Beiträge zur Sozialplanung Nr. 33 / Wiesbadener Familienbericht 2013

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Transkript:

Beiträge zur Sozialplanung Nr. 33 / 2014 Wiesbadener Familienbericht 2013

2 Autorinnen: Isabell Falk Beate Hock Dr. Rabea Krätschmer-Hahn Stefanie Neurauter Impressum: Herausgeber: Magistrat der Landeshauptstadt Wiesbaden Bildquelle: www.shutterstock.com/grandpa Amt für Soziale Arbeit Abteilung Grundsatz und Planung Konradinerallee 11 65189 Wiesbaden Tel.: +49 (0) 611-31 54 49 Fax.: +49 (0) 611-31 39 51 E-Mail: sozialplanung@wiesbaden.de Druck: Druck-Center der Landeshauptstadt Wiesbaden Auflage: 50 Stück Download: http://www.wiesbaden.de/leben-in-wiesbaden/gesellschaft/sozialplanungentwicklung/content/jugendhilfeplanung.php Mai 2014

Wiesbadener Familienbericht 2013 3 Vorwort des Sozialdezernenten: Wiesbadener Familienbericht 2013 Mit dem vorliegenden Wiesbadener Familienbericht wird eine lange Tradition der Sozialberichterstattung fortgesetzt: Familien sind Dreh- und Angelpunkt in sämtlichen Sozialberichten der Landeshauptstadt Wiesbaden sei es zum Thema Bildung, Armut oder Kinderbetreuung. Aber in diesem Bericht ist etwas anders: Die Lebensform Familie selbst ist das Kernthema. Wenn wir von Familie sprechen, folgen wir der Definition des ehemaligen Bundespräsidenten Horst Köhler, der bereits im Januar 2006 ausgeführt hat: Familie ist dort, wo Kinder sind. In Wiesbaden leben knapp 30.000 Familien mit Kindern unter 18 Jahren das sind 20 % der Wiesbadener Haushalte. Der Bericht informiert sehr genau über die verschiedenen Facetten dieser Familien: Familienstrukturen, Familienleben in den verschiedenen Ortsbezirken, die wirtschaftliche Lage von Familien, die Migrationsgeschichte, Wohnen, Kinderbetreuung, Familien mit besonderem Unterstützungsbedarf und auch subjektive Bewertungen der Stadt Wiesbaden aus Sicht der Eltern werden beleuchtet. Gerade im Bereich der Kinderbetreuung freue ich mich, dass Wiesbaden insbesondere in der Ganztagsbetreuung der Kinder im Kindergartenalter im Vergleich zu anderen Städten im Rhein-Main-Gebiet sehr gut dasteht. Aber angesichts unseres erfreulichen Bevölkerungswachstums gilt es kontinuierlich das Angebot den quantitativ und qualitativ wachsenden Bedarfen anzupassen. So ist der Ausbau der Betreuungsangebote insbesondere der Kinderkrippen für unter 3-Jährige noch nicht abgeschlossen und im Grundschulbereich ist die Nachfrage noch deutlich höher als das Angebot. So zeigen die Elternbefragungen aus 2010/2011 eine hohe Zufriedenheit der Eltern von 3 bis 6-Jährigen mit der persönlichen Betreuungssituation und eine deutlich kritischere Bewertungen für die Betreuungslage der unter 3-Jährigen (wobei hier zwischenzeitlich weitere Plätze geschaffen wurden) und insbesondere der Grundschulkinder.

4 Wiesbadener Familienbericht 2013 Doch nicht nur Vereinbarkeit von Familie und Beruf und somit der Betreuungsumfang spielt eine Rolle, sondern auch die Qualität der Betreuung. Es freut mich besonders, dass die Elternbefragung zeigt, dass diejenigen Eltern, die einen Betreuungsplatz für ihr Kind haben, zufrieden bzw. sehr zufrieden mit ihrer Situation sind. Aber auch die Einkommenssituation insbesondere die Einkommensarmut - spielt nach wie vor eine große Rolle bei der Betrachtung der Lebenssituation von Wiesbadener Familien: Jedes vierte bis fünfte Kind wächst nach wie vor in einem Haushalt mit SGB II-Bezug auf und führt damit ein Leben am Rande des Existenzminimums. Für diese Familien gestaltet es sich sehr schwer, eine selbständige Lebensführung ohne staatliche Existenzsicherungsleistungen dauerhaft zu erreichen. So zeigt die hier im Familienbericht angestellte Berechnung, dass eine vierköpfige Familie durchschnittlich 2.100 Euro benötigt, um das Existenzminimum selbst zu erwirtschaften; eine Alleinerziehende mit einem Kind benötigt ein Einkommen von 1.700 Euro. Ein monatliches Nettoeinkommen in dieser Höhe zu verdienen ist gerade für Familien ohne oder mit einfacher Berufsbildung sehr schwer. Ich möchte mit dem Familienbericht zwei Ziele erreichen. Zum einen Interessierte aus der Bevölkerung, der Politik und Fachöffentlichkeit detailliert über die Lage der Familien in Wiesbaden zu informieren bzw. ihnen ein Nachschlagewerk zu ihrer Information mitzugeben. Zum anderen politische und fachliche Diskurse zur Förderung von Familien anzuregen und somit zur Verbesserung - insbesondere zur Lage benachteiligter Familien in Wiesbaden - beizutragen. Arno Goßmann Bürgermeister Dezernent für Umwelt und Soziales

Wiesbadener Familienbericht 2013 5 Inhaltsverzeichnis I. EINFÜHRUNG... 8 II. ZUSAMMENFASSUNG... 9 III. FAMILIEN IN WIESBADEN AUS STATISTISCHER SICHT... 12 1. FAMILIENTYPEN 2012... 12 2. ENTWICKLUNG SEIT 1997... 13 3. FAMILIEN NACH ZAHL DER KINDER... 14 4. FAMILIEN NACH MIGRATIONSHINTERGRUND... 15 5. FAMILIEN NACH DEM ALTER DES JÜNGSTEN KINDES... 17 6. KINDER IN WIESBADENER FAMILIEN... 18 7. ERZIEHENDE IN WIESBADENER FAMILIEN... 20 8. MOBILITÄT VON FAMILIEN... 23 IV. FAMILIEN IN DEN WIESBADENER ORTSBEZIRKEN... 24 1. FAMILIEN NACH ORTSBEZIRKEN... 24 2. WANDERUNGSBEWEGUNGEN VON HAUSHALTEN MIT KINDERN IN DEN ORTSBEZIRKEN... 28 V. DIE WIRTSCHAFTLICHE LAGE VON FAMILIEN IN WIESBADEN... 29 1. BILDUNGSHINTERGRUND UND ERWERBSBETEILIGUNG VON FAMILIEN IN WIESBADEN... 29 2. EINKOMMENSVERTEILUNG VON FAMILIEN MIT KINDERN... 33 3. FAMILIEN MIT BEZUG VON GRUNDSICHERUNGSLEISTUNGEN... 41 VI. WOHNEN... 49 1. WAHRNEHMUNG DER WOHNUNGSMARKTSITUATION... 50 2. WOHNEIGENTUM... 51 VII. KINDERBETREUUNG IN WIESBADEN... 54 VIII. FAMILIEN MIT BESONDEREM UNTERSTÜTZUNGSBEDARF... 58 1. ELTERN MIT ERZIEHUNGSPROBLEMEN... 58 2. FAMILIEN MIT BEHINDERTEN KINDERN... 64 3. FAMILIEN MIT SEHR EINGESCHRÄNKTEN MATERIELLEN MITTELN BZW. UNTERSTÜTZUNGSBEDARF IN BEZUG AUF BILDUNG UND TEILHABE... 65 IX. SUBJEKTIVE BEWERTUNG DER STADT WIESBADEN AUS SICHT DER ELTERN... 67 X. ANHANG... 73

6 Wiesbadener Familienbericht 2013 Abbildungsverzeichnis ABBILDUNG 1: TYPISIERUNG VON FAMILIENHAUSHALTEN... 12 ABBILDUNG 2: FAMILIEN NACH ZAHL DER KINDER... 14 ABBILDUNG 3: FAMILIEN MIT UND OHNE MIGRATIONSHINTERGRUND NACH ZAHL DER KINDER... 16 ABBILDUNG 4: KINDER IN FAMILIEN NACH HAUSHALTSTYP... 19 ABBILDUNG 5: KINDER MIT UND OHNE MIGRATIONSHINTERGRUND NACH ZAHL DER GESCHWISTER... 20 ABBILDUNG 6: ERZIEHENDE NACH GESCHLECHT UND ALTER... 21 ABBILDUNG 7: VERÄNDERUNG DER ALTERSSTRUKTUR DER ERZIEHENDEN MÄNNER UND FRAUEN ZWISCHEN 1997 UND 2012... 21 ABBILDUNG 8: ERZIEHENDE NACH MIGRATIONSHINTERGRUND UND ALTER... 22 ABBILDUNG 9: ANZAHL DER FAMILIENHAUSHALTE IN DEN WIESBADENER ORTSBEZIRKEN NACH FAMILIENTYP... 24 ABBILDUNG 10: ANTEIL DER FAMILIEN AN ALLEN HAUSHALTEN IN DEN ORTSBEZIRKEN... 25 ABBILDUNG 11: ANTEIL DER MIGRANTENFAMILIEN 1) AN ALLEN FAMILIEN... 26 ABBILDUNG 12: ANTEIL DER ALLEINERZIEHENDEN AN ALLEN FAMILIEN... 27 ABBILDUNG 13: ANTEIL DER FAMILIEN MIT DREI UND MEHR KINDERN AN ALLEN FAMILIEN... 28 ABBILDUNG 14: ERWERBSBETEILIGUNG WIESBADENER ELTERN MIT KINDERN BIS 10 JAHREN ( IN %)... 32 ABBILDUNG 15: ARMUTSGEFÄHRDUNG WIESBADENER FAMILIEN NACH ORTSBEZIRKEN... 39 ABBILDUNG 16: ANTEIL ALS NICHT-ARM EINGESTUFTER FAMILIEN AN ALLEN FAMILIENHAUSHALTEN IM ORTSBEZIRK... 40 ABBILDUNG 17: SUBJEKTIV WAHRGENOMMENE FINANZIELLE SCHWIERIGKEITEN (WIESBADEN 2012)... 41 ABBILDUNG 18: ANTEIL DER HAUSHALTE MIT KINDERN IM SGB II-LEISTUNGSBEZUG NACH HAUSHALTSTYP UND ANZAHL DER KINDER IM DEZEMBER 2012, 2011 UND 2010... 43 ABBILDUNG 19: ANTEIL HAUSHALTE IN SELBST GENUTZTEM WOHNEIGENTUM (EIGENTÜMERQUOTE) IN WIESBADEN NACH HAUSHALTSTYP 1)... 51 ABBILDUNG 20: WOHNEIGENTÜMERQUOTE VON FAMILIENHAUSHALTEN IN WIESBADEN... 53 ABBILDUNG 21: VERBESSERUNGSWÜNSCHE VON WIESBADENER ELTERN MIT KINDERN UNTER 3 JAHREN... 56 ABBILDUNG 22: VERBESSERUNGSWÜNSCHE VON WIESBADENER ELTERN MIT KINDERN IM GRUNDSCHULALTER... 57 ABBILDUNG 23: ÜBERSICHT ÜBER ANGEBOTE IN WIESBADEN, DIE DIE ELTERN IN ERZIEHUNGSFRAGEN UNTERSTÜTZEN... 60 ABBILDUNG 24: FLYER KIEZ... 61 ABBILDUNG 25: FLYER DER BEZIRKSSOZIALARBEIT... 63 ABBILDUNG 26: ZUSTIMMUNG ZUR AUSSAGE WIESBADEN IST EINE FAMILIENFREUNDLICHE STADT... 67 ABBILDUNG 27: ZUSTIMMUNG ZUR AUSSAGE BERUF UND FAMILIE LASSEN SICH FÜR MICH MOMENTAN GUT VEREINBAREN... 68 ABBILDUNG 28: ZUFRIEDENHEIT MIT DER MOMENTANEN BETREUUNGSSITUATION 1)... 69 ABBILDUNG 29: ZUFRIEDENHEIT MIT DEM LEBEN, DASS SIE FÜHREN (WIESBADEN 2012)... 70 ABBILDUNG 30: BEURTEILUNG VERSCHIEDENER ASPEKTE DER LEBENSQUALITÄT IN WIESBADEN (WIESBADEN 2012)... 71 ABBILDUNG 31: ZUFRIEDENHEIT MIT VERSCHIEDENEN ASPEKTEN DER ÖFFENTLICHEN INFRASTRUKTUR IN WIESBADEN (2012)... 72

Wiesbadener Familienbericht 2013 7 Tabellenverzeichnis TABELLE 1: ENTWICKLUNG DER FAMILIEN VON 1997 BIS 2012... 13 TABELLE 2: ZAHL DER KINDER NACH FAMILIENTYP... 15 TABELLE 3: FAMILIEN MIT UND OHNE MIGRATIONSHINTERGRUND NACH FAMILIENTYP... 16 TABELLE 4: FAMILIEN MIT MIGRATIONSHINTERGRUND NACH HERKUNFT DER HAUSHALTSMITGLIEDER... 17 TABELLE 5: FAMILIEN IN WIESBADEN NACH DEM ALTER DES JÜNGSTEN KINDES... 18 TABELLE 6: KINDER MIT UND OHNE MIGRATIONSHINTERGRUND NACH FAMILIENTYP... 19 TABELLE 7: MOBILE HAUSHALTE IN WIESBADEN 2002-2012 NACH STRUKTURMERKMALEN... 23 TABELLE 8: SALDO DER ZU- UND WEGGEZOGENEN HAUSHALTE 1) AUF ORTSBEZIRKSEBENE (2002-2012)... 29 TABELLE 9: BILDUNGSHINTERGRUND WIESBADENER ELTERN MIT KINDERN BIS 10 JAHREN... 30 TABELLE 10: EINKOMMENSVERTEILUNG VON WIESBADENER FAMILIEN MIT KINDERN BIS 10 JAHREN... 33 TABELLE 11: ÄQUIVALENZEINKOMMEN UND ARMUTSGEFÄHRDUNGSSCHWELLEN IN HESSEN (MIKROZENSUS) UND WIESBADEN (ELTERNBEFRAGUNG ZUM BETREUUNGSBEDARF)... 35 TABELLE 12: ARMUTSGEFÄHRDUNG WIESBADENER FAMILIEN MIT KINDERN BIS 10 JAHREN... 36 TABELLE 13: EINKOMMENSSITUATION UND ARMUTSGEFÄHRDUNG WIESBADENER FAMILIEN (KINDER BIS 10 JAHREN) NACH FAMILIENTYP UND ANZAHL GESCHWISTER... 36 TABELLE 14: ARMUTSGEFÄHRDUNG WIESBADENER FAMILIEN MIT KINDERN BIS 10 JAHREN NACH MIGRATIONSHINTERGRUND... 37 TABELLE 15: ARMUTSGEFÄHRDUNG WIESBADENER FAMILIEN MIT KINDERN BIS 10 JAHREN NACH BILDUNG DER ELTERN... 38 TABELLE 16: SGB II-BEDARFE IN WIESBADEN UND NOTWENDIGES BRUTTOERWERBSEINKOMMEN, UM AUS DEM SGB II-BEZUG AUSZUSTEIGEN (UNTER BERÜCKSICHTIGUNG VON KINDERGELD, KINDERZUSCHLAG UND WOHNGELD)... 46 TABELLE 17: NOTWENDIGES BRUTTOERWERBSEINKOMMEN, UM AUS DEM SGB II-BEZUG AUSZUSTEIGEN SOWIE AUSGEWÄHLTE BRANCHENÜBLICHE BRUTTOLÖHNE... 48 TABELLE 18: WOHNEIGENTUM IN WIESBADEN 2006-2012 NACH HAUSHALTSTYP 1)... 52 TABELLE 19: FAMILIENHAUSHALTE UND WOHNEIGENTÜMERHAUSHALTE NACH ORTSBEZIRK 1)... 54

8 Wiesbadener Familienbericht 2013 I. Einführung In den zurückliegenden Jahren rückten Familien immer mehr in den Fokus der Medien bzw. der Öffentlichkeit insgesamt. Auch Politikerinnen und Politiker in Kommunen richten ihren Blick immer öfter auf Familien und Fragen der Familienfreundlichkeit. Gerade größere Städte versuchen nicht zuletzt vor dem Hintergrund des demographischen Wandels - immer stärker zu einem attraktiven Lebensort auch und gerade für Familien zu werden, nachdem lange Zeit deren Abwanderung aufs Land in Kauf genommen wurde. Wie sieht nun aber die Familie in einer Stadt wie Wiesbaden aus? Was hat sich in den letzten 15 Jahren in Wiesbaden an Veränderungen z. B. bezüglich Familienformen und Familiengrößen ergeben? In welchen Ortsbezirken leben besonders viele, wo eher weniger Familien? Wie geht es den Wiesbadener Familien wirtschaftlich? Wie sehen der Bildungshintergrund der Eltern und ihre Erwerbsbeteiligung aus? Welchen Unterstützungsbedarf haben Familien mit Kindern? Diese und viele weitere Fragen versucht der vorliegende Wiesbadener Familienbericht zu beantworten. Durch die Zusammenführung von Bevölkerungsdaten, Befragungsdaten und Daten aus dem Bereich der Sozialverwaltung gelingt es, eine breite Datengrundlage für Politik, Verwaltung, Praxis und Bürgerinnen und Bürger zu schaffen, die sich mit Fragen im Kontext Familie beschäftigen. Von Familie sprechen wir hierbei immer dann, wenn mindestens ein Kind bzw. Jugendlicher unter 18 Jahren mit mindestens einem Elternteil zusammen lebt. Um den Umfang des Berichtes in Grenzen zu halten, richten wir den Blick nur auf die Kinder- und Elterngeneration und nicht auf die Großelterngeneration, die viele weitere Fragen und Inhalte nach sich ziehen würde. Ziel des Berichtes ist es, allen die sich mit dem Thema Familie beschäftigen, eine solide und breite Datengrundlage zu liefern. Das Amt für Strategische Steuerung, Stadtforschung und Statistik und das Amt für Soziale Arbeit haben den vorliegenden Bericht gemeinsam erarbeitet. Wir hoffen, dass er dazu beiträgt, Politik und Öffentlichkeit über die Lage der Familien zu informieren und breite Diskurse über eine gute Politik für Familien zu unterstützen.

Wiesbadener Familienbericht 2013 9 II. Zusammenfassung In Wiesbaden leben in 28.570 Haushalten Kinder unter 18 Jahren das entspricht einem Familienanteil an allen Haushalten von 20 %. Knapp 60 % aller Familien bestehen aus verheirateten Eltern und ihrem Nachwuchs. Weitere 27 % sind Alleinerziehende und in knapp jedem zehnten Haushalt leben drei Generationen unter einem Dach zusammen. In den vergangenen 15 Jahren hat sich die Zahl Alleinerziehender um 26 % erhöht auch die die Zahl nichtehelicher Lebensgemeinschaften mit Kindern ist deutlich angestiegen (+ 130 %) allerdings liegt ihr Anteil an allen Familien bei lediglich 5 %. In mehr als der Hälfte der Familien lebt lediglich ein Kind. Jede zehnte Familie hat drei oder mehr Kinder. Ehepaare erziehen häufiger zwei oder mehr Kinder als Alleinerziehende. In 27 % aller Migrantenhaushalte leben Kinder, aber lediglich in 18 % der deutschstämmigen Haushalte. Zudem haben Familienhaushalte mit ausländischen Wurzeln im Schnitt mehr Kinder (ø 1,8 je Familie) als Haushalte ohne Migrationshintergrund (ø 1,5 je Familie). Gut 45.500 minderjährige Kinder und Jugendliche leben in Wiesbaden. Insgesamt leben in Wiesbaden 45.191 Personen, die Kinder im eigenen Haushalt erziehen. 45 % sind zwischen 35 und 44 Jahren alt Väter sind im Schnitt älter als Mütter. Erziehende, die aus dem Ausland stammen sind jünger als Eltern ohne fremde Herkunft. Der Familienanteil ist in Auringen (30%) und Amöneburg (27 %) besonders hoch in den Ortsbezirken Mitte (15 %) sowie Nordost (17 %) besonders niedrig. Alleinerziehende Mütter und Väter wohnen eher in der Innenstadt und den innenstadtnahen Stadtteilen in Klarenthal hat mehr als jede zweite Familie ausländische Wurzeln. Etwa 45 % der Kinder bis zehn Jahren in der Landeshauptstadt leben in einem Haushalt, in dem mindestens ein Elternteil einen Fachhochschul- oder Hochschulabschluss erlangt hat. Maximal einen Hauptschulabschluss haben etwa 13 % der Eltern mit Kindern dieser Altersgruppe erreicht. Von den Alleinerziehenden besitzen nur 18 % einen (Fach-)Hochschulabschluss, während ca. 28 % in die niedrigste Bildungskategorie fallen. Auch El-

10 Wiesbadener Familienbericht 2013 tern mit Migrationshintergrund weisen im Vergleich zu Familien ohne Migrationshintergrund im Schnitt ein deutlich geringeres Bildungsniveau auf. Bei Paarfamilien ist das häufigste Muster der Erwerbsbeteiligung mit 41 % ein Elternteil in Vollzeit, eines in Teilzeit oder geringfügiger Beschäftigung. Das klassische Alleinernährer-Modell (ein Partner Vollzeit, einer Nichterwerbstätig bzw. in Elternzeit) ist mit 31 % immer noch die zweithäufigste Konstellation. Der Anteil dieses Musters sinkt jedoch von 44 % der Eltern von Kindern unter drei Jahren auf nur noch 18 % bei Eltern mit Kindern im Grundschulalter. Etwas mehr als ein Drittel der Alleinerziehenden mit Kindern bis zehn Jahren sind nicht erwerbstätig. Der Anteil Alleinerziehender, die Vollzeit erwerbstätig sind, steigt von 10 % bei unter 3-Jährigen Kindern bis auf 24 % im Grundschulalter; der Anteil Teilzeit-Beschäftigter sogar von 20 auf 50 %. Knapp 20 % der Wiesbadener Kinder bis zehn Jahren leben in Haushalten, die monatlich bis zu 1.500 Netto zur Verfügung haben. Auf der anderen Seite der Einkommensverteilung finden sich knapp über 20 % der Kinder in Haushalten mit einem Nettoeinkommen von mehr als 4.000. 14 % aller Wiesbadener Haushalte erhalten Existenzsicherungsleistungen (SGB II oder SGB XII); besonders betroffen sind Haushalte mit vielen Kindern und Alleinerziehende (hier sind es 20 %). Jedes 4. bis 5. Kind in Wiesbaden wächst in einer Familie mit SGB II-Bezug auf. Für viele Familien mit einfacher Berufsbildung reicht das Einkommen eines Elternteils nicht aus, um das Existenzminimum zu decken. Bspw. liegt das notwendige Bruttoeinkommen, um keine existenzsichernden Leistungen gemäß SGB II zu beziehen, für eine Wiesbadener Familie mit 2 Kindern bei ca. 2.100 und für eine alleinerziehende Person mit einem Kind bei 1.700. Einige Branchen (bspw. Einzelhandel, Gastronomie oder Zeitarbeit) haben Tariflöhne, die auch für Vollzeitbeschäftigte unter diesen Werten angesiedelt sind. 27 % der Wiesbadener Familienhaushalte bewohnen die eigenen vier Wände. Die Eigentümerquote von Familien übertrifft damit den gesamtstädtischen Schnitt (22,7 %). Klassische Ehepaare mit Kindern sind mit 34 % häufiger

Wiesbadener Familienbericht 2013 11 Eigentümer, während Alleinerziehenden-Familien mit 8,3 % wesentlich seltener in Eigentum wohnen. Besonders hohe Wohneigentumsquoten haben Familien in Auringen (64 %) sowie in den Ortsbezirke Naurod und Sonnenberg mit Quoten über 50 % Sehr gering dagegen fällt die Eigentümerquote unter Familien in den Ortsbezirken Westend und Mitte sowie Klarenthal und Biebrich aus, wo insgesamt das Wohnen zur Miete dominiert. Mit 40 % zu 40 % stufen etwa genauso viele Eltern mit Kindern bis sechs Jahren die Stadt Wiesbaden als familienfreundlich ein wie Eltern diese Einschätzung ablehnen. Der Anteil positiver Bewertungen durch die Eltern steigt von vom Krippen- bis zum Kindergartenalter ihrer Kinder deutlich an. Auch die Zufriedenheit mit der Betreuungssituation steigt vom Krippen- zum Kindergartenalter. Eltern mit Kindern im Grundschulalter sind in diesem Punkt wieder unzufriedener. Dreiviertel der Eltern halten hier nicht nur mehr Betreuungsplätze sondern auch fast im gleichen Maße mehr Förderangebote für ihre Schulkinder für wichtig bzw. sehr wichtig.. Die persönliche Lebenssituation und die allgemeine Lebensqualität in der Stadt werden von Wiesbadenern mit Kindern im Haushalt nur in wenigen Punkten anders eingeschätzt als von Wiesbadenern ohne Kind im Haushalt. Die Unterschiede sind zwar gering, deuten insgesamt betrachtet aber auf eine etwas positiver gestimmte Wahrnehmung von Befragten mit Kindern im Haushalt hin. Dies gilt insbesondere für Befragte in Paarfamilien, während Alleinerziehende einige Aspekte der städtischen Infrastruktur und Lebensqualität deutlich negativer bewerten.

12 Wiesbadener Familienbericht 2013 III. Familien in Wiesbaden aus statistischer Sicht 1. Familientypen 2012 Familie ist dort, wo Kinder sind. In Wiesbaden leben in 28.570 Haushalten (20 %) der 142.574 Privathaushalte Kinder unter 18 Jahren. Familie im statistischen Sinn umfasst alle Eltern-Kind-Gemeinschaften, das heißt Ehepaare und nichteheliche Lebensgemeinschaften sowie alleinerziehende Mütter und Väter mit ledigen Kindern im Haushalt 1. Einbezogen sind in diesen Familienbegriff neben leiblichen Kindern auch Stief-, Pflege und Adoptivkinder. Nicht die biologische Verwandtschaft vielmehr das soziale Zusammenleben an einer Adresse ist entscheidend. Abbildung 1: Typisierung von Familienhaushalten Haushalte mit Kindern unter 18 Jahren 28 570 = 100 % Paarhaushalte 18 241 = 63,8 % Alleinerziehende 7 812 = 27,3 % Mehrgenerationen- haushalte 2 517 = 8,8 % nichteheliche Alleinerziehende Alleinerziehende Ehepaare Lebens- Frauen Männer gemeinschaften 16 786 = 58,8 % 1 455 = 5,1 % 6 550 = 22,9 % 1 262 = 4,4 % Quelle: Amt für Strategische Steuerung, Stadtforschung und Statistik, Schätzverfahren auf Grundlage des Einwohnerregisters (Stichtag 31.12.2012) Abbildung 1 zeigt diejenigen Familienformen, die sich statistisch abbilden lassen. Fast zwei Drittel der Familien sind Elternpaarhaushalte mit minderjährigen Kindern. Verheiratete Elternpaare stellen hier mit über 90 % die absolute Mehrheit. In mehr als einem Viertel der Fa- 1 Die in der vorliegenden Studie verwendeten Zahlen weichen von den sonst veröffentlichten Haushaltsstrukturdaten des Amtes für Strategische Steuerung, Stadtforschung und Statistik ab. Im Folgenden werden auch Familien mit minderjährigen und über 18-Jährigem Nachwuchs zu den Ehepaar- bzw. Alleinerziehendenhaushalten gezählt, die sonst den erweiterten Kernfamilien bzw. den Wohngemeinschaften zugeordnet werden.

Wiesbadener Familienbericht 2013 13 milienhaushalte übernimmt die Mutter (85 %) oder der Vater (15 %) alleine die Erziehung 2. Nach den Daten des Mikrozensus 2011 hat Wiesbaden von allen südhessischen Großstädten den höchsten Anteil Alleinerziehender. Weitere knapp 10 % der Wiesbadener Familien sind Mehrgenerationenhaushalte, bestehen also aus mindestens drei Generationen. Das heißt, dass in der Regel die Großeltern gemeinsam mit ihren Kindern und Enkeln zusammenleben. 2. Entwicklung seit 1997 Die Zahl der familialen Haushalte ist von 1997 bis 2012 um 5 % oder 1 400 Familien angestiegen (vgl. Tabelle 1). Tabelle 1: Entwicklung der Familien von 1997 bis 2012 Familientyp 1997 2012 Veränderung abs. in % Familien insgesamt 27 182 28 570 + 1 388 + 5,1% Paarhaushalte 18 398 18 241-157 - 0,9% davon Ehepaare 17 768 16 786-982 - 5,5% Nichteheliche Lebensgemeinschaften 630 1 455 + 825 + 131,0% Alleinerziehende 6 179 7 812 + 1 633 + 26,4% davon Alleinerziehende Frauen 5 459 6 550 + 1 091 + 20,0% Alleinerziehende Männer 720 1 262 + 542 + 75,3% Mehrgenerationenhaushalte 2 605 2 517-88 - 3,4% zum Vergleich Haushalte ohne Kinder 104 203 114 004 + 9 801 + 9,4% Haushalte insgesamt 131 385 142 574 + 11 189 + 8,5% Quelle: Amt für Strategische Steuerung, Stadtforschung und Statistik, Schätzverfahren auf Grundlage des Einwohnerregisters (Stichtag jeweils der 31.12) Prozentual gesehen sind besonders deutliche Zuwächse bei den nichtehelichen Lebensgemeinschaften festzustellen, seit 1997 hat sie ihre Zahl mehr als verdoppelt. Absolut gesehen sind gut 800 Partnerschaften ohne Trauschein dazugekommen; Paare, für die das Kinderkriegen nicht mehr gleichbedeutend mit einem Gang zum Standesamt war. Im gleichen Zeitraum hat die Zahl der verheirateten Paarhaushalte um knapp 1.000 abgenommen. Die Zahl der Alleinerziehenden ist in den vergangenen 15 Jahren um 26 % (oder 1.600) gestiegen. Prozentual gesehen hat sich vor allem die Zahl der alleinerziehenden Väter deutlich 2 Für diese Familien werden die Bezeichnungen Alleinerziehende und Ein-Eltern-Familien synonym gebraucht.

14 Wiesbadener Familienbericht 2013 (+ 75 %) erhöht, doch auch die Zahl der Mütter, die alleine ihre Kinder großziehen ist um 1.000 oder 20 % gewachsen. Die Anzahl der Mehrgenerationenhaushalte hat sich hingegen kaum verändert. Die langfristigen Veränderungen sind ein Beleg für den zunehmenden Trend zur Ausdifferenzierung familialer Lebensformen. Neben der Kernfamilie im klassischen Sinn mit verheirateten Eltern erleben vor allem Alleinerziehende aber auch nichteheliche Lebensgemeinschaften zunehmende Verbreitung. Dies ist keine Besonderheit Wiesbadens, sondern kann bundesweit beobachtet werden. 3. Familien nach Zahl der Kinder Mit 54 % ist mehr als jede zweite Wiesbadener Familie eine Ein-Kind-Familie. In gut jedem dritten familialen Haushalt leben zwei minderjährige Kinder und in lediglich zehn Prozent der Familien leben drei und mehr Kinder (vgl. Abbildung 2). Abbildung 2: Familien nach Zahl der Kinder Quelle: Amt für Strategische Steuerung, Stadtforschung und Statistik, Schätzverfahren auf Grundlage des Einwohnerregisters (Stichtag 31.12.2012) Dabei ist die Anzahl der Kinder abhängig von der Lebensform der Familie. Paare, ob verheiratet oder nicht, haben deutlich häufiger zwei oder mehr Kinder (52 %). Bei alleinerziehenden Elternteilen überwiegt mit knapp 70 % das Leben in Haushalten mit einem Kind (vgl. Tabelle 2).

Wiesbadener Familienbericht 2013 15 Tabelle 2: Zahl der Kinder nach Familientyp Familientyp Zahl der Kinder Insgesamt 1 Kind 2 Kinder 3 und mehr Kinder im Durchschnitt abs. in % abs. in % abs. in % abs. in % je Familie Familien insgesamt 28 570 100% 15 538 54,4% 9 920 34,7% 3 112 10,9% 1,6 Paarhaushalte 18 241 100% 8 703 47,7% 7 174 39,3% 2 364 13,0% 1,7 Alleinerziehende 7 812 100% 5 398 69,1% 1 974 25,3% 440 5,6% 1,4 Mehrgenerationenhaushalte 2 517 100% 1 437 57,1% 772 30,7% 308 12,2% 1,6 Quelle: Amt für Strategische Steuerung, Stadtforschung und Statistik, Schätzverfahren auf Grundlage des Einwohnerregisters (Stichtag 31.12.2012) 4. Familien nach Migrationshintergrund In Wiesbaden gibt es 9.133 Familien, in denen alle Haushaltsmitglieder einen Migrationshintergrund 3 haben. In 27 % aller Migrantenhaushalte leben Kinder, aber lediglich in 18 % der Haushalte ohne ausländische Herkunft. Migrantenhaushalte bestehen im Vergleich zu Haushalten mit deutscher Herkunft oder gemischtnationalen Haushalten- eher aus verheirateten Eltern mit ihren Kindern (66 % zu 55 %) und seltener aus Alleinerziehenden (24 % zu 29 %, vgl. Tabelle 3). Überraschenderweise ist der Anteil der Mehrgenerationenhaushalte bei den Migranten etwas geringer als bei den deutschstämmigen Haushalten. 3 Personen mit Migrationshintergrund erfüllen mindestens eines der folgenden Kriterien: ausländische Staatsangehörigkeit, Geburtsort Ausland, sie sind eingebürgert oder sie sind Spätaussiedler. Für Minderjährige zählt der Migrationshintergrund der Mutter. Im Folgenden wird vereinfacht von Migrantenhaushalten die Rede sein. Familien, in denen mindestens ein Haushaltsmitglied keinen Migrationshintergrund hat, werden den Haushalten ohne Migrationshintergrund zugeordnet.

16 Wiesbadener Familienbericht 2013 Tabelle 3: Familien mit und ohne Migrationshintergrund nach Familientyp Familientyp Familien ohne Familien mit Migrationshintergrund/ Migrationshintergrund Familien gemischter Herkunft abs. in % abs. in % Familien insgesamt 9 133 100,0% 19 437 100,0% Paarhaushalte 6 264 68,6% 11 977 61,6% davon Ehepaare 6 058 66,3% 10 728 55,2% Nichteheliche Lebensgemeinschaften 206 2,3% 1 249 6,4% Alleinerziehende 2 188 24,0% 5 624 28,9% davon Alleinerziehende Frauen 1 957 21,4% 4 593 23,6% Alleinerziehende Männer 231 2,5% 1 031 5,3% Mehrgenerationenhaushalte 681 7,5% 1 836 9,4% Quelle: Amt für Strategische Steuerung, Stadtforschung und Statistik, Schätzverfahren auf Grundlage des Einwohnerregisters (Stichtag 31.12.2012) Durchschnittlich leben in Wiesbadener Migrantenhaushalten 1,8 Kinder, und damit mehr als in Haushalten ohne Migrationshintergrund (ø 1,5 Kinder). Auffällig ist vor allem, dass über 17 % der Migrantenhaushalte drei und mehr Kinder haben, aber lediglich 8 % der Nichtmigrantenhaushalte (vgl. Abbildung 3: Bei Familien ohne Migrationshintergrund bzw. mit gemischter Herkunft überwiegt mit 58 % die Ein-Kind-Familie). Abbildung 3: Familien mit und ohne Migrationshintergrund nach Zahl der Kinder 70,0% 60,0% 57,9% 50,0% 47,0% 40,0% 30,0% 34,2% 35,8% 20,0% 17,2% 10,0% 7,9% 0,0% 1 Kind 2 Kinder 3 und mehr Kinder Familien ohne Migrationshintergrund/ Familien gemischter Herkunft Familien mit Migrationshintergrund Quelle: Amt für Strategische Steuerung, Stadtforschung und Statistik, Schätzverfahren auf Grundlage des Einwohnerregisters (Stichtag 31.12.2012)

Wiesbadener Familienbericht 2013 17 Betrachtet man die Herkunft der Migrantenhaushalte fällt auf, dass Familien, in denen alle Mitglieder aus der Türkei oder aus Marokko stammen, überdurchschnittlich häufig aus erziehenden Paaren mit ihren Kindern bestehen. Familien mit einem erziehenden Elternteil gibt es seltener, Mehrgenerationenhaushalte häufiger als im Schnitt aller Migrantenhaushalte (vgl. Tabelle 4). Tabelle 4: Familien mit Migrationshintergrund nach Herkunft der Haushaltsmitglieder Familien Mehrgenerationenhaushalte Paarhaushalte Alleinerziehende insgesamt abs. in % abs. in % abs. in % abs. in % Familien mit Migrationshintergrund insgesamt 9 133 100,0% 6 264 68,6% 2 188 24,0% 681 7,5% dar. Familien nach der Herkunft 1) mit türkischem Migrationshintergrund 2 229 100,0% 1 665 74,7% 375 16,8% 189 8,5% mit sowjetischem 2) Migrationshintergrund 1 338 100,0% 892 66,7% 388 29,0% 58 4,3% mit jugoslawischem 2) Migrationshintergrund 712 100,0% 504 70,8% 152 21,3% 56 7,9% mit marokkanischem Migrationshintergrund 673 100,0% 493 73,3% 110 16,3% 70 10,4% mit polnischem Migrationshintergrund 504 100,0% 262 52,0% 223 44,2% 19 3,8% 1) Jeweils alle Haushaltsmitglieder haben dieselbe Herkunft; 2) Länder der ehemaligen Sowjetunion bzw. des ehemaligen Jugoslawiens werden zusammengefasst. Quelle: Amt für Strategische Steuerung, Stadtforschung und Statistik, Schätzverfahren auf Grundlage des Einwohnerregisters (Stichtag 31.12.2012) Bei polnisch stämmigen Haushalten fällt der mit 44 % sehr hohe Anteil an Alleinerziehenden auf. Auch bei Haushalten aus der ehemaligen Sowjetunion, bei denen es sich häufig um Aussiedler handeln dürfte, liegt der Anteil der Alleinerziehenden über dem Schnitt aller Migrantenhaushalte und der Anteil der Mehrgenerationenhaushalte darunter. 5. Familien nach dem Alter des jüngsten Kindes Vom Alter der Kinder, insbesondere des jüngsten Kindes, hängt es ab, wie groß der Betreuungsaufwand ist und inwieweit die Möglichkeit für beide Partner gegeben ist, eine berufliche Tätigkeit auszuüben. Auch stellt sich die Frage nach altersspezifischen Infrastrukturangeboten, wie z.b. Krippen- oder Elementarplätzen.

18 Wiesbadener Familienbericht 2013 Tabelle 5: Familien in Wiesbaden nach dem Alter des jüngsten Kindes Alter des jüngsten Kindes im Haushalt Familien insgesamt Paarhaushalte Alleinerziehende Mehrgenerationenhaushalte abs. in % abs. in % abs. in % abs. in % unter 3 Jahre 7 269 25,4% 5 510 30,2% 1 305 16,7% 454 18,0% 3 bis 5 Jahre 5 345 18,7% 3 638 19,9% 1 320 16,9% 387 15,4% 6 bis 15 Jahre 12 143 42,5% 7 191 39,4% 3 731 47,8% 1 221 48,5% 15 bis 17Jahre 3 813 13,3% 1 902 10,4% 1 456 18,6% 455 18,1% Insgesamt 28 570 100,0% 18 241 100,0% 7 812 100,0% 2 517 100,0% Quelle: Amt für Strategische Steuerung, Stadtforschung und Statistik, Schätzverfahren auf Grundlage des Einwohnerregisters (Stichtag 31.12.2012) In 43 % aller Familien hat das jüngste Kind bereits die Schulpflicht erreicht (vgl. Tabelle 5). In einem weiteren Viertel der Familien ist das Nesthäkchen unter drei Jahre alt, in fast jedem fünften Haushalt befinden sich bereits alle Kinder zumindest im Kindergartenalter. Tendenziell ist das jüngste Kind in Paarhaushalten jünger als in Ein-Elternfamilien, was insofern plausibel ist, als sich (Ehe-) Partner eher trennen, wenn die Kinder schon etwas älter sind. In Mehrgenerationenhaushalten sind die Kinder in der Regel etwas älter, was darauf schließen lässt, dass Großeltern und Eltern sich erst in einer späteren Familienphase für einen gemeinsamen Haushalt entscheiden. 6. Kinder in Wiesbadener Familien Bisher ging es um Strukturen der Wiesbadener Familienhaushalte, nun rücken die Kinder, gemeint sind hier immer die unter 18-Jährigen, in den Mittelpunkt unseres Interesses. In welchen Familien wachsen Kinder auf, wie viele Geschwister haben sie, wie viele Kinder haben einen Migrationshintergrund? 45.500 minderjährige Kinder und Jugendliche leben in den knapp 28.600 Wiesbadener Familienhaushalten. Trotz des Rückgangs der klassischen Kernfamilien lebt fast zwei Drittel der Nachkommen mit ihren verheirateten Eltern zusammen. Jedes fünfte Kind lebt bei seiner alleinerziehenden Mutter (vgl. Abbildung 4). Fast jedes zehnte Kind wächst in einem Mehrgenerationenhaushalt auf, eher wenige hingegen bei einem alleinerziehenden Vater oder bei unverheirateten Eltern.

Wiesbadener Familienbericht 2013 19 Abbildung 4: Kinder in Familien nach Haushaltstyp Alleinerziehende Männer 3,5% Mehrgenerationenhaushalte 8,8% Alleinerziehende Frauen 20,2% Ehepaare 63,3% Nichteheliche Lebensgemeinschaften 4,3% Quelle: Amt für Strategische Steuerung, Stadtforschung und Statistik, Schätzverfahren auf Grundlage des Einwohnerregisters (Stichtag 31.12.2012) Über 45 % der Kinder in Wiesbadener Familien haben einen Migrationshintergrund, d.h. dass sie selbst oder ihre Eltern nach Deutschland zugewandert sind. Diese Kinder und Jugendlichen wachsen häufiger mit verheirateten Eltern und seltener nur mit einem Elternteil auf als Kinder ohne Migrationshintergrund (vgl. Tabelle 6). Tabelle 6: Kinder mit und ohne Migrationshintergrund nach Familientyp Familientyp Kinder insgesamt Kinder ohne Migrationshintergrund Kinder mit Migrationshintergrund abs. in % abs. in % abs. in % Familien insgesamt 45 519 100,0% 25 249 100,0% 20 270 100,0% Paarhaushalte 30 741 67,9% 16 053 63,1% 14 688 74,2% Alleinerziehende 10 779 23,0% 7 122 27,8% 3 657 16,8% Mehrgenerationenhaushalte 3 999 9,1% 2 074 9,1% 1 925 9,0% Quelle: Amt für Strategische Steuerung, Stadtforschung und Statistik, Schätzverfahren auf Grundlage des Einwohnerregisters (Stichtag 31.12.2012) Das Klischee hingegen von der Migrantengroßfamilie mit mehreren Generationen unter einem Dach lässt sich statistisch nicht belegen: Kinder aus Zuwandererfamilien wachsen genauso selten mit Eltern und Großeltern auf, wie deutschstämmige Kinder. Kinder mit Migrationshintergrund haben häufiger und mehr Geschwister als Kinder ohne Migrationshintergrund. Während fast 40 % der deutschstämmigen unter 18-Jährigen als Einzel-

20 Wiesbadener Familienbericht 2013 kind aufwachsen sind es bei den jungen Migranten lediglich 28 % (vgl. Abbildung 5). Dagegen haben 30 % der Kinder mit ausländischen Wurzeln mindestens zwei Geschwister und damit fast doppelt so häufig wie deutschstämmige Kinder. Abbildung 5: Kinder mit und ohne Migrationshintergrund nach Zahl der Geschwister 3,5% 12,6% 9,2% 20,9% 44,8% 42,1% drei oder mehr Geschwister zwei Geschwister ein Geschwisterkind keine Geschwister 39,2% 27,9% Kinder ohne Migrationshintergrund Kinder mit Migrationshintergrund Quelle: Amt für Strategische Steuerung, Stadtforschung und Statistik, Schätzverfahren auf Grundlage des Einwohnerregisters (Stichtag 31.12.2012) 7. Erziehende in Wiesbadener Familien Wieder nehmen wir einen Perspektivwechsel vor. Im Folgenden wird die Elterngeneration 4 statistisch unter die Lupe genommen. Ob wir es mit eher alten oder eher jungen Familien zu tun haben hängt natürlich auch von dem Alter der Erziehenden ab. Insgesamt leben in Wiesbaden genau 45.191 Personen, die Kinder erziehen. 45 % sind zwischen 35 und 44 Jahre alt, 30 % haben das 35ste Lebensjahr noch nicht erreicht und gut jeder vierte Erziehende ist älter als 44 Jahre. 4 In Mehrgenerationenhaushalten wird die mittlere Generation als Erziehende gezählt.

Wiesbadener Familienbericht 2013 21 Abbildung 6: Erziehende nach Geschlecht und Alter 50,0% 45,0% 44,5% 46,2% 40,0% 35,0% 30,0% 25,0% 20,0% 32,6% 22,8% 22,9% 31,0% 15,0% 10,0% 5,0% 0,0% unter 35 Jährige 35 bis 44-Jährige 45-Jährige und Ältere Frauen Männer Quelle: Amt für Strategische Steuerung, Stadtforschung und Statistik, Schätzverfahren auf Grundlage des Einwohnerregisters (Stichtag 31.12.2012) Wie Abbildung 6 zeigt, sind Männer eindeutig das ältere Elternteil, immerhin ist fast ein Drittel der Väter älter als 44 Jahre. Besonders deutlich ist die Diskrepanz zwischen Vätern und Müttern bei den jüngeren Jahrgängen. Ein Drittel der Mütter ist jünger als 35 Jahre, aber nur 23 % der Väter. In den vergangenen 15 Jahren hat sich die Altersstruktur der Erziehenden rapide verändert und zwar ist es zu einer Verschiebung von jung nach alt gekommen. Abbildung 7: Veränderung der Altersstruktur der erziehenden Männer und Frauen zwischen 1997 und 2012 45-Jährige und Ältere + 32,9 % + 71,2 % 35 bis 44-Jährige - 5,5 % + 2,1 % unter 35 Jährige - 22,7 % - 34,4 % - 40,0 % - 20,0 % - + 20,0 % + 40,0 % + 60,0 % + 80,0 % Männer Frauen Quelle: Amt für Strategische Steuerung, Stadtforschung und Statistik, Schätzverfahren auf Grundlage des Einwohnerregisters (Stichtag 31.12.1997 und 2012)

22 Wiesbadener Familienbericht 2013 Insbesondere die Gruppe der über 44-jährigen Mütter hat sich enorm vergrößert (+ 71%, vgl. Abbildung 7). Bei den Vätern ist die Gruppe der unter 35-Jährigen zwischen 1997 und 2012 am stärksten geschrumpft auch Männer werden zunehmend älter bevor sie sich für eine Familie entscheiden. Knapp 20.500 der 45.200 Erziehenden haben einen Migrationshintergrund. Auch zwischen Eltern mit und ohne Migrationshintergrund lassen sich Unterschiede hinsichtlich des Alters feststellen. Abbildung 8: Erziehende nach Migrationshintergrund und Alter 50,0% 45,0% 47,0% 43,7% 40,0% 35,0% 30,0% 34,5% 32,7% 25,0% 23,6% 20,0% 18,5% 15,0% 10,0% 5,0% 0,0% unter 35 Jährige 35 bis 44-Jährige 45-Jährige und Ältere Erziehende mit Migrationshintergrund Erziehende ohne Migrationshintergrund Quelle: Amt für Strategische Steuerung, Stadtforschung und Statistik, Schätzverfahren auf Grundlage des Einwohnerregisters (Stichtag 31.12.2012) Eltern mit Migrationshintergrund sind jünger als Eltern ohne fremde Herkunft. So sind 35 % der Erziehenden mit ausländischen Wurzeln jünger als 35 Jahre, bei den deutschstämmigen Erziehenden liegt dieser Anteil lediglich bei 24 % (vgl. Abbildung 8). Demgegenüber ist bereits fast jeder dritte der deutschstämmigen Erziehenden älter als 44 Jahre und fast jeder fünfte Migrant. Auch wenn Eltern mit Migrationshintergrund noch - jünger sind als solche ohne, ist festzustellen, dass vor allem ausländische Mütter den Zeitpunkt der Familiengründung weiter nach hinten schieben. Bei der Geburt des 1. Kindes waren ausländische Frauen im Jahr 2011 im Schnitt 28 Jahre alt und damit drei Jahre älter 1996. Deutsche Mütter sind bei der Geburt ihres ersten Kindes 30 Jahre alt daran hat sich in den vergangenen 15 Jahren nichts verändert.

Wiesbadener Familienbericht 2013 23 8. Mobilität von Familien Wenig überraschend ist der Befund, dass Haushalte ohne Kinder mobiler sind als Familien. Von allen mobilen Haushalten stellen Kinderlose 83% und Haushalte mit Kindern 17 % (vgl. Tabelle 7). Tabelle 7: Mobile Haushalte in Wiesbaden 2002-2012 nach Strukturmerkmalen zugezogene Haushalte innerstädtische Umzüge weggezogene Haushalte mobile Haushalte insgesamt Haushalte Bestand am 31.12.2012 insgesam t abs. 87 022 99 020 73 706 259 748 142 574 und zwar Haushalte mit Kindern abs. 9 847 25 697 9 340 44 884 28 570 darunter Ehepaare mit Kindern abs. 4 422 12 223 5 071 21 716 16 786 Alleinerziehende abs. 4 188 8 275 3 406 15 869 7 812 Haushalte ohne Kinder abs. 77 175 73 323 64 366 214 864 114 004 Anteil innerhalb des Haushaltstyps (Zeilenprozent) insgesam t in % 33,5 38,1 28,4 100,0 X und zwar Haushalte mit Kindern in % 21,9 57,3 20,8 100,0 X darunter Ehepaare mit Kindern in % 20,4 56,3 23,4 100,0 X Alleinerziehende in % 26,4 52,1 21,5 100,0 X Haushalte ohne Kinder in % 35,9 34,1 30,0 100,0 X Anteil des Haushaltstyps an insgesamt (Spaltenprozent) insgesam t in % 100,0 100,0 100,0 100,0 100,0 und zwar Haushalte mit Kindern in % 11,3 26,0 12,7 17,3 20,0 darunter Ehepaare mit Kindern in % 5,1 12,3 6,9 8,4 11,8 Alleinerziehende in % 4,8 8,4 4,6 6,1 5,5 Haushalte ohne Kinder in % 88,7 74,0 87,3 82,7 80,0 Quelle: Amt für Strategische Steuerung, Stadtforschung und Statistik, Zuordnungsverfahren Mobile Haushalte auf Grundlage des Einwohnerregisters. Haushalte ohne Kinder sind unter den nach Wiesbaden zu- und von Wiesbaden wegziehenden Haushalten mit jeweils fast 90 % besonders stark vertreten. Demgegenüber ist der Familienanteil an den Umzügen innerhalb der Stadt mit 26 % größer als bei der Zu- und Fortzügen wenn Familien also mobil sind dann eher innerhalb der Stadt. Insgesamt lässt sich aus diesen Wanderungsdaten also keineswegs ablesen, dass Haushalte mit Kindern besonders häufig Wiesbaden den Rücken kehren, vielmehr wird die neue Wohnung bevorzugt in der Stadt gesucht. Betrachtet man unter den Haushalten mit Kindern die Alleinerziehenden und die Ehepaare mit Kindern getrennt, so lassen sich zwischen diesen beiden Haushaltstypen interessante Unterschiede erkennen. Unter den mobilen Ehepaaren mit Kindern ziehen etwas weniger

24 Wiesbadener Familienbericht 2013 Haushalte zu (20 %) als weg (23 %). Bei den Alleinerziehenden ist es umgekehrt. Unter den mobilen Alleinerziehenden ziehen mehr zu (26 %) als weg (22 %). IV. Familien in den Wiesbadener Ortsbezirken 1. Familien nach Ortsbezirken Die 28.600 Familien sind sehr ungleich über das Stadtgebiet verteilt. In den top 5 der Ortsbezirke mit den meisten Familien leben bereits 45 % aller familialen Haushalte in Wiesbaden: Abbildung 9: Anzahl der Familienhaushalte in den Wiesbadener Ortsbezirken nach Familientyp Rambach Naurod Auringen Nordost Sonnenberg Heßloch Medenbach Klarenthal Kloppenheim Frauenstein Dotzheim 06 08 01 Bierstadt Igstadt Breckenheim Südost Nordenstadt Erbenheim Schierstein Biebrich Amöneburg Delkenheim Kastel Kostheim 01 Mitte 06 Rheingauviertel, Hollerborn 08 Westend, Bleichstraße Familientypen Paarhaushalte Alleinerziehende Mehrgenerationenhaushalte Familien 4.000,00 2.000,00 1.000,00 Quelle: Amt für Strategische Steuerung, Stadtforschung und Statistik, Schätzverfahren auf Grundlage des Einwohnerregisters (Stichtag 31.12.2012)

Wiesbadener Familienbericht 2013 25 In Biebrich und Dotzheim jeweils über 3.000, im Rheingauviertel, Nordost und Mitte jeweils um die 2.000 Familien (vgl. Abbildung 9). In Heßloch und Amöneburg leben die wenigsten Familien nicht verwunderlich sind das doch auch die kleinsten Stadtteile. Zur Erinnerung: 28.570 der 142.574 Haushalte sind Familienhaushalte, d.h. in 20 % aller Haushalte leben Kinder unter 18 Jahren. Am niedrigsten ist die Familienprägung in der Innenstadt, bzw. den innenstadtnahen Stadtteilen (vgl. Abbildung 10). In Mitte und Nordost haben Familienhaushalte lediglich einen Anteil von 15 % beziehungsweise 17 % an allen Haushalten. Deutlich familiengeprägter sind einige der östlichen Vororte sowie Dotzheim und Amöneburg hervorzuheben sind hier besonders die Ortsbezirke Auringen und Amöneburg, wo jeweils in 30 % bzw. 27 % aller Haushalte Kinder aufwachsen. Abbildung 10: Anteil der Familien an allen Haushalten in den Ortsbezirken Auringen Amöneburg Igstadt Kloppenheim Dotzheim Erbenheim Delkenheim Klarenthal Breckenheim Kastel Sonnenberg Nordenstadt Medenbach Kostheim Naurod Wiesbaden insgesamt Frauenstein Biebrich Schierstein Rheingauviertel, Hollerborn Bierstadt Heßloch Rambach Westend, Bleichstraße Südost Nordost Mitte 29,7% 27,2% 25,9% 25,6% 24,6% 24,1% 24,0% 22,9% 22,7% 22,5% 21,7% 21,7% 21,5% 21,4% 21,2% 20,0% 19,8% 19,7% 19,7% 19,5% 19,3% 18,7% 18,7% 17,6% 17,4% 16,6% 15,4% 0,0% 5,0% 10,0% 15,0% 20,0% 25,0% 30,0% 35,0% Quelle: Amt für Strategische Steuerung, Stadtforschung und Statistik, Schätzverfahren auf Grundlage des Einwohnerregisters (Stichtag 31.12.2012) Insgesamt leben in 32 % der Wiesbadener Familien ausschließlich Personen mit ausländischer Herkunft zusammen. Auffällig ist die starke Ausdifferenzierung über die Stadtteile (vgl. Abbildung 11). In Breckenheim und Frauenstein einerseits sind lediglich 6 % aller Familien Migrantenfamilien und in Klarenthal andererseits besteht über die Hälfte der Familien ausschließlich aus Menschen mit ausländischen Wurzeln.

26 Wiesbadener Familienbericht 2013 Abbildung 11: Anteil der Migrantenfamilien 1) an allen Familien Klarenthal Westend, Bleichstraße Amöneburg Mitte Rheingauviertel, Hollerborn Dotzheim Biebrich Erbenheim Kostheim Kastel Schierstein Wiesbaden insgesamt Südost Nordenstadt Bierstadt Delkenheim Nordost Medenbach Kloppenheim Rambach Sonnenberg Heßloch Naurod Auringen Igstadt Frauenstein Breckenheim 11,9% 11,2% 9,5% 9,5% 6,8% 6,4% 6,4% 6,3% 6,1% 5,7% 21,8% 21,4% 21,2% 18,7% 26,8% 43,7% 43,1% 39,8% 39,4% 39,4% 37,9% 36,7% 36,4% 34,8% 32,1% 32,0% 55,0% 0,0% 10,0% 20,0% 30,0% 40,0% 50,0% 60,0% Anmerkungen:1) Alle Haushaltsmitglieder haben einen Migrationshintergrund. Quelle: Amt für Strategische Steuerung, Stadtforschung und Statistik, Schätzverfahren auf Grundlage des Einwohnerregisters (Stichtag 31.12.2012) Im Folgenden wird dargestellt, wo Alleinerziehende und kinderreiche Familien in Wiesbaden wohnen. Beides sind Familienformen, die zwar nicht per se benachteiligt sind, bei denen es sich aber unbestritten um Familien handelt, die häufiger als andere auf Unterstützung angewiesen sind und somit besondere Zielgruppen kommunaler Familienpolitik sein sollten. Der Anteil alleinerziehender Mütter und Väter liegt in Wiesbaden insgesamt bei knapp 27 %. Den niedrigsten Anteile Alleinerziehender wird in Frauenstein mit 16 % erreicht (vgl. Abbildung 12), die stadtweit höchsten in Mitte sowie dem Westend mit jeweils fast 40 %. Ob Ein- Eltern-Familien die Innenstadt bzw. die innenstadtnahen Stadtteile mit ihrer guten Infrastruktur und den kurzen Wegen bevorzugen oder ob sie sich die gehobenen Wohnlagen und Einfamilienhausquartiere am Stadtrand finanziell nicht leisten können, soll und kann hier nicht ausgeführt werden.

Wiesbadener Familienbericht 2013 27 Abbildung 12: Anteil der Alleinerziehenden an allen Familien Mitte Westend, Bleichstraße Amöneburg Bierstadt Kloppenheim Biebrich Medenbach Rheingauviertel, Hollerborn Erbenheim Wiesbaden insgesamt Klarenthal Rambach Heßloch Dotzheim Nordost Südost Kastel Kostheim Schierstein Delkenheim Breckenheim Igstadt Auringen Sonnenberg Nordenstadt Naurod Frauenstein 32,4% 31,4% 31,1% 30,1% 29,5% 29,5% 27,4% 27,3% 26,9% 26,0% 25,4% 25,4% 24,7% 23,9% 23,6% 23,4% 22,3% 22,3% 22,1% 21,7% 19,8% 19,6% 19,2% 18,1% 15,9% 38,1% 37,8% 0,0% 5,0% 10,0% 15,0% 20,0% 25,0% 30,0% 35,0% 40,0% 45,0% Quelle: Amt für Strategische Steuerung, Stadtforschung und Statistik, Schätzverfahren auf Grundlage des Einwohnerregisters (Stichtag 31.12.2012) In Wiesbaden hat jeder zehnte Familienhaushalt mindestens drei Kinder. Den geringsten Anteil kinderreicher Familien hat Heßloch mit 3 %, den höchsten Klarenthal mit 17 % (vgl. Abbildung 13).

28 Wiesbadener Familienbericht 2013 Abbildung 13: Anteil der Familien mit drei und mehr Kindern an allen Familien Klarenthal Amöneburg Kastel Dotzheim Kostheim Erbenheim Westend, Bleichstraße Biebrich Wiesbaden insgesamt Mitte Auringen Rheingauviertel, Hollerborn Nordenstadt Nordost Bierstadt Südost Schierstein Sonnenberg Kloppenheim Delkenheim Igstadt Naurod Rambach Frauenstein Breckenheim Medenbach Heßloch 3,4% 14,4% 13,6% 13,3% 12,9% 12,4% 11,3% 10,9% 10,9% 10,5% 10,5% 10,4% 10,1% 9,7% 9,5% 9,2% 8,9% 8,7% 8,2% 8,2% 7,9% 7,6% 7,0% 6,5% 5,7% 5,0% 16,6% 0,0% 2,0% 4,0% 6,0% 8,0% 10,0% 12,0% 14,0% 16,0% 18,0% Quelle: Amt für Strategische Steuerung, Stadtforschung und Statistik, Schätzverfahren auf Grundlage des Einwohnerregisters (Stichtag 31.12.2012) 2. Wanderungsbewegungen von Haushalten mit Kindern in den Ortsbezirken Wiesbaden hat wie andere Kommunen ein besonderes Interesse daran, als Wohnstandort für Familien mit Kindern attraktiv zu sein und diese in der Stadt zu halten. Auch innerstädtisch ist von Interesse, wo Familien bevorzugt siedeln oder welchen Wohnstandorten sie vergleichsweise häufig den Rücken kehren. Erstellt man aus den Wanderungssalden für Haushalte mit Kindern eine Hitliste besonders häufig gewählter Ortsbezirke (vgl. Tabelle 8) mit einem Wanderungsüberschuss, gehören zu diesen bevorzugten Zielen vor allem Dotzheim, Klarenthal, Schierstein und Sonnenberg. Weniger beliebt, mit unterm Strich mehr von dort wegziehenden also dorthin zuziehenden Haushalten mit Kindern, sind dagegen die innerstädtischen Bezirke Mitte und Westend, sowie die angrenzenden Bezirke Rheingauviertel und Südost.

Wiesbadener Familienbericht 2013 29 Tabelle 8: Saldo der zu- und weggezogenen Haushalte 1) auf Ortsbezirksebene (2002-2012) Ortsbezirk Saldo zu- und weggezogene Haushalte Haushalte mit Kindern positiver Saldo negativer Saldo insgesamt Dotzheim + 491 + 1082 Klarenthal + 432 + 256 Schierstein + 176 + 531 Sonnenberg + 153 + 234 Kostheim + 147 + 770 Bierstadt + 140 + 365 Auringen + 114 + 57 Nordenstadt + 109 + 115 Biebrich + 105 + 1882 Erbenheim + 77 + 371 Naurod + 70 + 85 Delkenheim + 54 + 76 Igstadt + 38 + 23 Kastel + 38 + 825 Kloppenheim + 28 + 41 Frauenstein + 20 + 81 Breckenheim + 20-56 Amöneburg + 1 + 60 Rambach - 4 + 49 Heßloch - 4 + 4 Medenbach - 27 + 48 Nordost - 48 + 1448 Südost - 107 + 790 Rheingauviertel, Hollerborn - 220 + 1397 Westend, Bleichstraße - 532 + 1323 Mitte - 764 + 1459 Anmerkungen: Wanderungen von/nach außerhalb Wiesbadens sowie Binnenwanderung innerhalb Wiesbadens. Quelle: Amt für Strategische Steuerung, Stadtforschung und Statistik, Zuordnungsverfahren Mobile Haushalte auf Grundlage des Einwohnerregisters. V. Die wirtschaftliche Lage von Familien in Wiesbaden 1. Bildungshintergrund und Erwerbsbeteiligung von Familien in Wiesbaden Der Bildungshintergrund der Eltern hat vielschichtigen Einfluss auf die materielle und soziale Situation von Kindern und die Ausgestaltung des Familienlebens. Auf Basis einer repräsentativen Elternbefragung 5 lässt sich für die Wiesbadener Eltern mit Kindern bis zehn Jahren im 5 Die Erhebung zum Betreuungsbedarf wurde 2010-2011 als Kooperationsprojekt vom Amt für Soziale Arbeit und Amt für Strategische Steuerung, Stadtforschung und Statistik durchgeführt. Vgl. die drei Teilberichte der Landeshauptstadt Wiesbaden (Hg.)

30 Wiesbadener Familienbericht 2013 Gesamtschnitt ein hohes Bildungsniveau feststellen (vgl. Tabelle 9): Etwa 45 % der Kinder bis zehn Jahren in der Landeshauptstadt leben in einem Haushalt, in dem mindestens ein Elternteil einen Fachhochschul- oder Hochschulabschluss erlangt hat. Bei nur etwa 13 % der Kinder in der untersuchten Altersgruppe hat sowohl der antwortende Elternteil als auch der/die im Haushalt lebende Partner/in maximal einen Hauptschulabschluss erreicht. Auffällig sind die Unterschiede nach Familientyp: Von den Alleinerziehenden haben nur 18 % einen (Fach-)Hochschulabschluss erreicht, während ca. 28 % in die niedrigste Bildungskategorie fallen. Auch Eltern mit Migrationshintergrund weisen im Schnitt ein mit Abstand geringeres Bildungsniveau auf im Vergleich zu Familien ohne Migrationshintergrund. Tabelle 9: Bildungshintergrund Wiesbadener Eltern mit Kindern bis 10 Jahren Familientyp Migrationshintergrund insges. abs. insges. in % Paarhaushalt Alleinerziehend kein Partner im HH MigH mind. 1 Partner im HH MigH keine Zuordnung möglich Befragte insges. 8 540 100,0 100,0 100,0 100,0 100,0 100,0 Höchster Bildungsabschluss im Haushalt 1) niedrig 1 066 12,5 9,7 27,8 6,8 18,3 19,0 mittel 3 401 39,8 38,3 50,1 36,6 44,0 29,4 hoch 3 858 45,2 49,9 17,9 56,0 34,0 31,6 nicht zuzuordnen 215 2,5 2,0 4,2 0,5 3,7 19,9 Befragte absolut 8 540 7 218 1 090 4 366 3 943 231 1) Bei Paarhaushalten wurde jeweils der höchste Abschluss eines Partners im Haushalt herangezogen niedrig= (noch) kein Abschluss, Hauptschulabschluss mittel= Realschulabschluss, mittlere Reife, Abitur oder Fachhochschulreife hoch= Fachhochschule oder Universität nicht zuzuordnen: andere Abschluss, keine Angabe Quelle: Elternbefragung zum Betreuungsbedarf 2010/2011, Teil A (0,5-u3 J.), B (3 u6,5 J.) und C (6,5-10,5 J.) Amt für Strategische Steuerung, Stadtforschung und Statistik Die meisten Wiesbadener Eltern sind zumindest über einen Elternteil im Haushalt ins Erwerbsleben eingebunden (vgl. Abbildung 14). Bei Paarhaushalten ist mittlerweile die Kombination ein Elternteil in Vollzeit, einer in Teilzeit oder geringfügiger Beschäftigung die häufigste (41 %). Die zweithäufigste Konstellation mit 31 % ist immer noch das klassische Alleinernährer-Modell, (ein Partner Vollzeit, einer Nichterwerbstätig bzw. in Elternzeit). Offensichtlich wird diese familiale Aufteilung von vielen nur zeitlich beschränkt gelebt: der Anteil sinkt von 44 % der Eltern von Kindern unter drei Jahren auf nur noch 18 % bei Kindern im (2011): Elternwünsche und Betreuungsbedarfe in Wiesbaden Teil A: für Kinder unter 3 Jahren, Teil B: für Kinder im Kindergartenalter, Teil C: für Kinder im Grundschulalter. Wiesbadener Stadtanalysen.

Wiesbadener Familienbericht 2013 31 Grundschulalter. Dass beide Elternteile Vollzeit erwerbstätig sind, trifft auf etwa 9 % der Kinder bis zehn Jahren in Paarhaushalten zu. Besondere Herausforderungen und teilweise auch Belastungen erleben Alleinerziehende, wenn sie einer Erwerbstätigkeit nachgehen (wollen). Gleichzeitig haben Alleinerziehende häufig einen hohen ökonomischen Druck, berufstätig zu sein. Im Wiesbadener Gesamtschnitt sind etwas mehr als ein Drittel der Alleinerziehenden mit Kindern bis zehn Jahren nicht erwerbstätig, und die Quote sinkt mit zunehmendem Alter des Kindes stark ab (von 63 % bei den unter 3-Jährigen auf 21 % der Grundschulkinder). Umgekehrt steigert sich die Erwerbsbeteiligung Alleinerziehender Eltern in Form einer Vollzeit-Beschäftigung im Laufe des Heranwachsens von 10 % (unter 3-Jährige) bis auf 24 % im Grundschulalter, in Form einer Teilzeit-Beschäftigung sogar von 20 auf 50 %. Deutlich wird, dass vor allem für Kinder ab dem Grundschulalter eine Erwerbstätigkeit beider Eltern bzw. des Alleinerziehenden Elternteils die Regel ist, was die zeitlichen Ressourcen für das Familienleben im Alltag limitiert und einen hohen Bedarf an entsprechenden Betreuungsmöglichkeiten generiert (siehe auch Kapitel VII zur Vereinbarkeit von Familie und Erwerbsarbeit).

32 Wiesbadener Familienbericht 2013 Abbildung 14: Erwerbsbeteiligung Wiesbadener Eltern mit Kindern bis 10 Jahren ( in %) 50 45 40 35 30 Alleinerziehende (n=1 090 Befragte) 41 36 Paarhaushalt (n=7 218 Befragte) 43 31 25 20 15 17 10 5 0 VZ TZ/geringfügig NET VZ + VZ VZ + TZ/geringfügig 9 VZ + NET TZ + TZ / geringfügig 3 3 NET + NET nach Altersgruppe des Kindes 70 Alleinerziehende (n=1 090 Befragte) Paarhaushalt (n=7 218 Befragte) 60 63 u3 3-6,5 6,5-10,5 57 50 50 40 43 45 44 30 20 10 0 10 14 24 20 36 21 7 9 10 VZ TZ/geringfügig NET VZ + VZ VZ + TZ/geringfügig 32 28 18 2 VZ + NET TZ + TZ / geringfügig 3 3 4 2 2 NET + NET VZ=Vollzeit TZ= Teilzeit NET= nicht erwerbstätig (z.b. Elternzeit) Differenz der Summe zu 100% = Sonstige Kombination oder fehlende Angaben Quelle: Elternbefragung zum Betreuungsbedarf 2010/2011, Teil A (0,5-u3 J.), B (3 u6,5 J.) und C (6,5-10,5 J.) Amt für Strategische Steuerung, Stadtforschung und Statistik

Wiesbadener Familienbericht 2013 33 2. Einkommensverteilung von Familien mit Kindern Die wirtschaftliche und soziale Situation von Familien wird wesentlich von ihren regelmäßigen Haushaltseinkünften geprägt. Diese Einkünfte speisen sich aus verschiedenen Quellen wie Erwerbseinkommen, Vermögen sowie Transferzahlungen (wie Renten oder Sozialhilfeleistungen). In der Landeshauptstadt Wiesbaden, die den Ruf einer Stadt wohlhabender Bürgerinnen und Bürger hat, zeigt sich in Bezug auf die Einkommenssituation ein differenziertes Bild: Zum einen erreicht die Kaufkraft in Wiesbaden mit 113,5 Indexpunkten (dies entspricht durchschnittlich 23.415 ) einen im bundesvergleich weit überdurchschnittlichen Wert 6. Andererseits gibt es in der Stadt auch einen hohen Anteil an Haushalten mit Bezug von sozialen Transferleistungen (vgl. auch Kapitel III.3.). Auch für Familien in Wiesbaden lässt sich eine große soziale Bandbreite konstatieren. Eine Einschätzung der Einkommenssituation von Haushalten mit Kindern bis zehn Jahren ist möglich auf Basis einer repräsentativen Elternbefragung, die in den Jahren 2010 und 2011 in drei Teilen durchgeführt wurde für Kinder im Krippenalter (6 Monate bis unter 3 Jahre), Kindergartenalter (3 bis unter 6 ½ Jahre) und im Grundschulalter (6 ½ bis 10 Jahre). Insgesamt haben sich Eltern von 8.540 Kindern bis zehn Jahren an der Befragung beteiligt 7. Knapp 20 % der Wiesbadener Kinder bis zehn Jahren leben demnach in Haushalten, die monatlich bis zu 1.500 Netto zur Verfügung haben (vgl. Tabelle 10). Tabelle 10: Einkommensverteilung von Wiesbadener Familien mit Kindern bis 10 Jahren insges. insges. Paarhaushalt alleinerziehend andere, k.a. abs. in % (Spaltenprozent) Haushalts- Nettoeinkommen weniger als 1.000 652 7,6 3,9 30,7 16,4 1.000-2.000 2 021 23,7 20,0 46,4 30,2 2.001-3.000 1 921 22,5 24,2 12,4 17,7 3.001-4.000 1 464 17,1 19,5 2,8 10,8 mehr als 4.000 1 870 21,9 25,3 1,9 9,1 keine Angabe 612 7,2 7,1 5,8 15,9 Befragte abs. 8 540 8 540 7 218 1 090 232 Quelle: Elternbefragung zum Betreuungsbedarf 2010/2011, Teil A (0,5-u3 J.), B (3 u6,5 J.) und C (6,5-10,5 J.) Amt für Strategische Steuerung, Stadtforschung und Statistik Auf der anderen Seite der Einkommensverteilung finden sich knapp über 20 % der Kinder in Haushalten mit einem Nettoeinkommen von mehr als 4.000. Sehr unterschiedlich fällt die 6 Quelle: GfK; D=100 7 Befragungsquelle: siehe Fußnote 5

34 Wiesbadener Familienbericht 2013 Verteilung je nach Haushaltskonstellation aus: bei den Alleinerziehenden fallen 60 % in die ersten beiden Gruppen bis 1.500, während dies bei den Kindern in Paarhaushalten weniger als 15 % sind. Bei der Einschätzung der materiellen Situation anhand des Haushaltseinkommens spielt natürlich eine Rolle, wie viele Personen im Haushalt davon ernährt werden müssen. Daher wird bei der Beschreibung der Einkommensverteilung und Armutsgefährdung von Haushalten üblicherweise ein bedarfsgewichtetes Pro-Kopf-Einkommen berechnet (=Äquivalenzeinkommen), das die Haushaltsgröße sowie unterschiedliche Bedarfshöhen von Erwachsenen und Kindern berücksichtigt (vgl. Tabelle 11). Haushalte mit weniger als 60 % des mittleren Äquivalenzeinkommens gelten nach dieser Definition der amtlichen Sozialberichterstattung als armutsgefährdet. Für einen Familienhaushalt mit zwei Erwachsenen und zwei Kindern unter 14 Jahren lag die so auf Basis des Mikrozensus ermittelte Armutsgefährdungsschwelle 2009 bei 1.775 8, für eine Alleinerziehende mit einem Kind unter 14 Jahren bei 1.099. 9 Etwa 15 % der Bevölkerung in Deutschland erzielen ein Einkommen, das 60 % unterhalb des Medianeinkommens des jeweiligen Haushaltstyps liegt und gelten somit nach dem Konzept der relativen Einkommensarmut als armutsgefährdet. 10 Zur Einkommenssituation von Wiesbadener Haushalten insgesamt gibt es keine direkt vergleichbare amtliche Datenquelle. Für Familienhaushalte kann auf die Elternbefragung 2010/2011 zurückgegriffen werden, wenn auch mit eingeschränkter Vergleichbarkeit (vgl. Tabelle 11; vgl. methodische Anmerkung zu den Einkommensdaten und zur Ermittlung der Armutsgefährdung im Anhang). 8 Gemessen am Hessen-Median. 9 Quelle: IT.NRW: Ergebnisse des Mikrozensus. http://www.amtliche-sozialberichterstattung.de 10 Quelle: IT.NRW: Ergebnisse des Mikrozensus. http://www.amtliche-sozialberichterstattung.de/a1armutsg

Wiesbadener Familienbericht 2013 35 Tabelle 11: Äquivalenzeinkommen und Armutsgefährdungsschwellen in Hessen (Mikrozensus) und Wiesbaden (Elternbefragung zum Betreuungsbedarf) Armutsgefährungsschwellen 2009 nach OECD- A: Berechnung des Äquivalenzeinkommens und der Armutsgefährdungsschwellen in Hessen 1) B: Umsetzung mit Daten der Elternbefragung 2010/2011 Betrag in Person im Haushalt Gewicht Betrag in Person im Haushalt Gewicht 1. Person ab 14 J. im HH 1,0 1,0 845 1. Person ab 18 Jahre 1,0 845 weitere Person ab 14 J. 0,5 0,5 423 weitere Person ab 18 Jahre 0,5 423 weitere Person unter 14 J. 0,3 0,3 254 Kind 10 bis unter 18 J. 0,4 338 Kind unter 10 Jahre 0,3 254 Haushaltstyp Armutsgefährdungsschwelle 2) Haushaltstyp Armutsgefährdungsschwelle in in Einpersonenhaushalt 845 - - 2 Erwachsene, 1 Kind <14 J. 1 521 2 Erwachsene 1 Kind <10 J. 1 522 2 Erwachsene, 2 Kinder <14 J. 1 775 2 Erwachsene 2 Kinder <10 J. 1 775 2 Erwachsene 1 Kind <10 J.+ 1 Kind 12 J. 1 860 Alleinerziehend 1 Kind <14 J. 1 099 1 Erwachsener 1 Kind <10 J. 1 099 Alleinerziehend 2 Kinder <14 J. 1 352 1 Erwachsener 2 Kinder <10 J. 1 352 1) nach OECD-Skala (modifiziert) und hess. Medianeinkommen 2009 2) 60 % des hessischen Median-Einkommens Quelle: A: Ergebnisse des Mikrozensus, IT.NRW übernommen von www.amtliche-sozialberichterstattung.de (destatis) B: Elternbefragung zum Betreuungsbedarf 2010/2011, Teil A (0,5-u3 J.), B (3 u6,5 J.) und C (6,5-10,5 J.) Amt für Strategische Steuerung, Stadtforschung und Statistik In der Elternbefragung wurde das Haushaltsnettoeinkommen anhand von zehn Einkommensgruppen erfragt. Im Abgleich mit der je nach Haushaltskonstellation ermittelten Armutsgefährdungsschwelle ergab sich folgende Zuordnung: arm : Haushalte, die bei Annahme des oberen Randes der angekreuzten Einkommensgruppe die haushaltsspezifische Armutsschwelle unterschreiten. prekär : Haushalte, die bei Annahme des unteren Klassenrandes die Armutsschwelle unterschreiten, nicht jedoch bei Annahme des oberen Randes als Ist-Einkommen. nicht-arm Haushalte, deren Einkommen bei Annahme des unteren Randes höher als die Armutsgefährdungsschwelle liegt. Nach der so vorgenommenen Klassifizierung lebt mit einem Anteil von 60 % die Mehrheit der Wiesbadener Kinder bis zum Alter von zehn Jahren in einem Haushalt, der als nicht-arm eingestuft werden kann (vgl. Tabelle 12). Mindestens knapp 18 % leben jedoch in Familien, die als armutsgefährdet eingeschätzt werden, weitere 13 % in prekären Verhältnissen (bzw. arm,

36 Wiesbadener Familienbericht 2013 Tabelle 12: Armutsgefährdung Wiesbadener Familien mit Kindern bis 10 Jahren Armutsgefährdung insges. in % wenn man von der unteren Klassengrenze der angekreuzten Einkommenskategorie ausgeht). Paarhaushalt alleinerziehend andere, k.a. keine Zuordnung 8,9 7,8 7,1 53,0 nicht arm 59,9 65,7 29,6 21,6 prekär 13,4 11,6 26,4 7,8 arm 17,8 14,9 36,9 17,7 Befragte abs. 8 540 7 218 1 090 232 Quelle: Elternbefragung zum Betreuungsbedarf 2010/2011, Teil A (0,5-u3 J.), B (3 u6,5 J.) und C (6,5-10,5 J.) Amt für Strategische Steuerung, Stadtforschung und Statistik Die Einkommen Alleinerziehender in Wiesbaden unterschreiten deutlich häufiger den Schwellenwert der Armutsgefährdung bzw. sie müssen häufiger mit einem Einkommen knapp über dieser Schwelle haushalten. Nur knapp 30 % können anhand der vorliegenden Berechnung als nicht-arm eingestuft werden. Tabelle 13: Einkommenssituation und Armutsgefährdung Wiesbadener Familien (Kinder bis 10 Jahren) nach Familientyp und Anzahl Geschwister Paarhaushalt Alleinerziehend 1 2 Darstellung ohne Sonstiger Familientyp (n=232) und Haushalte mit fehlenden Angaben zur Kinderzahl (n=97) Quelle: Elternbefragung zum Betreuungsbedarf 2010/2011, Teil A (0,5-u3 J.), B (3 u6,5 J.) und C (6,5-10,5 J.) Amt für Strategische Steuerung, Stadtforschung und Statistik 3 Kinder insges. u.m. in % 1 2 3 Kinder u.m. Befragte insges. 100,0 100,0 100,0 100,0 100,0 100,0 100,0 100,0 Armutsgefährdung keine Zuordnung 7,8 5,8 7,8 8,2 7,1 3,8 5,2 17,7 nicht arm 65,7 69,5 71,3 48,1 29,6 29,8 37,4 12,0 prekär 11,6 11,8 10,8 13,4 26,4 31,6 25,4 14,9 arm 14,9 12,8 10,1 30,4 36,9 34,8 32,0 55,4 HH-Nettoeinkommen insges. in % Anzahl Kinder Anzahl Kinder keine Angabe 7,1 5,7 7,8 7,3 5,8 3,6 4,7 14,9 weniger als 1.000 3,9 4,2 3,1 4,9 30,7 33,6 29,8 24,0 1.000-2.000 20,0 20,4 17,4 25,1 46,4 46,3 47,0 45,1 2.001-3.000 24,2 26,2 23,2 23,3 12,4 10,7 15,0 11,4 3.001-4.000 19,5 21,1 20,9 13,9 2,8 3,8 2,0 1,7 mehr als 4.000 25,3 22,3 27,6 25,6 1,9 2,0 1,5 2,9 Befragte absolut 7 218 2 318 3 421 1 435 1 090 503 406 175 Aufgrund der höheren Bedarfe sind kinderreiche Familien häufiger in einer ökonomisch schwierigen Situation. Auch bei Wiesbadener Paarfamilien erhöht sich ab dem dritten Kind

Wiesbadener Familienbericht 2013 37 die Wahrscheinlichkeit, dass das Haushaltseinkommen unterhalb der Armutsschwelle liegt (siehe Tabelle 13). Im Schnitt eine ungünstigere finanzielle Ausstattung haben Migrantenfamilien (vgl. Tabelle 14). Auch wenn hier nach der Höhe der Kinderzahl unterschieden wird, weisen Eltern mit Migrationshintergrund eine durchweg höhere Armutsgefährdung auf als Eltern ohne Migrationshintergrund. Tabelle 14: Armutsgefährdung Wiesbadener Familien mit Kindern bis 10 Jahren nach Migrationshintergrund Migrationshintergrund Haushalte mit 3 Kindern u.m. Migrationshintergrund insges. in % kein Partner im HH mind. 1 Partner im HH kein Partner im HH mind. 1 Partner im HH Befragte insges. 100,0 100,0 100,0 100,0 100,0 Armutsgefährdung keine Zuordnung 8,9 7,8 8,5 10,1 10,4 nicht arm 59,9 75,5 44,0 69,2 24,4 prekär 13,4 9,1 18,4 8,6 17,1 arm 17,8 7,6 29,1 12,1 48,1 HH-Nettoeinkommen keine Angabe 7,2 7,3 5,8 8,9 6,8 weniger als 1.000 7,6 4,6 11,0 4,2 9,3 1.000-2.000 23,7 13,6 34,9 10,1 40,9 2.001-3.000 22,5 20,9 24,8 16,1 26,8 3.001-4.000 17,1 22,0 11,9 18,3 8,1 mehr als 4.000 21,9 31,7 11,6 42,4 8,1 Befragte absolut 8 540 4 366 3 943 684 937 Quelle: Elternbefragung zum Betreuungsbedarf 2010/2011, Teil A (0,5-u3 J.), B (3 u6,5 J.) und C (6,5-10,5 J.) Amt für Strategische Steuerung, Stadtforschung und Statistik Sehr klar erkennbar ist der Zusammenhang zwischen Einkommenssituation und Bildungsstand der Eltern (vgl. Tabelle 15): 60 % der Familien, in denen mindestens ein Elternteil im Haushalt ein (Fach-)Hochschulstudium abgeschlossen hat, verfügen über ein Haushaltsnettoeinkommen von mindestens 3.000 im Monat, während dies nur auf 3 % der Eltern mit Hauptschulabschluss zutrifft.

38 Wiesbadener Familienbericht 2013 Tabelle 15: Armutsgefährdung Wiesbadener Familien mit Kindern bis 10 Jahren nach Bildung der Eltern insges. in % kein Abschluss, Hauptschule Mittlere Reife, Abitur (Fach-) Hochschulabschluss anderer, keine Angabe Befragte insges. 100,0 100,0 100,0 100,0 100,0 Armutsgefährdung keine Zuordnung 8,9 11,9 8,1 7,2 38,1 nicht arm 59,9 14,4 51,0 82,6 18,1 prekär 13,4 20,5 19,4 5,9 15,3 arm 17,8 53,2 21,5 4,2 28,4 HH-Nettoeinkommen höchster Bildungsabschluss im Haushalt keine Angabe 7,2 7,2 6,5 6,2 34,4 weniger als 1.000 7,6 28,5 7,9 1,4 11,2 1.000-2.000 23,7 44,7 33,5 8,6 34,9 2.001-3.000 22,5 16,5 30,4 17,6 14,4 3.001-4.000 17,1 2,7 14,6 24,1 3,7 mehr als 4.000 21,9 0,4 7,1 42,1 1,4 Befragte insges. 8 540 1 066 3 401 3 858 215 Quelle: Elternbefragung zum Betreuungsbedarf 2010/2011, Teil A (0,5-u3 J.), B (3 u6,5 J.) und C (6,5-10,5 J.) Amt für Strategische Steuerung, Stadtforschung und Statistik Innerhalb des Wiesbadener Stadtgebietes gibt es beachtliche Unterschiede in der Einkommensverteilung (siehe Abbildung 15 und Abbildung 16): Während in den Ortsbezirken Sonnenberg, Auringen und Breckenheim über 80 % der Kinder bis 10 Jahren in einem Haushalt leben, deren Einkommen über der je nach Haushaltszusammensetzung definierten Armutsschwelle liegt, trifft dies in den Ortsbezirken Westend, Klarenthal und Amöneburg auf weniger als 50 % zu.

Wiesbadener Familienbericht 2013 39 Abbildung 15: Armutsgefährdung Wiesbadener Familien nach Ortsbezirken 34 Breckenheim 32 Auringen 11 Sonnenberg 21 Rambach* 24 Igstadt* 02 Nordost 23 Kloppenheim* 03 Südost 33 Medenbach* 22 Heßloch* 31 Naurod 28 Frauenstein* 12 Bierstadt 25 Nordenstadt 27 Schierstein 26 Delkenheim Wiesbaden insges. 06 Rheingauv., Hollerb. 52 Kastel 16 Dotzheim 13 Erbenheim 01 Mitte 53 Kostheim 14 Biebrich 08 Westend, Bleichstr. 07 Klarenthal 51 Amöneburg* nicht arm prekär arm ohne Zuordnung 83,3 82,3 81,3 80,9 79,1 77,9 76,8 73,5 73,1 72,0 71,8 71,8 69,7 68,1 62,3 62,2 59,9 55,1 54,0 53,7 51,5 51,4 49,8 49,8 48,3 37,6 19,7 32,8 21,3 9,0 8,5 9,4 11,6 3,8 4,2 11,8 9,1 12,6 16,2 10,3 15,4 13,4 17,8 18,0 19,8 17,6 22,3 15,4 22,3 16,9 20,8 14,3 27,1 17,2 23,7 17,1 24,1 17,7 27,2 32,9 34,4 6,5 3,7 3,0 7,9 3,8 3,8 13,2 2,9 5,8 8,1 5,7 7,1 9,8 4,9 8,6 9,1 10,4 11,9 12,0 8,0 0% 25% 50% 75% 100% * Ortsbezirke mit geringer Fallzahl (<90 Befragte) Quelle: Elternbefragung zum Betreuungsbedarf 2010/2011, Teil A (0,5-u3 J.), B (3 u6,5 J.) und C (6,5-10,5 J.) Amt für Strategische Steuerung, Stadtforschung und Statistik

40 Wiesbadener Familienbericht 2013 Abbildung 16: Anteil als nicht-arm eingestufter Familien an allen Familienhaushalten im Ortsbezirk Rambach Naurod Auringen Nordost Sonnenberg Heßloch Medenbach Klarenthal Kloppenheim Frauenstein Dotzheim Westend, Bleichstraße Rheingauv iertel, Mitte Hollerborn Südost Bierstadt Igstadt Breckenheim Nordenstadt Erbenheim Schierstein Biebrich Amöneburg Delkenheim Kastel Anteil nichtarmer Familien unter 50,0 50,0 bis unter 60,0 60,0 bis unter 75,0 75,0 und mehr Kostheim Familien mit Kindern bis 10 Jahren. Aufgrund geringer Fallzahlen (<90 Haushalte) nur als Trendangabe in den Ortsbezirken Rambach, Heßloch, Kloppenheim, Igstadt, Frauenstein, Medenbach und Amöneburg. Quelle: Elternbefragung zum Betreuungsbedarf 2010/2011, Teil A (0,5-u3 J.), B (3 u6,5 J.) und C (6,5-10,5 J.) Amt für Strategische Steuerung, Stadtforschung und Statistik Betrachtet man die absoluten Fallzahlen, finden sich die meisten Kinder in als arm oder prekär eingestuften Familien in den kinderreichen Ortsbezirken Biebrich und Dotzheim sowie den innerstädtischen Ortsbezirken Mitte, Westend/Bleichstraße und Rheingauviertel. Charakteristische Unterschiede gibt es auch in der subjektiven Einstufung der eigenen finanziellen Situation durch Befragte 11 mit und ohne Nachwuchs im eigenen Haushalt (vgl. Abbildung 17): Der Anteil derjenigen, die angeben, nie Probleme zu haben, am Ende des Monats ihre Rechnungen zu bezahlen, liegt bei Befragten ohne Kind bei 77 % und erreicht bei Be- 11 Koordinierte Umfrage Lebensqualität aus Bürgersicht Deutsche Städte im Vergleich 2012. http://www.staedtestatistik. de/811.html?&k=0&f=3%20%2f

Wiesbadener Familienbericht 2013 41 fragten mit Kind nur 65 %. Umgekehrt steigt der Anteil derjenigen, die dieses Problem meistens oder gelegentlich haben, von 13 % bei den Kinderlosen über 20 % bei Paarfamilien auf 34 % bei Alleinerziehenden 12. Positiv zu verbuchen bleibt, dass auch von den Alleinerziehenden mehr als die Hälfte angibt, nie oder nahezu nie Schwierigkeiten beim Begleichen ihrer Rechnungen zu haben. Abbildung 17: Subjektiv wahrgenommene finanzielle Schwierigkeiten (Wiesbaden 2012) meistens gelegentlich nahezu nie nie kein Angabe HH ohne Kind HH mit Kind 2 4 9 8 6 16 77 65 11 Paarfamilie (n=386) 5 15 Alleinerziehend (n=60) 9 67 12 53 25 6 Frage: Würden Sie sagen, Sie hatten während der letzten 12 Monate am Ende des Monats Schwierigkeiten beim Bezahlen Ihrer Rechnungen? Quelle: Koordinierte Umfrage Lebensqualität aus Bürgersicht Deutsche Städte im Vergleich 2012. Dargestellt sind nur Befragte in Wiesbaden. Eigene Berechnung Amt für Strategische Steuerung, Stadtforschung und Statistik. 3. Familien mit Bezug von Grundsicherungsleistungen Von den 28.570 Familien 13 in Wiesbaden, in denen Kinder unter 18 Jahren leben, waren Ende des Jahres 2012 5.767 Haushalte auf Leistungen zur materiellen Grundsicherung ange- 12 Vgl. die drei Teilberichte der Landeshauptstadt Wiesbaden (Hg.) (2011): Elternwünsche und Betreuungsbedarfe in Wiesbaden Teil A: für Kinder unter 3 Jahren, Teil B: für Kinder im Kindergartenalter, Teil C: für Kinder im Grundschulalter. Wiesbadener Stadtanalysen. In der dritten Teilbefragung im Grundschulalter wurde diese Frage nicht erhoben. 13 Folgende Zahlen beziehen sich auf den Stichtag 31.12.2012.

42 Wiesbadener Familienbericht 2013 wiesen: d.h. 20 % aller Wiesbadener Haushalte mit Kindern haben Leistungen gemäß Sozialgesetzbuch (SGB) II, XII oder nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylBIG) erhalten. Unter den Alleinerziehenden-Haushalten sind es sogar 49 %, die Grundsicherungsleistungen beziehen. Zum Vergleich: Betrachtet man nicht nur Familien, sondern alle Haushalte, die Grundsicherungsleistungen erhalten, sind es 14 % aller Wiesbadener Haushalte. D.h. Familien sind in besonderem Maße von dem Risiko betroffen, Grundsicherungsleistungen in Anspruch nehmen zu müssen. Zurück zu den Familien: Der überwiegende Anteil der Familien, die auf Leistungen der materiellen Grundsicherung angewiesen sind, beziehen Grundsicherungsleistungen gemäß SGB II die anderen zwei benannten Hilfeleistungen (SGB XII und AsylBIG) werden im Vergleich nur marginal in Anspruch genommen 14. Statt des Bezuges von Leistungen gemäß SGB II, XII und des AsylBIG gibt es auch unter bestimmten Bedingungen die Möglichkeit für Familien mit Kindern, Wohngeld und/oder Kinderzuschlag zu erhalten diese sind dann vorrangige Leistungen und sollen den Leistungsbezug nach SGB II oder XII verhindern. Im Dezember 2012 erhielten 2.070 Familien mit Kindern unter 18 Jahren in Wiesbaden Wohngeld. Dennoch wie bereits erwähnt ist die größte Gruppe derjenigen, die Grundsicherungsleistungen erhalten, im SGB II zu finden. Deshalb werden im weiteren Verlauf die Familien, und insbesondere die Gruppe der Alleinerziehenden, mit SGB II-Bezug näher untersucht: In Kapitel III.2. wurde zuvor schon von Armutsrisiken berichtet. Gemeint war dort die Definition von arm, die Familien dann als arm bezeichnet, wenn sie weniger als 60 % des Medianeinkommens des jeweiligen Familientyps zur Verfügung haben. Es gibt auch noch andere Definitionen von Armut, unter anderem die sozialstaatliche Bezeichnung von Familien als arm, die Leistungen gemäß SGB II beziehen. So hat sich als ein gängiges Konzept in der Armutsforschung und in der Politik durchgesetzt, den Bezug von Grundsicherungsleistungen als Grenze zur Armut einzuschätzen (siehe detaillierter zu Armutsdefinitionen: Sozialbericht zur Armut von Kindern, Jugendlichen und Familien in Wiesbaden, Beiträge zur Sozialplanung Nr. 31/2010, S. 17 ff.). Da in Wohlfahrtsstaaten wie Deutschland Armut in der Regel relativ definiert wird d.h. gemessen am Wohlstandsniveau der jeweiligen Gesellschaft und nicht an einem physischen Existenzminimum kann es auf jeden Fall keine feststehende objektive Definition geben, aber mehrere relative. 15 14 In Zahlen: von 5.767 Haushalten mit Kindern, die im Dezember 2012 materielle Grundsicherung erhalten haben, erhielten 5.646 Familien diese gemäß SGB II und nur 66 Familien gemäß SGB XII und 55 Familien gemäß AsylBIG. 15 Vgl. Lietzmann/Tophoven/Wenzig (2011): Bedürftige Kinder und ihre Lebensumstände, in: IAB-Kurzbericht, Ausgabe 6, S. 2

Wiesbadener Familienbericht 2013 43 Somit geht es im Folgenden, in Anlehnung an diese Definition, um die Betrachtung des Risikos, Existenzsicherungsleistungen zu beziehen. Wie hoch ist nun das Risiko für Familien mit Kindern in Wiesbaden, Leistungen gemäß SGB II zu beziehen? Abbildung 18: Anteil der Haushalte mit Kindern im SGB II-Leistungsbezug nach Haushaltstyp und Anzahl der Kinder im Dezember 2012, 2011 und 2010 6,7% Paarhaushalte mit 1 Kind 9,4% 10,3% 11,2% Paarhaushalte mit 2 Kindern 12,1% 12,9% 28,0% Paarhaushalte mit 3 und mehr Kindern 26,9% 27,9% 38,5% Alleinerziehend mit 1 Kind 38,9% 40,0% 57,7% Alleinerziehend mit 2 Kindern 51,8% 50,8% 100,0% Alleinerziehend mit 3 und mehr Kindern 84,3% 81,3% 0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100% 2012 2011 2010 Quelle: Amt für Soziale Arbeit, Geschäftsberichterstattung SGB II Anmerkungen: Nur Haushalte mit Kindern unter 18 Jahren; Fallzahlen liegen für Paarhaushalte mit Kindern insgesamt (je nach Jahr) zwischen 2.396 und 2.878 Haushalten und für Alleinerziehende insgesamt zwischen 3.051 und 3.249 Haushalten (die kleinste Fallzahl für Alleinerziehende mit 3 und mehr Kindern im Jahr 2010 liegt bei 340 Fällen). Quelle: Amt für Strategische Steuerung, Stadtforschung und Statistik: Haushaltszahlen; Amt für Soziale Arbeit Wiesbaden; OPEN/Prosoz; Geschäftsstatistik; eigene Berechnungen und Darstellung Lesebeispiel: Von allen Haushalten mit 3 und mehr Kindern in Wiesbaden (nicht mit eingerechnet sind hier die Alleinerziehenden, da diese Gruppe gesondert betrachtet wird) beziehen im Dezember 2012 28 % Grundsicherungsleistungen gemäß SGB II.

44 Wiesbadener Familienbericht 2013 Das Risiko auf Grundsicherungsleistungen angewiesen zu sein, steigt mit der Anzahl der Kinder; unabhängig ob man als Paar mit Kindern zusammen lebt oder alleinerziehend ist. Es gibt allerdings einen deutlichen Unterschied in der Höhe des Risikos je nach Familienkonstellation: Während 7 % aller Wiesbadener Paarhaushalte mit einem Kind Grundsicherungsleistungen beziehen, sind es von allen Paarhaushalten mit drei Kindern schon 28 %. Bei Alleinerziehenden mit einem Kind beziehen 39 % Leistungen gemäß SGB II, aber (nahezu 16 ) alle Alleinerziehende mit drei und mehr Kindern. D.h. es macht einen Unterschied für das Risiko einer Familie, Grundsicherungsleistungen zu erhalten, in welcher Familienkonstellation sie leben: ob als Paar mit Kindern oder alleinerziehend. Darüber hinaus ist die Anzahl der Kinder maßgeblich für das Risiko, auf sozialstaatliche Hilfeleistungen angewiesen zu sein. Die Abbildung 18 verdeutlicht durch den dargestellten Zeitverlauf von 2010 bis 2012, dass dieses Risiko von Haushalten mit einem Kind gesunken ist, aber die Kinder mit zwei und mehr Geschwistern haben ein immens höheres Risiko in einer Familie aufzuwachsen, die auf Leistungen gemäß SGB II angewiesen ist. Die Risikoquoten, Grundsicherungsleistungen zu erhalten, lassen sich nicht nur auf der Ebene der Haushalte berechnen, sondern ebenso auch auf Personenebene. Und so zeigt sich anhand des Alters, dass von knapp 29.000 Personen im SGB II annähernd 10.000 Kinder unter 18 Jahren SGB II-Leistungen beziehen. Diese Altersverteilung macht deutlich, dass über ein Drittel aller Personen, die Leistungen nach dem SGB II beziehen, Kinder sind, deren Eltern kein bedarfsdeckendes Einkommen haben, so dass diese Kinder auf Grundsicherungsleistungen angewiesen sind. Somit wachsen 22 % der Kinder in Haushalten auf, die SGB II-Leistungen beziehen und folglich als arm gelten - also jedes 4. bis 5. Kind in Wiesbaden. Familien haben, je nach Zusammensetzung, einen unterschiedlichen Bedarf und somit auch verschiedene Regelsätze im SGB II: Eltern, die mit ihrem Partner oder ihrer Partnerin und den Kindern in einem Haushalt leben, erhalten seit 1.1.2013 einen Regelsatz 17 von 345. Alleinerziehende bekommen für sich 16 Die Armutsquote liegt wahrscheinlich etwas unter den angegebenen 100 %, da in der Statistik des SGB II alle Alleinerziehenden gezählt werden, die einen Mehrbedarf für ihr Kind/ihre Kinder bekommen und mit diesem/diesen zusammen eine Bedarfsgemeinschaft bilden (geldleistungsrelevante Rechtszustände), während in der Haushaltstypisierung auf Grundlage der Bevölkerungsstatistik alle Alleinerziehenden gemäß der empirischen Haushaltswirklichkeit gezählt werden. Durch diese unterschiedliche Logik im Erfassen (empirische Haushaltswirklichkeit vs. geldleistungsrelevante Rechtszustände) kann es zu leichten Verzerrungen kommen. 17 Zusätzlich werden die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung für die Leistungsberechtigten entrichtet; die Regelsätze änderten sich geringfügig zum 1.1.2014.

Wiesbadener Familienbericht 2013 45 einen Regelsatz von 382. Zusätzlich erhalten auch die Kinder einer Bedarfsgemeinschaft 18 einen Regelsatz, der nach Alter gestaffelt ist und zu dem Regelsatz der Eltern addiert wird: bis 5 Jahre beträgt der Regelsatz 224, 6 bis 13 Jahre 255 und 14 bis 17 Jahre 289. Hinzu kommen noch Mehrbedarfe für Alleinerziehende, die abhängig von der Anzahl und dem Alter der Kinder sind. 19 Da die leistungsberechtigten Bedarfsgemeinschaften zusätzlich auch Kosten der Unterkunft bekommen - d.h. ihnen wird eine angemessene 20 Wohnung inklusive Neben- und Heizkosten bezahlt ist der Regelsatz, der sich aus den individuellen Anteilen einer Bedarfsgemeinschaft zusammensetzt auch gleichzeitig der Betrag, den die Familien für alle ihre Ausgaben, über die Miete hinaus, zum Leben benötigen. Rechenbeispiel der Regelsätze SGB II für Familien: Bezieht ein Paar mit zwei Kindern im Alter von fünf und acht Jahren Leistungen gemäß SGB II wird der Bedarf wie folgt berechnet: 345 + 345 + 224 + 255 = 1.169 und der Bedarf einer Alleinerziehenden mit einem achtjährigen Kind ergibt sich aus: 382 + 255 + 46 21 = 683. Eine große Gruppe der Eltern ist erwerbstätig und erhält ergänzend SGB II-Leistungen: Von allen Vätern und Müttern aus Paarhaushalten gehen 38 % entweder einer sozialversicherungspflichtigen, selbständigen oder geringfügigen Beschäftigung nach. Und auch unter Alleinerziehenden sind es 33 %, die erwerbstätig sind. Damit liegen die Eltern mit SGB II- Bezug in ihrer Erwerbsbeteiligung über dem allgemeinen Anteil von erwerbstätigen SGB II- Leistungsberechtigten (33 %), und obgleich Alleinerziehende eine unbestritten schwierigere Ausgangslage haben, Beruf und Kinderbetreuung zu vereinen, liegen sie mit ihrer Erwerbsbeteiligung im Durchschnitt der SGB II-Leistungsberechtigten. Wie kann es aber Familien gelingen, nicht mehr auf Grundsicherungsleistungen angewiesen zu sein bzw. wie hoch muss das Erwerbseinkommen sein um die Existenz der Familie ohne SGB II-Leistungen zu sichern? 18 Bedarfsgemeinschaften sind Haushalte, in denen mindestens eine Person unter 65 Jahren auf Leistungen aus der Grundsicherung angewiesen ist und diese auch bezieht. 19 Je nach Alter des Kindes (und pro Kind) bekommt der/die Antragsteller/in einen bestimmten Prozentsatz ihres eigenen Regelsatzes zusätzlich zur Regelleistung hinzu. Diese können zwischen 45,84 und 229 variieren. 20 Es gibt eine vorgeschriebene Höchstgrenze je nach Personen im Haushalt für die Quadratmeter und den Preis pro Quadratmeter einer Wohnung. Der daraus errechnete Betrag darf nicht überschritten werden (1-Personenhaushalt: 45 qm*8,06 /qm = 362,70 ; 2-Personenhaushalt: 60 qm*7,51 /qm = 450,60 ; 3-Personenhaushalt: 72 qm*7,51 /qm = 540,72 ; 4-Personenhaushalt: 84 qm*7,51 /qm = 630,84 ; etc.) 21 Festgesetzt ist für achtjährige Kinder ein Prozentsatz von 12 % der Regelleistung, die zusätzlich als Mehrbedarf erbracht werden: 382 * 0,12 = 46.

46 Wiesbadener Familienbericht 2013 Dazu muss die Bedarfsgemeinschaft den Betrag aus Erwerbstätigkeit erwirtschaften, den sie sonst aus Leistungen des SGB II bezieht. Das umfasst, wie zuvor dargestellt, den Regelsatz (zuzüglich eventueller Mehrbedarfe, wie bspw. bei Alleinerziehenden) und die Übernahme der Kosten der Unterkunft. Um den Lohn aus Erwerbstätigkeit zu berechnen, der den Ausstieg aus SGB II-Leistungen ermöglicht, muss man drei Rahmenbedingungen berücksichtigen: die Anzahl der Familienmitglieder, die Höhe der Miete inkl. Nebenkosten und die Freibeträge auf Erwerbseinkommen. In Tabelle 16 sind Rechenbeispiele für zwei Arten von Bedarfsgemeinschaften aufgeführt: für einen Paarhaushalt mit zwei Kindern im Alter von zwei und acht Jahren und für einen Alleinerziehendenhaushalt mit einem achtjährigen Kind. Die erste Zahl im dunkleren Kästchen beziffert den Bedarf der Haushalte (Regelleistungen + Kosten der Unterkunft), wenn man eine mittlere Miete in Wiesbaden annimmt, und im hellen Kästchen ist der Bedarf berechnet, wenn die Miete im oberen Segment liegt. Die hier zugrunde gelegten Mieten sind keine hypothetischen Mieten (etwa aus Mietspiegeln), sondern sie sind aus den tatsächlichen Mieten aller Leistungsberechtigten in Wiesbaden 22 berechnet. Somit spiegeln sie die realistischen Wohnkosten von Haushalten mit geringem Einkommen in Wiesbaden wider. Neben den ermittelten Bedarfen in jeweils der ersten Spalte im dunklen und hellen Kästchen stehen dann die notwendigen Bruttoerwerbseinkommen, die diese Familienkonstellation erwirtschaften muss, um keine Leistungen gemäß SGB II mehr zu beziehen. Tabelle 16: SGB II-Bedarfe in Wiesbaden und notwendiges Bruttoerwerbseinkommen, um aus dem SGB II-Bezug auszusteigen (unter Berücksichtigung von Kindergeld, Kinderzuschlag und Wohngeld) BG-Typ SGB II Bedarf beim Median der KdU (in ) Notwendiges Brutto- Erwerbseinkommen beim Median der KdU (in ) SGB II Bedarf beim 75%-Quartil der KdU (in ) Notwendiges Brutto- Erwerbseinkommen beim 75%-Quartil der KdU (in ) Partner-BG mit 2 Kindern (2 und 8 Jahre) 1864 > 2100 1953 > 2500 Alleinerziehend mit 1 Kind (8 Jahre) 1263 > 1700 1338 > 2180 Anmerkung: KdU= Kosten der Unterkunft; BG= Bedarfsgemeinschaft; Stand der KdU-Berechnung: 12/2012; Stand der Einkommenssteuerberechnung und der Anspruchsberechnung SGB II 2/2013 Quelle: Amt für Soziale Arbeit, OPEN/Prosoz 12/2012 eigene Auswertungen; Nettolohnrechner; Wohngeldrechner; SGB II-Rechner 22 Berechnet werden die jeweiligen Mieten plus Nebenkosten (Kosten der Unterkunft) für die jeweils zu den Beispielen passenden Familienkonstellationen: einerseits für Familien mit zwei Kindern und andererseits für Alleinerziehende mit einem Kind.

Wiesbadener Familienbericht 2013 47 Ein Lesebeispiel für Alleinerziehende lautet (dunkleres Kästchen): Eine Alleinerziehende bzw. ein Alleinerziehender mit einem Kind, das acht Jahre alt ist, hat einen existenzsichernden Bedarf von 1.263 Euro; angenommen, sie wohnen in einer größenadäquaten Wohnung in Wiesbaden, die im mittleren Mietpreisniveau liegt (580 Euro Miete inkl. Neben-/Heizkosten). Dieser Betrag addiert sich aus den oben benannten 683 Regelleistungen, inklusive Mehrbedarf aufgrund der Alleinerziehung, und 580 Kosten der Unterkunft. Um die beiden Personen mit einem eigenen Erwerbseinkommen zu versorgen und nicht auf SGB II-Leistungen angewiesen zu sein, muss die bzw. der Alleinerziehende mindestens 1.700 Euro brutto verdienen. Diese Zahlen bleiben erst einmal abstrakt, wenn man nicht das Lohngefüge bestimmter Branchen im Vergleich betrachtet. In der nächsten Tabelle sind deshalb die tatsächlich verdienten Bruttolöhne im Jahr 2010 23 exemplarisch für fünf Branchen ausgewählt worden, die maßgebliche Branchen für SGB II-Leistungsberechtigte sind: Einzelhandel, Gastronomie, Wach- und Sicherheitsdienst, Gebäudebetreuung (auch Reinigungsdienste) und Zeitarbeit. Angemerkt werden muss in diesem Kontext auch, dass die Qualifikation der erwerbsfähigen SGB II-Leistungsberechtigten im Verhältnis zur Gesamtbevölkerung deutlich unterdurchschnittlich ist (23 % haben keinen Schulabschluss und 68 % verfügen über keinen Berufsabschluss), so dass sich die meisten in einer niedrig entlohnten un- bzw. angelernten Tätigkeit befinden 24. In Tabelle 17 wird wiederum zwischen den beiden Familienkonstellationen unterschieden, und im dunkleren Kästchen werden die oben berechneten Ausstiegslöhne dargestellt, die je nach Miethöhe (einer mittleren und einer höheren) in einem bestimmten Intervall liegen können: bei den Paaren mit zwei Kindern zwischen 2.100 und 2.500 und bei den Alleinerziehenden mit einem Kind zwischen 1.700 und 2.180. Danach sind fünf der maßgeblichen Branchen für Integrationen von SGB II-Leistungsberechtigten mit den tatsächlichen Bruttolöhnen aufgeführt. Um aus dem SGB II aussteigen zu können, müssen diese Löhne dann im vorne angegebenen Intervall liegen, damit sie den Bedarf der Familie decken können. 23 Die neuesten Daten für 2012 wird es durch die Entgeltstatistik der BA erst Ende 2013 geben, so dass hier die Löhne von 2010 verwendet werden müssen allerdings wurden auf diese Löhne eine jährliche Lohnsteigerung von 3 % hinzu gerechnet, um eine realistische Lohnentwicklung abzubilden. 24 Das geringe Qualifikationsniveau ist der Grund, weshalb bei den folgend aufgeführten Lohnbeispielen untere, empirische Löhne (Grenze zwischen 1. und 2. Quintil) herangezogen werden.

48 Wiesbadener Familienbericht 2013 Tabelle 17: Notwendiges Bruttoerwerbseinkommen, um aus dem SGB II-Bezug auszusteigen sowie ausgewählte branchenübliche Bruttolöhne BG-Typ "Ausstiegslohn" je nach Höhe der KdU (Median oder 75%-Quartil) Bruttolohn* Bruttolohn* Einzelhandel Gastronomie Bruttolohn* Wach- und Sicherheitsdienste Bruttolohn* Gebäudebetreuung Bruttolohn* Zeitarbeit Partner-BG mit 2 Kindern (2 und 8 Jahre) zwischen 2100 und 2500 1545 1324 1535 1241 1257 Alleinerziehend mit 1 Kind (8 Jahre) zwischen 1700 und 2180 1545 1324 1535 1241 1257 *Monatliche Bruttoarbeitsentgelte von sozialversicherungspflichtig Vollzeitbeschäftigten (ohne Auszubildende) in Westdeutschland; Bruttoentgelt je Monat; Grenze 1. und 2. Quintil Anmerkung: Stand der Ausstiegslöhne: 12/2012 und 2/2013; Stand der empirischen Bruttolöhne: 12/2010 + 3% jährliche Steigerung Quelle: Bundesagentur für Arbeit: Sozialversicherungspflichtige Bruttoarbeitsentgelte - Entgeltstatistik - Stichtag 31.10.2010; OPEN/Prosoz 12/2012 eigene Auswertungen; Nettolohnrechner; Wohngeldrechner; SGB II-Rechner) Wie schwierig ist der Ausstieg für Familien aus dem SGB II-Bezug? In keiner der aufgeführten Branchen reicht der Lohn einer Vollzeiterwerbstätigkeit aus, die jeweilige Bedarfsgemeinschaft mit ihrem existenzsichernden Bedarf zu versorgen. Nur die Löhne im Einzelhandel und im Wach- und Sicherheitsdienst kommen annähernd an die Bedarfsdeckung für Alleinerziehende mit einem Kind heran. Allerdings sind gerade Alleinerziehende mit der Problematik konfrontiert, dass sie oftmals nicht Vollzeit tätig sein können, da dies mit den familialen Aufgaben der Kindererziehung und -versorgung in Konflikt steht. Es wird deutlich, wie schwierig ein Ausstieg aus dem SGB II-Bezug ist, wenn man u.a. aufgrund geringer Qualifikation vorrangig in Branchen mündet, die ein geringes Lohnniveau aufweisen. Zusätzlich wird der Ausstieg in Wiesbaden dadurch erschwert, dass es einen teuren Wohnungsmarkt gibt. Durch hohe Mieten müssen Familien deutlich mehr verdienen, um den kompletten Lebensbedarf (inklusive der Miete) aus eigener Erwerbsarbeit finanzieren zu können. Und darüber hinaus wird auch deutlich: Lebt man dann in einem Haushalt mit (mehreren) Kindern, ist der existenzsichernde Bedarf kaum durch ein einziges Erwerbseinkommen abzudecken. Zwar hat sich in Westdeutschland das Familienleben insoweit verändert, dass nicht mehr das Alleinverdienermodell die vorherrschende Lebensform von Familien ist. Dennoch hat der Wandel noch nicht dazu geführt, dass Frauen und gerade Mütter in gleicher Weise erwerbstätig wie Männer bzw. Väter sind. Vielmehr ist die meist gelebte Familienform heute das Zuverdienermodell, in dem der Mann immer noch das Haupterwerbseinkommen erzielt und die Frau einen Zuverdienst, häufig in Teilzeit und nicht selten ohne Sozialversicherungspflicht, erwirtschaftet (vgl. auch Kapitel III.1). Institutionell verfestigt wird dieses Familienmodell

Wiesbadener Familienbericht 2013 49 dadurch, dass bestimmte sozialpolitische Regulierungen dieses begünstigen (bspw. Ehegattensplitting); verschärft wird diese Verfestigung durch eine strukturelle Lohnbenachteiligung von Frauen. 25 Nachweislich trifft man diese gesellschaftliche Normvorstellung von familialer Arbeitsteilung auch bei SGB II-Leistungsberechtigten in der Weise, dass sich die Erwerbsbeteiligung von Männern und Frauen, und besonders von Müttern und Vätern, deutlich unterscheidet und die Frauen bzw. Mütter wesentlich geringer erwerbstätig sind. So befindet sich gerade in Westdeutschland zwar das traditionelle Familienmodell auf dem Rückzug, aber von der normativen Vorstellung, dass ein Einkommen ausreichen müsste, eine Familie zu ernähren, haben sich weder der öffentliche Diskurs noch eine breite gesellschaftliche Basis verabschiedet. So verwundert es wenig, dass das Risiko, auf Grundsicherungsleistungen angewiesen zu sein, gerade für die Haushalte mit Kindern, die keine erweiterte Erwerbsteilhabe realisieren können, entsprechend hoch ist. 26 Problematisch bleibt dabei ebenso die einhergehende Rollenaufteilung bezüglich der Familienarbeit: Da die Mütter nur einen Zuverdienst erwirtschaften, bleibt ihnen die Kinderbetreuung und erziehung weiterhin überantwortet und führt im Zirkelschluss wiederum zu verbundenen Risiken einer reduzierten Erwerbsteilhabe. 27 Dieses Risiko der reduzierten Erwerbsteilhabe hat wiederum zwei weitreichende Konsequenzen: Im Falle einer Trennung vom Partner reicht das Erwerbseinkommen der Frau nicht zur Existenzsicherung aus, und die späteren Rentenansprüche sinken anteilig. VI. Wohnen Die Wohnkosten haben einen hohen Anteil am monatlichen Haushaltsbudget: Durchschnittlich 28 % des verfügbaren Haushaltseinkommens wenden Haushalte in Deutschland für diesen Posten auf 28. Bei Familien fällt die Belastung je nach Haushaltskonstellation unterschiedlich aus: Eine Familie mit zwei Erwachsenen und zwei Kindern weist mit durchschnittlich 25 Vgl. Gottschall/Schröder (2013): Familienlohn Zur Entwicklung einer wirkmächtigen Normierung geschlechtsspezifischer Arbeitsteilung, in: WSI-Mitteilungen, Ausgabe 3, S.161f. 26 Vgl. Gottschall/Schröder (2013): Familienlohn Zur Entwicklung einer wirkmächtigen Normierung geschlechtsspezifischer Arbeitsteilung, in: WSI-Mitteilungen, Ausgabe 3, S.161 und 166 27 Vgl. Berninger/Dingeldey (2013): Familieneinkommen als neue Normalität?, in: WSI-Mitteilungen, Ausgabe 3, S.189 28 Quelle: Statistisches Bundesamt Leben in Europa (EU-SILC); Datenstand 2011. Die Angaben beruhen auf einer Selbsteinschätzung der Haushalte. https://www.destatis.de/de/zahlenfakten/gesellschaftstaat/einkommenkonsumlebensbedingungen /Wohnen/Tabellen/Anteil WohnkostenHHeinkommen_SILC.html

50 Wiesbadener Familienbericht 2013 24 % eine etwas geringere Wohnkostenbelastung auf, während das Haushaltsbudget von Alleinerziehenden mit 38,7 % deutlich stärker durch diesen Posten ausgeschöpft wird 29. Wie stark der Faktor Wohnen für eine Wiesbadener Familie zu Buche schlägt, wird neben der Haushaltszusammensetzung, der jeweiligen Einkommenssituation sowie den eigenen Wohnansprüchen auch davon bestimmt, wie viel das Wohnen vor Ort kostet. Die Angebotsmieten sowie Kaufpreise für Immobilien erreichen hier seit Jahren ein Spitzenniveau, ähnlich wie in den Kernzonen des übrigen Rhein-Main-Gebietes. Für ein klassisches Familien- Eigenheim in Form eines freistehenden Einfamilienhauses wurden in Wiesbaden in den letzten Jahren im Schnitt Preise um die 550.000 Euro erzielt. Für ein Reihenhaus mussten immerhin noch rund 270.000 Euro bezahlt werden. 30 Bauland ist in Wiesbaden knapp und seit der Jahrtausendwende wuchs der Wohnungsbestand durch Neubau nur geringfügig. Auch war das Segment preiswerter Mietwohnungen in Mehrfamilienhäusern dabei schwach besetzt. Bezahlbarer Wohnraum für Familien und einkommensschwache Haushalte ist daher in Wiesbaden ein drängendes Thema. 1. Wahrnehmung der Wohnungsmarktsituation Es ist leicht, in Wiesbaden eine gute Wohnung zu einem vernünftigen Preis zu finden diese Aussage lehnen in Wiesbaden 82 % von 1.001 befragten Bürgerinnen und Bürgern ab 31. Damit wird die Wohnungsmarktsituation in der Landeshauptstadt ähnlich schwierig bewertet wie von der jeweiligen Bewohnerschaft in Darmstadt (86 %), Stuttgart (87 %) oder Düsseldorf (88 %), wenn auch etwas weniger kritisch im Vergleich zu Frankfurt (92 %), Freiburg oder Konstanz (beide 95 %). Deutlich ist der Abstand zu Koblenz (44 %), Kassel (60 %), Mannheim (62 %) und Heilbronn (58 %); ganz abgesehen von Städten mit entspannten Wohnungsmärkten wie Zwickau (26 %), Fürth oder Oberhausen (beide 36 %). Befragte mit Kindern im Haushalt bewerten die Wohnungsmarktsituation nicht per se kritischer (insgesamt ebenfalls 82 % Ablehnung). Tendenziell noch negativer wird die Situation allerdings von Befragten in Alleinerziehenden-Haushalten eingestuft 32. Weitere Untergliede- 29 ebd. 30 Quelle: Gutachterausschuss für Immobilienwerte für den Bereich der Landeshauptstadt Wiesbaden. Vgl. auch LH Wiesbaden (Hg.): Wohneigentum in Wiesbaden Trends 2006-2011. Wiesbadener Stadtanalysen. 31 Quelle: Koordinierte Umfrage Lebensqualität in deutschen Städten 2012/2013. In diesem Projekt beteiligten sich 20 deutsche Städte an einer gemeinsamen, repräsentativ angelegten Telefonbefragung mit jeweils 500 bis 1.000 Bürgerinnen und Bürgern je Stadt. 32 In Wiesbaden lehnen 89 % der Befragten in Alleinerziehenden-Haushalten das eingangs formulierte Statement ab. Aufgrund der geringen Anzahl Alleinerziehender (n=60) in der Stichprobe ist dies nur als Trendaussage zu werten. In den anderen Städten fallen die Unterschiede zwischen Paarfamilien und Alleinerziehenden jedoch ähnlich aus.

Wiesbadener Familienbericht 2013 51 rungen etwa nach sozialräumlicher Lage sind bei der vorliegenden Teilstichprobe von Familienhaushalten 33 nicht mehr sinnvoll möglich. 2. Wohneigentum Wohneigentum ist ein interessanter Indikator für die Wohn- und Lebensverhältnisse von Familien. Haushalte, die über Wohneigentum verfügen, sind gegenüber Mieterhaushalten oft im Vorteil: Wenn die Immobilie abbezahlt ist, weisen Eigentümer eine geringere Wohnkostenbelastung auf. Neben einer langfristig sicheren Perspektive, in den eigenen vier Wänden wohnen bleiben zu können, verfügen Eigentümer im Schnitt über mehr Wohnfläche pro Kopf. Viele Eltern verbinden mit dem eigenen Häuschen im Grünen oder der eigenen Stadtwohnung mit Balkon/Terrasse - neben der finanziellen Absicherung vor allem einen Zugewinn an kind- und familiengerechter Wohnqualität. Entsprechend ist bei Familien mit Kindern die Motivation zur Wohneigentumsbildung besonders hoch, etwa im Vergleich zu Singles, deren Bindung an den Wohnort bzw. das unmittelbare Wohnumfeld vor allem in jüngeren Jahren meist (noch) schwächer ist. Auch sind die finanziellen Ressourcen von Alleinstehenden meist geringer. Abbildung 19: Anteil Haushalte in selbst genutztem Wohneigentum (Eigentümerquote) in Wiesbaden nach Haushaltstyp 1) Wi Haushalte insges. 22,7 77,3 Familien mit Kindern insges. Verheiratete Ehepaare mit Kindern Alleinerziehende Familien 8,3 27,3 34,0 91,7 72,7 66,0 Einpersonenhaushalte 11,4 88,6 HH 18-34-Jährige HH ab 65 Jahren 14,8 27,0 85,2 73,0 Ausländische HH Gemischte HH Deutsche HH 5,6 20,3 25,6 Eigentümerquote 94,4 79,7 74,4 Mieterquote 1) Zum Stand: 31.12.2012 Quelle: Katasteramt/RIS; Zuordnungsverfahren auf Grundlage des Einwohnerregisters; eigene Berechnung; Amt für Strategische Steuerung, Stadtforschung und Statistik 33 446 Haushalte mit Kindern

52 Wiesbadener Familienbericht 2013 Auch in Wiesbaden weisen Familienhaushalte im Vergleich zum gesamtstädtischen Schnitt (22,7 %) eine überdurchschnittliche Eigentümerquote auf: 27,3 % bewohnen die eigenen vier Wände (Stand Ende 2012). Absolut betrachtet bedeutet dies, dass von den 28.570 Haushalten mit Kindern unter 18 Jahren 7.797 für ihre Bleibe keine Miete bezahlen. 34 Allerdings gibt es deutliche Unterschiede nach Familientyp (vgl. Abbildung 19): Während unter den klassischen Ehepaaren mit Kindern die Eigentümerquote mit 34 % noch deutlich höher liegt als für Familien insgesamt, zählen nur 8,3 % der Alleinerziehenden-Familien zu den Wohneigentümern. Der Trend der letzten Jahre zum Erwerb von Wohneigentum war bei Haushalten mit Kindern in Wiesbaden insgesamt eher verhalten (vgl. Tabelle 18). Deutlich stärker waren im Vergleichszeitraum 2006 bis 2012 die Zuwachsraten bei älteren Haushalten 65+. Haushalte, in denen alle Personen mindestens das 65. Lebensjahr erreicht haben, liegen nun in Wiesbaden mit einer Eigentümerquote von 27 % gleichauf mit den Familien insgesamt. Unberücksichtigt bleibt dabei naturgemäß, wenn Wiesbadener Familien zur Eigentumsbildung die Stadtgrenzen verlassen haben. Tabelle 18: Wohneigentum in Wiesbaden 2006-2012 nach Haushaltstyp 1) Wohneigentümerhaushalte 1) Jeweils zum Stand: 31.12. WI insges. Familien mit Kindern Quelle: Katasteramt/RIS; Zuordnungsverfahren auf Grundlage des Einwohnerregisters; eigene Berechnung; Amt für Strategische Steuerung, Stadtforschung und Statistik Ehepaare mit Kindern Alleinerziehende Familien Haushalte 65+ Haushalte 18-34-J. 2006 absolut 29 235 7 307 4 575 497 5 354 5 338 2012 absolut 32 351 7 797 4 977 561 7 368 5 410 Veränderung 2006-2012 abs. + 3 116 + 490 + 402 + 64 + 2 014 + 72 Veränderung in % + 10,7 + 6,7 + 8,8 + 12,9 + 37,6 + 1,3 Eigentümerquote 2006 in % 20,9 25,7 30,5 7,5 20,4 15,1 Eigentümerquote 2012 in % 22,7 27,3 34,0 8,3 27,0 14,8 34 Als Wohneigentümer werden dabei solche Haushalte gezählt, die in der eigenen Immobilie leben, sei es eine Wohnung oder das klassische Einfamilienhaus. Die darauf basierende Eigentümerquote bezieht sich also auf Haushalte mit selbst genutztem Wohneigentum, nicht auf den Besitz von möglicherweise vermieteten Wohnimmobilien. Vgl. auch LH Wiesbaden (Hg.): Wohneigentum in Wiesbaden Trends 2006-2011. Wiesbadener Stadtanalysen.

Wiesbadener Familienbericht 2013 53 Abbildung 20: Wohneigentümerquote von Familienhaushalten in Wiesbaden Familien-Eigentümerquote Familien-Mieterquote Rambach Naurod Auringen Nordost Sonnenberg Heßloch Medenbach Klarenthal Kloppenheim Frauenstein Dotzheim 06 08 01 Bierstadt Igstadt Breckenheim Südost Nordenstadt Schierstein Biebrich Erbenheim Amöneburg Delkenheim 01 Mitte Kastel Kostheim 06 Rheingauviertel, Hollerborn 08 Westend, Bleichstraße Anzahl Familienhaushalte 4.000,0 2.000,0 1.000,0 Quelle: Katasteramt/RIS; Zuordnungsverfahren auf Grundlage des Einwohnerregisters; eigene Berechnung; Amt für Strategische Steuerung, Stadtforschung und Statistik Wo wohnen in Wiesbaden besonders viele Familien in Wohneigentum? Betrachtet man die Anteile von Wohneigentümerhaushalten an den Familien im Ortsbezirk Abbildung 20 und Tabelle 19), fällt eine breite Streuung auf: Neben Spitzenreiter Auringen (64 %) sind die Ortsbezirke Naurod und Sonnenberg mit Quoten von über 50 % führend. Die Eigentümerquote von Familien übersteigt in diesen Ortsbezirken auch deutlich die Eigentümerquote der Haushalte insgesamt. Sehr gering dagegen fällt die Eigentümerquote unter Familien in den Ortsbezirken Westend und Mitte sowie Klarenthal und Biebrich aus, wo insgesamt das Wohnen zur Miete dominiert.

54 Wiesbadener Familienbericht 2013 Tabelle 19: Familienhaushalte und Wohneigentümerhaushalte nach Ortsbezirk 1) Ortsbezirk Haushalte insges. Familienhaushalte Familien in Wohneigentum Anteil Familienhaushalte Anteil Wohneigentümerhaushalte Anteil Wohneigentümer an Familienhaushalten abs. abs. abs. in % in % in % 14 Biebrich 19 551 3 850 888 19,7 19,9 23,1 01 Mitte 12 798 1 975 120 15,4 5,3 6,1 16 Dotzheim 12 318 3 026 875 24,6 25,4 28,9 02 Nordost 12 124 2 017 645 16,6 26,7 32,0 06 Rheingauv., Hollerb. 11 222 2 183 337 19,5 12,6 15,4 03 Südost 9 985 1 742 512 17,4 23,1 29,4 08 Westend, Bleichstr. 9 891 1 740 98 17,6 4,1 5,6 53 Kostheim 6 756 1 449 475 21,4 30,2 32,8 12 Bierstadt 6 312 1 218 398 19,3 28,3 32,7 52 Kastel 5 917 1 329 384 22,5 20,4 28,9 27 Schierstein 5 096 1 003 337 19,7 27,0 33,6 07 Klarenthal 4 924 1 129 157 22,9 14,7 13,9 13 Erbenheim 4 525 1 091 230 24,1 19,6 21,1 11 Sonnenberg 3 797 823 433 21,7 44,6 52,6 25 Nordenstadt 3 648 790 381 21,7 48,3 48,2 26 Delkenheim 2 244 539 224 24,0 42,0 41,6 31 Naurod 2 066 437 254 21,2 46,6 58,1 34 Breckenheim 1 531 348 173 22,7 48,7 49,7 32 Auringen 1 478 439 282 29,7 55,5 64,2 33 Medenbach 1 212 261 86 21,5 32,6 33,0 28 Frauenstein 1 079 214 104 19,8 41,9 48,6 21 Rambach 1 072 200 97 18,7 38,6 48,5 23 Kloppenheim 1 044 267 119 25,6 40,9 44,6 24 Igstadt 977 253 125 25,9 43,9 49,4 51 Amöneburg 691 188 35 27,2 12,7 18,6 22 Heßloch 316 59 28 18,7 46,2 47,5 Wiesbaden insges. 142 574 28 570 7 797 20,0 22,7 27,3 1) Zum Stand: 31.12.2012; Eigentümerhaushalte/Haushalte in selbst genutztem Wohneigentum Quelle: Katasteramt/RIS; Zuordnungsverfahren auf Grundlage des Einwohnerregisters; eigene Berechnung; Amt für Strategische Steuerung, Stadtforschung und Statistik VII. Kinderbetreuung in Wiesbaden Die Stadt Wiesbaden hat in den letzten 10 Jahren allein im Bereich Kindertagesstätten rund 1.500 neue Betreuungsplätze geschaffen, weitere rund 1.800 Betreuungsplätze kamen an Grundschulen hinzu. Trotz dieses massiven Ausbaus konnte die Jugendhilfeplanung, die jährlich u. a. auf Basis aktueller Kinderzahlen Bilanz zieht, inwieweit das Angebot an Betreuungsplätzen den Bedarf deckt, zu keinem Zeitpunkt Entwarnung geben: Vor allem durch Nachfragesteigerungen kommt es immer wieder zu Minusbilanzen, die belegen, dass in

Wiesbadener Familienbericht 2013 55 punkto Vereinbarkeit in Wiesbaden wie in vielen anderen großen westdeutschen Kommunen - immer noch weiter Handlungsbedarf besteht. 35 Ende 2012 sah die Versorgungsbilanz für Kinderbetreuungsangebote folgendermaßen aus: Angebote für unter 3-Jährige: Versorgungsgrad 28,4 % (Ausbauziel: bis 2016 48 %) Platzbilanz: - 1.583 Plätze, Angebote für Kinder im Alter von 3 Jahren bis zum Schuleintritt: Versorgungsgrad 84,8 % (Versorgungsziel: 85 % bezogen auf 3 11 / 12 Jahrgänge), Platzbilanz: - 22 Plätze Angebot Ganztags / mit Mittagessen: 82,7 % aller Plätze. Angebote für Kinder im Grundschulalter: Versorgungsgrad 53,8 % (Versorgungsziel: 60 % bezogen auf 4 Jahrgänge), Platzbilanz: - 648 Plätze. Im Vergleich zu anderen kreisfreien Städten in Hessen steht Wiesbaden vor allem mit Blick auf das Ganztagsangebot bzw. die Ganztagsnutzung, das ja für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf sehr wichtig ist, sehr gut da. 36 Die Versorgungsquoten im Krippenbereich kann man mit Blick auf Vergleichskommunen in Hessen als durchschnittlich bezeichnen, die Versorgung mit Plätzen für Kinder im Kindergartenalter als überdurchschnittlich 37. Allerdings konnte das Platzangebot für unter 3-Jährige bis zum Herbst 2013 auf über 35 % gesteigert werden. 35 Vgl. hierzu die jährlichen Berichte zur Tagesbetreuung für Kinder, Download unter: http://www.wiesbaden.de/leben-inwiesbaden/gesellschaft/sozialplanung/sozialplanung/jugendhilfeplanung.php 36 Vgl. http://www.akjstat.uni-dortmund.de/index.php?id=450 dort sind die Ergebnisse der amtlichen Statistik nach Kreisen differenziert in Form von Tabellen zu finden. Danach landete Wiesbaden im Jahr 2011 mit 71,2 % mehr als 7-stündig genutzten Plätzen bei den Kindern im Kindergartenalter (3- bis 6-Jährige) deutlich vor Frankfurt (64,9 %), Offenbach (64,4 %) und Darmstadt (51,9 %). 37 Danach lag Wiesbaden im Jahr 2013 (Stichtag: 31.03.2013) für die unter 3-Jährigen bei 26,0 % und wurde damit von Darmstadt mit 31,9 % und Frankfurt am Main mit 31,1 % übertroffen. Offenbach lag bei 24,3 %. Bei den Plätzen für 3- unter 6-Jährige lag Wiesbaden hingegen mit 91,0 % vor Frankfurt (90,0 %), Darmstadt (89,9 %) und Offenbach (85,0 %).

56 Wiesbadener Familienbericht 2013 Abbildung 21: Verbesserungswünsche von Wiesbadener Eltern mit Kindern unter 3 Jahren Mehr KiTa-Betreuungsplätze 73 15 32 8 Schnellere Vermittlung eines Platzes / Planungssicherheit 64 20 32 11 Wohnungsnahe Betreuungsmöglichkeit 54 29 6 1 10 Mehr Spiel- und Förderangebote im Stadtteil 46 31 11 1 11 Zentrale Vermittlungsstelle f. Betreuung 38 34 10 3 15 Betreuungsangebote während Ferien-/Schließzeiten KiTa 34 31 16 6 12 Andere/Flexiblere Arbeitszeiten 28 32 19 4 17 Kurzfristige Notfallbetreuungsangebote 27 33 20 6 14 Mehr Unterstützung durch Partner 24 29 22 10 15 Mehr Betreuungsplätze bei Tagesmüttern/-vätern 14 25 32 8 21 Betreuungsmöglichkeiten Wochenende 10 13 39 25 13 0% 25% 50% 75% 100% 1 sehr wichtig 2 wichtig 3 weniger wichtig 4 völlig unwichtig weiß nicht/k.a. Quelle: Amt für Strategische Steuerung, Stadtforschung und Statistik: Elternbefragung zum Betreuungsbedarf von Kindern 2010/2011 Teil A (U3), 3200 Befragte Im Jahr 2010/2011 hat die Stadt Wiesbaden drei groß angelegte Elternbefragungen zum Thema Betreuungswünsche und bedarfe durchgeführt: Insgesamt wurden 18.000 Wiesbadener Eltern mit Kindern im Alter zwischen 6 Monaten und 10,5 Jahren zum Thema Betreuung befragt. Etwa die Hälfte der angeschriebenen Eltern hat sich an diesen Erhebungen beteiligt. Vor diesem Hintergrund kann für Wiesbaden relativ genau beschrieben werden, wie das Thema Vereinbarkeit von Familie und Erwerbsarbeit aus Elternsicht bewertet wird 38. Die Ergebnisse kann man kurz und knapp so zusammenfassen: Die Wiesbadener Eltern nutzen das Tagesbetreuungsangebot praktisch bis auf den letzten Platz und sind damit in der Regel zufrieden bzw. sehr zufrieden. Die Betreuungswünsche und bedarfe der Eltern gehen zumindest im Falle der unter 3- jährigen Kinder und der Grundschulkinder deutlich über das vorhandene Platzangebot 38 vgl. hierzu ausführlich die Wiesbadener Stadtanalysen (u. a. Nr. 35, 38); Download unter: http://www.wiesbaden.de/leben-inwiesbaden/stadtportrait/wiesbaden-in-zahlen/content/stadtanalysen.php

Wiesbadener Familienbericht 2013 57 hinaus. Dies führt zu Unzufriedenheit und Unsicherheit in der Lebensplanung (vgl. Abbildung 21 und Abbildung 22). Abbildung 22: Verbesserungswünsche von Wiesbadener Eltern mit Kindern im Grundschulalter 3 Mehr Betreuungsplätze an Grundschulen 54 25 7 3 12 5 Mehr Förderangebote an der Schule 44 31 10 3 13 7 Mehr Freizeitangebote f. Schulkinder im Stadtteil 36 31 16 3 14 1 Mehr Ganztagsschulen 43 22 14 7 14 6 Mehr Ferienbetreuung 34 30 16 4 16 2 Mehr Hortplätze 39 24 14 6 18 11 Zuschüsse zu Elternbeiträgen bei Betreuung durch Eltern-/Förderverein 33 27 17 6 18 9 Andere/flexible Arbeitszeiten 23 27 22 6 21 4 Zentrale Vermittlung von Betreuungsmöglichkeiten 22 26 22 7 23 8 Mehr Info/Austauschangebote Eltern 15 30 29 7 19 10 Mehr Unterstützung d. Partner 17 25 24 11 23 0% 25% 50% 75% 100% 1 sehr wichtig 2 wichtig 3 weniger wichtig 4 völlig unwichtig 9 weiß n./k.a. Anmerkungen: Aussagen sortiert nach Höhe des Anteils sehr wichtig und wichtig ; Wortlaut Frage 24: Um die Betreuungssituation für Ihr Kind im Grundschulalter zu verbessern, wie wichtig wären für Sie persönlich die folgenden Punkte? Quelle: Amt für Strategische Steuerung, Stadtforschung und Statistik: Elternbefragung zum Betreuungsbedarf von Kindern 2010/2011 Teil C (Grundschule), 3200 Befragte Eltern von Grundschulkindern wünschen neben mehr Betreuungsplätzen und einem Ausbau der Ferienangebote vor allem auch einen Ausbau der Förderangebote und damit auch qualitative Veränderungen. Die Eltern wünschen sich mehr Transparenz über das Angebot und vor allem frühzeitigere Informationen darüber, wann und wo sie mit einem Betreuungsplatz rechnen können. Eine zentrale Anlaufstelle für Information und Vormerkung bzw. Anmeldung halten etwa 70 % der Eltern (mit Kindern unter 3 Jahren bzw. im Kindergartenalter) für (sehr) wichtig. Die größte Abweichung zwischen den von den Eltern geäußerten Vereinbarkeitsbedarfen ergibt sich - neben dem Umfang des Platzangebots - beim Angebot am späten Nachmittag: 16 % der Eltern von unter 3-Jährigen und etwa 25 % der Eltern von Kindern im Kindergarten- und Grundschulalter äußern einen Betreuungsbedarf auch noch nach 16:00 Uhr; etwa 10 % der Eltern sehen in dieser Zeit ihren Bedarf nicht gedeckt. Aller-

58 Wiesbadener Familienbericht 2013 dings geht es für ganz viele Eltern vor allem um die Zeit bis 17:00 Uhr. Zumindest für den Bereich der Schulkinderbetreuung wurde die Betreuung bis 17:00 Uhr inzwischen als Standard festgelegt. Es besteht also trotz großer Anstrengungen der Kommune - noch Handlungsbedarf in punkto Sicherstellung der Vereinbarkeit durch ein bedarfsgerechtes Angebot an Betreuungsplätzen. Dass auch Eltern nicht nur die Kommune allein in der Pflicht für die Vereinbarkeit sehen, lässt sich ebenfalls aus den Elternbefragungen ablesen. So äußerten 40 % der Eltern von Grundschulkindern, dass andere/flexiblere Arbeitszeiten (sehr) wichtig für sie seien und immerhin 45 % hielten mehr Info- und Austauschangebote für Eltern untereinander und 42 % mehr Unterstützung durch ihren Partner oder auch Partnerin, für (sehr) wichtig. Bei diesen Punkten kann die Kommune nur sehr beschränkt unterstützen. VIII. Familien mit besonderem Unterstützungsbedarf Während das kommunale Angebot an Kinderbetreuung für praktisch alle Eltern mit Kindern im betreuungsbedürftigen Alter wichtig ist, sind andere kommunale Angebote für Eltern und Kinder nur für eine Teilgruppe der Eltern relevant, aber deshalb nicht unwichtiger. 39 1. Eltern mit Erziehungsproblemen Laut bundesweiten repräsentativen Umfragen fühlt sich ein großer Teil der Eltern im Erziehungsalltag nicht nur gefordert, sondern zum Teil auch überfordert: Laut der Sinus-Studie Eltern unter Druck aus dem Jahr 2008 fühlt sich ein Drittel der Eltern im Erziehungsalltag oft bis fast täglich gestresst, die Hälfte der Eltern zumindest gelegentlich (vgl. Borchard/Henry-Huthmacher u. a. 2008). Ein Teil der Eltern braucht deshalb neben institutionellen Betreuungsangeboten auch zumindest phasenweise oder punktuell externe Unterstützung bei der Erziehung ihrer Kinder. Die professionelle Unterstützung der Eltern in der Erziehung ihrer Kinder bzw. bei Erziehungsproblemen kann auf verschiedenste Weise eingeholt werden. Selbstverständlich sind Freunde, Verwandte und Fachkräfte in Kindertagesstätten meist die ersten und damit wichtigsten Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner in Erziehungsfragen und bei Erziehungs- 39 Zugrunde liegende Literatur für dieses Kapitel: Borchard, Michael u. a. (2008): Eltern unter Druck. Selbstverständnisse, Befindlichkeiten und Bedürfnisse von Eltern in verschiedenen Lebenswelten, Studie im Auftrag der Konrad-Adenauer-Stiftung (Hg.), Berlin und Textor, Marin (2001): Familienbildung als Aufgabe der Jugendhilfe

Wiesbadener Familienbericht 2013 59 problemen. Daneben spielen aber andere Institutionen und Angebote eine wichtige Rolle. Abbildung 23 soll einen Überblick über die in solchen Fällen nutzbaren Angebote verschaffen. Ein Teil der Eltern, insbesondere solche mit höheren Bildungsabschlüssen (vgl. Textor 2001), greift, neben einer Vielzahl von Ratgebern, auf die Angebote der Familienbildungsstätten wie z. B. Erziehungskurse und Spielkreise zurück. Ende 2012 waren es rund 700 Eltern, die solche Angebote bei einer der insg. vier Wiesbadener Familienbildungsstätten 40 besuchten. Ein anderer Teil der Eltern sucht Unterstützung im medizinischen Feld z. B. psychologische oder Kinder- und Jugendtherapeutische Beratung. Hierzu liegen uns leider keine Daten vor. Für Eltern, die diese zentralen Familienbildungsangebote, aber auch andere Unterstützungsangebote weniger nutzen wie z. B. Eltern mit Migrationshintergrund und Eltern in materiell prekären Lebensverhältnissen wurde in den letzten Jahren in Wiesbaden das Angebot an Elternbildung, aber auch Elterntreffs und Eltern-Kind-Angeboten gezielt ausgebaut. Zielgruppenorientierte Elternbildungsangebote und Kinder-Eltern-Zentren (KiEZ) werden systematisch in solchen Stadtteilen Wiesbadens angesiedelt und ausgebaut, wo viele Familien in materiell prekären Verhältnissen leben. Dadurch sollen die eher präventiven Angebote gestärkt und Zugänge erleichtert werden. 40 ; vgl. http://www.wiesbaden.de/ leben-in-wiesbaden/gesellschaft/eltern/content/elternbildung.php

60 Wiesbadener Familienbericht 2013 Abbildung 23: Übersicht über Angebote in Wiesbaden, die die Eltern in Erziehungsfragen unterstützen Fachkräfte in Kindertagesstätten, Ärzte, Therapeuten Eltern mit Erziehungsfragen / Erziehungsproblemen Familienbildungsstätten (zentrale Angebote) Bezirkssozialarbeit Amt für Soziale Arbeit Kinder-Eltern-Zentren (KiEZ) (dezentral in verschiedenen Stadtteilen) Erziehungsberatungsstellen Elternbildungsangebote u. a. in Kindertagesstätten (zielgruppenorientierte Elternbildung, dezentral in verschiedenen Einrichtungen) Hilfen zur Erziehung (HzE) Quelle: Amt für Soziale Arbeit Wiesbaden Im Jahr 2012 erreichten die zielgruppenorientierten Angebote der Fachstelle Elternbildung und der sechs Wiesbadener Kinder-Eltern-Zentren (KiEZ 41 ) rund 900 Mütter/Väter. Die überwiegende Mehrheit der Nutzerinnen und Nutzer (Elternbildung: 84 %) gehören zur Zielgruppe, sind also Eltern geringer Bildung (mit oder ohne Migrationshintergrund), einkommensschwach oder aus sonstigen Gründen für (Bildungs-)Angebote eher schwer erreichbar. 41 Es gibt je 1 KiEZ im Bergkirchenviertel, in Biebrich, Erbenheim, im Sauerland, im Schelmengraben und im (inneren) Westend. Am 1.4.2013 kam das 7. KiEZ in Kastel/Kostheim-Neubaugebiete neu dazu. Vgl : http://www.wiesbaden.de/medien/dok/leben/gesellschaft-soziales/kontaktdaten_kiez_september2012.pdf.

Wiesbadener Familienbericht 2013 61 Abbildung 24: Flyer KIEZ Quelle: Amt für Soziale Arbeit Wiesbaden KiEZ-Flyer 1/14 Im Zuge der Umsetzung des Bundeskinderschutzgesetzes, das seit 1.1.2012 in Kraft ist, ist eine weitere Ausweitung der Informations- und Beratungsangebote für junge Eltern, vor allem direkt nach Geburt des Kindes in Form von Willkommensbesuchen und im ersten Lebensjahr geplant. Ein Teil der Eltern mit Erziehungsproblemen sucht und findet direkt oder über den Zwischenschritt über die Bezirkssozialarbeit (s. u.) Unterstützung bei einer der vier Wiesbade-

62 Wiesbadener Familienbericht 2013 ner Erziehungsberatungsstellen 42. Im Jahr 2012 waren es nach Angaben der Beratungsstellen (lt. dem gemeinsamen Tätigkeitsbericht für das Jahr 2012) knapp 2.000 Familien, die Beratung in Anspruch nahmen, davon über 1.300 Neuzugänge. Der häufigste Anmeldegrund ist die Belastung des jungen Menschen durch familiäre Konflikte. Die altersmäßig am stärksten besetzte Gruppe sind die 6- bis 9-Jährigen mit rund 20 %. Bei rund 70 % der Familien wurden im Jahr 2012 maximal 5 Sitzungen/Termine durchgeführt, um das Problem zu bearbeiten. Die Erziehungsberatung nachfragende Familien kommen aus allen gesellschaftlichen Gruppen. Alleinerziehende sind in der Erziehungsberatung jedoch deutlich überrepräsentiert (45 % unter den Klienten der Erziehungsberatung versus 24 % in der Bevölkerung insgesamt). Eine weitere Möglichkeit der Unterstützung von Eltern in ihrer Erziehungsaufgabe hat der Gesetzgeber auf kommunaler Ebene verortet: Gemeint sind die Angebote der Kinder- und Jugendhilfe gemäß Sozialgesetzbuch VIII 27ff, die sog. Hilfen zur Erziehung : Ein Personensorgeberechtigter hat bei der Erziehung eines Kindes oder eines Jugendlichen Anspruch auf Hilfe (Hilfe zur Erziehung), wenn eine dem Wohl des Kindes oder des Jugendlichen entsprechende Erziehung nicht gewährleistet ist und die Hilfe für seine Entwicklung geeignet und notwendig ist. ( 27 Abs. (1) SGB VIII). Das Spektrum der Hilfen zur Erziehung reicht von der Erziehungsberatung über ambulante Angebote für Kinder, Jugendliche oder die gesamte Familie bis zur Unterbringung des Kindes oder Jugendlichen in einem Heim, einer Wohngruppe oder in einer Pflegefamilie (vgl. SGB VIII 27-42). Mit Ausnahme der Erziehungsberatung, die auch frei zugänglich ist, werden die Zugänge zu den Hilfen zur Erziehung durch die Bezirkssozialarbeit im Amt für Soziale Arbeit 43 gesteuert. Die Fachkräfte der Bezirkssozialarbeit beraten Hilfe suchende Eltern, aber auch Kinder und Jugendliche, zunächst einmal selbst und versuchen die Problematik zu verstehen und auch Lösungen außerhalb des Systems der Hilfen zur Erziehung z. B. im sozialen Netzwerk der Familie - zu finden. 42 Vgl. hierzu: http://www.wiesbaden.de/vv/produkte/51/141010100000009156.php Dort sind die Adressen und weitere Informationen zu den Beratungsstellen zu finden. 43 Die Bezirkssozialarbeit ist sozialräumlich organisiert und arbeitet derzeit an 5 verschiedenen Standorten. Der jeweils zuständige Ansprechpartner bzw. die zuständige Ansprechpartnerin für die Eltern/Kinder hängt von der Wohnadresse und dem Alter des Kindes ab und kann über eine zentrale Telefonnummer (0611-31-3452) erfragt werden.

Wiesbadener Familienbericht 2013 63 Abbildung 25: Flyer der Bezirkssozialarbeit Quelle: Amt für Soziale Arbeit Wiesbaden