FINANZGERICHT BADEN-WÜRTTEMBERG

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Abschrift. Urteil IM NAMEN DES VOLKES

~ Amtsgericht Maulbronn

BMF-Schreiben vom 27. Juni IV A 7 - S /05 -

FINANZGERICHT BADEN-WÜRTTEMBERG

Nur per . Oberste Finanzbehörden der Länder. Bundeszentralamt für Steuern - Referat Q 7 -

Transkript:

FINANZGERICHT BADEN-WÜRTTEMBERG Im Namen des Volkes Urteil Az.: 6 K 2688/14 In dem Finanzrechtsstreit 1. A 2. B gegen - Kläger - Finanzamt - Beklagter - wegen Einkommensteuer 2010 und 2011 hat der 6. Senat des Finanzgerichts Baden-Württemberg aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 23. Dezember 2014 durch Richter am Finanzgericht für Recht erkannt: Die Klage wird abgewiesen. Die Kosten des Verfahrens tragen die Kläger. Anschrift: Finanzgericht Baden-Württemberg - Senate in Stuttgart -, Postfach 10 14 16, 70013 Stuttgart Dienstgebäude: Börsenstr. 6, 70174 Stuttgart Fernsprecher: 0711 6685 311, Fax: 6685 399, E-Mail: Poststelle@FGStuttgart.justiz.bwl.de Verkehrsverbindung: Stadtmitte

Seite 2 Rechtsmittelbelehrung Die Revision ist nicht zugelassen worden. Die Nichtzulassung der Revision kann durch Beschwerde angefochten werden. Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils beim Bundesfinanzhof schriftlich einzulegen *). Sie muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Der Beschwerdeschrift soll eine Abschrift oder Ausfertigung des angefochtenen Urteils beigefügt werden. Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach der Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Auch die Begründung ist beim Bundesfinanzhof einzureichen. In der Begründung muss dargelegt werden, dass die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder dass die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert oder dass ein Verfahrensfehler vorliegt, auf dem das Urteil des Finanzgerichts beruhen kann. Bei der Einlegung und Begründung der Beschwerde vor dem Bundesfinanzhof muss sich jeder Beteiligte durch einen Steuerberater, einen Steuerbevollmächtigten, einen Rechtsanwalt, einen niedergelassenen europäischen Rechtsanwalt, einen Wirtschaftsprüfer oder einen vereidigten Buchprüfer als Bevollmächtigten vertreten lassen. Zur Vertretung berechtigt sind auch Gesellschaften im Sinne des 3 Nr. 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch solche Personen handeln. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen. Lässt der Bundesfinanzhof aufgrund der Beschwerde die Revision zu, so wird das Verfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt. Der Einlegung einer Revision durch den Beschwerdeführer bedarf es nicht. Innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses des Bundesfinanzhofs ist jedoch beim Bundesfinanzhof eine Begründung der Revision einzureichen. Die Beteiligten müssen sich auch im Revisionsverfahren nach Maßgabe des dritten Absatzes dieser Belehrung vertreten lassen. Postanschrift des Bundesfinanzhofs: Hausanschrift: Telefax-Anschluss: Postfach 86 02 40, 81629 München Ismaninger Str. 109, 81675 München (0 89) 92 31-2 01 *) Rechtsmittel können auch über den elektronischen Gerichtsbriefkasten des Bundesfinanzhofes eingelegt und begründet werden, der über die vom Bundesfinanzhof zur Verfügung gestellte Zugangs- und Übertragungssoftware erreichbar ist. Die Software kann über die Internetseite "www.bundesfinanzhof.de" lizenzkostenfrei herunter geladen werden. Hier befinden sich auch weitere Informationen über die Einzelheiten des Verfahrens, das nach der Verordnung der Bundesregierung über den elektronischen Rechtsverkehr beim Bundesverwaltungsgericht und beim Bundesfinanzhof vom 26. November 2004 (BGBl. I S. 3091) einzuhalten ist.

Seite 3 Tatbestand Die Beteiligten streiten um den Abzug von Aufwendungen der Klägerin für die Unterbringung ihrer Mutter in einem Pflegeheim als haushaltsnahe Dienstleistungen. Die Kläger werden als Eheleute zur Einkommensteuer der Jahre 2010 und 2011 (der Streitjahre) zusammenveranlagt. Die Klägerin ist die Tochter der im xx 1923 geborenen Frau c C. Frau C war schwerbehindert und in den Streitjahren auf die Unterbringung in einem Pflegeheim dem vom Caritasverband unterhaltenen Haus D in X angewiesen. Sie verfügte in den Streitjahren über eigene Einkünfte und Bezüge in Höhe von 10.334, von denen sie für ihre eigene Krankenversicherung 974 aufbringen musste. Der Heimträger stellte Frau C die Kosten der Unterbringung abzüglich der von der Pflegekasse erbrachten Versicherungsleistungen in Rechnung und buchte den Differenzbetrag jeweils monatlich von einem für sie unterhaltenen Girokonto ab. Hierfür erhielt Frau C laufende Leistungen als Hilfe zur Pflege vom Sozialamt der Stadt X in Höhe von monatlich 1.180. Die Stadt X zog ihrerseits die Klägerin als Angehörige zu Unterhaltsleistungen für ihre Mutter in Höhe von monatlich 393 heran. In ihren Einkommensteuererklärungen für die Streitjahre machten die Kläger die Zuzahlungen der Klägerin für die Heimunterbringung ihrer Mutter in Höhe von jeweils 4.716 (12 x 393 ) als außergewöhnliche Belastung geltend. Das beklagte Finanzamt (der Beklagte) ließ sie im Einkommensteuerbescheid für 2010 vom 24. Februar 2012 und im geänderten Einkommensteuerbescheid für 2010 vom 20. März 2012 zunächst unter Hinweis auf die zu hohen Einkünfte und Bezüge der unterstützten Mutter als Unterhaltsleistungen außer Ansatz. Im geänderten Einkommensteuerbescheid für 2010 vom 2. April 2012 und im erstmaligen Einkommensteuerbescheid für 2011 vom 14. Januar 2013 wurden die Zuzahlungen zwar als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt; dies wirkte sich jedoch für 2010 in voller Höhe und für 2011 in Höhe von 3.435 wegen des Abzugs der zumutbaren Belastung nicht aus. Die von den Klägern beantragte Berücksichtigung des sich dort nicht auswirkenden Betrages als Aufwendungen für haushaltsnahe Pflegeleistungen nach 35a des Einkommensteuergesetzes (EStG) lehnte der Beklagte jeweils ab.

Seite 4 Gegen die Festsetzungen für beide Streitjahre legten die Kläger über ihre damaligen Bevollmächtigten fristgerecht Einsprüche ein. Darin machten sie soweit noch im Streit geltend, dass die Steuerermäßigung nach 35a Abs. 2 EStG auch von Personen in Anspruch genommen werden könne, die in einem Altenheim, Pflegeheim oder Wohnstift lebten. Neben der pflegebedürftigen Person stehe die Steuerermäßigung auch anderen Personen zu, wenn diese für die Pflege- und Betreuungsleistungen aufkämen. Dies ergebe sich in sinngemäßer Anwendung aus dem Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 15. Februar 2010 IV C 4 S 2296 b/07/0003 (BStBl I 2010, 140). Dort sei zwar nur von Pflege- und Betreuungsleistungen die Rede. Indessen erscheine es folgerichtig, dass auch für den Fall der Übernahme von Heimkosten die Gewährung der Steuerermäßigung möglich sein müsse. Die Tatsache, dass die Zahlungen an die Stadtkämmerei der Stadt X und nicht direkt an das Pflegeheim erfolgt seien, sei unproblematisch. Wenn die Finanzen und die Konten des Heimes von der Stadtkämmerei verwaltet würden, dann müsse die Stadtkämmerei der Sphäre des Leistenden zugerechnet werden, weil sonst bei gemeindlichen Heimen ein Abzug nach 35a EStG ausscheiden würde, während er bei privaten Trägern weiterhin möglich sei. Der Beklagte erklärte die Einkommensteuerfestsetzungen im Hinblick auf den Abzug einer zumutbaren Belastung bei den außergewöhnlichen Belastungen für vorläufig. Die weitergehenden Einsprüche wies er mit Einspruchsentscheidung vom 4. Juli 2014 als unbegründet zurück. Dazu führte er aus, die Zahlungen der Klägerin an die Kämmerei der Stadt X seien keine nach 35a EStG begünstigten Aufwendungen. Denn es lägen keine Rechnungen an die Klägerin vor. Der vorgelegte Leistungsbescheid der Stadt X erfülle die Funktion einer solchen Rechnung nicht. Außerdem seien die Zahlungen an die Stadtkämmerei nicht an den Erbringer der Leistungen erfolgt. Denn der Caritasverband für X als Heimträger sei ein rechtlich selbständiger Verein, der verwaltungs- und abrechnungstechnisch nichts mit der Kämmerei der Stadt X zu tun habe. Dagegen wendet sich die am 7. August 2014 eingegangene Klage, mit der die Kläger ihr Anliegen weiterverfolgen. Sie hätten den Elternunterhalt pflichtgemäß entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen unter Berücksichtigung ihres Einkommens angemessen bezahlt. Dafür erwarteten sie eine angemessene Entscheidung zu ihrem Recht auf steuerliche Absetzbarkeit der durch diese Pflichterfüllung nachweisbar entstandenen

Seite 5 begünstigten Aufwendungen. Diese müssten nach 35a EStG berücksichtigt werden. Die Mutter der Klägerin sei inzwischen im September 2013 verstorben, so dass die vom Beklagten geforderte Entrichtung der Kosten für die Heimunterbringung direkt an das Pflegeheim schon aus tatsächlichen Gründen nicht mehr möglich sei. Dessen ungeachtet ändere sich durch den bloßen Austausch des Zahlungsempfängers nichts. Die Rechnungen seien monatlich vom Pflegeheim erstellt worden. Anschließend habe das Pflegeheim den Betrag entsprechend vom Girokonto der Frau C abgebucht. Die Zahlungen der Klägerin seien über das Konto der Stadtkämmerei X, die für das Sozialamt gehandelt habe, auf das Girokonto der Mutter und von dort aus an das Pflegeheim gelangt. Ein solcher Ablauf sei allgemein üblich. Die Zahlungen seien damit nachweisbar auf dem Konto des Leistungserbringers eingegangen. Das Nachweiserfordernis des 35a EStG sei geschaffen worden, um zu verhindern, dass Schwarzarbeit steuerlich absetzbar werde. Das BMF habe es selbst in seinem Schreiben vom 10. Januar 2014 IV C 4 S 2296 b/07/0003:004 (BStBl I 2014, 75) als zulässig angesehen, dass die Bezahlung an den Leistungserbringer alternativ auch vom Konto eines Dritten erfolgen könne. Sie die Kläger verträten im Übrigen die Ansicht, dass Frau C ihre eigenen Einkünfte vorrangig für die Aufwendungen für ihre allgemeine Lebensführung verwendet habe. Das bedeute, dass die Zuzahlungen der Klägerin für die Heimunterbringung vollständig unter die begünstigten Aufwendungen fielen. Dir Kläger beantragen, die Einkommensteuerbescheide für 2010 vom 2. April 2012 und für 2011 vom 14. Januar 2013, jeweils in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 4. Juli 2014, in der Weise zu ändern, dass die Einkommensteuer für 2010 um 944 und für 2011 um 687 herabgesetzt wird. Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen. Er weist nochmals darauf hin, dass die Aufwendungen nicht als Unterhaltszahlungen nach 33a EStG berücksichtigt werden könnten, weil die Einkünfte der Mutter dafür zu hoch seien. Es komme daher nicht darauf an, dass die Klägerin als Tochter zivilrechtlich zu Unterhaltszahlungen verpflichtet gewesen sei. Soweit sich die Zahlungen aufgrund der zumutbaren Eigenbelastung nicht als außergewöhnliche Belastungen ausgewirkt

Seite 6 hätten und deshalb deren Anerkennung als haushaltsnahe Dienstleistungen begehrt werde, sei zu beachten, dass eine konkrete Verwendung der monatlichen Unterhaltszahlungen gerade für die Pflege der Mutter nicht nachgewiesen sei. Die von den Klägern angeführten Regelungen des BMF-Schreibens in BStBl I 2014, 75 gälten zudem nur für den Empfänger der Leistung. Das bedeute, dass die Mutter selbst die streitigen Pflegeaufwendungen in ihrer eigenen Steuererklärung nach 35a EStG hätte geltend machen können, auch wenn sie durch die Klägerin aufgebracht worden seien. Demgegenüber sei der vorliegende Fall in der besagten Regelung des BMF gerade nicht angesprochen. Im Übrigen gebe er zu bedenken, dass auch eine zeitnahe Entscheidung über die Einsprüche den Klägern nicht die Möglichkeit eröffnet hätte, die Zahlungsabwicklung für die Streitjahre noch rückwirkend zu ändern. Da die Kläger zudem steuerlich beraten gewesen seien, habe es ihnen offen gestanden, gegebenenfalls schon im Vorfeld entsprechende Vorkehrungen zu treffen. Der Senat hat den Rechtsstreit durch Beschluss vom 20. Oktober 2014 auf den Berichterstatter zur Entscheidung als Einzelrichter übertragen. Entscheidungsgründe 1. Über die Klage kann das Gericht aufgrund der am 23. Dezember 2014 durchgeführten mündlichen Verhandlung durch Urteil entscheiden, obwohl der Beklagte in ihr nicht durch einen erschienenen Bediensteten vertreten war. a) Der Beklagte ist zur Verhandlung mit Ladungsverfügung vom 27. November 2014 gegen Empfangsbekenntnis, ausgefüllt und datiert auf den 28. November 2014, ordnungsgemäß geladen worden. Darauf, dass bei seinem Ausbleiben auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden könne, ist der Beklagte zudem in der Ladung ausdrücklich hingewiesen worden ( 91 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung FGO ). b) Auch eine Verlegung des Termins hat der Beklagte nicht beantragt. Ein solcher Antrag ist der bloßen Mitteilung vom 3. Dezember 2014, er könne den Termin zur mündlichen Verhandlung aufgrund von Urlaubsabwesenheit nicht wahrnehmen, nicht zu entnehmen. Zudem hat sich der Beklagte ausdrücklich mit einer Entscheidung ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung i. S. des 90 Abs. 2 FGO einverstanden erklärt.

Seite 7 2. Die Klage ist nicht begründet. Die angefochtenen Einkommensteuerbescheide für 2010 und für 2011, datierend vom 2. April 2012 und vom 14. Januar 2013 und in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 4. Juli 2014, sind rechtmäßig und verletzen die Kläger nicht in ihren Rechten ( 100 Abs. 1 Satz 1 FGO). Die von der Klägerin zur Deckung des Unterhaltsbedarfs ihrer Mutter erbrachten Zahlungen an die Stadt X (jährlich 4.716 ) mindern die zu Lasten der Kläger festzusetzende Einkommensteuer nicht weiter, als sie vom Beklagten bereits berücksichtigt worden sind. a) Zwischen den Beteiligten ist zu Recht unstreitig, dass die Kläger aufgrund dieser Zahlungen eine Ermäßigung der Einkommensteuer um außergewöhnliche Belastungen nach 33a Abs. 1 EStG überhaupt nicht und nach 33 Abs. 1 EStG nur in dem vom Beklagten angesetzten Umfang beanspruchen können. Einer Berücksichtigung nach 33a Abs. 1 EStG (Aufwendungen für den Unterhalt einer dem Steuerpflichtigen gegenüber unterhaltsberechtigten Person) steht entgegen, dass die Mutter der Klägerin über andere eigene Einkünfte und Bezüge in einer Höhe verfügt hat, die gemäß 33a Abs. 1 Satz 4 EStG auch bei Einbezug der Krankenversicherungsbeiträge und des anrechnungsfreien Betrags von 624 zu einer vollständigen Minderung des dafür vorgesehenen Höchstbetrags geführt haben. Ein steuermindernder Ansatz nach 33 Abs. 1 EStG (zwangsläufige außergewöhnliche Belastungen) war nach Abzug der sich aus dem Gesamtbetrag der Einkünfte der Kläger ergebenden zumutbaren Eigenbelastung ( 33 Abs. 3 Satz 1 EStG) sie belief sich im Streitjahr 2010 auf 4.848 und im Streitjahr 2011 auf 3.435 in 2010 überhaupt nicht und in 2011 nur wie geschehen in Höhe von 1.281 möglich. b) Entgegen der Auffassung der Kläger konnte für die Aufwendungen auch nicht (mit dem nach 33 Abs. 3 EStG nicht berücksichtigten Anteil) gemäß 35a Abs. 2 EStG eine Steuerermäßigung für die Inanspruchnahme von haushaltsnahen Dienstleistungen in Abzug gebracht werden. aa) Allerdings ist ein solcher Abzug des durch den Ansatz der zumutbaren Belastung nach 33 Abs. 3 EStG nicht als außergewöhnliche Belastung berücksichtigten Teils der Aufwendungen grundsätzlich möglich (vgl. BMF-Schreiben in BStBl I 2014, 75, Rz. 32).

Seite 8 Auch sind die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Anwendung des 35a Abs. 2 Satz 2 EStG (Inanspruchnahme von Pflege- und Betreuungsleistungen) im Streitfall erfüllt; an seiner gegenteiligen, in der mündlichen Verhandlung geäußerten vorläufigen Rechtsauffassung es sei für den Abzug bei der Klägerin schädlich, dass nicht sie, sondern ihre Mutter die Leistungen in Anspruch genommen habe hält das Gericht nicht fest. Das ergibt sich aus folgenden Überlegungen: Nach 35a Abs. 2 Satz 1 EStG ermäßigt sich die tarifliche Einkommensteuer um 20% höchstens 4.000 der Aufwendungen des Steuerpflichtigen für die Inanspruchnahme von haushaltsnahen Dienstleistungen. Die Steuerermäßigung kann nach Satz 2 der Vorschrift auch für die Inanspruchnahme von Pflege- und Betreuungsleistungen sowie für Aufwendungen, die einem Steuerpflichtigen wegen der Unterbringung in einem Heim oder zur dauernden Pflege erwachsen, in Anspruch genommen werden, soweit darin Kosten enthalten sind, die mit denen einer Hilfe im Haushalt vergleichbar sind. Nach Auffassung der Finanzverwaltung steht die Steuerermäßigung neben der pflegebedürftigen Person (hier: der Mutter, Frau C) auch anderen Personen (hier: der Klägerin) zu, wenn diese für entsprechende Pflege- oder Betreuungsleistungen aufkommen (BMF-Schreiben in BStBl I 2014, 75, Rz. 10). Dem lässt sich anders als vom Gericht zunächst angenommen nicht entgegenhalten, dass bei dieser anderen Person begrifflich von einer Inanspruchnahme der Pflege- und Betreuungsleistungen nicht die Rede sein könne, weil sie nicht unmittelbar ihr gegenüber erbracht worden seien. Denn der Gesetzgeber geht in 35a Abs. 4 Satz 1 EStG ( Die Steuerermäßigung nach den Absätzen 1 bis 3 kann nur in Anspruch genommen werden, wenn... die Dienstleistung... in einem in der Europäischen Union oder dem Europäischen Wirtschaftsraum liegenden Haushalt des Steuerpflichtigen oder bei Pflege- und Betreuungsleistungen der gepflegten oder betreuten Person ausgeübt oder erbracht wird. ) in Bezug auf Pflegeund Betreuungsleistungen selbst davon aus, dass der zur Steuerermäßigung berechtigte Steuerpflichtige nicht mit der gepflegten oder betreuten Person identisch zu sein braucht. bb) Der Ansatz der Steuerermäßigung scheitert jedoch daran, dass die Zahlungen der Klägerin an die Stadtkämmerei der Stadt X und damit nicht an den Caritasverband als Heimträger und Leistungserbringer erfolgt sind.

Seite 9 Nach 35a Abs. 5 Satz 3 EStG ist es Voraussetzung für die Inanspruchnahme der Steuerermäßigung für haushaltsnahe Dienstleistungen, dass der Steuerpflichtige für die Aufwendungen eine Rechnung erhalten hat und die Zahlung auf das Konto des Erbringers der Leistung erfolgt ist. Beide Punkte sind im Streitfall nicht gegeben: Zum einen verfügte die Klägerin nur über einen an sie gerichteten Bescheid, durch den die Stadt X sie zu Unterhaltsleistungen für ihre Mutter in Höhe von monatlich 393 heranzog. Dieser Bescheid mag zwar inhaltlich einer Rechnung gleichstehen. Mit ihm hat die Stadt X jedoch nicht über etwaige von ihr erbrachte haushaltsnahe Dienstleistungen, Pflege- oder Betreuungsleistungen abgerechnet, sondern für die von ihr an die Mutter gewährten laufenden Geldleistungen nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) in Gestalt einer Hilfe zur Pflege Rückgriff bei der Klägerin als einer der Mutter gegenüber unterhaltspflichtigen Familienangehörigen genommen. Es handelt sich bei ihm mithin nicht wie vom Gesetz verlangt um eine Rechnung für Aufwendungen, die der Klägerin i. S. des 35a Abs. 2 Satz 2 EStG aus Anlass der Inanspruchnahme von Pflege- und Betreuungsleistungen erwachsen sind. Außerdem erfolgten die Zahlungen der Klägerin auf diesen Bescheid nicht auf das Konto des Erbringers der haushaltsnahen Pflege- und Betreuungsleistungen. Leistungserbringer gegenüber der pflegebedürftigen Mutter war nämlich der Caritasverband für X e. V. als Heimträger des Hauses D. Anders als von den Bevollmächtigten der Kläger im Einspruchsverfahren geltend gemacht, wurden dessen Finanzen und Bankkonten auch nicht von der Stadt X verwaltet. Das Konto der Stadtkämmerei X, auf das die Klägerin ihre Zahlungen erbracht hat, ist dem Caritasverband nicht als dessen eigene Bankverbindung zuzurechnen. Der Heimträger Caritasverband für X e. V. ist eine selbständige Körperschaft und eine eigenständige Rechtspersönlichkeit, die mit der Körperschaft Stadt X weder identisch noch institutionell verbunden ist. Damit ist die Stadtkämmerei auch nicht wie vorgetragen wurde der Sphäre des Leistungserbringers zuzuordnen. cc) Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der den Beklagten bindenden Verwaltungsanweisung in Rz. 51 des BMF-Schreibens in BStBl I 2014, 75, auf die sich die Kläger berufen. Zwar wird dort ausgeführt, dass die Inanspruchnahme der Steuerermäßigung durch den Steuerpflichtigen auch möglich ist, wenn die haushaltsnahe Dienstleistung, Pflege- oder Betreuungsleistung oder die Handwerkerleistung, für die der

Seite 10 Steuerpflichtige eine Rechnung erhalten hat, von dem Konto eines Dritten bezahlt worden ist. Damit gemeint ist jedoch worauf der Beklagte zutreffend hingewiesen hat, dass der die Pflege- oder Betreuungsleistung in Anspruch nehmende Steuerpflichtige die Steuerermäßigung beanspruchen kann, auch wenn sie von einem Dritten gezahlt wurde (sog. abgekürzter Zahlungsweg). Daraus ist nicht der erweiternde Schluss statthaft, dass auch Leistungen auf das Konto eines Dritten hier der Stadtkämmerei der Stadt X die tatbestandlichen Voraussetzungen des 35a Abs. 5 Satz 3 EStG erfüllen. dd) Die für die Kläger nachteilige Rechtsfolge keine Steuerermäßigung wegen fehlender Zahlung an den Leistungserbringer ergibt sich mithin unmittelbar aus dem Wortlaut des Gesetzes. Zwar ist einzuräumen, dass die Beschränkungen des 35a Abs. 5 Satz 3 EStG vom Gesetzgeber in erster Linie zur Bekämpfung der Schwarzarbeit in Privathaushalten bestimmt (vgl. BTDrucks 15/91, S. 19) und damit für Konstellationen wie den Streitfall nicht gedacht waren. Verfassungsrechtlich unzulässig sind sie deshalb jedoch noch nicht (vgl. im Einzelnen Entscheidungen des Bundesfinanzhofs BFH vom 20. November 2008 VI R 14/08, BFHE 223, 430, BStBl II 2009, 307, unter II. 1. b., und vom 30. Juli 2013 VI B 31/13, BFH/NV 2013, 1786, jeweils zur inhaltsgleichen Vorgängervorschrift des 35a Abs. 2 Satz 5 EStG i. d. F. bis zur Neufassung des 35a EStG durch das Gesetz zur Förderung von Familien und haushaltsnahen Dienstleistungen Familienleistungsgesetz, FamLeistG vom 22. Dezember 2008, BGBl I 2008, 2955, BStBl I 2009, 136). 3. Die Kostenentscheidung beruht auf 135 Abs. 1 FGO.