Das war so ein unbewusstes Lernen

Ähnliche Dokumente
CYBERMOBBING Sekundarstufe I (10- bis 14-Jährige)

FACEBOOK UND CO. JUGENDLICHE IN SOZIALEN NETZWERKEN

Herzlich Willkommen zu Ihrem Eltern - Informationsabend

Sexuelle Belästigung im Internet und Cyber-Grooming in den Lebenswelten der 11 bis 18-Jährigen

Evaluation im Modellversuch Traumapädagogik. Dipl.-Psych. Claudia Dölitzsch (Evaluationsbeautragte)

Trauma, Beziehung und Beziehungslosigkeit. Können wir unserer Erinnerung trauen? Was ist Erinnerung überhaupt, und wo wird sie gespeichert?

Selbstbewusst Sexualpädagogik und Prävention von sexuellem Kindesmissbrauch


Jugendliche und Internet

PÄDAGOGISCHE KONZEPTE DER PRÄVENTION. Mareen Bißlich Fachbereich Jugend und Familie Abteilung Kinder- und Jugendförderung

Auch die Kanzlerin sagt: Schulen müssen sich der digitalen Herausforderung stellen

Dokumentation zum Fachforum Frühe Hilfen Digitale Medien im Alltag von Familien 17. Mai 2018

Ergebnisse aus der Evaluation traumapädagogischer Arbeit in therapeutischen Wohngruppen des Stephansstifts Hannover.

Willkommen zur Themeninsel I SAPHIR Hannover

«Sexting ist normal, aber dumm»

DGWF-Jahrestagung 2017

Professur für Medienpädagogik und Weiterbildung. Julia Glade und Anett Hübner Wintersemester 2012/13

Titelmasterformat durch Klicken bearbeiten. Fachtag #Zocken. Brandenburgische Landesstelle für Suchtfragen

Was wirkt? Wirkfaktoren in der Schulsozialarbeit

Handreichung zur Prävention und Intervention von sexualisierter Gewalt

KEINE SEXUELLEN ÜBERGRIFFE IM OL-SPORT. Merkblatt Kinder und Jugendliche oder AthletInnen

Kinderschutz Gewalt und Missbrauch

Die Stimme der Adressat_innen und die Nachhaltigkeit von Hilfen

ÜL-C Ausbildung. Prävention sexualisierter Gewalt im Sport

"Was tut Google für ein sicheres und respektvolles Miteinander im Netz"

Angebotstypen der offenen Kinder- und Jugendarbeit im Kanton Bern. Informationen zur Studie der BFH

Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald

Modellprojekt Elterntelefon & Frühe Hilfen

Input sexualisierte Gewalt und TäterInnenstrategien

CYBERMOBBING Sekundarstufe II (14- bis 19-Jährige)

Was uns am Klassenchat stört:

«Ich will wissen, was ich glaube!»

Pädagogische Herausforderungen bei der Nutzung des Internets. Internet Pädagogische Herausforderungen

Aggression als eine Energieform, die jeder Mensch benötigt, um seine Interessen vertreten zu können?

Stopp Keine sexuelle. Belästigung am Arbeitsplatz!

Sexualpädagogisches Konzept

Papenkamp 2-6 D Mölln. Telefon (04542) Telefax (04542)

Kathrin Schack. Liebe zum gleichen Geschlecht Ein Thema für die Schule

Interdisziplinarität & Heterogenität: Anspruch & Wirklichkeit

Cyber-Mobbing Was ist das?

Weiterführende Aufgabe C

Konzeptentwicklung in der ESTA

Ethik und Algorithmen. Wie können wir eine pädagogische Auseinandersetzung über Technik und ihre Folgen bei Jugendlichen anregen?

Im Dialog. Soziale und interkulturelle Kompetenzen fördern und fordern

Schütze deine Privatsphäre!

Medienkompetenz in stationären Einrichtungen der Jugendhilfe Projekt MEKiS

Zur Bedeutung von Kunst in der Stationären Jugendhilfe. Prof. Dr. Daniela Braun

Ihr Kind im World Wide Web

Evaluation Magic Circle 2012/2013

Jugendmedienschutz im schulischen Kontext von Prävention, Beratung und Medienbildung

Stand der Evaluation und weiteres Vorgehen

Primarstufe

45. Hessisches Gesprächsforum Medien Fachtag. Digitale Medien. in der Kinder- und Jugendhilfe. Nov. Forum im Kanzlerpalais Fulda

Wie wirken Medien? Das Projekt Medienfluten für Stuttgarter Schulen. Anja Schumacher, Diplom-Pädagogin Caritasverband für Stuttgart e.v.

Stress bedroht die Sicherheit am Arbeitsplatz Präventions-Strategien für Unternehmen

Man kann nicht nicht evaluieren

Umgang mit Cybermobbing im Kontext Schule

Take Ein Präventionsprojekt von Release Stuttgart

Meine kleine Welt - Hilfe für Kinder bei Häuslicher Gewalt, Präventionsworkshops an Schulen. Margret Kemper Silke Kutz

Sexting Was ist das? Tipps

Bekämpfung des Rechtsextremismus. A)Aktuelle Probleme durch rechte Gewalt

Cyber-Mobbing Was ist das?

Wertschöpfende Personalstrategie von der Verwaltung zur Gestaltung HUMAN PERFORMANCE ENABLEMENT

Das Netzwerk heißt: Stuttgarter Netzwerk der Kinderhilfe und Jugendhilfe.

Master Bildungswissenschaft WS 15/ Oktober 2015

Meine Rechte RECHTE_RATGEBER 1

Sonderauswertung Generationen 07

Anleitung zur Online-Meldung einer Veranstaltung

Fachtag. Gespräche führen mit Kindern bei der Vermutung einer Kindeswohlgefährdung durch sexuelle Gewalt. Kinder auf Augenhöhe begleiten

Herzlich willkommen. Umgang mit Digitalen Medien in der Familie

Herzlich Willkommen Workshop Umgang mit Diözesanforum

Präventionsprogramm «Herzsprung»

Spaß, zu trainieren, Dich zu bewegen und auszupowern.

Kompetenz Gesundheit Arbeit (KoGA) Betriebliches Gesundheitsmanagement im Bundesdienst

Sexualität - (k)ein Tabu-Thema?

HERZLICH WILLKOMMEN! PräviKIBS

Kinder und Jugend in der digitalen Welt. Achim Berg Bitkom-Vizepräsident Berlin, 16. Mai 2017

Führungszeugnisverwaltungsvorschrift FührungszeugnisVwV

Begleiten auf dem Weg zur sexuellen Identität - Sexualpädagogische Handlungsorientierungen in Erziehungshilfen

Die Rolle der Peers, Neuen Medien und Online Communitys bei der Berufsorientierung

explorarium elearning im Unterricht von Anfang an

Workshop A Melanie Bergrath Sensibilisierung für besondere Herausforderungen in der medienpädagogischen Arbeit mit Jugendlichen mit Behinderung

BASKI-Fortbildungsangebote für Menschen mit Behinderung für das Jahr 2018

Relationship based care Erfahrungen im Gesundheitsbezirk Bozen Konrad Tratter

LEHRGANG SEXUALBERATUNG PAARBERATUNG

Soziale Netzwerke. Web neue Chancen und neue Herausforderungen für alle!

Qualitätskriterien für die entwicklungspolitische Bildungsarbeit

Transkript:

Das war so ein unbewusstes Lernen Ergebnisse der Evaluation des Smart-User-Programms in stationären Jugendhilfeeinrichtungen Prof. Dr. Silke Birgitta Gahleitner Alice Salomon Hochschule Berlin Heidemarie Hinterwallner, MA MA Donau-Universität Krems

Stand der Forschung: Jugendliche in stationären Einrichtungen Zweite Moderne: Wandel und Veränderungen sind häufiger, schneller, radikaler geworden, Individualisierung fortgeschritten Kinder- und Jugendhilfe als Unterstützung bei Belastungen in Familien Stationär untergebrachte Kinder und Jugendliche zählen zu Hochrisikogruppe, die u. a. von sexueller Gewalt durch digitale Medien betroffen sind

Konzept Smart-User- Schulung seit 2011 wird Smart User Peer2Peer Präventionsprogramm angeboten à Basis für Smart-User-Schulung Dauer: 10-monatiges Projekt Kick-Off-Kreativwochenende im März 2014 regelmäßige Treffen Abschlusswochenende im Dezember 2014 Zielgruppe dieses Programms: Kinder und Jugendliche sowie deren BetreuerInnen in den stationären Einrichtungen

Smart-User-Schulung: Inhalte setzt sich aus acht Modulen zusammen: Einführung in das Thema TäterInnenstrategien Think Before You Post Was macht Freundschaft aus Trau deinem Gefühl Was kannst du tun Eigene Grenzen Abschlussvorbereitung der Präsentation unterschiedliche didaktische Konzepte

Forschungsmethoden wissenschaftliche Begleitung des Smart User Konzeptes Befragung der Betroffenen Jugendliche PädagogInnen Quantitatives & Qualitatives Vorgehen: Fragebogen (vor & nach Schulung) Fokusgruppe (vor & nach Schulung) Einzelinterviews (retrospektiv) Gruppendiskussion (retrospektiv)

Methodische Herausforderungen echte Wirkungsforschung zu unterschiedlichen Erhebungszeitpunkten war nicht möglich, wegen: vielen AbbrecherInnen einige Jugendliche stiegen zu einem späteren Zeitpunkt in Schulung ein - Fluktuation Unklarheiten, ob Kinder und Jugendliche zum nächsten Workshoptermin kommen werden

Quantitative Teilergebnisse

Sexuelle Belästigung im Internet über Sex reden Frage nach Aussehen des Körpers 39% 42% 57% 42% 43% 37% 57% 36% NOCH NIE Zusenden von Nacktfotos etc. Aufforderung zu sexueller Handlung vor Webcam 60% 71% 75% 18% 21% 25% JA ABER NICHT UNANGENEHM JA UND UNANGENEHM 79% 15% Aufforderung Nacktfoto etc. zu senden 69% 31% 64% 36% 0% 25% 50% 75% 100%

Reaktionen auf sexuelle Belästigung im Internet Person ignorieren / blockieren 0,974 0,93 es ignorieren 0,342 0,4 den Chat verlassen 0,789 0,8 beim Betreiber der Seite melden 0,6 0,737 schreiben: lass mich in Ruhe 0,4 0,711 VG1 VG2 Eltern informieren 0,447 0,47 nichts machen 0, 0,132 Vertrauensperson sagen Anzeige erstaven 0,33 0,526 0,6 0,553 0% 25% 50% 75% 100%

Wunsch nach mehr Information Datenschutz im Internet 0,2 0,579 Schutz vor Mobbing im Internet 0,27 0,5 Schutz vor sexueller BeläsYgung im Internet 0,33 0,711 Pornokonsum (was ist erlaubt, verboten, wie wirken Pornos?) 0,13 0,421 VG1 Internetbetrug (Abofallen, Phishing Mails) 0,4 0,658 VG2 Exzessives Computerspielen 0,13 0,447 Schutz vor Viren-, Trojanerbefall 0,33 0,789 0% 20% 40% 60% 80% 100% s

Pornos anschauen 57,9 % aus Gruppe 1 (n1=38) und 20 % aus Gruppe 2 (n2=15) bejahen diese Frage bei der Frage wie die Jugendlichen zu den Pornos kamen, war die häufigste Antwort Link/Werbung : 50 % (VG1, n1=38) und 53,3 % (VG2, n2=15)

Qualitative Teilergebnisse Teilnehmende Jugendliche Pädagogische Fachkräfte

Veränderungen durch die Schulung - Jugendliche Nutzungsverhalten Wissen Skills Entscheidungsfähigkeit

Wissenszuwachs Bewussterer Umgang mit dem Internet Also, früher habe ich halt täglich so irgendwelche Bilder hochgeladen, das mach ich jetzt auch nicht mehr, ich lade jetzt kaum noch Bilder hoch. Und ich poste auch eigentlich kaum was (GD2, Abs. 135-138) Ja, da habe ich mir noch nicht wirklich so Gedanken darüber gemacht, aber da bin ich jetzt mehr so bewusst dadurch (GD2, Abs. 54-56).

Einstellungs- und Bewusstseinsveränderung...ich geh da jetzt mit den Sachen, die ich weiß, das ist jetzt schon automatisch, dass ich beim Anmelden oder so, jetzt schon Häkchen wegmache jetzt sofort und so was. Das ist auch einfach normal geworden für mich. Also dadurch, dass ich mich damit auseinandergesetzt habe, habe ich das auch gelernt. Und ich mach das jetzt auch einfach ganz, für mich ist es selbstverständlich, auch noch mal den Datenschutz so ein bisschen durchzulesen und ein paar Punkte so zu überfliegen, damit ich dann weiß, wo was hinkommt. (GD2, Abs. 117)

Verbesserung der Skills Ich hab nur ein Bild von mir drinnen, bei Facebook. Und ich hab auch alles gesperrt. Also dass Leute, die mich nicht als Freund haben oder so, dass die mich auch nicht sehen können (GD1, Abs. 127). Das war eben auch sehr wichtig für mich und dass, wenn Leute einen anschreiben oder ein FA-Angebot [Anmerkung: Freundschaftsangebot] machen, bei Facebook z. B., aber die keine gemeinsamen Freunde haben und einfach im Internet dann bestimmte Sachen und Themen ansprechen. Wie man sich da eben dagegen wehren kann, das habe ich auch noch gelernt (Einzel2, Abs. 26).

Soziale Kompetenz entspannte Atmosphäre durch Fachpersonal hoher Respekt, Wertschätzung erlebt... am Wochenende haben wir auch so gelernt, dass wir die Menschen akzeptieren, wie sie sind. Und mit denen auch so umgehen, weil, ob jetzt... hier ein kleiner Zwerg steht, sag ich mal, und mit mir redet, sehe ich ihn an, als wäre er auf einer Augenhöhe (Einzel2, Abs. 74).

Veränderungsrelevanz nach Ansicht der PädagogInnen?

Besonderheiten der Zielgruppe Pädagogische Fachkräfte in kürzeren Abständen und kürzeren Einheiten Workshops anbieten Gesamtdauer von 10 Monate ist nicht zielgruppenadäquat hohe Fluktuation der BewohnerInnen kaum Motivation durch hohe Fluktuation Unklarheit, ob Jugendliche nochmals zum Workshop kommen

Besonderheiten der Zielgruppe Pädagogische Fachkräfte Zielgruppe verlangt flexible Arbeitsweisen Peer-to-Peer-Weitergabe erscheint durch AbbrecherInnen schwierig Anpassung an Themen der Kinder und Jugendlichen Herausforderungen, die spezifisches (trauma- und beziehungs-)verstehendes Wissen und Kompetenzen erfordern Betreuungspersonal sollte noch mehr einbezogen werden

Schlussfolgerungen vor Schulung bereits Wissen vorhanden nach Schulung bewussterer Umgang mit Internet, Vertiefung des Wissens und der Skills anhand von Schulung Kompetenzen auf unterschiedlichen Gebieten eindeutig erweitert und erlangt Limitations: Zielgruppe benötigt verstehende Herangehensweise und ist methodisch schwer erfassbar spezifische Schulungen durch Innocence?

Bei weiterem Interesse und weiteren Fragen kontaktieren Sie... gahleitner@ash-berlin.eu heidemarie.hinterwallner@donau-uni.ac.at