Dialog International Chancen des Freihandelsabkommens zwischen der EU und Kanada (CETA) Montag, 09. März 2015 um 11:00 Uhr Charles Hotel München Sophienstraße 28, 80333 München Begrüßung Bertram Brossardt Hauptgeschäftsführer vbw Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft e. V. Es gilt das gesprochene Wort.
1 Sehr geehrter Herr Johnson, verehrte Mitglieder der kanadischen Delegation, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich begrüße Sie herzlich zu unserem heutigen Dialog International. Die große Resonanz unterstreicht die Aktualität des europäisch-kanadischen Freihandelsabkommens CETA. Und klar ist uns allen: Das Thema polarisiert und emotionalisiert! Nutzen wir heute die Gelegenheit, die Debatte um CETA zu versachlichen und faktenbasiert zu beleuchten. Vorstellung Pierre-Marc Johnson Dass wir für diese Reflexion und Diskussion den ehemaligen Premierminister von Québec, Herrn Pierre-Marc Johnson, zu Gast haben, freut uns sehr. Als Chefunterhändler für CETA wird er uns die Inhalte von CETA vorstellen und uns außerdem erläutern, welche Folgen und Potenziale sich damit auch für Bayern erschließen.
2 Sehr geehrter Herr Johnson, wir freuen uns auf Einblicke und Antworten aus nächster Nähe! Erwartungen durch CETA Meine Damen und Herren, ein kurzer Rückblick auf der Verhandlungshistorie: : Das Comprehensive Economic and Trade Agreement kurz CETA wurde von 2009 bis 2014 ausverhandelt. Der Vertragsentwurf liegt den EU-Mitgliedstaaten seit Anfang August 2014 vor. Die Paraphierung durch die EU und Kanada erfolgt voraussichtlich bis Ende 2015. Das Abkommen soll also noch in diesem Jahr in Kraft treten mit folgenden Konsequenzen, die wir sehr begrüßen: - Unmittelbar nach Inkrafttreten des CETA werden 99 Prozent der Zölle wegfallen. - Bei den Industriegütern werden sämtliche Zölle auf null gesenkt. - Die jährliche Entlastung für europäische Unternehmen, die ihre Waren nach Kanada
3 exportieren, beläuft sich einer Schätzung der Europäischen Kommission zufolge auf insgesamt 500 Millionen Euro. - Der bilaterale Handel soll sich durch das Abkommen jährlich um 26 Milliarden Euro erhöhen. Die größten Vorteile aber sind: Erstens. Dank CETA wird es für beide Seiten künftig einen erleichterten Zugang zu den jeweiligen Märkten geben. Zweitens. Darüber hinaus werden Direktinvestitionen sowie die Beteiligung an öffentlichen Ausschreibungen auf Bundes-, Provinz- und Kommunalebene klaren Regelungen unterliegen. Dadurch eröffnen sich für europäische wie kanadische Unternehmen zusätzliche Marktpotenziale. Beziehungen Bayern-Kanada Das gilt gerade auch für den Standort Bayern, der traditionell gute und erfolgreiche Beziehungen zu Kanada pflegt.
4 - Bayern und die Provinz von Québec arbeiten seit 1989 in institutionalisierter Form in den Bereichen Wissenschaft, Forschung und Technologie zusammen. - Im Jahr 2011 ist darüber hinaus im wissenschaftlichen Bereich mit ABBY-Net ein erstes übergreifendes Netzwerk entstanden, das Forscher in Bayern und Alberta zusammenbringt. Es wird vor allem der Frage nachgegangen, wie sich Energie- und Ökosysteme nachhaltig entwickeln können, ohne sich gegenseitig zu schaden. - Derzeit sind 74 bayerische Unternehmen in Kanada aktiv, u.a. Bauer Spezialtiefbau, Schäffler Group, Krones und Leoni. - 2014 exportierte Bayern Waren im Wert von 1,59 Mrd. Euro nach Kanada. Die bayerischen Importe aus Kanada summierten sich im gleichen Zeitraum auf 0,39 Mrd. Euro. Kanada bietet für uns einen wichtigen Absatzmarkt. Dieser ist aber noch ausbaufähig!
5 CETA wird beiden Seiten einen leichteren Zugang zu den jeweiligen Märkten eröffnen. Dieses wirtschaftliche Potenzial gilt es auszuschöpfen. Denn unsere exportstarke Wirtschaft ist auf offene Märkte angewiesen. Sie bringen uns nicht nur in wirtschaftlichen, sondern auch in geopolitischen und gesellschaftlichen Belangen nach vorne. Umso weniger dürfen wir uns irreführen lassen von pauschalen Behauptungen, die das Freihandelsabkommen als reine Partikularinteressen einzelner Unternehmen und von den wesentlichen Inhalten ablenken. Position vbw Wir, die vbw, sprechen uns seit Anfang an für ein umfassendes Freihandelsabkommen zwischen der EU und Kanada aus. Dabei ist uns wichtig, festzuhalten, dass es nicht nur um den Abbau von Zöllen gehen darf. Von entscheidender Bedeutung ist der Abbau von nichttarifären Handelshemmnissen.
6 Nicht zuletzt die Angleichung und Anerkennung von Regulierungen und Normen versprechen eine erhebliche Vereinfachung und Kostenersparnis auf Unternehmensseite. Auf einen intensiv diskutierten Punkt möchte ich etwas ausführlicher eingehen: Stichwort Investitionsschutz. Die Debatte um das CETA-Abkommen mit Kanada gilt als Muster, wie es auch beim TTIP laufen soll. Die vbw hat immer für die Aufnahme klarer Vorkehrungen zum Investitionsschutz plädiert. Man sollte auch den globalen Kontext nicht vergessen: Wenn wir auf entsprechende Vorkehrungen verzichten, wird es sehr schwer werden, bei Verhandlungen mit Ländern wie China auf einen strengen Investitionsschutz zu bestehen. Das ist es aber, was unsere Unternehmen wollen! Ein wirksamer Investitionsschutz ist sowohl für europäische Investoren im Ausland als auch für den Investitionsstandort Deutschland von großer Bedeutung.
7 Es muss jedoch sichergestellt sein, dass Staaten jederzeit Gesetze und Regelungen erlassen können, um das Allgemeinwohl zu sichern. Zudem bedarf es präziser und ausgewogener Regeln beispielsweise, indem das Abkommen einen Schutzmechanismus gegen ungerechtfertigte bzw. unseriöse Klagen enthält. Sicherzustellen ist auch, dass die Schiedsgerichtsverfahren hinreichend transparent geführt werden bei gleichzeitiger Wahrung der Geschäftsgeheimnisse, selbstverständlich. Statt zu mauern, sollten die Verhandlungsparteien nach tragfähigen Lösungen suchen. Das bringt uns weiter! Schluss Meine Damen und Herren, abschließend möchte ich zusammenfassen: CETA bietet uns die Chance Überregulierung abzubauen, Kosten zu reduzieren
8 und dafür an anderer Stelle Mittel freizusetzen zum Beispiel für Innovationen. Wir müssen die Chance ergreifen! Deshalb ist es jetzt besonders wichtig, die bestehenden Ängste in der Bevölkerung durch sachliche Information abzubauen. Die bayerische Wirtschaft ist dazu bereit. In diesem Sinne wünsche ich uns heute einen informativen Vormittag! Vielen Dank.