noch für Jahrzehnte als Sozialwohnungen gelten, hinzunehmen wären. Das Problem besteht darin, dass die Menschen, die in den Objekten des sozialen Wohnungsbaus in Berlin leben, nicht auf eine etablierte Lobby zurückgreifen können, um ihre Interessen zu wahren. Es ist daher wenig überraschend, dass die Mieter in Auseinandersetzungen zwischen Land und Eigentümern bzw. Vermietern nur selten vorkommen. Als neue Verbraucherschutzvertretung auf dem Gebiet des sozialen Wohnraummietrechts fordern wir von der Berliner Landespolitik, dass nun die gleichen Anstrengungen für die Sicherung des Mieterschutzes unternommen werden, wie sie vor zehn Jahren dazu erforderlich waren, um aus der Anschlussförderung auszusteigen. Ich möchte den Ausschuss in diesem Zusammenhang besonders auf eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 16. Januar 2004 hinweisen ich zitiere : Die Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG schützt nicht nur die Eigentumsposition des Vermieters, auch das Besitzrecht des Mieters einer gemieteten Wohnung ist Eigentum im Sinne von Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG. Die Befugnisse von Mieter und Vermieter zuzuordnen und abzugrenzen, ist Aufgabe des Gesetzgebers. Er muss die schutzwürdigen Interessen beider Seiten berücksichtigen und in ein ausgewogenes Verhältnis bringen. - ni/sch -

Seite 8 Wortprotokoll BauVerk 17/27 Im Folgenden möchte ich am Beispiel des Fanny-Hensel-Kiezes auf die Situation der Objekte ohne Anschlussförderung eingehen, bei denen ein Eigentümerwechsel vor dem Inkrafttreten des Wohnraumgesetzes am 10. Juli 2011 stattfand, und dann auf die Zusammenhänge überleiten, die dem neuen, äußerst lukrativen Geschäftsmodell zugrunde liegen. Im Fanny-Hensel- Kiez hat es nach finanzieller Schieflage des Immobilienfonds einen freihändigen Verkauf gegeben. Der neue Eigentümer macht nun eine siebenfach höhere Rendite geltend, 31,5 Prozent bezogen auf das eingesetzte Eigenkapital gegenüber 4,5 Prozent pro Jahr, was den Voreigentümer anging, geltend. Der Käufer hat 3,1 Millionen Euro aufwenden müssen, um das Objekt zu kaufen. Er lässt sich nun aber von den Mietern nicht nur die 3,1 Millionen Euro verzinsen, sondern alles, was darüber hinausgeht, bis einschließlich 8,6 Millionen Euro. Die Kostenmiete, basierend auf der Berechnung der tatsächlichen Kostenlast, basierend auf einer Rendite von 4,5 Prozent, also genauso hoch wie der Voreigentümer diese hatte, würde zu einer Kostenmiete von 7 Euro führen. Hier werden aber bis zu 13 Euro geltend gemacht und wenn es nicht heute ist, dann morgen oder die nächsten dreißig Jahre. 6 Euro pro Quadratmeter monatlich sind also fiktiv, existieren also gar nicht ein bundesweit einmaliger Vorgang, nur in Berlin möglich. Welches Prinzip liegt dem Geschäftsmodell zugrunde? Ich möchte das kurz skizzieren anhand der Finanzierung des bisherigen Eigentümers und dann überleiten zur Finanzierung des neuen Eigentümers. Der bisherige Eigentümer hat Eigenkapital eingebracht und Fremdmitteldarlehen aufgenommen, 1a-Darlehen, abgesichert durch den Objektwert, sowie 1b-Darlehen, abgesichert durch die Landesbürgschaft. Im Laufe der Zeit tilgt der Eigentümer die Fremd- - ni/sch -

Seite 9 Wortprotokoll BauVerk 17/27 mittel und führt immer mehr Eigenkapital in das Objekt ein. Dann hat der Berliner Senat beschlossen, aus der Anschlussförderung auszusteigen, mit der Konsequenz, dass die Immobilienfonds in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten sind, die Darlehen sofort fällig wurden und es letzten Endes unvermeidlich war, dass es zu einem Verkauf hier: einem freihändigen Verkauf gekommen ist. Mit dem Kauferlös hier der grüne Block in diesem Diagramm werden die Verbindlichkeiten gegenüber der Bank bedient. Wenn dies nicht ausreicht, dann muss zusätzlich der Steuerzahler dafür bluten, dann werden nämlich Mittel der öffentlichen Hand hier in Form der Geltendmachung von Bürgschaftsverpflichtungen, also Zahlungen aus der Inanspruchnahme von Bürgschaften fällig. Das Geschäftsmodell beruht nun darauf, dass der neue Eigentümer sich drei Kapitalanteile verzinsen lässt, einmal das, was er selbst in das Objekt eingebracht hat. Hier ist der Zinssatz der Rendite genauso hoch wie beim Voreigentümer das ist das, was hier in grün dargestellt worden ist. Darüber hinaus macht er zusätzlich das geltend, was der Alteigentümer bereits eingebracht hat, und lässt sich auch dies verzinsen. Das ist die Sonderrendite hier dargestellt in gelb. Und in den Fällen, in denen der Steuerzahler noch zur Kasse gebeten worden ist, erfolgt eine Sonderrendite, durch Privatverzinsung sozusagen, auf diese Steuergelder. - ni/sch -

Seite 10 Wortprotokoll BauVerk 17/27 - ni/sch -

Seite 11 Wortprotokoll BauVerk 17/27 - ni/sch -

Seite 12 Wortprotokoll BauVerk 17/27 Ob die Geltendmachung von Aufwendungen, die für den Vermieter tatsächlich nicht entstehen, mit geltendem Recht vereinbar ist, ist umstritten bzw. nicht abschließend geklärt. Sollten die Gerichte die Zulässigkeit dieses Geschäftsmodells schlussendlich verneinen, hätte dies zur Folge, dass die Durchschnittsmiete zumindest bei den Immobilien ohne Anschlussförderung in einigen Fällen auf Beträge von 4,50 bis 6 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche gesenkt werden müsste ich zitiere aus einem Artikel, veröffentlicht in Das Grundeigentum 2013, 527, 532, und hier ist angegeben, drei Ausrufezeichen : ohne Mieterhöhungsmöglichkeiten in den nächsten Jahrzehnten, wenn man von den verhältnismäßig geringfügigen Erhöhungsmöglichkeiten für Verwaltungs- und Instandhaltungskostenpauschalen absieht. Für das Eintreten des offenkundig als wirtschaftliche Katastrophe man beachte diese drei Ausrufezeichen für die Investoren mit Spezialkenntnissen empfundenen Szenarios empfiehlt der Autor des Artikels, der ehemalige Leiter der Abteilung Förderung Mietwohnungen der Investitionsbank Berlin Zitat : Diese Immobilien bzw. Gesellschaftsanteile müssten dann schnell veräußert werden, um das sofortige Ende 5 Wohnraumgesetz Berlin der Mietpreisbindung zu erreichen. Was steht in 5? Vorsitzender Andreas Otto: Sie müssten bitte zum Schluss kommen, Herr Jung! Sebastian Jung (Mieterstadt.de): Ja! Ich denke, dass 5 hier im Ausschuss bekannt ist. Die Forderung lautet, dass keine versteckten preisgünstigen Sozialwohnungen in der Innenstadt mehr verschenkt werden sollen. Dies kann erreicht werden, erstens durch ersatzlose und sofortige Streichung von 5 Wohnraumgesetz Berlin und zweitens und dann bin ich auch am Schluss rechtliche Klarstellung durch Verordnung gemäß 28 Wohnungsbindungsgesetz oder Gesetz, dass im Erwerbsfall an die Stelle der ursprünglichen Gesamtkosten die Erwerbskosten der Sozialwohnung treten, es sei denn, dass diese höher sind als die ursprünglichen Gesamtkosten. Vielen Dank! - ni/sch -

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Seite 17 Wortprotokoll BauVerk 17/27 Vorsitzender Andreas Otto: Danke schön, Herr Jung! Ich würde jetzt die IBB bitten. Frau Genth, Herrn Dr. Schneider, Sie haben, glaube ich, auch eine Präsentation. Sie haben zehn Minuten. Dr. Frank Schneider (IBB): Vielen Dank! Sehr geehrter Herr Senator! Sehr geehrte Staatssekretäre! Sehr geehrte Staatssekretärin! Herr Vorsitzender! Ich versuche, mich kurz zu fassen. Die Aufgabe war ja, ein bisschen Transparenz reinzubringen in das Portfolio, das die IBB seit vielen Jahren abwickelt. Ich möchte Frau Genth kurz vorstellen, die wesentliche Teile dieses Portfolios auch heute noch bearbeitet und die für Fragen zusammen mit mir gleich zur Verfügung steht. Die Punkte, die ich ansprechen werde, sind zunächst einmal: Welche Aufgaben hat die IBB denn eigentlich in der Bestandsbetreuung? Die Eckpunkte der Förderung im Mietwohnungsbau es kann sein, dass das dem einen oder anderen in diesem Ausschuss präsent ist, aber wir haben ja auch noch Zuhörer, das Sonderportfolio Wegfall der Anschlussförderung, das war ja eine explizite Fragestellung an uns, wie sieht es da aus, leitet sofort über in das Thema Zwangsversteigerung, Insolvenzen aufgrund dieses Wegfalls der Anschlussförderung, unsere Sicht auf die Mietentwicklung im sozialen Wohnungsbau und dann die Auswirkungen des neuen Wohnungsbaugesetzes 2011 auf die Mietenentwicklung, was die Stadt da schon getan hat, und vielleicht unter Punkt 7 die eine oder andere Idee, was man noch tun könnte, um die Mieten zu stabilisieren. - ni/sch -

Seite 18 Wortprotokoll BauVerk 17/27 Wir verwalten natürlich nicht nur die Fördermittel, sondern wir überwachen auch, dass sie zurückkommen. Und der Punkt Forderungsausfälle reduzieren ist ganz besonders wichtig; denn man möchte nicht, dass über Jahrzehnte eingezahlte Zuschüsse, nur weil jetzt eine Objektgesellschaft illiquide wird, für das Land verloren sind. Leute von Frau Genth machen da auf Neudeutsch Workout, also versuchen mit verschiedenen Möglichkeiten zu verhindern, dass das Land in Anspruch genommen wird aus der Landesbürgschaft, die ja meistens beim 1. Förderweg zusammen mit einem Aufwendungsdarlehen ausgereicht worden ist. Manchmal reicht es schon, wenn man das Aufwendungsdarlehen stundet. Manchmal reicht es auch, wenn man ein Aufwendungsdarlehen auf eine ganz normale IBB-Zehnjahreskapitalmarktkondition finanziert. Das ist heute viel günstiger als die damaligen Förderdarlehen. Das hilft oft den liquiditätsschwachen Vermietern und Objektgesellschaften auf die Beine und verhindert eine Abwicklung darauf komme ich gleich noch. Mietenprüfungen machen wir natürlich auch. Ich glaube, das ist bekannt. Beim Thema Instandhaltung ist ganz wichtig: Wir haben ein Team von eigenen Technikern, die zu den Objekten hinausfahren, insbesondere zu solchen, wo wir aus wirtschaftlicher Sicht Sanierungsbedarf sehen. Da ist die Frage: Kann man da noch investieren? Kann man das vielleicht sogar verkaufen? Irgendwann muss das vielleicht energieeffizient saniert werden. Können wir das vielleicht auch ins eigene Risiko nehmen? Auch das hat die IBB in dem einen oder anderen Fall schon getan. - ni/sch -

Seite 19 Wortprotokoll BauVerk 17/27 Ganz wichtig bei der Bürgschaftsrückführung ist: Das Land Berlin will natürlich erst mal nicht in Anspruch genommen werden, das ist klar, aber SenFin stimmt regelmäßig auch Stundungen von Aufwendungsdarlehen, manchmal auch Verzichten zu und hilft hier. Ich will jetzt nicht auf alle Förderwege eingehen. Wir konzentrieren uns auf den 1. Förderweg, auf den öffentlich geförderten sozialen Wohnungsbau, nicht auf den freifinanzierten Wohnungsbau, den steuerbegünstigten. Und vielleicht noch eine Anmerkung zum Thema Mietpreis und Belegungsbindung: Es gilt die Belegungsbindung und die Mietbindung, bis der letzte Euro, damals D-Mark, aus öffentlichen Geldern zurückgeführt wurde. Ich glaube, für den einen oder anderen ist es erstaunlich, wie viel zurückgeführt worden ist. Es ist insgesamt mal 7 Milliarden ausgereicht worden an Aufwendungsdarlehen, also ohne die Zuschüsse und ohne die Bürgschaften, und die IBB hat immer noch 3,5 Milliarden im Portfolio. Das heißt erstens, einige Sachen laufen trotz dieser Sache mit dem Wegfall der Anschlussförderung einfach weiter darüber freuen wir uns, denn das ist für uns ein großer Ertragsbringer, das muss man ganz klar sagen. Zweitens: Ein Teil wird auch ganz einfach abgelöst zum Beispiel durch Kapitalmarktdarlehen, die heute günstiger zu haben sind auch für Private und auch für Objektgesellschaften und Vermieter. Und drittens: Ja, es gibt auch einen Teil, nur einen ganz kleinen Teil ich glaube, das ist für viele überraschend, der in der Tat in die Insolvenz und in die Abwicklung geht dazu gleich. - ni/sch -

Seite 20 Wortprotokoll BauVerk 17/27 Vielleicht kurz noch mal zur Erinnerung: Am 4. Februar 2003 hat der Senat beschlossen ich glaube, das sind die Wohnprogramme ab 1986/87, nach der Grundförderung keine Anschlussförderung mehr zu gewähren. Damit ist das sozusagen das Kostenmietprinzip in Gefahr gekommen, hier sieht man das ganz gut. Die Kostenmiete ist ja nichts anderes als der laufende Aufwand. Da sind im Grunde nicht so wahnsinnig viel fiktive Sachen drin, sondern ganz harte eigentlich. Das muss für jemanden, der Vermieter oder Investor ist, über die Mieterträge, aber auch über die Förderzuschüsse aufgewogen werden. Sie sehen hier, wenn man einen Baustein da rauskippt, dann wird das ganz schön wackelig. Interessant ist auch, dass daran nicht der gesamte soziale Wohnungsbau zugrunde gegangen ist das haben, glaube ich, viele Leute damals gedacht, sondern im Gegenteil, wir haben doch ich sage mal einen soliden Markt da draußen. Wir sehen auch, dass die tatsächliche Durchschnittsmiete bei den Objekten wir haben uns rd. 80 Prozent da mal angeguckt bei 6,50 Euro liegt, und das zeigt eben auch, dass ein funktionierender Markt das regelt. Da, wo der Markt funktioniert, da kann man eben nicht, nur weil man die Kostenmiete theoretisch durchholen könnte, weil man ein Recht darauf hat, das hoch tun, das geht einfach nicht. Und man hätte natürlich auch deutlich mehr Leerstände, wenn man die Miete so erhöhen würde, dass sozial Schwächere dann in bestimmten Kiezen, bestimmten Objekten gar nicht mehr wohnen. Also auch Investoren haben hier ein Eigeninteresse. Es ist damals bereits ein Unterstützungspaket genehmigt worden Mietausgleiche und Umzugskostenbeihilfen. Die Mietausgleiche haben wir für 1 587 Fälle bewilligt und die Umzugskostenbeihilfen für 768 Fälle. - ni/sch -

Seite 21 Wortprotokoll BauVerk 17/27 Wir sehen hier eine Tabelle für Zwangsversteigerungen und Insolvenzen. Das heißt, wenn es uns nicht gelingt, im Workout im Vorfeld die Kapitaldienstfähigkeit wieder herzustellen, an der Frau Genth mit ihren Leuten jeden Tag arbeitet, also es zu schaffen, dass aus den Einnahmen die Restförderungen, die da sind vielleicht durch Verzichte anderer Banken und des Landes Berlin und auch der IBB irgendwann wieder eine Kapitaldienstdeckung da ist, dann müssen natürlich diese Objekte auch in die Insolvenz gehen. Von dem Moment an hat die IBB das auch nicht mehr in ihrer Verwaltung, sondern da machen das Insolvenzverwalter. Die Insolvenzverwalter entscheiden dann auch, ob dieses Objekt versteigert werden kann. Das sehen Sie in der Spalte rechts: Es sind doch einige, die von der Zwangsversteigerung betroffen wurden. Aber wenn Sie mal ganz unten hingucken: Von den insgesamt 713 Objekten, die damals, 2003, von dieser Entscheidung des Senats betroffen worden sind, sind nur 167 von Insolvenzverfahren betroffen worden. Insgesamt haben wir 185 Zwangsversteigerungen, wahrscheinlich weil das nach Objekten geht, und bei einigen haben wir, glaube ich, in mehreren Objektgesellschaften auch mehrere Häuser drin. Ich habe auch aktuelle Zahlen dabei: Im Jahr 2012 haben wir acht Insolvenzen und sieben Zwangsversteigerungen, also es bestätigt sich eigentlich der Trend. Es fing mal mit sehr hohen Zahlen an und ist dann sukzessive heruntergegangen. Das hat auch damit zu tun, dass man früher, am Anfang, sehr stark diese Fonds aus den GmbH & Co. KGs hatte, später kamen dann die GbRs, da war dann doch eher was zu holen, und das lässt sich auch rechtlich leichter restrukturieren. - ni/sch -

Seite 22 Wortprotokoll BauVerk 17/27 Ich gehe noch mal eine Seite weiter zum Kostenmietprinzip, hier ist es noch mal im Detail. Ich will das gar nicht so genau durchgehen, aber fiktive Kosten kann ich jetzt hier nicht erkennen. Was man natürlich sagen muss, ist: Wenn man dieses Kostenmietprinzip einmal eingeführt hat, kommt man ganz schwer davon runter. Das Wohnungsbaugesetz von 2011, auf das ich gleich eingehe, hat das getan. Mir ist es hier noch wichtig, auf diese beiden Sachen hinzuweisen, weil das vielleicht eine Hilfe sein könnte: Bei den Aufwendungsdarlehen hat man bereits vor vielen Jahren in den ursprünglichen Förderbedingungen festgehalten, dass in der Auszahlungsphase eine jährliche Erhöhung der Mietermiete um 13 Cent pro Quadratmeter vom Vermieter durchgeholt werden muss. Im gleichen Maße ist dann eine jährliche Senkung, also eine degressive Senkung der Fördermittel wahrscheinlich aus haushälterischen Gründen damals reingeschrieben worden. Das heißt also, dem Vermieter bleibt gar nichts anderes, als die Miete jedes Jahr um 13 Cent zu erhöhen. Das Gleiche in der Rückzahlungsphase: Solche Aufwendungsdarlehen laufen immer so 30 Jahre 15 Jahre Auszahlungsphase, 15 Jahre Rückzahlungsphase. Und auch da steht schon im Kleingedruckten der ursprünglichen Förderbedingungen, dass man die Mietermiete als Vermieter um 13 Cent erhöhen muss und in gleichem Maße dann die Fördermittelrückzahlung ebenfalls progressiv erhöhen muss. Für den Mieter ist das natürlich schlecht. Das ist ein Automatismus, den wir da haben, und die Frage ist, ob man nicht was tun kann, um diesen Automatismus zu dämpfen darauf geht Frau Genth gleich kurz ein. Noch zwei Dinge, die auch - ni/sch -

Seite 23 Wortprotokoll BauVerk 17/27 Vorsitzender Andreas Otto: Das Problem ist, dass Ihre zehn Minuten um sind. Sie müssten langsam zum Schluss kommen. Vielleicht machen Sie noch die zwei Dr. Frank Schneider (IBB): Dann gehe ich gleich auf die letzte Folie. Vorsitzender Andreas Otto: Oder vielleicht lassen wir Frau Genth einfach nachher in der Runde sprechen, oder ist das schwierig? Dr. Frank Schneider (IBB): Okay, dann ist, glaube ich, hier ein guter Schluss. Vorsitzender Andreas Otto: Haben Sie noch zwei Folien? Dann sagen Sie noch einen Satz zu den zwei Folien, und dann machen wir weiter. Dr. Frank Schneider (IBB): Ich wollte eigentlich das Land schon mal loben, dass es mit dem Wohnungsbau Vorsitzender Andreas Otto: Das dürfen Sie noch. Dr. Frank Schneider (IBB): Also man hat sich mit dem Wohnungsbaugesetz 2011 bemüht, mit dem Kostenmietprinzip zu brechen. Auch bei den Barwertablösungen war es dann nur noch möglich, wenn man als Investor gesagt hat, okay, ich garantiere die 6 Euro selbst in guten Lagen als Mietobergrenze. Und natürlich ist auch wichtig, dass für jede zweite frei werdende Wohnung die Eigenschaft öffentlich gefördert endet. Das Zweite, das damit geregelt - ni/sch -

Seite 24 Wortprotokoll BauVerk 17/27 wurde, ist, dass im Portfolio, das von der Anschlussförderung betroffen wurde, zumindest für die Eigentums-, für die Gesellschafter- und für die Komplementärwechsel das erste Mal es möglich war, dass das Kostenmietprinzip entfällt und damit eben auch gut für den Mieter eine deutlich niedrigere Vergleichsmiete, nämlich die ortsübliche durchgeholt werden muss vom Vermieter. Vorsitzender Andreas Otto: Okay! Danke, Herr Dr. Schneider! Ich glaube, es war jetzt eine ganze Reihe wichtiger Informationen schon dabei, und ich würde denken, dass wir Frau Genth nachher in der nächsten Runde das Wort geben, damit sie dann es werden sicherlich auch einige Fragen kommen zu dem Gehörten darauf antworten kann. Dann würde ich jetzt gern mit Frau Sprungala vom BFW weitermachen. Sie waren schon öfter hier. Bitte, zehn Minuten! Hiltrud Sprungala (BFW): Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Ich bedanke mich für die Gelegenheit, zu dieser Anhörung mit unseren Verbandsinformationen und Auffassungen beitragen zu können. Allerdings war unsere spontane Überlegung, ob das Thema nicht einige Wochen später hätte besprochen werden sollen. Zu diesem Zeitpunkt hätten dann der aktuelle Transparenzbericht zu den Folgen der gestrichenen Anschlussförderung und gegebenenfalls auch die Gutachten zur Evaluierung des Wohnraumgesetzes vorgelegen und damit weitere objektive Datengrundlagen zur Verfügung gestanden. Unabhängig davon möchte ich hier einige Probleme beim Umgang mit Objekten der Wohnungsbauförderung insbesondere des sozialen Wohnungsbaus so ist es hier auch erbeten - ni/sch -

Seite 25 Wortprotokoll BauVerk 17/27 darlegen. Allerdings sind die jeweiligen Schwerpunkte für alle in dem Tagesordnungspunkt genannten verschiedenen Segmente sehr differenziert. So haben idealtypischerweise die Objekte in der Auszahlungsphase vergleichbar geringe Probleme. Zwar wird auch in einer Reihe dieser Objekte durch die Eigentümer ein deutlicher Mietverzicht erbracht, und bei einigen Objekten ist für die Zeit nach Auslauf der zweiten Förderphase bereits heute für einige Jahre eine deutliche finanzielle Unterdeckung abzusehen. Das betrifft vor allem jene Objekte, bei denen die Laufzeit der Fremdmittel über 30 Jahre hinausreicht. Dies insbesondere, weil sie im Laufe des Prozesses umfinanziert wurden oder zu Beginn Tilgungsstreckungsdarlehen in Anspruch genommen haben. In der Regel sind die Probleme aber hier, wenn sie heute bereits angegangen werden, beherrschbar, wenn auch ausschließlich auf Kosten der Eigentümer. Problematischer sind jene Objekte, die sich in der Bedienphase der Aufwendungsdarlehen befinden. Diese Objekte haben in der Regel durch die langjährig wirkende Degression sie wurde schon angesprochen eine Höhe der Mietermiete von deutlich über 6 Euro erreicht. Hier sind jene Unternehmen im Vorteil, die im Laufe der Jahre ihren Mieterbestand so stabilisiert haben, dass ein ausreichender Anteil sozial stärkerer Schichten die notwendig werden, wenn Mietverzichte insbesondere bei Mietern, die nach der Wohnaufwendungenverordnung, also Hartz-IV-Bezieher, die Miete zahlen die Miete quasi quersubventioniert, sodass die Objektgesellschaften in ihrem Bestand nicht grundsätzlich gefährdet sind. Naturgemäß trifft dies insbesondere in guten Lagen zu und einem sozial stabilen Umfeld. Aus der Mitgliedschaft und ich denke, das muss man auch noch einmal betonen wurden uns positive Beispiele genannt, dass förderungsbedingt angesprochene Mieterhöhungen auf beispielsweise 6,50 Euro von der Mieterschaft ohne Probleme und ohne Fluktuation akzeptiert wurden. Insofern kann das Problem nicht für alle Bestände über einen Kamm geschoren werden. Bei weniger privilegierten Objekten, die allerdings die überwiegende Mehrzahl der Wohnungen umfassen, lässt sich dagegen das Grunddilemma der Wohnungsbauförderung, auf das unser Verband seit Jahren hingewiesen hat, jedoch gut beobachten. Durch den jährlichen Förderabbau steigen die Mieten schrittweise so hoch, dass sie für die im Rahmen der Einkommensgrenzen Berechtigten eine große Belastung darstellen. Gleichzeitig bürden sie aber auch den Eigentümern wachsende Lasten aus Mietverzichten auf, die diese nur bedingt bereit und in der Lage sind, zu bezahlen. Bei einer Reihe von Objekten dieser Kategorie sind aktuelle Mietverzichte von immerhin 50 Cent bis zu 1,50 Euro an der Tagesordnung pro Quadratmeter wohlgemerkt und Monat. Eine nicht unwesentliche Rolle spielt dabei die exorbitante Höhe der Verzinsung des Aufwendungsdarlehens. Seinerzeit war in den Förderbestimmungen für diese Aufwendungsdarlehen eine Verzinsung von bis zu 7 Prozent, und zwar in Abhängigkeit der jeweiligen allgemeinen Wirtschaftslage, vorgesehen. In den Darlehensverträgen allerdings wurden diese 7 Prozent ohne Spanne festgeschrieben. Zwar liegt die reale Verzinsung im Rahmen von Verhandlungen mit der IBB niedriger, doch handelt es sich dabei das muss ich etwas salopp formulieren um Gnadenakte der Förderstelle und ist bei den Unternehmen mit einem hohen Verwaltungsaufwand und auch hoher Unsicherheit verbunden. Unser Verband hat darauf hingewiesen, dass eine langjährige Verzinsung der Aufwendungsdarlehen mit Laufzeiten von über 20 Jahren, die mehr als 100 Prozent über dem Marktzins liegen, eigentlich eine Form von Sittenwidrigkeit darstellen. Bisher hat sich nach unserer Kenntnis noch kein Unternehmen des möglichen Gerichtsweges bedient, um aus diesen Knebelverträgen auszusteigen. Unter weiter verschlechterten Rahmenbedingungen halten wir dies jedoch für durchaus möglich. - ni/sch -

Seite 26 Wortprotokoll BauVerk 17/27 Daher unser Vorschlag: Wenn die Berliner Politik tatsächlich die Lage der Mieter und Eigentümer im sozialen Wohnungsbau entschärfen wollen würde, sollte sie die Verzinsung der Aufwendungsdarlehen flächendeckend auf marktübliche Zinsen, d. h. etwa 2 Prozent absenken. Diese sinkenden Belastungen bei den Kapitalkosten könnten teilweise zur Mietsenkung bzw. Mietstabilisierung verwendet werden, ein weiterer Teil zur erhöhten Tilgung. Zwar schmälert dieses Modell die Zinseinnahmen des Landeshaushalts von Berlin, es kompensiert dies aber teilweise durch höhere Tilgung und erhöht gleichzeitig die Sicherheit des Landes, seine Aufwendungsdarlehen tatsächlich auch zurückzuerhalten. Gleichzeitig müssen dem Land Berlin die Werte der Wohnaufwendungenverordnung angepasst, das heißt erhöht werden. Angesichts der bei Neuvermietungen wieder stärker nur bestimmten sozialschwachen Personenkreisen zugänglichen Sozialwohnungen sollte unser langjähriger Vorschlag aufgegriffen werden, Sozialwohnungen bis zu einer bestimmten Miethöhe grundsätzlich und pauschal für WAV, also Wohnaufwendungenverordnung, für zulässig zu erklären. In diesem Zusammenhang muss auch die Barwertablösung das wurde auch angesprochen der Aufwendungsdarlehen insgesamt als umfassendes Modell für die Lösung der Probleme im sozialen Wohnungsbau als gescheitert betrachtet werden. Nach unseren Informationen gibt es nur sehr wenige private Unternehmen, die diese Möglichkeit und dann nur aus besonderen subjektiven Gründen in Anspruch genommen haben. Ein weiterer Gedanke: In der letzten Anhörung in diesem Haus zu dem Thema habe ich das grundsätzliche Dreifachproblem der immerwährenden, aber ergebnislosen Diskussion um die Zukunft der sozialen Wohnungsbestände in Berlin benannt, an denen sich kein Deut geändert hat. Erstens: Das Land Berlin will nichts von seinen Rechtspositionen und Zahlungsforderungen aufgeben. Zweitens: Es wird kein fairer Lastenausgleich zwischen Eigentümern und dem Land Berlin und den zahlungsfähigen Mieter angestrebt. Und drittens: Es gibt keinerlei neue kreative Ansätze aufseiten der Berliner Politik zur Lösung der Problematik, vor allem solche unter Nutzung des historisch niedrigen Zinsniveaus. Nun zu den Beständen der verweigerten Anschlussförderung, für die das Gesagte viel krasser gilt: Sie werden es mir nicht verdenken, wenn ich hier nochmals deutlich mache, dass die seinerzeitige voraussetzungslose Streichung der Anschlussförderung ein Fehler war, der nicht einmal das Land Berlin finanziell so entlastet hat, dass Kollateralschäden in Kauf genommen werden könnten. Inzwischen ist das Problem in großen Zügen in Anführungsstrichen gelöst worden. Jene Unternehmen, für die dieser radikale Schnitt wirtschaftlich nicht zu verkraften war, sind in die Insolvenz gegangen. Bei jenen, insbesondere BGB-Gesellschaften, bei denen eine Abwicklung den Anteilseignern einen noch größeren Schaden zugefügt hätte als der Nachschuss weiteren Kapitals, sind die Unternehmenssanierungen im Wesentlichen erfolgt. Einige der Probleme, die durch Mieterinitiativen dargestellt werden, sind das Ergebnis dieser Prozesse, vor denen wir seinerzeit gewarnt hatten. Insofern fühlen wir uns nicht im Geringsten als Adressat der aufgestellten Forderungen. - ni/sch -

Seite 27 Wortprotokoll BauVerk 17/27 Vorhin habe ich bemerkt, dass das Land Berlin bei der Problemlösung im sozialen Wohnungsbau nichts aufgeben will. Ein gutes oder vielmehr schlechtes Beispiel ist das Verhalten beim Erbbauzins. Eine Reihe von Objekten wurde auf Erbbaugrundstücken des Landes Berlin errichtet. Die Probleme der Bestände durch die Streichung der Anschlussförderung sind allgemein bekannt, auch das hohe Risiko der Insolvenz. Dennoch besteht der Liegenschaftsfonds auch bei anschlussförderungsgeschädigten Objekten ungerührt auf der fortdauernden indexierten Anhebung der Erbbauzinsen. Ein weiterer Gedanke: Die wirtschaftlich angeschlagenen Objektgesellschaften seien es solche mit oder ohne Anschlussförderung haben wesentliche Teile ihrer finanziellen Reserven in die wirtschaftliche Sanierung stecken müssen. Dadurch sind ihre Spielräume bei der physischen Sanierung, d. h. bei Großinstandsetzungen von Dächern und Fassaden, energetischen Ertüchtigungen und nicht zuletzt bei der Asbestsanierung extrem eingeschränkt. Insofern ist ihre künftige Vermietbarkeit unter Umständen teilweise sogar gefährdet. Bei dem jetzigen, wieder stärker angespannten Wohnungsmarkt wird dieses Problem überdeckt. In Zukunft kann dies die wirtschaftlichen und sozialen Probleme in den Objekten jedoch weiter verschärfen. Auch hierfür müssen Lösungen gefunden werden. - ni/sch -

Seite 28 Wortprotokoll BauVerk 17/27 Stichwort Mietenkonzept: Nach unserer schon häufig geäußerten Auffassung mogelt sich der Senat, sichtlich aus Kostengründen, mit der Beschränkung des Mietenkonzepts auf Großsiedlungen um eine grundsätzliche Lösung herum. Die sozialen, wirtschaftlichen Probleme sind jedoch in den Beständen außerhalb der Großsiedlungen mindestens genauso gravierend wie in diesen. Andererseits sind sich unsere Mitgliedsunternehmen inzwischen über die Sinnhaftigkeit der Mietenkonzepte uneinig. Zwar bieten sie insbesondere problematischen Beständen für eine kurze Zeit eine Entspannung der Mietsituation, andererseits ist der Aufwand, die ausgelassene Mieterhöhung später nachzuholen, wenn die Konzepte ausgelaufen sind, immens. Das fängt bei Verständnisfragen der betroffenen Mieter an, reicht über die dann schlagartig entstehende Inkompatibilität mit der Wohnaufwendungenverordnung bis hin zum bürokratischen Aufwand in den Unternehmen. Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit, und ich glaube, ich habe meine Zeit eingehalten. Vielen Dank! Vorsitzender Andreas Otto: Danke schön, Frau Sprungala! Sie haben die Zeit gut eingehalten. Ich würde jetzt dem Senat das Wort geben, der auch eine Präsentation hat, wenn ich das richtig weiß. Bürgermeister Michael Müller (SenStadtUm): Können wir machen, muss jetzt aber vielleicht auch nicht sein. Herr Staatssekretär Gothe kann gleich noch mal fachlich auf das eine oder andere eingehen oder dann in der Diskussion noch mal das Wort ergreifen. Ich möchte nur noch mal politisch vorneweg eine Einschätzung abgeben, weil ich mich da über ein paar Zwischentöne durchaus auch gewundert habe, denn ich glaube, wir müssen die Schlachten von 2003 eigentlich nicht mehr schlagen. Das ist eine Entscheidung gewesen, die auch aus heutiger Sicht nach meinem Dafürhalten immer noch gut und richtig und nachvollziehbar ist, wenn man sich anguckt, wie die politische und finanzielle Situation in Berlin war und wie sie auch heute noch ist. Über Jahre, um nicht zu sagen über Jahrzehnte, haben Bauherren und Vermieter sehr gut mit einem Konzept gelebt, und irgendwann muss sich eine Stadt dann auch mal ehrlich machen und sagen: Das ist ein Finanzsystem, von dem einige wenige auf Kosten der Allgemeinheit profitieren und was so auf Dauer nicht mehr zu finanzieren ist. Aus diesem Grund ist die Stadt aus der Anschlussförderung ausgestiegen. Ich will es noch einmal betonen: Ich glaube, dass das auch nach wie vor eine richtige Entscheidung war. Jetzt stellt sich die Frage: Wie gehen wir damit um? Da gab es mehrere Varianten, die schon eine Rolle gespielt haben. Ich will nur sagen, dass sich auch städtische Gesellschaften engagieren und Bestände übernehmen, Bestände kaufen. Das mag im Einzelfall auch ein Weg sein. Eine Ankaufstrategie der städtischen Gesellschaften gibt es durchaus auch, aber der Schwerpunkt und ich dachte, das wäre in dieser Runde auch unstrittig muss eigentlich bei den Gesellschaften beim Neubau liegen. Wohnungen zu kaufen, kann auch mal ein Weg sein, aber das, was wir aber dringend brauchen, sind neue Wohnungen, und durch Kauf habe ich keine einzige neue Wohnung. Man muss auch sehr genau überlegen, was man jetzt von städtischen Gesellschaften erwartet, was sie auch im Rahmen ihrer Leistungsfähigkeit überhaupt einbringen können, und das wird mit Sicherheit nicht die Ankaufstrategie für 150 000 Wohnungen sein. Wir reden hier über 7,5 Prozent des Wohnungsbestandes in der Stadt. Knapp 2 Millionen Wohnungen haben wir. Das Problem darf man nicht wegdiskutieren und auch nicht verniedlichen, aber man muss es eben auch entsprechend einordnen. Das ist hier eine Situation, auf die man reagieren muss, auch finanziell reagieren muss, und das ist passiert. Das haben auch - ni/ur -

Seite 29 Wortprotokoll BauVerk 17/27 schon der Vorgängersenat und die Vorgängerkoalition gemacht und anerkannt, dass es hier ein Problem gibt, das im Sinne der Mieterinnen und Mieter zu lösen ist. Deswegen hat es da auch schon die entsprechenden Beschlüsse geben. Auch diese Koalition hat schon die ersten Schritte in diese Richtung gemacht. Ich glaube, gerade in dieser Runde kann man das auch so sagen: Es gab viele Abgeordnete, die sich in den letzten Monaten engagiert haben und auch eine Konzeption der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung in Absprache mit der Senatsverwaltung für Finanzen durchaus unterstützt haben. Im Hauptausschuss ist dann der erste Schritt auch gegangen worden, die Kappungsgrenze für das Jahr 2013, um da auch eine Obergrenze einzuziehen und die Mieterinnen und Mieter an der Stelle nicht weiter zu fordern. Unser Konzept sieht vor, dass wir in zwei Schritten diese Kappungsgrenze bis zum Jahr 2017 mit 5,50 und 5,70 Euro als entsprechende Obergrenzen formulieren, also mit einer Schrittfolge dann innerhalb dieses Zeitraums. Ich glaube, dass das auch noch mal weiterentwickelt werden muss, auch noch mal weitergedacht werden muss, wie wir auch langfristig mit diesem Problem umgehen, aber erst mal denke ich, ist es eine richtige und wichtige Hilfe für die Mieterinnen und Mieter zu sagen: Hier gibt es eine finanzielle Hilfe, die erhebliche Kosten im Übrigen auch für das Land verursacht. Das ist hier keine 08/15-Lösung, wo das Land sich schnell mal irgendetwas überlegt, Hauptsache man ist das Problem los, sondern hier haben Abgeordnete der Koalition, des Senats, der Opposition hoch und runter diskutiert: Was gibt es für Möglichkeiten? Und dann wurde dieser Weg formuliert, mit erheblichem Mitteleinsatz eben noch mal diese Kappungsgrenzen bis 2017 zu formulieren. Ich hoffe und gehe auch davon aus, dass das Konzept in den Haushaltsberatungen, die jetzt im Parlament anstehen, auch bestätigt wird, und dass wir dann zumindest erst mal für diesen mittelfristigen Zeitraum auch eine Perspektive für die Mieterinnen und Mieter haben und dass wir diese Zeit dann nutzen können, um auch weiter zu überlegen, wie wir mit diesen Wohnungsbeständen umgehen. Das ist aus meiner Sicht im Moment ein gangbarer Weg und nicht mehr die Schlachten von 2003 zu schlagen. Das Thema ist durch, und das sollten wir auch nicht wieder zurückdrehen. Vorsitzender Andreas Otto: Wer möchte noch? So viel Diskussion haben wir nicht. Wir machen jetzt eine Fraktionsrunde nach Wortmeldungen, und dann gibt es eine Antwortrunde von den Anzuhörenden, und dann können Sie auch noch mal. Insofern, wer jetzt nichts sagt, muss sich Herr Kollege Brauner hat sich als Erster gemeldet. Ich will noch darauf hinweisen, wir haben auch diesen Antrag Palisadenstraße dabei. Den stimmen wir wahrscheinlich heute nicht ab, weil wir immer die Wortprotokolle abwarten, aber trotzdem ist es sinnvoll, sich auch dazu hier gegebenenfalls zu äußern, damit wir die Debatte da auch geführt haben. Herr Brauner ist der Erste, dann Frau Lompscher, Herr Prieß usw. Bitte schön! Matthias Brauner (CDU): Damit habe ich jetzt gar nicht gerechnet, dass ich der Erste sein darf. Erst mal vielen Dank für die Ausführungen zu dem Thema! Das ist in der Tat ein Bereich, der uns schon häufiger beschäftigt hat, und das ist auch keine ganz einfache Materie in dem Fall. Mich würde vielleicht von dem Fragenkomplex her erst mal Folgendes interessieren, wo ich mich freuen würde, wenn wir dazu noch ein paar Informationen erhalten könnten. Das richtet sich jetzt vielleicht eher stärker an die IBB, respektive dann auch an den Senat, das mit Zahlen zu ergänzen. Herr Dr. Schneider! Sie hatten vorhin schon einen Chart mit dieser durchschnittlichen Miete von 6,50 Euro aufgelegt. Vielleicht könnten Sie noch mal so ein bisschen konkretisieren, in welcher Mietspanne sich das ungefähr bewegt. Es gibt auch immer Auswertungen im Rahmen des Transparenzberichtes. Vielleicht können Sie noch mal einen Satz dazu sagen, wie sich das verteilt, damit man in dem Bereich so ein Gefühl bekommt und - ni/ur -

Seite 30 Wortprotokoll BauVerk 17/27 wie sich das vielleicht auch im letzten Jahr dann entwickelt hat. Das wäre von der Perspektive her ganz gut. Als wir jetzt das Mietenkonzept bis 2017 beraten hatten, gab es durchaus auch noch Wohnungen, die deutlich in dem Bereich um die 5 Euro lagen. Ich weiß jetzt nicht, ob sich das verschoben hat. Es wäre ganz toll, wenn Sie vielleicht in dem Bereich auch noch mal eine Aussage entsprechend treffen könnten. Das Gleiche würde mich im Bereich Barwertablösung interessieren, wie dort Ihre aktuellen Erfahrungen sind, wie viele Vorhaben Sie dort in dem Bereich hatten und was Sie dann im Rahmen der Verhandlungslösungen an Bindung und Ähnlichem auch entsprechend mit den jeweiligen Kontrahenten durchhandeln konnten. Das wäre auch mal interessant zu wissen, um noch so ein bisschen die Faktenlage entsprechend zu sehen. Gleichzeitig sind Sie auch Adressat für die Antragstellung. Da hatten Sie auch eine gesammelte Zahl für die Härtefälle dargestellt. Vielleicht können Sie ein bisschen was zu der Entwicklung sagen in den letzten [SenStadtUm zeigt folgendes Schaubild:] Ach so! Hier ist die Grafik schon dran. Gut! Das ist ja passend. Vielleicht können Sie dann auch einen Satz dazu sagen, wie sich die Antragstellungen entwickelt haben. Wir hatten in der öffentlichen Debatte Herr Jung hat das hier im Ausschuss auch schon ein-, zweimal dargestellt. Es gab ja Ausreißer, die in der Tat auch für berechtigte Empörung gesorgt haben. Meine Frage ist, inwiefern sich jetzt sozusagen die Entwicklung insgesamt in der Stadt darstellt, damit man das entsprechend auch einordnen kann. - ni/ur -