16. Wahlperiode Drucksache 16/2495 HESSISCHER LANDTAG 04. 10. 2004 Kleine Anfrage der Abg. Rhein, Beuth und Kölsch (CDU) vom 07.07.2004 betreffend Übernahme der Kosten für einen Schwangerschaftsabbruch nach dem Gesetz zur Hilfe für Frauen bei Schwangerschaftsabbrüchen in besonderen Fällen und Antwort der Sozialministerin Vorbemerkung der Fragesteller: Das Gesetz zur Hilfe für Frauen bei Schwangerschaftsabbrüchen in besonderen Fällen wurde 1995 vom Bundestag verabschiedet, nachdem das Bundesverfassungsgericht die vorausgegangene Finanzierung solcher Abtreibungen durch die Krankenkassen mit Entscheidung vom 28. Mai 1993 für verfassungswidrig erklärt hatte. Nach dem Gesetz hat eine Frau unabhängig vom Einkommen des Kindsvaters Anspruch auf die Übernahme der Kosten einer Abtreibung, wenn ihr die Aufbringung der Mittel für einen Abbruch einer Schwangerschaft nicht zuzumuten ist. Diese Vorbemerkung der Fragesteller vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1. Welche Höhe dürfen die monatlichen Einkünfte einer Schwangeren derzeit nicht übersteigen, um Anspruch auf die Übernahme der Kosten eines Schwangerschaftsabbruchs zu haben? Ein Anspruch besteht nach 1 des Gesetzes zur Hilfe für Frauen bei Schwangerschaftsabbrüchen in besonderen Fällen, wenn einer Frau die Aufbringung der Mittel für den Abbruch einer Schwangerschaft nicht zuzumuten ist, wenn ihre verfügbaren persönlichen Einkünfte in Geld oder Geldwert die festgesetzte Einkommensgrenze nicht übersteigen und ihr persönlich kein kurzfristig verwertbares Vermögen zur Verfügung steht oder der Einsatz des Vermögens für sie eine unbillige Härte bedeuten würde. Für jedes Kind, dem die Frau unterhaltspflichtig ist, ihrem Haushalt angehört und von ihr unterhalten wird, erhöht sich die Einkommensgrenze. Des Weiteren erfolgt eine Erhöhung der Einkommensgrenze für den Mehrbedarf für Kosten einer Wohnung. Die in 1 genannten Beträge verändern sich nach 6 um den Vomhundertsatz, um den sich der aktuelle Rentenwert in der gesetzlichen Rentenversicherung verändert. Die Einkommensgrenzen haben sich aufgrund der Anpassungen an den aktuellen Rentenwert in der gesetzlichen Rentenversicherung für die alten Bundesländer jährlich erhöht. Nach 7 Abs. 2 des Gesetzes zur Hilfe für Frauen bei Schwangerschaftsabbrüchen in besonderen Fällen erfolgte unter Berücksichtigung der Einkommensentwicklung auch für die neuen Bundesländer die jährliche Einkommenserhöhung. Derzeit werden bei einem Antrag auf Gewährung von Leistungen nach dem Gesetz zur Hilfe für Frauen bei Schwangerschaftsabbrüchen in besonderen Fällen folgende, ab dem 1. Juli 2004 geltenden Beträge zugrunde gelegt: Eingegangen am 4. Oktober 2004 Ausgegeben am 21. Oktober 2004 Druck und Auslieferung: Kanzlei des Hessischen Landtags Postfach 3240 65022 Wiesbaden
2 Hessischer Landtag 16. Wahlperiode Drucksache 16/2495 Einkommensgrenze ( 1 Abs. 2 S. 1) Erhöhungsbetrag für jedes zu berücksichtigende Kind ( 1 Abs. 2 S. 2) Betrag für die Kosten der Unterkunft, der überschritten sein muss ( 1 Abs. 2 S. 3) Höchstbetrag für die Erhöhung der Einkommensgrenze um den Mehrbedarf für die Kosten der Unterkunft ( 1 Abs. 2 S. 3) 961,00 227,00 282,00 282,00 alte Bundesländer Beitrittsgebiet 924,00 227,00 246,00 282,00 Frage 2. Durch welche Behörde werden in Hessen die Kosten erstattet? Als zuständige Behörde für die Kostenerstattung nach 4 des Gesetzes zur Hilfe für Frauen bei Schwangerschaftsabbrüchen in besonderen Fällen wurde das Hessische Amt für Versorgung und Soziales, Südanlage 14, 35390 Gießen bestimmt. Frage 3. In welcher Höhe haben die Bundesländer seit 1996 den Krankenkassen insgesamt entsprechende Kosten erstattet? Die Anzahl der abgerechneten Fälle und die Höhe der entstandenen Kosten in den einzelnen Bundesländern seit In-Kraft-Treten des Gesetzes zur Hilfe für Frauen bei Schwangerschaftsabbrüchen in besonderen Fällen ergeben sich aus Anlage 1. Frage 4. Welcher prozentualen Zahl der vom Statistischen Bundesamt in Wiesbaden gemeldeten Schwangerschaftsabbrüche, die nach 218 a Abs. 1 StGB - der so genannten Beratungsregelung - durchgeführt worden sind, entspricht dies? Aus den einzelnen Bundesländern liegen diesbezüglich keine Auswertungen vor. Frage 5. In welcher Höhe hat das Land Hessen seit 1996 den Krankenkassen insgesamt Kosten für Schwangerschaftsabbrüche erstattet? Das Land Hessen hat folgende Kosten für Schwangerschaftsabbrüche nach dem Gesetz zur Hilfe für Frauen bei Schwangerschaftsabbrüchen in besonderen Fällen erstattet: 1996 4.219.424,29 DM 6.732 Fälle 1997 4.993.989,39 DM 8.856 Fälle 1998 3.960.002,89 DM 6.714 Fälle 1999 4.618.894,26 DM 7.435 Fälle 2000 6.899.972,77 DM 10.622 Fälle 2001 6.099.942,77 DM 9.128 Fälle 2002 3.099.982,69 9.300 Fälle 2003 3.199.994,02 9.241 Fälle Frage 6. Welcher prozentualen Zahl der vom Statistischen Bundesamt in Wiesbaden gemeldeten Schwangerschaftsabbrüche, die nach 218 a Abs. 1 StGB durchgeführt worden sind, entspricht dies in Hessen? Der Anteil der Schwangerschaftsabbrüche - im Vergleich zu der Gesamtzahl der vom Statistischen Bundesamt für Hessen gemeldeten Schwangerschaftsabbrüche nach 218 a Abs. 1 StGB - die durch das Land Hessen erstattet wurden, betrug in den Jahren 1996 57,0 v.h. 1997 77,2 v.h. 1998 61,2 v.h. 1999 76,6 v.h. 2000 98,4 v.h. 2001 85,4 v.h. 2002 88,0 v.h.
Hessischer Landtag 16. Wahlperiode Drucksache 16/2495 3 Frage 7. Wie hoch sind die durchschnittlichen Kosten für einen Schwangerschaftsabbruch? Die in Rechnung gestellten Kosten für einen Schwangerschaftsabbruch betragen im Durchschnitt: a) ambulant operativ - Vollnarkose 385,00 ambulant operativ - Lokalanästhesie 265,00 b) vollstationär je nach Basis- und Abteilungspflegesatz für den Tag des Schwangerschaftsabbruchs c) belegärztlich - Vollnarkose Arzt ca. 125,00 zuzüglich Belegarztpflegesatz belegärztlich - Lokalanästhesie ca. 70 zuzüglich Belegarztpflegesatz d) medikamentös ca. 180,00 Als Verwaltungskosten für die Krankenkassen wurden in der Zeit vom 1. Januar 1996 bis 31.Dezember 2003 pro Abrechnungsfall 12,88, ab dem 1. Januar 2004 pro Abrechnungsfall 25,00 vom Land Hessen gewährt. Frage 8. Auf welche Art und Weise findet im Bundesland Hessen in der Praxis die entsprechende Einkommens- und Vermögensprüfung statt? Nach den Richtlinien des Landes Hessen muss von der Frau bei der Krankenkasse ein schriftlicher Antrag, der einheitlich von allen hessischen Krankenkassen angewandt wird, gestellt werden. Die Antragstellerin muss in diesem Antrag ihre finanziellen Verhältnisse darlegen und die Richtigkeit ihrer Angaben durch Unterschrift bestätigen. Erst nach Überprüfung dieser Angaben wird von der Krankenkasse ein Berechtigungsschein ausgestellt. Frage 9. Trifft es zu, dass die im Gesetz zur Hilfe für Frauen bei Schwangerschaftsabbrüchen in besonderen Fällen gesetzte Einkommensgrenze rund 20 v.h. über jener liegt, ab der Sozialhilfe gewährt werden muss? Die Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG) wird fallspezifisch gewährt, sodass kein allgemeingültiger Betrag genannt werden kann. Die Leistung berechnet sich aufgrund einer Vielzahl von Faktoren, die sich von Fall zu Fall unterscheiden. So ist für die Berechnung des Bedarfs unter anderem wichtig, - wie viele Personen zur Bedarfsgemeinschaft zählen, - wie alt sind die Personen, - wie hoch sind die Mieten, Nebenkosten und Heizkosten, - sind gegebenenfalls Beiträge zu einer Krankenversicherung zu zahlen, ist die Höhe angemessen, - sind eventuell weitere Belastungen vorhanden, die eventuell übernommen werden können (Hausrat- und Haftpflichtversicherung etc.) Erst nach Prüfung und Berechnung der oben genannten Punkte kann die Höhe des Bedarfssatzes festgestellt werden und das tatsächlich vorhandene Einkommen gegenübergestellt werden. Frage 10. Sieht die Landesregierung hierin eine Privilegierung? Wie bereits in der Antwort zu Frage 9 dargstellt, kann dies nicht ohne weiteres verglichen werden. Wiesbaden, 25. August 2004 In Vertretung: Gerd Krämer Anlagen
Jahr Konfliktberatungen Abbrüche v.h. Abbrüche erfasst nach Abbrüche je 100.000 Einw. Geburten je 1.000 EW Kostenerstattung Land besondere Fälle 1980 16.529 16.791 101,59 Eingriffsort 1981 17.306 16.858 97,41 Eingriffsort Kostenerstattung besond. Fälle Anteil d. fin. Abbrüche 1982 19.579 15.972 81,58 Eingriffsort 1992 5922639 1983 19.202 16.991 88,49 Eingriffsort 1993 5967305 1984 19.347 19.420 100,38 Eingriffsort 1994 5980693 1985 17.680 19.900 112,56 Eingriffsort 1995 6009913 1986 21.339 20.275 95,01 Eingriffsort 1996 6027284 1987 23.775 20.472 86,11 Eingriffsort 1997 6031705 1988 15.926 22.315 140,12 Eingriffsort 1998 6035137 1989 13.292 19.510 146,78 Eingriffsort 1999 6051966 1990 13.703 22.368 163,23 Eingriffsort 62.026 10,8 2000 6068129 1991 13.837 17.944 129,68 Eingriffsort 2001 6077826 1992 14.050 16.108 114,65 Eingriffsort 272,0 2002 6091618 1993 15.679 14.728 93,93 Eingriffsort 246,8 1994 15.945 10.336 64,82 Eingriffsort 172,8 1995 17.602 9.638 54,76 Eingriffsort 160,4 59.858 10 1996 18.772 11.808 62,90 Eingriffsort 195,9 62.391 10,4 4.219.424,29 DM 6.732 57,0% 1997 18.987 11.477 60,45 Eingriffsort 190,3 63.124 10,5 4.993.989,39 DM 8.856 77,2% 1998 18.961 10.969 57,85 Eingriffsort 181,8 60.567 10 3.960.002,89 DM 6.714 61,2% 1999 18.037 9.711 53,84 Wohnort 160,5 58.996 9,8 4.618.894,26 DM 7.435 76,6% 2000 16.853 10.796 64,06 Wohnort 177,9 58.817 9,7 6.899.972,77 DM 2001 16.767 10.683 63,71 Wohnort 175,8 56.228 9,3 6.099.972,77 DM 2002 16.551 10.573 63,88 Wohnort 173,6 55 324 9,1 3.099.982,69 2003 11.130 3.199.994,02 10.622 98,4% 9.128 85,4% 9.300 88,0% 9.241 83,00% Anlage 2