Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (SGB IX) Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen



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Transkript:

AOK-Bundesverband, Bonn Bundesverband der Betriebskrankenkassen, Essen IKK-Bundesverband, Bergisch Gladbach Bundesverband der landw. Krankenkassen, Kassel Bundesknappschaft, Bochum See-Krankenkasse, Hamburg Verband der Angestellten-Krankenkassen e. V., Siegburg AEV Arbeiter-Ersatzkassen-Verband e. V., Siegburg Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (SGB IX) Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen Gemeinsames Rundschreiben zu Auswirkungen in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 18. Juni 2001 Vorwort Zum 1. Juli 2001 tritt das SGB IX in Kraft, mit dem die Selbstbestimmung und gleichberechtigte gesellschaftliche Teilhabe behinderter und von Behinderung bedrohter Menschen gefördert werden soll. Im SGB IX wird das Rehabilitationsrecht für diesen Personenkreis weiterentwickelt und zusammengefasst. Mit Inkrafttreten des SGB IX werden das Schwerbehindertengesetz und das Gesetz über die Angleichung der Leistungen zur Rehabilitation aufgehoben. Darüber hinaus werden die Träger der Sozialhilfe und der öffentlichen Jugendhilfe in den Kreis der Rehabilitationsträger - unter Berücksichtigung ihrer jeweiligen Besonderheiten - aufgenommen. Auf die Bedürftigkeitsprüfung bei Leistungen der Sozialhilfeträger zur medizinischen Rehabilitation, bei Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben einschließlich der Leistungen im Arbeitsbereich anerkannten Werkstätten für Menschen mit Behinderungen wird verzichtet. Für die gesetzliche Krankenversicherung sind insbesondere folgende Änderungen relevant: H H H Einführung eines neuen Zuständigkeitsklärungsverfahrens, Einrichtung von Servicestellen, verstärkte Verpflichtung zur Zusammenarbeit von Leistungsträgern, Leistungserbringern und Leistungsempfängern,

H H H H H H Verpflichtung der Rehabilitationsträger zum Abschluss gemeinsamer Empfehlungen. Abstimmung der Qualitätssicherung durch die Rehabilitationsträger, Harmonisierung von Leistungen (z. B. Reisekosten), Erweiterung der Leistungen (z. B. Kinderbetreuungskosten, Rehabilitationssport und Funktionstraining), Modellvorhaben zur Erbringung von Leistungen in Form eines persönlichen Budgets, Möglichkeit für hörbehinderte Menschen, im Verkehr mit Sozialleistungsträgern und bei der Ausführung von Sozialleistungen Gebärdensprache zu verwenden. Die Spitzenverbände der Krankenkassen geben mit diesem Rundschreiben erste Umsetzungshinweise für eine einheitliche Rechtsanwendung in der Praxis der gesetzlichen Krankenversicherung. In den regelmäßigen Besprechungen der Spitzenverbände der Krankenkassen untereinander, mit den anderen Rehabilitationsträgern sowie mit den Pflegekassen werden in der Praxis auftretende Probleme sowie offen gebliebene Fragen zu den Neuregelungen geklärt. 2

Inhaltsverzeichnis Seite Artikel 1 Sozialgesetzbuch (SGB) Neuntes Buch (IX) - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen - Teil 1. Regelungen für behinderte und von Behinderung bedrohte Menschen Kapitel 1. Allgemeine Regelungen 5 Kapitel 2. Ausführung von Leistungen zur Teilhabe 45 Kapitel 3. Gemeinsame Servicestellen 57 Kapitel 4. Leistungen zur medizinischen Rehabilitation 66 Kapitel 6. Unterhaltssichernde und andere ergänzende Leistungen 78 Artikel 2 Änderung des Ersten Buches Sozialgesetzbuch 109 Artikel 3 Änderung des Dritten Buches Sozialgesetzbuch 113 Artikel 5 Änderung des Fünften Buches Sozialgesetzbuch 115 Artikel 7 Änderung des Siebten Buches Sozialgesetzbuch 154 Artikel 9 Änderung des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch 157 Artikel 10 Änderung des Elften Buches Sozialgesetzbuch 160 3

Artikel 15 Änderung des Bundessozialhilfegesetzes 182 Artikel 38 Änderung des Entgeltfortzahlungsgesetzes 184 Artikel 45 Änderung des Zweiten Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte 186 4

Artikel 1 Sozialgesetzbuch (SGB) Neuntes Buch (IX) Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen Kapitel 1 Allgemeine Regelungen Selbstbestimmung und Teilhabe am Leben in der Gesellschaft 1 Selbstbestimmung und Teilhabe am Leben in der Gesellschaft Behinderte oder von Behinderung bedrohte Menschen erhalten Leistungen nach diesem Buch und den für die Rehabilitationsträger geltenden Leistungsgesetzen, um ihre Selbstbestimmung und gleichberechtigte Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu fördern, Benachteiligungen zu vermeiden oder ihnen entgegenzuwirken. Dabei wird den besonderen Bedürfnissen behinderter und von Behinderung bedrohter Frauen und Kinder Rechnung getragen. Die Vorschrift formuliert die Ziele des Neunten Buches im Rahmen des Sozialgesetzbuchs. Vorangestellt und hervorgehoben wird das Ziel, Selbstbestimmung und gleichberechtigte Teilhabe behinderter und von Behinderung bedrohter Menschen am Leben in der Gesellschaft und am Arbeitsleben durch besondere Sozialleistungen (Leistungen zur Teilhabe - vgl. 5 SGB IX) zu fördern. Dabei sollen so weitgehend wie immer möglich die eigenen Fähigkeiten zur Selbstbestimmung und damit auch zur Selbsthilfe gestärkt, unterstützt und eine möglichst selbständige Lebensführung ermöglicht werden. Als Leistungen der Krankenversicherung kommen zur Erreichung dieser Zielsetzung Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und unterhaltssichernde sowie ergänzende Leistungen in Betracht. Satz 2 stellt klar, dass den Bedürfnissen behinderter und von Behinderung bedrohter Frauen, beispielsweise aufgrund von Erziehungsaufgaben und anderen 5

Familienpflichten, in besonderer Weise Rechnung zu tragen ist; entsprechendes gilt auch für die besonderen Bedürfnisse von Kindern. 6

Behinderung 2 Behinderung (1) Menschen sind behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Sie sind von Behinderung bedroht, wenn die Beeinträchtigung zu erwarten ist. (2) Menschen sind im Sinne des Teils 2 schwerbehindert, wenn bei ihnen ein Grad der Behinderung von wenigstens 50 vorliegt und sie ihren Wohnsitz, ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder ihre Beschäftigung auf einem Arbeitsplatz im Sinne des 73 rechtmäßig im Geltungsbereich dieses Gesetzbuches haben. (3) Schwerbehinderten Menschen gleichgestellt werden sollen behinderte Menschen mit einem Grad der Behinderung von weniger als 50, aber wenigstens 30, bei denen die übrigen Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen, wenn sie infolge ihrer Behinderung ohne die Gleichstellung einen geeigneten Arbeitsplatz im Sinne des 73 nicht erlangen oder nicht behalten können (gleichgestellte behinderte Menschen). Die Vorschrift begründet keine unmittelbaren Leistungsansprüche, sondern definiert die Begriffe Behinderung und Schwerbehinderung. Mit den Begriffsbestimmungen wird der Personenkreis festgelegt, für den die in 1 umschriebenen Ziele und damit die Regelungen des SGB IX insgesamt von Bedeutung sind. 2 Personenkreis des SGB IX Behinderte und von Behinderung Bedrohte zählen zu dem Personenkreis des SGB IX. 7

Darüber hinaus enthält das SGB IX, anstelle des bisherigen Schwerbehindertengesetzes, Regelungen speziell für Schwerbehinderte und ihnen gleichgestellte Menschen. 3 Begriffsdefinitionen Bei der Begriffsbestimmung im Absatz 1 Satz 1 orientiert sich der Gesetzgeber an der im Rahmen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) weiterentwickelten Fassung der "Internationalen Klassifikation der Schädigungen, Fähigkeitsstörungen und Beeinträchtigungen" (ICIDH-1), nämlich der "Internationalen Klassifikation der Funktionsfähigkeit und Behinderung" (ICIDH-2), die derzeit noch nicht offiziell Anwendung findet. Die ICIDH-2 erfasst im Unterschied zur ICIDH-1 nicht nur die negativen Aspekte der Gesundheit i.s. von Schädigungen, Aktivitätseinschränkungen und Partizipationsstörungen. Sie berücksichtigt auch die positiven Aspekte, d. h. die Ressourcen. Dies erfolgt durch Beurteilung der Kontextfaktoren als Gesamtheit der umwelt- und personenbezogenen Faktoren. Trotz der Neuerungen ist es möglich, die von der ICIDH-1 her bekannten Begriffe weiter zu verwenden. So entsprechen die "Fähigkeitsstörungen" den "Aktivitätseinschränkungen" und die "Beeinträchtigungen" den "Partizipationsstörungen". Beispiel zur Begriffsdefinition: ICIDH 1 ICIDH 2 Beispiel Krankheit Krankheit Diabetes mellitus, Diabetischer Fuß Schädigung Körperstruktur- Unterschenkelamputation und/oder Funktionsschädigung Fähigkeitsstörung Aktivitätseinschränkung Einschränkung in der Fortbewegung (z.b. der Gehfähigkeit) Beeinträchtigung Partizipationsstörung Einschränkung im sozialen Bereich, evt. drohende Pflegebedürftigkeit, bei Erwerbstätigen drohende Erwerbsminderung 8

Als Maßstab für die Beurteilung einer Behinderung wird die Abweichung von dem für "das jeweilige Lebensalter typischen Zustand" herangezogen. Hierunter ist der Verlust oder die Störung von normalerweise (in diesem Lebensalter) vorhandenen körperlichen Funktionen, geistigen Fähigkeiten oder seelischen Gesundheit zu verstehen. Eine Behinderung droht, wenn die körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit eines Menschen mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht, eine Beeinträchtigung am Leben in der Gesellschaft noch nicht eingetreten, aber zu erwarten ist. Die Definition der schwerbehinderten Menschen in Absatz 2 baut auf Absatz 1 auf, stellt jedoch zusätzlich auf eine erhebliche Schwere der Behinderung ab. Diese ist für die gesetzliche Krankenversicherung nicht von Bedeutung. 4 Feststellung einer Behinderung oder einer drohenden Behinderung Ob eine Behinderung oder eine drohende Behinderung vorliegt, wird individuell bei der Entscheidung über die Leistungen und sonstigen Hilfen, die aufgrund der (drohenden) Behinderung erbracht werden, durch den zuständigen Rehabilitationsträger festgestellt. Für die Feststellung der Rehabilitationsbedürftigkeit durch die Krankenkassen ergeben sich keine Änderungen. Eine förmliche Feststellung der Behinderung und ihres Grades ist nach 69 SGB IX nur für die besonderen Hilfen zur Eingliederung Schwerbehinderter ins Arbeitsleben und für die Nachteilsausgleiche nach dem Zweiten Teil des SGB IX von Bedeutung also für den Personenkreis nach Absatz 2 und 3. Sie hat für die gesetzliche Krankenversicherung keine Relevanz. 9

Vorrang von Prävention 3 Vorrang von Prävention Die Rehabilitationsträger wirken darauf hin, dass der Eintritt einer Behinderung einschließlich einer chronischen Krankheit vermieden wird. Die Vorschrift knüpft an die in 1 SGB IX genannten Ziele an und verdeutlicht, dass im Interesse dieser Ziele, soweit möglich, der Eintritt von Behinderungen und chronischen Krankheiten vermieden werden muss. Die Vorschrift hat deklaratorische Bedeutung. Inwieweit Rehabilitationsträger Präventionsleistungen zu erbringen haben, ergibt sich aus den jeweiligen Leistungsgesetzen. Näheres wird gem. 13 Abs. 1 SGB IX in gemeinsamen Empfehlungen der Rehabilitationsträger (gesetzliche Krankenkassen, Bundesanstalt für Arbeit, Träger der gesetzlichen Unfall- und Rentenversicherung sowie die Träger der Kriegsopferversorgung und -fürsorge) vereinbart. 10

Leistungen zur Teilhabe 4 Leistungen zur Teilhabe (1) Die Leistungen zur Teilhabe umfassen die notwendigen Sozialleistungen, um unabhängig von der Ursache der Behinderung 1. die Behinderung abzuwenden, zu beseitigen, zu mindern, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder ihre Folgen zu mildern, 2. Einschränkungen der Erwerbsfähigkeit oder Pflegebedürftigkeit zu vermeiden, zu überwinden, zu mindern oder eine Verschlimmerung zu verhüten sowie den vorzeitigen Bezug anderer Sozialleistungen zu vermeiden oder laufende Sozialleistungen zu mindern, 3. die Teilhabe am Arbeitsleben entsprechend den Neigungen und Fähigkeiten dauerhaft zu sichern oder 4. die persönliche Entwicklung ganzheitlich zu fördern und die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft sowie eine möglichst selbständige und selbstbestimmte Lebensführung zu ermöglichen oder zu erleichtern. (2) Die Leistungen zur Teilhabe werden zur Erreichung der in Absatz 1 genannten Ziele nach Maßgabe dieses Buches und der für die zuständigen Leistungsträger geltenden besonderen Vorschriften neben anderen Sozialleistungen erbracht. Die Leistungsträger erbringen die Leistungen im Rahmen der für sie geltenden Rechtsvorschriften nach Lage des Einzelfalls so vollständig, umfassend und in gleicher Qualität, dass Leistungen eines anderen Trägers möglichst nicht erforderlich werden. (3) Leistungen für behinderte oder von einer Behinderung bedrohte Kinder werden so geplant und gestaltet, dass nach Möglichkeit Kinder nicht von ihrem sozialen Umfeld getrennt und gemeinsam mit nicht behinderten Kindern betreut werden können. Dabei werden behinderte Kinder alters- und entwicklungsentsprechend an der Planung und Ausgestaltung der einzelnen Hilfen beteiligt und ihre Sorgeberechtigten intensiv in Planung und Gestaltung der Hilfen einbezogen. 11

Über die sonstigen Sozialleistungen, die allen Bürgern zustehen, hinaus erhalten behinderte und von Behinderung bedrohte Menschen spezielle Leistungen zur Teilhabe. In der Vorschrift werden die Ziele dieser Leistungen zur Teilhabe aufgelistet. Für diese Leistungen sind verschiedene Rehabilitationsträger zuständig. Sie erbringen die Leistungen nach den für sie jeweils geltenden Rechtsvorschriften. Die Leistungen zur Teilhabe sind Sozialleistungen, die gezielt auf die Teilhabe behinderter und von Behinderung bedrohter Menschen gerichtet sind und die daher nur insoweit eingesetzt werden müssen, als diese Ziele durch die allgemeinen Sozialleistungen nicht voll erreicht werden können. Den besonderen Bedürfnissen von Kindern ist bei der Leistungsgewährung und -erbringung Rechnung zu tragen. 12

Leistungsgruppen 5 Leistungsgruppen Zur Teilhabe werden erbracht 1. Leistungen zur medizinischen Rehabilitation, 2. Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben, 3. unterhaltssichernde und andere ergänzende Leistungen, 4. Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft. Die Vorschrift gibt einen Überblick über die verschiedenen Leistungsgruppen zur Teilhabe behinderter und von Behinderung bedrohter Menschen. Unterhaltssichernde Leistungen sind Entgeltersatzleistungen. Unter die ergänzenden Leistungen fallen u.a. Reisekosten, Haushalts- oder Betriebshilfe sowie Kinderbetreuungskosten (vgl. Kapitel 6 des SGB IX). Die Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben umfassen die bisherigen Leistungen zur beruflichen Rehabilitation. Die Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft umfassen die bisherigen Leistungen zur sozialen Rehabilitation. 13

Rehabilitationsträger 6 Rehabilitationsträger (1) Träger der Leistungen zur Teilhabe (Rehabilitationsträger) können sein 1. die gesetzlichen Krankenkassen für Leistungen nach 5 Nr. 1 und 3, 2. die Bundesanstalt für Arbeit für Leistungen nach 5 Nr. 2 und 3, 3. die Träger der gesetzlichen Unfallversicherung für Leistungen nach 5 Nr. 1 bis 4, 4. die Träger der gesetzlichen Rentenversicherung für Leistungen nach 5 Nr. 1 bis 3, die Träger der Alterssicherung der Landwirte für Leistungen nach 5 Nr. 1 und 3, 5. die Träger der Kriegsopferversorgung und die Träger der Kriegsopferfürsorge im Rahmen des Rechts der sozialen Entschädigung bei Gesundheitsschäden für Leistungen nach 5 Nr. 1 bis 4, 6. die Träger der öffentlichen Jugendhilfe für Leistungen nach 5 Nr. 1, 2 und 4, 7. die Träger der Sozialhilfe für Leistungen nach 5 Nr. 1, 2 und 4. (2) Die Rehabilitationsträger nehmen ihre Aufgaben selbständig und eigenverantwortlich wahr. Unter Berücksichtigung der nunmehr einbezogenen Träger der Sozial- und der öffentlichen Jugendhilfe werden zusammenfassend die für die Leistungen zur Teilhabe zuständigen Leistungsträger genannt und entsprechend der bisherigen Terminologie als "Rehabilitationsträger" definiert. Zugleich wird die Zuordnung unterschiedlicher Leistungsgruppen zu teilweise unterschiedlichen Trägergruppen vorgenommen. Hierdurch wird klargestellt, dass das gegliederte System der Rehabilitation im Grundsatz beibehalten werden soll. 14

2 Zuständigkeit der gesetzlichen Krankenversicherung Die gesetzliche Krankenversicherung ist zuständig für Leistungen zur medizinischen Rehabilitation (vgl. Kapitel 4 des SGB IX) sowie für unterhaltssichernde und andere ergänzende Leistungen (vgl. Kapitel 6 des SGB IX), soweit hierfür die Voraussetzungen erfüllt sind. Die Zuständigkeit der gesetzlichen Krankenversicherung richtet sich unter dem Vorbehalt des 7 SGB IX nach dem für sie geltenden Leistungsgesetz (SGB V). 15

Vorbehalt abweichender Regelungen 7 Vorbehalt abweichender Regelungen Die Vorschriften dieses Buches gelten für die Leistungen zur Teilhabe, soweit sich aus dem für den jeweiligen Rehabilitationsträger geltenden Leistungsgesetzen nichts Abweichendes ergibt. Die Zuständigkeit und die Voraussetzungen für die Leistungen zur Teilhabe richten sich nach den für den jeweiligen Rehabilitationsträger geltenden Leistungsgesetzen. Die Vorschrift verdeutlicht, dass das SGB IX unmittelbar anzuwenden ist, soweit in den für die jeweiligen Rehabilitationsträger geltenden Leistungsgesetzen nichts Abweichendes geregelt ist. Für die Krankenversicherung gilt demnach das SGB IX, wenn das SGB V keine anders lautende Aussage enthält. Hinsichtlich der Zuständigkeit und Voraussetzungen für Leistungen der Krankenversicherung gilt immer das SGB V. So kann beispielsweise Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung grundsätzlich nur erwarten, wer dort versichert ist. Beispiel: Zur Klärung der Anspruchsvoraussetzungen für Leistungen zur medizinischen Rehabilitation gilt in vollem Umfang das SGB V. Das Verfahren zur Zuständigkeitsklärung und die dabei einzuhaltenden Fristen richten sich (mit Ausnahme der Beauftragung von Sachverständigen) nach den Regelungen des 14 SGB IX, da das SGB V hierzu keine anders lautenden Aussagen enthält. Die Beauftragung von Sachverständigen ist in 275 SGB V geregelt. Die Krankenkasse hat zum Zwecke der Begutachtung den Medizinischen Dienst in Anspruch zu nehmen. 16

Vorrang von Leistungen zur Teilhabe 8 Vorrang von Leistungen zur Teilhabe (1) Werden bei einem Rehabilitationsträger Sozialleistungen wegen oder unter Berücksichtigung einer Behinderung oder einer drohenden Behinderung beantragt oder erbracht, prüft dieser unabhängig von der Entscheidung über diese Leistungen, ob Leistungen zur Teilhabe voraussichtlich erfolgreich sind. (2) Leistungen zur Teilhabe haben Vorrang vor Rentenleistungen, die bei erfolgreichen Leistungen zur Teilhabe nicht oder voraussichtlich erst zu einem späteren Zeitpunkt zu erbringen wären. Dies gilt während des Bezuges einer Rente entsprechend. (3) Absatz 1 ist auch anzuwenden, um durch Leistungen zur Teilhabe Pflegebedürftigkeit zu vermeiden, zu überwinden, zu mindern oder eine Verschlimmerung zu verhüten. Um die in 3 und 4 SGB IX genannten Ziele zu erreichen, werden die Rehabilitationsträger verpflichtet, nicht nur bei der konkreten Antragstellung auf Leistungen zur Teilhabe deren Notwendigkeit zu prüfen. Durch diese Regelung soll u.a. sichergestellt werden, dass Rehabilitationsbedürftigkeit möglichst frühzeitig erkannt wird und die erforderlichen Rehabilitationsleistungen zur Verfügung gestellt werden. 2 Prüfung der Notwendigkeit von Leistungen zur Teilhabe Bei allen Sozialleistungen, die wegen oder unter Berücksichtigung einer (drohenden) Behinderung beantragt oder erbracht werden, sollen auch die Notwendigkeit und Erfolgsaussicht von Leistungen zur Teilhabe geprüft werden. Dies gilt insbesondere auch bei Beantragung oder während des Bezuges von Pflegeleistungen oder Rentenleistungen (z.b. auch, wenn bereits Erwerbsminderungsrente gezahlt wird). 17

3 Prüfung der Notwendigkeit und Erfolgsaussicht von Rehabilitationsleistungen durch die Kranken-/Pflegeversicherung Im Bereich der Krankenversicherung/Pflegeversicherung wurde bereits vor Inkrafttreten des SGB IX regelhaft die Notwendigkeit und Erfolgsaussicht von Rehabilitationsleistungen geprüft, beispielsweise bei der Bearbeitung von Arbeitsunfähigkeitsfällen oder im Rahmen der Pflegebegutachtung. Dieses Vorgehen hat sich grundsätzlich bewährt. Darüber hinaus sind die Rehabilitationsträger nunmehr verpflichtet, diese Prüfung bei allen Sozialleistungen, die wegen oder unter Berücksichtigung einer (drohenden) Behinderung beantragt werden, regelmäßig vorzunehmen. Diese Prüfung erfolgt grundsätzlich durch die Krankenkasse/Pflegekasse. In Zweifelsfällen oder wenn wegen der beantragten Leistung (z.b. häusliche Krankenpflege, Hilfsmittel, Verlängerungsantrag zur Krankenhausbehandlung) ohnehin der Medizinische Dienst eingeschaltet wird, sollte die Notwendigkeit und Erfolgsaussicht von Leistungen zur Teilhabe geprüft und geklärt werden, ob diese Leistungen anstelle oder neben der ursprünglich beantragten Sozialleistung erforderlich sind. Mehrfachbegutachtungen durch den Medizinischen Dienst sollten vermieden werden. Daher sollte die Prüfung der Notwendigkeit und Erfolgsaussicht von Leistungen zur Teilhabe im Zusammenhang mit Anträgen auf Sozialleistungen nicht vor Ablauf von 6 Monaten wiederholt werden, wenn sich der Gesundheitszustand nicht verändert hat. 4 Zuständigkeit für die Prüfung Sofern es sich bei der beantragten Sozialleistung um eine Leistung der Krankenversicherung handelt, wird die Krankenkasse die Prüfung der Notwendigkeit und Erfolgsaussicht von Rehabilitationsleistungen vornehmen. Bei Sozialleistungen der Pflegeversicherung prüft die Pflegekasse. 18

Wunsch- und Wahlrecht der Leistungsberechtigten 9 Wunsch- und Wahlrecht der Leistungsberechtigten (1) Bei der Entscheidung über die Leistungen und bei der Ausführung der Leistungen zur Teilhabe wird berechtigten Wünschen der Leistungsberechtigten entsprochen. Dabei wird auch auf die persönliche Lebenssituation, das Alter, das Geschlecht, die Familie sowie die religiösen und weltanschaulichen Bedürfnisse der Leistungsberechtigten Rücksicht genommen; im Übrigen gilt 33 des Ersten Buches. Den besonderen Bedürfnissen behinderter Mütter und Väter bei der Erfüllung ihres Erziehungsauftrages sowie den besonderen Bedürfnissen behinderter Kinder wird Rechnung getragen. (2) Sachleistungen zur Teilhabe, die nicht in Rehabilitationseinrichtungen auszuführen sind, können auf Antrag der Leistungsberechtigten als Geldleistungen erbracht werden, wenn die Leistungen hierdurch voraussichtlich bei gleicher Wirksamkeit wirtschaftlich zumindest gleichwertig ausgeführt werden können. Für die Beurteilung der Wirksamkeit stellen die Leistungsberechtigten dem Rehabilitationsträger geeignete Unterlagen zur Verfügung. Der Rehabilitationsträger begründet durch Bescheid, wenn er den Wünschen des Leistungsberechtigten nach den Absätzen 1 und 2 nicht entspricht. (3) Leistungen, Dienste und Einrichtungen lassen den Leistungsberechtigten möglichst viel Raum zu eigenverantwortlicher Gestaltung ihrer Lebensumstände und fördern ihre Selbstbestimmung. (4) Die Leistungen zur Teilhabe bedürfen der Zustimmung der Leistungsberechtigten. In Ergänzung zu 33 SGB I verdeutlicht die Vorschrift, dass bei Auswahl und Ausführung der Leistungen zur Teilhabe berechtigte Vorstellungen/Wünsche sowie persönliche und familiäre Bedürfnisse und Gegebenheiten zu berücksichtigen sind. Damit wird einerseits dem Anspruch auf Selbstbestimmung und dem Selbst- 19

verständnis der behinderten und von Behinderung bedrohten Menschen Rechnung getragen, andererseits können die Motivation der Betroffenen und die Tragfähigkeit familiärer Bindungen wirksam zum Erfolg der Leistungen beitragen. Selbstbestimmung und Raum zur eigenverantwortlichen Gestaltung wird den Leistungsberechtigten nicht nur bei der Auswahl der Leistungen, sondern auch hinsichtlich der Ausführung dieser Leistungen eingeräumt. 2 Berechtigte Wünsche des Leistungsberechtigten Berechtigte Wünsche des Leistungsberechtigten sind bereits aufgrund 33 SGB I bei der Leistungsgewährung zu berücksichtigen. Nunmehr wird konkretisiert, dass die berechtigten Wünsche des Versicherten insbesondere auch im persönlichen/familiären Bereich begründet sein können. Auch auf religiöse und weltanschauliche Bedürfnisse ist Rücksicht zu nehmen. Die Berücksichtigung dieser Wünsche kann allerdings nur im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten erfolgen. Für Leistungen der Krankenversicherung können grundsätzlich nur Vertragspartner in Anspruch genommen werden. Für die Krankenversicherung resultieren aus der Konkretisierung der "berechtigten Wünsche" für die Leistungen zur medizinischen Rehabilitation keine Änderungen bei der Auswahl der Leistung. Nach 40 Abs. 3 und 41 Abs. 2 SGB V bestimmt die Krankenkasse nach den medizinischen Erfordernissen des Einzelfalls Art, Dauer, Umfang, Beginn und Durchführung der Leistung sowie die Vorsorge- /Rehabilitationseinrichtung nach pflichtgemäßem Ermessen. Dabei soll den Wünschen des Versicherten, soweit sie angemessen sind, unter Berücksichtigung der Wirtschaftlichkeit entsprochen werden ( 33 SGB I). Dieser Grundsatz gilt weiterhin. Der Rehabilitationsträger ist nunmehr verpflichtet, dem Leistungsberechtigten schriftlich zu begründen, wenn er seinen Wünschen bei der Leistungsgewährung nicht entsprochen hat. 3 Geldleistungen anstelle von Sachleistungen Leistungen zur medizinischen Rehabilitation zu Lasten der Krankenkassen werden grundsätzlich in Rehabilitationseinrichtungen (ambulant oder stationär) erbracht. Dementsprechend sind diese Leistungen auf der Grundlage des Absatzes 2 nicht als Geldleistung anstelle einer Sachleistung zu erbringen. 20

Somit kommt für die Krankenversicherung die Gewährung einer Geldleistung anstelle einer Sachleistung nur für Leistungen nach 44 Abs. 1 Nr. 3, 4 und 6 SGB IX (Haushaltshilfe, Rehabilitationssport und Funktionstraining) in Betracht. Für die Haushaltshilfe entfaltet die Regelung des 9 Abs. 2 SGB IX jedoch keine Wirkung, da für diese Leistung bereits Regelungen zur Kostenerstattung für eine selbstbeschaffte Ersatzkraft (vgl. 54 Abs. 1 Satz 2 SGB IX) bestehen. Voraussetzung für die Gewährung des Rehabilitationssports und Funktionstrainings als Geldleistung durch die Krankenkasse ist eine Verordnung dieser Leistung (Muster 56). Darüber hinaus hat der Leistungsberechtigte die gleichwertige Wirksamkeit und Wirtschaftlichkeit nachzuweisen. Zum Nachweis der Wirtschaftlichkeit ist ein Kostenvoranschlag beizubringen. Zum Nachweis der Wirksamkeit kann ein Konzept des Leistungserbringers beigebracht werden, aus dem hervorgeht, dass die in der Gesamtvereinbarung über den Rehabilitationssport und das Funktionstraining vom 1. Januar 1994 (in der jeweils aktuellen Fassung) festgeschriebenen Ziele verfolgt und die Qualitätsanforderungen erfüllt werden. Die Krankenkasse ist verpflichtet, schriftlich zu begründen, wenn sie dem Wunsch des Leistungsberechtigten auf Gewährung der Geldleistung anstelle der Sachleistung nicht entspricht. 21

Koordinierung der Leistungen 10 Koordinierung der Leistungen (1) Soweit Leistungen verschiedener Leistungsgruppen oder mehrerer Rehabilitationsträger erforderlich sind, ist der nach 14 leistende Rehabilitationsträger dafür verantwortlich, dass die beteiligten Rehabilitationsträger im Benehmen miteinander und in Abstimmung mit den Leistungsberechtigten die nach dem individuellen Bedarf voraussichtlich erforderlichen Leistungen funktionsbezogen feststellen und schriftlich so zusammenstellen, dass sie nahtlos ineinander greifen. Die Leistungen werden entsprechend dem Verlauf der Rehabilitation angepasst und darauf ausgerichtet, den Leistungsberechtigten unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalls die den Zielen der 1 und 4 Abs. 1 entsprechende umfassende Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zügig, wirksam, wirtschaftlich und auf Dauer zu ermöglichen. Dabei sichern die Rehabilitationsträger durchgehend das Verfahren entsprechend dem jeweiligen Bedarf und gewährleisten, dass die wirksame und wirtschaftliche Ausführung der Leistungen nach gleichen Maßstäben und Grundsätzen erfolgt. (2) Absatz 1 gilt entsprechend auch für die Integrationsämter in Bezug auf Leistungen und sonstige Hilfen für schwerbehinderte Menschen nach Teil 2. (3) Den besonderen Bedürfnissen seelisch behinderter oder von einer solchen Behinderung bedrohter Menschen wird Rechnung getragen. (4) Die datenschutzrechtlichen Regelungen dieses Gesetzbuchs bleiben unberührt. Zur Sicherung eines umfassenden "Rehabilitations-", "Eingliederungs-" oder "Teilhabemanagements" und der durchgehenden Sicherung des Verfahrens werden die Rehabilitationsträger verpflichtet, gemeinsam und in Abstimmung mit den Leistungsberechtigten die individuell erforderlichen Leistungen festzulegen und entsprechend dem Verlauf der Rehabilitation anzupassen. In die Abstimmungsauf- 22

gaben sind auch die Integrationsämter (früher: Hauptfürsorgestellen) einzubeziehen, soweit Leistungen und sonstige Hilfen für schwerbehinderte Menschen nach dem Zweiten Teil in Betracht kommen. Den besonderen Bedürfnissen seelisch behinderter oder von einer solchen Behinderung bedrohter Menschen ist Rechnung zu tragen. Diese Verpflichtung besteht für die gesetzliche Krankenversicherung bereits aufgrund der entsprechenden Regelung im 27 Abs. 1 Satz 3 SGB V. Näheres über die praktische Umsetzung des Absatzes 1 (Koordinierung der Leistungen) wird in den 11, 12, 13 und 22 SGB IX geregelt. 23

Zusammenwirken der Leistungen 11 Zusammenwirken der Leistungen (1) Soweit es im Einzelfall geboten ist, prüft der zuständige Rehabilitationsträger gleichzeitig mit der Einleitung einer Leistung zur medizinischen Rehabilitation, während ihrer Ausführung und nach ihrem Abschluss, ob durch geeignete Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben die Erwerbsfähigkeit des behinderten oder von Behinderung bedrohten Menschen erhalten, gebessert oder wiederhergestellt werden kann. Er beteiligt hierbei die Bundesanstalt für Arbeit nach 38. (2) Wird während einer Leistung zur medizinischen Rehabilitation erkennbar, dass der bisherige Arbeitsplatz gefährdet ist, wird mit den Betroffenen sowie dem zuständigen Rehabilitationsträger unverzüglich geklärt, ob Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben erforderlich sind. (3) Bei der Prüfung nach den Absätzen 1 und 2 wird zur Klärung eines Hilfebedarfs nach Teil 2 auch das Integrationsamt beteiligt. Rehabilitationsträger haben auf die frühzeitige Einleitung und die zügige Durchführung der gebotenen Leistungen zur Teilhabe hinzuwirken. Die Bundesanstalt für Arbeit und zur Klärung eines Hilfebedarfs für schwerbehinderte Menschen im Arbeitsleben auch die Integrationsämter (früher: Hauptfürsorgestellen) sind zu beteiligen. 2 Prüfung der Notwendigkeit von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben Die Prüfung, ob Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben (berufliche Rehabilitation) erforderlich sind, ist nicht nur anlässlich der Antragstellung oder Durchführung oder nach Abschluss medizinischer Leistungen zur Rehabilitation durchzuführen, sondern auch bei ambulanten und stationären Behandlungen aller Art. So ist beispielsweise zu prüfen, ob im Anschluss an eine stationäre Krankenhausbehand- 24

lung Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben erforderlich sind, auch wenn Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nicht angezeigt sind. Die Bundesanstalt für Arbeit hat auf Anforderung zu Notwendigkeit, Art und Umfang von Leistungen unter Berücksichtigung arbeitsmarktlicher Zweckmäßigkeit gutachterlich Stellung zu nehmen. Die Rehabilitationseinrichtungen sind aufgefordert, den Rehabilitationsträgern mitzuteilen, wenn während der Leistung zur medizinischen Rehabilitation erkennbar wird, dass der bisherige Arbeitsplatz gefährdet ist. Sofern diese Mitteilung an einen unzuständigen Rehabilitationsträger erfolgt, leitet dieser die Mitteilung an den (vermeintlich) zuständigen Rehabilitationsträger weiter. Diese Mitwirkungspflicht der Rehabilitationseinrichtungen ist zukünftig in den Verträgen mit den Einrichtungen zu regeln. 25

Zusammenarbeit der Rehabilitationsträger 12 Zusammenarbeit der Rehabilitationsträger (1) Im Rahmen der durch Gesetz, Rechtsverordnung oder allgemeine Verwaltungsvorschrift getroffenen Regelungen sind die Rehabilitationsträger verantwortlich, dass 1. die im Einzelfall erforderlichen Leistungen zur Teilhabe nahtlos, zügig sowie nach Gegenstand, Umfang und Ausführung einheitlich erbracht werden, 2. Abgrenzungsfragen einvernehmlich geklärt werden, 3. Beratung entsprechend den in 1 und 4 genannten Zielen geleistet wird, 4. Begutachtungen möglichst nach einheitlichen Grundsätzen durchgeführt werden sowie 5. Prävention entsprechend dem in 3 genannten Ziel geleistet wird. (2) Die Rehabilitationsträger und ihre Verbände sollen zur gemeinsamen Wahrnehmung von Aufgaben zur Teilhabe behinderter Menschen insbesondere regionale Arbeitsgemeinschaften bilden. 88 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 des Zehnten Buches gilt entsprechend. Die Vorschrift verpflichtet die Rehabilitationsträger zur Zusammenarbeit. Näheres wird auf Ebene der Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation (BAR) in gemeinsamen Empfehlungen nach 13 Abs. 1 SGB IX geregelt. 2 Bildung von Arbeitsgemeinschaften Um dem gemeinsamen Handeln der am Rehabilitationsgeschehen Beteiligten einen stabilen Rahmen zu geben, sollen die Rehabilitationsträger und ihre Verbände nach Absatz 2 miteinander und mit anderen Stellen Arbeitsgemeinschaften bilden, wenn dies den in 10 und 12 Abs. 1 SGB IX genannten Zielen dient. 26

Inwieweit neben den schon bestehenden Arbeitsgemeinschaften Arbeitsgemeinschaft für Krebsbekämpfung der Träger der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung im Lande Nordrhein-Westfalen, Bochum Rheinische Arbeitsgemeinschaft für Rehabilitation Suchtkranker, Düsseldorf (Nordrhein-Westfalen) Westfälische Arbeitsgemeinschaft zur Rehabilitation Suchtkranker, Münster (Westfalen-Lippe) Arbeitsgemeinschaft zur Rehabilitation Suchtkranker im Lande Hessen, Frankfurt weitere Arbeitsgemeinschaften zur Erreichung der Zielsetzung des 12 SGB IX gebildet werden sollten, ergibt sich insbesondere nach Vereinbarung der gemeinsamen Empfehlungen und aufgrund der regionalen Erfordernisse. 27

Gemeinsame Empfehlungen 13 Gemeinsame Empfehlungen (1) Die Rehabilitationsträger nach 6 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 vereinbaren zur Sicherung der Zusammenarbeit nach 12 Abs. 1 gemeinsame Empfehlungen. (2) Die Rehabilitationsträger nach 6 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 vereinbaren darüber hinaus gemeinsame Empfehlungen, 1. welche Maßnahmen nach 3 geeignet sind, um den Eintritt einer Behinderung zu vermeiden sowie über die statistische Erfassung der Anzahl, des Umfangs und der Wirkungen dieser Maßnahmen, 2. in welchen Fällen und in welcher Weise rehabilitationsbedürftigen Menschen notwendige Leistungen zur Teilhabe angeboten werden, insbesondere um eine durch eine Chronifizierung von Erkrankungen bedingte Behinderung zu verhindern, 3. in welchen Fällen und in welcher Weise die Klärung der im Einzelfall anzustrebenden Ziele und des Bedarfs an Leistungen schriftlich festzuhalten ist sowie über die Ausgestaltung des in 14 bestimmten Verfahrens, 4. in welcher Weise die Bundesanstalt für Arbeit von den übrigen Rehabilitationsträgern nach 38 zu beteiligen ist, 5. wie Leistungen zur Teilhabe zwischen verschiedenen Trägern koordiniert werden, 6. in welcher Weise und in welchem Umfang Selbsthilfegruppen, -organisationen und -kontaktstellen, die sich die Prävention, Rehabilitation, Früherkennung und Bewältigung von Krankheiten und Behinderungen zum Ziel gesetzt haben, gefördert werden, 7. wie während der Ausführung ambulanter Leistungen zur Teilhabe Leistungen zum Lebensunterhalt ( 45) untereinander und von anderen Entgeltersatzleistungen abzugrenzen sind, soweit für diesen Zeitraum Anspruch auf mehrere Entgeltersatzleistungen besteht, 8. in welchen Fällen und in welcher Weise der behandelnde Hausarzt oder Facharzt und der Betriebs- oder Werksarzt in die Einleitung und Ausführung von Leistungen zur Teilhabe einzubinden sind, 9. zu einem Informationsaustausch mit behinderten Beschäftigten, Arbeitgebern und den in 83 genannten Vertretungen zur möglichst frühzeitigen Erkennung des individuellen Bedarfs voraussichtlich erforderlicher Leistungen zur Teilhabe sowie 28

10. über ihre Zusammenarbeit mit Sozialdiensten und vergleichbaren Stellen. (3) Bestehen für einen Rehabilitationsträger Rahmenempfehlungen auf Grund gesetzlicher Vorschriften und soll bei den gemeinsamen Empfehlungen von diesen abgewichen werden oder sollen die gemeinsamen Empfehlungen Gegenstände betreffen, die nach den gesetzlichen Vorschriften Gegenstand solcher Rahmenempfehlungen werden sollen, stellt der Rehabilitationsträger das Einvernehmen mit den jeweiligen Partnern der Rahmenempfehlungen sicher. (4) Die Träger der Renten-, Kranken- und Unfallversicherung sowie der Alterssicherung der Landwirte können sich bei der Vereinbarung der gemeinsamen Empfehlungen durch ihre Spitzenverbände vertreten lassen. (5) An der Vorbereitung der gemeinsamen Empfehlungen werden die Träger der Sozialhilfe und der öffentlichen Jugendhilfe über die Bundesvereinigung der Kommunalen Spitzenverbände, die Bundesarbeitsgemeinschaft der überörtlichen Träger der Sozialhilfe, die Bundesarbeitsgemeinschaft der Landesjugendämter sowie die Integrationsämter in Bezug auf Leistungen und sonstige Hilfen für schwerbehinderte Menschen nach dem Teil 2 über die Arbeitsgemeinschaft, in der sich die Integrationsämter zusammengeschlossen haben, beteiligt. Diese Träger der Sozialhilfe und der öffentlichen Jugendhilfe orientieren sich bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben nach diesem Buch an den vereinbarten Empfehlungen oder können diesen beitreten. (6) Die Verbände behinderter Menschen einschließlich der Verbände der Freien Wohlfahrtspflege, der Selbsthilfegruppen und der Interessenvertretungen behinderter Frauen sowie die für die Wahrnehmung der Interessen der ambulanten und stationären Rehabilitationseinrichtungen auf Bundesebene maßgeblichen Spitzenverbände werden an der Vorbereitung der gemeinsamen Empfehlungen beteiligt. Ihren Anliegen wird bei der Ausgestaltung der Empfehlungen nach Möglichkeit Rechnung getragen. Die Empfehlungen berücksichtigen auch die besonderen Bedürfnisse behinderter oder von Behinderung bedrohter Frauen und Kinder. (7) Die beteiligten Rehabilitationsträger vereinbaren die gemeinsamen Empfehlungen im Rahmen der Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation im Benehmen mit dem Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung und den Ländern auf der Grundlage eines von ihnen innerhalb der Bundesarbeitsgemeinschaft vorbereiteten Vorschlags. Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz wird beteiligt. Hat das Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung zu einem Vorschlag auf- 29

gefordert, legt die Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation den Vorschlag innerhalb von sechs Monaten vor. Dem Vorschlag wird gefolgt, wenn ihm berechtigte Interessen eines Rehabilitationsträgers nicht entgegenstehen. Einwände nach Satz 4 sind innerhalb von vier Wochen nach Vorlage des Vorschlags auszuräumen. (8) Die Rehabilitationsträger teilen der Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation jährlich ihre Erfahrungen mit den gemeinsamen Empfehlungen mit, die Träger der Renten-, Kranken- und Unfallversicherung sowie der Alterssicherung der Landwirte über ihre Spitzenverbände. Die Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation stellt dem Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung und den Ländern eine Zusammenfassung zur Verfügung. (9) Die gemeinsamen Empfehlungen können durch die regional zuständigen Rehabilitationsträger konkretisiert werden. Das Instrument der gemeinsamen Empfehlungen löst die bisherigen Gesamtvereinbarungen ab. Durch sie soll insbesondere die enge Zusammenarbeit der Rehabilitationsträger geregelt werden. Darüber hinaus sollen gemeinsame Empfehlungen zu den Themenbereichen nach Absatz 2 Nr. 1 bis 10 vereinbart werden. Die in den gemeinsamen Empfehlungen vereinbarten Inhalte sind von allen Partnern zu beachten, auch wenn bereits Rahmenempfehlungen zum gleichen Themenkomplex mit anders lautendem Inhalt verabschiedet wurden. Hierdurch soll eine Auseinanderentwicklung verhindert werden. Sofern Rahmenempfehlungen bestehen, die aufgrund anderer gesetzlicher Vorschriften vereinbart wurden und Inhalte betreffen, die in den Empfehlungen nach 13, 20 oder 21 SGB IX zu regeln sind, stellt der Rehabilitationsträger bei abweichendem Inhalt das Einvernehmen mit den Partnern der o.a. Rahmenempfehlungen her. Beispiel: Weichen die o.a. Empfehlungen von den Rahmenempfehlungen nach 111a SGB V ab, sind die Spitzenverbände der Krankenkassen verpflichtet, hierzu das Einvernehmen mit den Partnern der Rahmenempfehlungen herzustellen. 30

Die Kompetenz der Verbände der Freien Wohlfahrtspflege, der Selbsthilfegruppen und der Interessenvertretungen behinderter Frauen sowie die für die Wahrnehmung der Interessen der ambulanten und stationären Rehabilitationseinrichtungen auf Bundesebene maßgeblichen Spitzenverbände wird durch ihre Beteiligung genutzt. Neben den in 13 Abs. 1 und 2 SGB IX genannten Gegenständen der gemeinsamen Empfehlungen können gemeinsame Empfehlungen gem. 21 Abs. 2 SGB IX auch zum Inhalt der Verträge mit Leistungserbringern vereinbart werden. Zur Umsetzung des 13 SGB IX wurde auf Ebene der Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation (BAR) eine Arbeitsgruppe eingerichtet, die sich mit Verfahren, Entwicklung etc. der gemeinsamen Empfehlungen sowie dem Berichtswesen gem. 13 Abs. 8 SGB IX beschäftigt. Hierüber wird gesondert informiert. 2 Vertretung der Rehabilitationsträger durch ihre Spitzenverbände Die Träger der Sozialversicherung können sich beim Abschluss der Vereinbarungen durch ihre Spitzenverbände vertreten lassen. Die Krankenkassen werden durch den jeweiligen Spitzenverband der Krankenkassen vertreten. 3 Gültigkeit bestehender Empfehlungen oder Gesamtvereinbarungen Bestehende Empfehlungen oder Gesamtvereinbarungen gelten bis zu ihrer Ablösung durch gemeinsame Empfehlungen in vollem Umfang weiter. Sollten Teile dieser Empfehlungen oder Gesamtvereinbarungen aufgrund anders lautender Regelungen des SGB IX ungültig werden, tritt lediglich dieser Passus der jeweiligen Empfehlung oder Gesamtvereinbarung außer Kraft. Mit Inkrafttreten des SGB IX sind folgende Gesamtvereinbarungen außer Kraft zu setzen: Gesamtvereinbarung über die Gewährung vorläufiger Leistungen vom 1. Januar 1978 Gesamtvereinbarung über den Gesamtplan vom 1. Juli 1978 Gesamtvereinbarung über die Beteiligung der Bundesanstalt für Arbeit bei beruflicher Rehabilitation vom 1. April 1977. 31

Vereinbarungen, die nicht alle Rehabilitationsträger betreffen und inhaltlich nicht von den gemeinsamen Empfehlungen nach 13 Abs. 1 und 2 SGB IX abweichen, haben bis auf Weiteres Bestand. 4 Erstattungsansprüche anderer Rehabilitationsträger für Entgeltersatzleistungen während ambulanter Rehabilitationsleistungen Entsprechende Erstattungsansprüche zwischen der Unfallversicherung, der Versorgungsverwaltung und den Krankenkassen sind aufgrund der eindeutigen Zuständigkeitsregelung im 11 Abs. 4 SGB V bzw. 19 Satz 2 BVG nicht denkbar. Allenfalls sind derartige Ansprüche im Verhältnis zwischen Rentenversicherungsträger und Krankenkasse vorstellbar, da die Rentenversicherungsträger nunmehr auf der Grundlage des 20 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI auch während ambulanter Leistungen zur medizinischen Rehabilitation Übergangsgeld zu zahlen haben. Unter Berücksichtigung des bisher gültigen Grundsatzes, wonach der Erbringer der Hauptleistung (hier: ambulante Rehabilitation) auch die dadurch ausgelöste unterhaltssichernde Leistung (Entgeltersatzleistung) zu erbringen hat, ist bis zur Vereinbarung einer gemeinsamen Empfehlung zu diesem Themenkomplex die Rentenversicherung für die Zahlung des Übergangsgeldes auch bei ambulanter Rehabilitation zuständig. Sollten bis zur Vereinbarung der gemeinsamen Empfehlung nach 13 Abs. 2 Nr. 7 SGB IX Erstattungsansprüche geltend gemacht werden, sind diese entgegen zu nehmen und die Entscheidung hierüber bis zur Vereinbarung der Empfehlung zurück zu stellen. 32

Zuständigkeitsklärung 14 Zuständigkeitsklärung (1) Werden Leistungen zur Teilhabe beantragt, stellt der Rehabilitationsträger innerhalb von zwei Wochen nach Eingang des Antrages bei ihm fest, ob er nach dem für ihn geltenden Leistungsgesetz für die Leistung zuständig ist; bei den Krankenkassen umfasst die Prüfung auch die Leistungspflicht nach 40 Abs. 4 des Fünften Buches. Stellt er bei der Prüfung fest, dass er für die Leistung nicht zuständig ist, leitet er den Antrag unverzüglich dem nach seiner Auffassung zuständigen Rehabilitationsträger zu. Muss für eine solche Feststellung die Ursache der Behinderung geklärt werden und ist diese Klärung in der Frist nach Satz 1 nicht möglich, wird der Antrag unverzüglich dem Rehabilitationsträger zugeleitet, der die Leistung ohne Rücksicht auf die Ursache erbringt. Wird der Antrag bei der Bundesanstalt für Arbeit gestellt, werden bei der Prüfung nach den Sätzen 1 und 2 Feststellungen nach 11 Abs. 2a Nr. 1 des Sechsten Buches und 22 Abs. 2 des Dritten Buches nicht getroffen. (2) Wird der Antrag nicht weitergeleitet, stellt der Rehabilitationsträger den Rehabilitationsbedarf unverzüglich fest. Muss für diese Feststellung ein Gutachten nicht eingeholt werden, entscheidet der Rehabilitationsträger innerhalb von drei Wochen nach Antragseingang. Wird der Antrag weitergeleitet, gelten die Sätze 1 und 2 für den Rehabilitationsträger, an den der Antrag weitergeleitet worden ist, entsprechend; die in Satz 2 genannte Frist beginnt mit dem Eingang bei diesem Rehabilitationsträger. Ist für die Feststellung des Rehabilitationsbedarfs ein Gutachten erforderlich, wird die Entscheidung innerhalb von zwei Wochen nach Vorliegen des Gutachtens getroffen. (3) Die Absätze 1 und 2 gelten sinngemäß, wenn der Rehabilitationsträger Leistungen von Amts wegen erbringt. Dabei tritt an die Stelle des Tages der Antragstellung der Tag der Kenntnis des voraussichtlichen Rehabilitationsbedarfs. (4) Wird nach Bewilligung der Leistung durch einen Rehabilitationsträger nach Absatz 1 Satz 2 bis 4 festgestellt, dass ein anderer Rehabilitationsträger für die Leistung zuständig ist, erstattet dieser dem Rehabilitationsträger, der die Leistung erbracht hat, dessen Aufwendungen nach den für diesen geltenden Rechtsvorschriften. Die Bundesanstalt für Arbeit leitet für die Klärung nach Satz 1 Anträge auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben zur Feststellung nach 11 Abs. 2a 33

Nr. 1 des Sechsten Buches an die Träger der Rentenversicherung nur weiter, wenn sie konkrete Anhaltspunkte dafür hat, dass der Träger der Rentenversicherung zur Leistung einer Rente unabhängig von der jeweiligen Arbeitsmarktlage verpflichtet sein könnte. Für unzuständige Rehabilitationsträger, die eine Leistung nach Abs. 2 Satz 1 und 2 erbracht haben, ist 105 des Zehnten Buches nicht anzuwenden. (5) Der Rehabilitationsträger stellt sicher, dass er Sachverständige beauftragen kann, bei denen Zugangs- und Kommunikationsbarrieren nicht bestehen. Ist für die Feststellung des Rehabilitationsbedarfs ein Gutachten erforderlich, beauftragt der Rehabilitationsträger unverzüglich einen geeigneten Sachverständigen. Er benennt den Leistungsberechtigten in der Regel drei möglichst wohnortnahe Sachverständige unter Berücksichtigung bestehender sozialmedizinischer Dienste. Haben sich Leistungsberechtigte für einen benannten Sachverständigen entschieden, wird dem Wunsch Rechnung getragen. Der Sachverständige nimmt eine umfassende sozialmedizinische, bei Bedarf auch psychologische Begutachtung vor und erstellt das Gutachten innerhalb von zwei Wochen. Die in dem Gutachten getroffenen Feststellungen zum Rehabilitationsbedarf werden den Entscheidungen der Rehabilitationsträger zu Grunde gelegt. Die gesetzlichen Aufgaben der Gesundheitsämter bleiben unberührt. (6) Hält der leistende Rehabilitationsträger weitere Leistungen zur Teilhabe für erforderlich und kann er für diese Leistungen nicht Rehabilitationsträger nach 6 Abs. 1 sein, wird Absatz 1 Satz 2 entsprechend angewendet. Die Leistungsberechtigten werden hierüber unterrichtet. Ziel der Vorschrift ist, durch ein auf Beschleunigung gerichtetes Zuständigkeitsklärungsverfahren eine möglichst schnelle Erbringung der Leistungen zur Teilhabe im Interesse der Leistungsberechtigten, aber auch der zuständigen Rehabilitationsträger sicherzustellen. Es handelt sich um eine für alle Rehabilitationsträger abschließende Regelung. Sie erfasst alle Fälle der Feststellung der Leistungszuständigkeit, gilt also auch bei Abhängigkeitskranken und auch für Personen, deren Bleiberecht noch nicht endgültig ist. 34

2 Zuständigkeit für die Leistungserbringung/Fristen 2.1 Allgemeine Zuständigkeitsregelung Der zuerst angegangene Rehabilitationsträger hat kurzfristig (= innerhalb von zwei Wochen nach Eingang des Antrags bei ihm) festzustellen, ob er für die Leistung zuständig sein kann und unter Berücksichtigung vorrangiger Leistungszuständigkeiten anderer Rehabilitationsträger hierfür auch zuständig ist. Die gesetzlichen Krankenkassen haben dabei auch ihre Leistungspflicht nach 40 Abs. 4 SGB V zu prüfen. Liegt die eigene Zuständigkeit des zuerst angegangenen Rehabilitationsträgers nicht vor, muss er den Antrag unverzüglich, d. h., ohne schuldhaftes Verzögern, dem Rehabilitationsträger zuleiten, den er nach dem Ergebnis seiner Prüfung für zuständig hält. Hierdurch wird eine vorläufige Zuständigkeit gesetzlich festgelegt. Dieser "zweite" Rehabilitationsträger ist zur Leistungserbringung verpflichtet. Er darf den Antrag weder weiterleiten noch zurückgeben. Stellt sich jedoch nachträglich seine Unzuständigkeit heraus, besteht ein Erstattungsanspruch gegenüber dem zuständigen Rehabilitationsträger (vgl. Abschnitt 3). 2.2 Besonderheiten bei notwendiger Feststellung der Ursache der Behinderung Kann die Verursachung der Behinderung erst nach längeren Ermittlungen festgestellt werden (z.b. in der gesetzlichen Unfallversicherung insbesondere bei Berufskrankheiten), ist eine voraussichtliche Zuständigkeitsfeststellung innerhalb der Zwei-Wochen-Frist nicht möglich. Nach der Gesetzesbegründung ist daher in Fällen einer beruflichen Verursachung die Sonderregelung des Absatz 1 Satz 3 vorgesehen. Danach ist der Antrag dem Rehabilitationsträger zuzuleiten, der Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben erbringt, ohne dass die berufliche Verursachung hierfür Leistungsvoraussetzung ist. Bei Erwerbstätigen ist dies bei Leistungen der medizinischen Rehabilitation in der Regel der Rentenversicherungsträger, ansonsten die Krankenkasse des Antragstellers. 102 ff. SGB X bleiben unberührt. 2.3 Besonderheiten bei Anträgen auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben Absatz 1 Satz 4 stellt eine Verfahrensbeschleunigung bei der Bundesanstalt für Arbeit sicher; geht ein Antrag auf Leistungen (zur Teilhabe am Arbeitsleben) bei 35