Für die Produktion dieser Äußerung müssen unter anderen folgende syntaktische Schemata bzw. Schemastrukturen instanziert werden:

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Transkript:

8.2 Operationen zur Produktion eines einfachen Satzes Im Folgenden soll die Instanzierung einiger wichtiger syntaktischer Schemata beschrieben werden, die häufig an der Produktion eines einfachen spanischen Satzes beteiligt sind. Betrachten wir beispielsweise folgende aus unserer Transkription stammende Äußerung: Los alemanes casi nunca toman té (vgl. Zeilen 55 C bis 57 C) Für die Produktion dieser Äußerung müssen unter anderen folgende syntaktische Schemata bzw. Schemastrukturen instanziert werden: 1. Die Schemastruktur für ein direktes Objekt. Diese Schemastruktur dient der Relationierung zwischen tomar und té. Ihre formalen Eigenschaften kann man folgendermaßen graphisch darstellen (vgl. dazu oben Kap. 5.4): Abb. 44: Schemastruktur für direktes Objekt. Angesichts der Tatsache, dass die Schemastruktur für ein direktes Objekt aus zwei unterschiedlichen einzelnen syntaktischen Schemata besteht, nämlich aus einem P-SCHEMA und aus einem K- SCHEMA, stellt sich die Frage, ob für die Instanzierung dieser Schemastruktur auch zwei unterschiedliche Operationen bzw. zwei unterschiedliche Mustererkennungsprozesse durchgeführt werden, oder aber ob eine einzige Operation sowohl das P-SCHEMA als auch das K- SCHEMA instanzieren kann. Zwei Gründe sprechen eher für die erste Möglichkeit. Der erste besteht darin, dass beide Schemata auch unabhängig voneinander verwendet werden können. Wie oben in Kapitel 5.5 bemerkt wurde, macht etwa die Produktion eines Adjunkts die Instanzierung eines P-SCHEMAS, nicht aber die eines K-SCHEMAS erforderlich. Der zweite Grund liegt darin, dass die Instanzierung eines K-SCHEMAS als Teil einer Schemastruktur für ein direktes 264

Objekt (und im Allgemeinen als Bestandteil der Schemastruktur für jedes Komplement welcher Art auch immer (vgl. dazu oben Kap. 5.5)) die Instanzierung eines P-SCHEMAS bereits voraus- 207 setzt. Es ist also davon auszugehen, dass eine erste Operation bzw. ein erster Mustererken- nungsprozess auf den Kopf der Phrase fokussiert und nach einem Komplement, also nach einem Ausdruck sucht, mit dem der Kopf durch ein P-SCHEMA verbunden werden kann. Die zweite Operation wird dann auf das Komplement fokussieren und nach einem lexikalischen Item suchen, mit dem das Komplement durch ein K-SCHEMA verknüpft werden kann. Beide Operationen wurden oben im vorangegangenen Kapitel 8.1 mit Hilfe von Operatoren beschrieben (vgl oben unter (77) und Abbildung 43). Im Folgenden sollen sie nach (80) als Mustererkennungsprozesse und die durch diese hervorgebrachten Aktivierungsmuster dargestellt werden: Abb. 45: Instanzierung eines P-SCHEMAS als Bestandteil der Schemastruktur für ein direktes Objekt. Tr steht für trajector, Lm1 für primäres landmark, Lm2 für sekundäres landmark, Prot. Er. für prototypisches Ereignismodell, Seq. Sca. für sequenzielles Scannen und Konz. Grup. für die Fähigkeit zur konzeptuellen Gruppierung. 207 Vgl. zu diesem Sachverhalt oben Kapitel 5.4. 265

.. Abb. 46: Instanzierung eines K-SCHEMAS als Bestandteil der Schemastruktur für ein direktes Objekt. 208 Die erfolgreiche Instanzierung der Schemastruktur für ein direktes Objekt erfordert, dass die unterdeterminierten Anteile des P-SCHEMAS und des K-SCHEMAS (in den Abbildungen 46 und 47 sind diese Anteile durch die Variablen x und y gekennzeichnet) von den gleichen Ausdrücken spezifiziert werden (in unserem Beispiel durch das Verb tomar und den nominalen Ausdruck té). Man kann auch sagen, dass diese Schemata - bzw. die Muster, die sie kodieren - über ein überlappendes, gemeinsames Aktivierungsmuster auf der ersten der oben in (82) explizierten Ebenen verfügen müssen. 2. Kopfschemata (vgl. dazu oben Kap. 5.8.2 und 5.8.3). Das Kopfschema etabliert eine der zu 208 Beide Abbildungen 45 und 46 bedienen sich einer etwas vereinfachten Darstellungsweise für die Exemplare der dargestellten Kategorien, also für die Ausdrücke tomar und té. Die miteinander verbundenen Kreisen stehen für (hier nicht weiter spezifizierte) Einheiten, die für diese beiden Ausdrücke konstitutive (sub)konzeptuelle Merkmale kodieren. In einer detaillierteren Darstellung der Exemplare einer jeder Kategorie müsste jede dieser Einheiten mit allen anderen verknüpft sein. 266

integrierenden Kategorien bzw. das konkret vorliegende Exemplar einer der Kategorien als konzeptuellen Kern der Gesamteinheit. In unserem obigen Beispiel wird ein Kopfschema unter anderem bei der Integration der Bestandteile der NP [Det + N] (los alemanes), bei der Integration des Verbs mit dem Adjunkt (casi nunca) und des Verbs mit seinem Objekt instanziert. Betrachten wir im Folgenden diesen letzten Fall. Abb. 46: Instanzierung eines KOPF-SCHEMAS. Dabei ist [x y]> A (Profil x Profil y) folgendermaßen zu lesen: aus der Integration von x und y resultiert eine zusammengesetzte Einheit, die als deren eigener Profiltyp entweder den Profiltyp von x oder den Profiltyp von y übernimmt. Analog dazu ist [x y]> A (xkopf ykopf) so zu lesen, dass aus der Integration von x und y eine zusammengesetzte Einheit resultiert, die entweder x oder y als deren Kopf hat. Die Integration des Verbs tomar und des nominalen Ausdrucks té führt zu einer zusammengesetzten Gesamteinheit mit verbalem Charakter. Da kraft Profildeterminanz eine der beiden zu integrierenden Einheiten - nämlich das Verb - zum konzeptuellen Kern der Gesamteinheit wird, erfordert die Integration die Instanzierung des KOPF-SCHEMAS. 267

3. Betrachten wir schließlich die Instanzierung der Schemastruktur der Subjekt-Verb- Relation (vgl. dazu oben Kap. 5.7.1). Es handelt sich dabei um eine ziemlich komplexe Schemastruktur, die einerseits zur Relationierung des Verbstamms mit (meist morphologisch realisierten) Spezifizierern, die den Verbstamm in Bezug auf Parameter wie Person, Numerus, Tempus, Modus etc. bestimmen, und anderseits zur Relationierung des Verbstamms und diesen Spezifizierern mit einem offen realisierten Subjekt - falls vorhanden - dienen. In unserem obigen Beispiel relationiert sie den Verbstamm tomar mit den durch das Verbsuffix -an markierten Spezifizierungen (3. Pers., Pl., Präsens, Indikativ, Aktiv). Die formalen Eigenschaften dieser Schemastruktur kann man folgendermaßen graphisch darstellen (vgl. im Einzelnen dazu oben Kap. 5.7.1): Abb. 48: Schemastruktur der Subjekt-Verb Relation. Betrachten wir zunächst die Instanzierung der Schemata, die zur Integration von Spezifizierer und Verb dienen. Diese reduzierte Schemastruktur wird zur Produktion von NullsubjektÄußerungen instanziert. 268

Abb. 49: Instanzierung eines R-SCHEMAS als Bestandteil der Schemastruktur zwischen Subjekt und Verb. Die Referenz des trajectors des Verbs tomar wird durch den morphologisch realisierten Spezifizierer -an hinsichtlich der Parameter Person und Numerus so spezifiziert, dass es sich dabei um eine Entität handeln muss, der die Eigenschaften dritte Person und Plural zugesprochen werden können. Es handelt sich also um eine Referenzdependenzrelation, welche die Instanzierung eines R-SCHEMAS erfordert. Wie oben im Kapitel 5.7 dargelegt wurde, zeichnet sich Spezifikation allerdings zusätzlich durch eine entgegengesetzte Dependenzrelation aus, also des Spezifizierers vom spezifizierten Ausdruck, nämlich eine Sinndependenzrelation (vgl. dazu oben Kap. 5.6; für Sinndependenzrelationen im Falle von Spezifizieren vgl. auch oben Kap. 5.7. und 5.7.1). Die Integration zwischen Verbstamm und Spezifizierer macht folglich auch die Instanzierung eines S-SCHEMAS erforderlich: 269

Abb. 50: Instanzierung eines S-SCHEMAS als Bestandteil der Schemastruktur zwischen Subjekt und Verb. Wie andere Spezifizierer auch hat -an keinen eigenen, konstanten Sinn in dem in Kapitel 5.6 der vorliegenden Arbeit explizierten Sinne. Seinen Sinn wird vielmehr von dem Verb determiniert, an das es angefügt wird. Die Integration von tomar und -an erfordert somit die Instanzierung eines S-SCHEMAS, das dieses Verbsuffix an den Verbstamm bindet. Die Produktion von Äußerungen mit einem offen realisierten Subjekt bedürfen zusätzlich zu den in den Abbildungen 49 und 50 dargestellten Instanzierungen der Instanzierung von weiteren Schemata, die das explizite Subjekt mit Verbstamm und Spezifizierern integrieren. In unserem obigen Beispiel elaboriert das explizite Subjekt los alemanes sowohl den trajector des Verbs tomar als auch die nur schematische Referenz des Spezifizierers -an auf eine Entität mit den Merkmalen 3. Person und Plural. Die Produktion der Schemastruktur für die Subjektrelation in dieser Äußerung erfordert also die Instanzierung von zwei P-SCHEMATA: das erste 270

zur Integration des Verbs tomar mit der NP los alemanes und das zweite zur Integration dieses Verbs mit dem Spezifizierer -an. Da außerdem das Vorhandensein eines konjugierten, d.h. spezifizierten Verbs in der Regel Bedingung für die Produktion eines expliziten Subjekts ist, muß ein K-SCHEMA instanziert werden, das die NP los alemanes an den Spezifizierer -an bindet.. 271

Abb. 53: Instanzierung eines K-SCHMEMAS zwischen explizitem Subjekt und Spezifizierer. 272