Inklusives Lernen im Land Brandenburg: Erste Ergebnisse zum Pilotprojekt Prof. Dr. Nadine Spörer 1. Jahrestagung Inklusion, 17.10.2013
Gliederung 1. Forschungsansatz 2. Bausteine der Begleitforschung 3. Erste Ergebnisse: Schülerinnen und Schüler in Inklusionsklassen: Kompetenzen und Verhalten
Forschungsansatz Fortschritte in der Forschung zum inklusiven Unterricht können erreicht werden, wenn Zusammenhänge zwischen Merkmalen inklusiven Unterrichts und der Kompetenzentwicklung von Schülern längsschnittlich und auf der Ebene von Prozessen und Ergebnissen betrachtet werden.
Bausteine der Begleitforschung Evaluation von Fortbildung und Beratung Inklusiver Unterricht Elternbefragung Schulleiterbefragung Lehrerbefragung Schülerbefragung
Meilensteine 4/2012 1/2013 2/2013 1/2014 2/2014 Erfassung der Schülerkompetenzen Erfassung der Schülerkompetenzen Erfassung der Schülerkompetenzen Unterrichtsbeobachtung Unterrichtsbeobachtung 1. Online Befragung der Lehrkräfte 2. Online Befragung der Lehrkräfte 3. Online Befragung der Lehrkräfte 4. Online Befragung der Lehrkräfte Zeitleiste: Angabe von Quartalen
Schülerinnen und Schüler in Inklusionsklassen: Kompetenzen und Verhalten
Stichprobe Grundlage: 84 Schulen im Pilotprojekt Inklusive Grundschule Ziehung einer nach Region geschichteten Zufallsstichprobe 35 Schulen 41 Klassen Jahrgangsstufe 2 (davon 11 Flex Klassen) 31 Klassen Jahrgangsstufe 3 725 Kinder 636 Kinder 50,2 % Mädchen 59,6 % Mädchen 97,7 % Geburtsland D 98,6 % Geburtsland D
Methodik Inhaltliche Schwerpunkte der Schülertestung Lesen Rechtschreibung Mathematik Würzburger Leise Leseprobe Leseverständnistext für Erst bis Sechstklässler Hamburger Schreibprobe Heidelberger Rechentest
Methodik Lesen Würzburger Leise Leseprobe Die Aufgabe: Bearbeitungszeit: Das Wort lesen und die Position des richtigen Bildes in jeder Zeile anstreichen. 110 Wörter in 5 Minuten.
Methodik Lesen Ein Leseverständnistext für Erst bis Sechstklässler (ELFE 1 6) Die Aufgabe: Bearbeitungszeit: Die Sätze zügig und gründlich lesen und die zum Text passende Antwort anstreichen. 20 Sätze in 7 Minuten. Tim freut sich, wenn die Sonne scheint. Dann kann er mit seinen Freunden Fußball spielen. Tim o isst gerne Obst. o ärgert seine Schwester. o macht seine Hausaufgaben. o spielt gerne Fußball.
Methodik Rechtschreibung Hamburger Schreib Probe (HSP) Die Aufgabe: Klasse 2: 20 Einzelwörter und 4 Sätze. Klasse 3: 15 Einzelwörter und 4 Sätze. Beispiele: Klasse 2: der Eimer, die Mäuse Anna verkleidet sich vor dem Spiegel. Klasse 3: die Briefmarke, das Schlüsselloch Die Kinder haben einen Koffer gefunden.
Methodik Auswertung der Graphemtreffer am Beispiel Mäuse ('Häuse'=3) ('Heuse'=2) ('Lö'=0) ('m'=1) ('M'=1) ('Maane'=2) ('Mäenuse'=3) ('Mäise'=3) ('Maise'=3) ('mas'=2) ('Mäse'=3) ('Mase'=3) ('Mash'=2) ('Mauah'=1) ('Maüe'=2) ('Maueise'=3) ('Mäuel'=2) ('Mäuese'=3) ('Mäuhse'=3) ('Mauie'=2) ('Mauna'=2) ('Mäus'=3) ('Maus'=2) ('Mäusd'=3) ('Mäüse'=4) ('Maüse'=4) ('Mause'=4) ('Mäusse'=3) ('Mäußße'=3) ('Maut'=2) ('Meäse'=3) ('Mease'=3) ('meise'=3) ('Meise'=3) ('Memce'=2) ('Mense'=2) ('Messe'=2) ('Meues'= 2) ('Meuise'=3) ('Meule'=2) ('Meus'=2) ('Meüse'=3) ('meuse'=3) ('Meuse'=3) ('MEuse'=3) ('Meuseh'=2) ('Meusse'=2) ('Mewse'=3) ('MMU'=1) ('Mo'=1) ('Möe'=1) ('Möee'=2) ('Möese'=3) ('Moese'=3) ('Moeue'=2) ('Möeuse'=3) ('Moeuse'=3) ('Möise'=3) ('moise'=3) ('Moise'=3) ('Mojse'=3) ('Mone'=2) ('Möse'=3) ('Mose'=3) ('Mösse'=2) ('Möuse'=3) ('Moüse'=3) ('MSA'=2) ('Mse'=3) ('Muäse'=3) ('Müase'=3) ('Muase'=3) ('Müese'=3) ('Muese'=3) ('Müise'=3) ('Muise'=3) ('Muöse'=3) ('Mürse'=3) ('müse'=3) ('Müse'=3) ('Muse'=3) ('nas'=1) ('Nise'=2) ('Wouse'=2)
Methodik Mathematik Heidelberger Rechentest (HRT 1 4) 40 Aufgaben in 2 Minuten. 40 Aufgaben in 2 Minuten.
Darstellung der Fachkompetenzen Schritt 1: T Wert Skalierung (M = 50, SD = 10, Vergleichsmaßstab: Welche Leistung erbringen die Kinder der Eichstichprobe am Ende des jeweiligen Jahrgangs?) Beispiel 1: Ein Zweitklässler erzielt zu Beginn des Schuljahres eine Leseleistung von T = 50. Das entspricht einem Niveau, dass Schüler im Durchschnitt am Ende des Schuljahres aufweisen. Beispiel 2: Ein Zweitklässler erzielt zu Beginn des Schuljahres eine Leseleistung von T = 60. Diese Leistung liegt bereits über dem Niveau, dass Schüler im Durchschnitt am Ende des Schuljahres aufweisen. Schritt 2: Bildung von Leistunsgruppen in der Stichprobe Leistungsschwache Kinder: die unteren 16 % der Kinder eines Jahrgangs Leistungsmittlere Kinder: die mittleren 68% der Kinder eines Jahrgangs Leistungsstarke Kinder: die oberen 16 % der Kinder eines Jahrgangs
Leistungsstände im Lesen (Herbst 2012) Jahrgangsstufe 2 Jahrgangsstufe 3
Entwicklung der Leseleistung Jahrgangsstufe 2 Jahrgangsstufe 3 leistungsstark 49,69 leistungsstark 57,17 50,5 56,47 leistungsmittel 36,84 44,61 leistungsmittel 37,18 45,75 leistungsschwach 26,26 35,57 leistungsschwach 26,57 34,17 insgesamt 36,87 44,83 insgesamt 37,96 45,85 20 30 40 50 60 Herbst 2012 Sommer 2013 20 30 40 50 60 Herbst 2012 Sommer 2013
Leistungsstände im Rechtschreiben (Herbst 2012) Jahrgangsstufe 2
Entwicklung des Rechtschreibens Jahrgangsstufe 2 leistungsstark 62,54 64,51 leistungsmittel 44,13 51,5 leistungsschwach 24,84 36,53 insgesamt 43,23 50,73 20 30 40 50 60 70 Herbst 2012 Sommer 2013
Leistungsstände in Mathematik (Herbst 2012) Jahrgangsstufe 2 Jahrgangsstufe 3
Entwicklung der Mathematikleistung Jahrgangsstufe 2 Jahrgangsstufe 3 leistungsstark 53,67 leistungsstark 58,55 54,51 56,7 leistungsmittel 40,01 44,48 leistungsmittel 39,94 44,33 leistungsschwach 27,92 33,73 leistungsschwach 29,43 33,11 insgesamt 40,16 44,87 insgesamt 40,8 44,73 20 30 40 50 60 Herbst 2012 Sommer 2013 20 30 40 50 60 Herbst 2012 Sommer 2013
Methodik Entsprechen die Leistungszuwächse der Stichproben Klassen den Leistungszuwächsen in herkömmlichen Klassen? zeitgleiche Untersuchung von Vergleichsklassen Vergleich mit jahrgangsübergreifenden Schulleistungstests
Vergleich der Leistungszuwächse im Leseverständnis (ELFE 1 6) Normwerte des ELFE 1 6 Werte der Stichprobe 20 20 18 18 Anzahl gelöster Aufgaben 16 14 12 10 8 6 4 3 8 8 13 16 14 12 10 8 6 4 5 8 9 12 MZP 1 MZP 2 2 2 0 1 => 2 2 => 3 0 2. Jahrgang 3. Jahrgang
Vergleich der Leistungszuwächse im Subtrahieren (HRT 1 4) Normwerte des HRT 1 4 Werte der Stichprobe 40 40 35 35 Anzahl gelöster Aufgaben 30 25 20 15 10 5 13 19 19 25 30 25 20 15 10 5 14 17 20 22 MZP 1 MZP 2 0 1 => 2 2 => 3 0 2. Jahrgang 3. Jahrgang
Erste Ergebnisse der Unterrichtsbeobachtungen
Stichprobe 72 Klassen 4 Schüler pro Klasse und Fach 32 Einzelbeobachtungen pro Schüler 288 Unterrichtsstunden in Mathematik und Deutsch ~19000 Einzelmessungen
Auswahl der Schüler Zweischrittiges Verfahren 1. Auswahl von 4 Schülern: leistungsstark leistungsmittel relativ zum Klassenmittelwert leistungsschwach Schüler mit festgestelltem sonderpädagogischen Förderbedarf 2. Validierung vor Ort am Lehrerurteil
Ablauf der Beobachtung Unterrichtseinschätzung Unterrichtseinschätzung 5 15 10 15 5 Schülerbeobachtungen Schülerbeobachtungen
Ablauf der Beobachtung 15 Minuten Schüler (1) Schüler (2) Schüler (3) Schüler(4) 1 2 3 4 5 6 7 8 10 Sek Beobachten 10 Sek Beobachten 10 Sek Beobachten 10 Sek Pause 10 Sek Pause 10 Sek Pause
Ein Blick in das Beobachtungs Tool
Ein Blick in das Beobachtungs Tool
Beobachtetes Schülerverhalten Deutsch leistungsstark 94,52% 5,48% leistungsmittel 94,57% 5,43% leistungsschwach 91,88% 8,12% Schüler mit SFB 89,10% 10,90% 0,00% 10,00% 20,00% 30,00% 40,00% 50,00% 60,00% 70,00% 80,00% 90,00% 100,00% aufgabenbezogen nicht aufgabenbezogen
Beobachtetes Schülerverhalten Mathematik leistungsstark 95,68% 4,32% leistungsmittel 91,76% 8,24% leistungsschwach 90,96% 9,04% Schüler mit SFB 91,63% 8,37% 0,00% 10,00% 20,00% 30,00% 40,00% 50,00% 60,00% 70,00% 80,00% 90,00% 100,00% aufgabenbezogen nicht aufgabenbezogen
Interaktionen zwischen Schülern und Lehrern Beide Fächer leistungsstark 5,31% 0,18% leistungsmittel 5,16% 0,34% leistungsschwach 6,09% 1,30% Schüler mit SFB 6,22% 3,40% 0,00% 2,00% 4,00% 6,00% 8,00% 10,00% 12,00% 14,00% Interaktion mit Lehrer 1 Interaktion mit Lehrer 2
Zusammenfassung Die Schülerinnen und Schüler zeigen insgesamt positive Kompetenzentwicklungen Diese Leistungszuwächse fallen im Lesen und im Rechtschreiben markanter aus als in Mathematik. Diese Leistungszuwächse zeigen sich in allen Leistungsgruppen. Die Unterrichtsbeobachtungen zeigen, dass Lehrerinnen und Lehrer gleich häufig mit Kindern aus den unterschiedlichen Leistungsgruppen interagieren. Findet Team Teaching statt, so interagiert die zweite Lehrkraft vorwiegend mit den leistungsschwächeren Kindern.
Kontakt Prof. Dr. Nadine Spörer Universität Potsdam Profilbereich Bildungswissenschaften Professur für Psychologische Grundschulpädagogik Karl Liebknecht Str. 24 25 D 14476 Potsdam