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Arbeitsmedizinische Vorsorge und Eignungsuntersuchungen Ausgewählte Themen aus diesen Bereichen Sicherheitsfachkräfte-Tagung 22./23. Oktober 2014 BG RCI

Was ist arbeitsmedizinische Vorsorge? ie dient im Wesentlichen der Gesunderhaltung der Belegschaft iel: Verhinderung und Verhütung arbeitsbedingter Erkrankungen (einschl. erufskrankheiten) rhalt der Beschäftigungsfähigkeit ortentwicklung des betrieblichen Gesundheitsschutzes ufklärung/beratung über gesundheitsbewusstes Verhalten bei gefährdenden Tätigkeiten

Wo ist die arbeitsm. Vorsorge geregelt? esentliche Kernvorschrift ist die Verordnung zur arbeitsmedizinischen orsorge (ArbMedVV) eiterhin: ergrecht (z. B. GesBergV, KlimaBergV, FlsBergV) tomrecht (StrlSchV, RöV) rbeitszeitrecht (ArbZG, Offshore-ArbZV) ruckluftverordnung

ArbMedVV eit dem 24.12.2008 in Kraft armonisierung auf dem Gebiet des Arbeitsschutzrechtes in Bezug auf Untersuchungen edaktionelle Änderungen (Gefahrstoffe) 2010 ufnahme künstlicher optischer Strahlung 2010 ovellierung 2013 Synopse alt-neu: www.sicherheitsrecht-bayern.de/novellierung-arbmedvv) echtliche Einbettung: rmächtigungsgrundlage: ArbSchG ( 18, 19 ArbSchG) erordnung der Bundesregierung (federführend: Bundesministerium für Arbeit und Soziales MAS)

ArbMedVV rundrechtsrelevanz: erufsfreiheit Art. 12 GG (Deutschengrundrecht) echt auf informationelle Selbstbestimmung (Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG) echt auf körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG)

Novellierungsnotwendigkeit ArbMedVV 2013 eue Vorsorgeanlässe (Muskel-Skelett-Erkrankungen) Wesentlichen aber: Klarstellungen!

Novellierungsnotwendigkeit ArbMedVV 2013 larstellungsbedarf: uss sich ein Beschäftigter untersuchen lassen? as passiert bei gesundheitlichen Bedenken? ie verhält es sich mit der ärztlichen Schweigepflicht?

Eignungsaspekte ignung und die ArbMedVV ie arbeitsmedizinische Vorsorge nach der ArbMedVV umfasst nicht den Nachweis der ignung! ignungsuntersuchungen bedürfe einer Rechtsgrundlage außerhalb der ArbMedVV ignungsuntersuchungen sind kein rechtsfreier Raum! rennungsgebot von Eignung und Vorsorge ( 3 Abs. 3 Satz 2 ArbMedVV)

Eignungsaspekte bgrenzungsversuch von Eignung und Vorsorge: ragestellung bei der Vorsorge: Kann für den Beschäftigten aus der zugrundeliegenden Tätigkeit eine arbeitsbedingte rkrankung resultieren? as Arbeitsschutzrecht schützt vom Grundsatz her den Menschen so wie er ist ignung: bklärung eines gewünschten Personenbildes mit der Wirklichkeit

Eignungsaspekte esentliche Diskussionen seit dem 31.10.2013 egfall der Beurteilung bei Pflichtuntersuchungen roblem: eine klare Differenzierung zwischen Eignung und Vorsorge ehlen klarer Rechtsgrundlagen

Eignungsaspekte atenschutzrechtliche und arbeitsrechtliche Problematik: atenschutzrecht: Verbot mit Erlaubnisvorbehalt rhebung, Verarbeitung und Nutzung von personenbezogenen Daten ist nur zulässig, soweit as Datenschutzgesetz oder eine andere Rechtsvorschrift dies erlaubt oder anordnet oder er Betroffene eingewilligt hat (vgl. 4 Abs. 1 BDSG) rbeitsrecht: etrifft im Wesentlichen die Fragestellung, ob der Beschäftigte verpflichtet ist, an den forderten Untersuchungen teilzunehmen

nproblematische Fälle (rechtliche Vorschriften): eispiele für Rechtsvorschriften, welche eine Eignungsuntersuchung einfordern: ahrerlaubnisverordnung ( 11 ff FeV) riebfahrzeugführerscheinverordnung ( 5 TfV) efahrstoffverordnung (Nr. 3.4 Abs. 5, Nr. 4.3.1 Abs. 2 Anhang I GefStoffV) eearbeitsgesetz ( 11 ff SeeArbG) erweigert ein Beschäftigter diesbezügliche Untersuchungen, so führt dies im Ergebnis dazu, ass der Arbeitgeber ihn nicht beschäftigen darf. Die arbeitsvertraglich (dienstrechtlich) schuldete Leistung kann dann nicht erbracht werden.

roblematisch: Eignungsvorbehalte 7 ArbSchG (Übertragung von Aufgaben) Bei der Übertragung von Aufgaben auf Beschäftigte hat der Arbeitgeber je nach Art der ätigkeit zu berücksichtigen, ob die Beschäftigten befähigt sind, die für die Sicherheit und den Gesundheitsschutz bei der Aufgabenerfüllung zu beachtenden Bestimmungen und Maßnahmen einzuhalten

Problematisch: Eignungsvorbehalte Weitere Eignungsvorbehalte (Beispiele) 3 LasthandhabV Nr. 3.1 Anhang 2 BetrSichV Art. 6 Abs. 3 Satz 2 BayFwG (hier ist allerdings die Möglichkeit eines ärztlichen Gutachtens bennannt) 35 Abs. 1 Nr. 2 BGV D29 Eignungsvorbehalte sind allerdings keine Rechtsgrundlagen für Eignungsuntersuchungen!

Relativ unstrittig: Einstellungsuntersuchungen Fragerecht des Arbeitgebers : Liegt eine Krankheit bzw. eine Beeinträchtigung des Gesundheitszustandes vor, durch die die Eignung für die vorgesehene Tätigkeit auf Dauer oder in periodisch wiederkehrenden Abständen eingeschränkt ist Liegen ansteckende Krankheiten vor, die zwar nicht die Leistungsfähigkeit beeinträchtigen, jedoch die zukünftigen Kollegen oder Kunden gefährden Ist zum Zeitpunkt des Dienstantritts/Arbeitsantritts bzw. in absehbarer Zeit mit einer Arbeitsunfähigkeit zu rechnen, z. B. durch eine geplante Operation, eine bewilligte Kur oder auch durch eine zur Zeit bestehende akute Erkrankung

Relativ unstrittig: Einstellungsuntersuchungen Allerdings haben sich diese Untersuchungen nach der konkreten Tätigkeit zu richten Blutentnahmen für Bürosachbearbeiter sind daher in aller Regel nicht gerechtfertigt!

Problem: Untersuchungen während dem Beschäftigungsverhältnis! Aufgrund des Fehlens spezifischer Rechtsvorschriften (abgesehen von den wenigen rechtlichen Ausnahmen, z. B. FeV) kann eine Verpflichtung zur Untersuchung nur arbeitsrechtlich/dienstrechtlich abgeleitet werden Erschwert wird die Diskussion durch die unterschiedlichen Auffassungen des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales und der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung

Problem: Untersuchungen während dem Beschäftigungsverhältnis! Zulässig sind ärztliche Eignungsuntersuchungen während des Beschäftigungsverhältnis aus besonderem Anlass Dies ergibt sich aus der Treuepflicht des Arbeitnehmers 242 BGB Das eigentliche Problem bilden also die anlasslosen routinemäßigen Eignungsuntersuchungen (z. B nach dem DGUV-Grundsatz G25 )

Auffassung der DGUV: Anlasslose routinemäßige Untersuchungen können auf einer arbeitsrechtlichen Basis (z. B. Betriebsvereinbarung) beruhen

Auffassung des BMAS: Weder ein Arbeitsvertrag noch eine Betriebsvereinbarung können anlasslose routinemäßige ärztliche Untersuchungen begründen

Problem: Betriebsvereinbarung Es ist obergerichtlich noch nicht geklärt, ob eine Betriebsvereinbarung eine Rechtsgrundlage für routinemäßige regelmäßige ärztliche Untersuchungen darstellen kann 75 BetrVG setzt die Grenzen einer BV im Hinblick auf das Persönlichkeitsrecht des Beschäftigten Fraglich ist, ob eine BV geltendes Recht (z. B. Datenschutzrecht) zu Ungunsten der Arbeitnehmer abändern kann

Argumente für eine Betriebsvereinbarung als Rechtsgrundlage Es ist obergerichtlich anerkannt, dass mittels einer Betriebsvereinbarung Belange des Beschäftigtendatenschutzes geregelt werden können (so jüngst wieder: BAG v. 15.04.2014 1 ABR 2/13) Betriebsvereinbarungen haben eine normative Wirkung ( 77 IV BetrVG) Betriebsvereinbarungen sind als andere Rechtsvorschrift im Sinne des 4 I BDSG anerkannt Unter Wahrung der Verhältnismäßigkeit (im Sinne des BAG) kann auch keine große Verletzung des 75 BetrVG vorliegen Auch die ArbMedVV erkennt wohl das Bestehen von kollektivrechtlichen Untersuchungsregelungen an (vgl. 2 I Nr. 5 ArbMedVV)

Argumente gegen eine Betriebsvereinbarung als Rechtsgrundlage Man könnte 75 II BetrVG auch so lesen, dass aufgrund der geforderten Achtung des Persönlichkeitsrechts der Arbeitnehmer Untersuchungen grundsätzlich kein Regelungsgegenstand einer Betriebsvereinbarung sein können Man kann auch die Meinung vertreten, dass aufgrund des notwendigen Interessenausgleichs eine Betriebsvereinbarung keine Sachverhalte regeln kann, die nicht eh schon rechtlich durch Gesetz oder Rechtsverordnung geregelt sind oder nicht eh schon unter die Treuepflicht fallen Sieht man in einer ärztlichen Untersuchung eine Arbeitsbedingung könnte eine Sperrwirkung aufgrund der Tarifüblichkeit (nach 77 III BetrVG) eintreten

Es sprechen wohl mehr Gründe für die Anerkennung einer Betriebsvereinbarung als Rechtsgrundlage für routinemäßige, regelmäßige Eignungsuntersuchungen Entscheidend ist die Wahrung der Verhältnismäßigkeit! Die ärztliche Untersuchung muss sich daher immer an der konkret durchzuführenden Tätigkeit ausrichten! Der Arzt darf somit nicht ohne jede Einschränkung Untersuchungen vornehmen, die er oder der Arbeitgeber für sachdienlich hält (BAG v. 12.08.1999 2 AZR 55/99) Arbeitnehmer muss das Ergebnis einer ärztlichen Eignungsuntersuchung auch nicht hinnehmen, es ist im gerichtlichen Verfahren vollumfänglich nachprüfbar (BAG v. 27.09.2012 2 AZR 811/11)

Tarifverträge Auch Tarifverträge können eine Rechtsgrundlage für Eignungsuntersuchungen darstellen Tarifverträge haben eine normative Wirkung ( 4 I TVG) Beispiel: 3 Abs. 4 TVöD Der Arbeitgeber ist bei begründeter Veranlassung berechtigt, die/den Beschäftigte/n zu verpflichten, durch ärztliche Bescheinigung nachzuweisen, dass sie/er zur Leistung der arbeitsvertraglich geschuldeten Tätigkeit in der Lage ist. Bei der beauftragten Ärztin/dem beauftragten Arzt kann es sich um eine Betriebsärztin/einen Betriebsarzt handeln, soweit sich die Betriebsparteien nicht auf eine andere Ärztin/einen anderen Arzt geeinigt haben. Die Kosten dieser Untersuchung trägt der Arbeitgeber.

Prüfung der Verhältnismäßigkeit: Geeignetheit Ärztliche Untersuchungen sind dann geeignet, wenn sie den erstrebten Erfolg (hier: Überprüfung der Eignung) zumindest fördern Erforderlichkeit Eine ärztliche Untersuchung ist dann erforderlich, wenn kein milderes und gleich wirksames Mittel zur Verfügung steht, die gesundheitliche Eignung des Beschäftigten festzustellen Angemessenheit Eine Untersuchung ist dann angemessen, wenn der Nachteil für den Beschäftigten (Preisgabe seiner Gesundheitsdaten) zu dem angestrebten Zweck (Prüfung der Eignung durch den Arbeitgeber) in keinem unvernünftigen Verhältnis zueinander stehen. Je gravierender der Eingriff, desto gewichtiger muss auch der Zweck der Eignungsprüfung sein

Arbeitsvertrag als Rechtsgrundlage Arbeitsvertrag hat keine normative Wirkung wie eine Betriebsvereinbarung oder ein Tarifvertrag Ein Arbeitsvertrag ist keine sonstige Rechtsvorschrift im Sinne des Datenschutzrechtes Ggf. könnte im Arbeitsvertrag eine Verpflichtung aufgenommen werden, regelmäßig für ärztliche Untersuchung eine datenschutzrechtliche Einwilligung zu erteilen Aber: unangemessene Benachteiligung nach 307 BGB!! Es widerspricht dem Grundsatz der Widerrufbarkeit der Einwilligung Problematisch: Anerkennung einer schuldrechtlichen Selbstverpflichtung

Datenweitergabe (Untersuchungsergebnis) Oft findet sich der Satz, dass bereits in der Teilnahme eine konkludente Einwilligung zu sehen ist Das Datenschutzrecht verlangt aber ausdrücklich die Schriftform (z. B. 4a BDSG) Die Hinweise auf die konkludente Einwilligung beziehen sich alle auf das Strafrecht ( 203 StGB) Beste Lösung: Arzt gibt dem Beschäftigten das Ergebnis mit/schickt es ihm zu, damit dieser es dem Arbeitgeber weiterleiten kann

Fragen? Kontakt Aligbe Sicherheitsrecht Patrick Aligbe arbeitsschutz@sicherheitsrecht-bayern.de