Der Ergonomie-Check. Betriebspolitische Konferenz der IG-Metall Baden-Württemberg Karlsruhe, 22. Oktober 2013 Michael Gerhäuser, Bosch Karlsruhe

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Transkript:

Betriebspolitische Konferenz der IG-Metall Baden-Württemberg Karlsruhe, 22. Oktober 2013 Michael Gerhäuser, Bosch Karlsruhe

Warum der Ergonomie-Check bei Bosch? Einführung Bosch Produktionssystem Verkürzung Taktzeiten Optimierung der Flächennutzung in den Fertigungsbereichen Demografische Entwicklung in den Werken ( alternde Belegschaften ) Vereinheitlichung der Standards in der Arbeitsplatzgestaltung Sicherstellung der Einhaltung gesetzlicher Vorgaben (z.b. Lastenhandhabungsverordnung) Die umfassende Ausschöpfung des BPS-Ratio Potenzials ist nur bei ergonomisch gestalteten Arbeitsplätzen möglich. Deshalb muss die ergonomische Gestaltung manueller Arbeitsplätze in der Produktion kontinuierlich verbessert und sichergestellt werden. Quelle: 4G-Schreiben vom 26.04.2006 zu Ergonomie bei BPS-Projekten

Inhalt der Checkliste Ergonomie in Arbeitssystemen 19 Fragen zur ergonomischen Bewertung manueller Arbeitsplätze Körperhaltung und Arbeitshöhe Greifraum und Blickfeld Bewegungsraum und Zugängigkeit Anzeigen und Stellteile Teilegewicht und Lasten handhaben

Ergonomie-Checks sind grundsätzlich an jedem manuellen Arbeitsplatz durchzuführen. Manuelle Arbeitsplätze bzw. Arbeitssysteme sind solche, an denen Mitarbeiter beeinflussbare manuelle Tätigkeiten kontinuierlich ausführen (im Regelfall in Summe > 25 % Anteil manueller Tätigkeiten). Einrichtungen, Betriebsmittel oder Stationen, an denen Mitarbeiter überwiegend Überwachungsaufgaben und/oder Störungsbeseitigung durchführen, zählen nicht zu den manuellen Arbeitsplätzen. Dies gilt auch für nicht kontinuierliche Be- und Entladevorgänge..

2. Ergonomie-Check Gestaltung manueller Arbeitsplätze muss durch Arbeitsplaner mindestens alle 2 Jahre überprüft werden. Dokumentation erfolgt mit Datum auf Standard-Arbeitsfolgeblatt oder entsprechendem Aufkleber: 3. Ergonomie-Know-how Qualifizierung aller am Planungsprozess beteiligten Mitarbeiter ist sicherzustellen. Bitte leiten Sie systematisch einen Qualifizierungsplan für alle Mitarbeiter ab, auf Basis des zentralen Schulungsangebotes. Für Entwicklung und Ausprobe ergonomisch gestalteter Arbeitsplätze und für das Einlernen von Mitarbeitern sind geeignete Methodenräume bereitzustellen.

4. Belastungen Bei Neu- und Umplanungen manueller Arbeitssysteme sind Grenzlastberechnungen durchzuführe, Überlastungen sind zwingend zu vermeiden. 5. BER-Mitwirkung BER-Info- und Beteiligungsrechte, wie z.b. nach 90 BetrVG oder Mitbestimmung bei Änderungen von Arbeitszeit- oder Entgeltregelungen, sind zu beachten

Arbeitsplatz: Bearbeiter: Abt.: Werkstatt: Datum: Mindestens 70 % der relevanten Fragen müssen mit "ja", maximal 10% der relevanten Fragen können mit "nein" beantwortet werden. 1. Körperhaltung und Arbeitshöhe ja tlw. nein 1.1 Kann der Mitarbeiter am Arbeitsplatz eine physiologisch gute x Körperhaltung einnehmen? Kriterien: Kein starkes Beugen des Oberkörpers und Verdrehen des Rumpfes, Vermeidung extremer Kopfneigung und -drehung 1.2 * Kann der Mitarbeiter im Sitzen arbeiten? x 1.3 * Ist am Sitzarbeitsplatz Beinfreiraum, Oberschenkelfreiheit und x eine höhenverstellbare Fußauflage vorhanden? 1.4 Kann der Mitarbeiter am Steharbeitsplatz auch Gehen, x um langdauerndes Stehen zu vermeiden?

2. Greifraum und Blickfeld 2.1 Kann der Mitarbeiter alle zyklisch benutzten Behälter, Werkzeuge, Teile, - - - - Messmittel u.ä. gut erreichen? 2.2 Befinden sich die Vorrichtungen und Einlegestellen im zentralen Arbeitsfeld? - - - - 2.3 Hat der Mitarbeiter Einblick in die Wirkstelle? - - - - 2.4 Hat der Mitarbeiter am Arbeitsplatz ausreichend Beleuchtung? Keine Blendung - - - - 3. Bewegungsraum und Zugängigkeit 3.1 Hat der Mitarbeiter am Arbeitsplatz ausreichend Bewegungsraum? - - - - 3.2 Ist für Rüsten und Wartung ausserhalb der Maschine ausreichend - - - - Bewegungsfreiheit vorhanden? 3.3 Können Behälter, Magazine oder Schwingförderer vom Mitarbeiter am Arbeitsp - - - - ohne häufiges Beugen, Bücken oder Strecken nachgefüllt werden?

3. Bewegungsraum und Zugängigkeit 3.1 Hat der Mitarbeiter am Arbeitsplatz ausreichend Bewegungsraum? - - - - 3.2 Ist für Rüsten und Wartung ausserhalb der Maschine ausreichend - - - - Bewegungsfreiheit vorhanden? 3.3 Können Behälter, Magazine oder Schwingförderer vom Mitarbeiter am Arbeitsp - - - - ohne häufiges Beugen, Bücken oder Strecken nachgefüllt werden? 4. Anzeigen und Stellteile 4.1 Ist das Steuerpult (Bedienteile und Anzeigen) während des Arbeitens oder - - - - Einrichtens einsehbar und erreichbar? 4.2 Ist das Steuerpult in optimaler Bedienhöhe angeordnet? - - - - 4.3 Sind häufig (>100 mal je Schicht) abzulesende Anzeigen und Stellteile - nicht über Kopfhöhe angeordnet (max. 1500 mm Höhe)? - - - - - möglichst nahe an der Arbeitsstelle angebracht? - - - -

5. Grenzkräfte und Grenzlasten 5.1 Werden die zumutbaren Grenzkräfte/Grenzlasten bei manuellen Tätigkeiten eingehalten? (Mit IGEL berechnen) 6. Gefährdungsbeurteilung 6.1 Liegt eine Gefährdungsbeurteilung vor?

Fragen zu 5. Grenzkräfte und lasten zu 5.1: Überlastungen müssen zwingend vermieden werden ( Kapitel 4.6 und Lastenhandhabungsverordnung). Deshalb führt bei dieser Frage die Antwort nein zum Nicht-Bestehen der Ergonomie-Prüfung. In diesem Fall sind gestalterische Maßnahmen erforderlich. Das Nicht-Beantworten dieser Frage führt zum Nicht-Bestehen des ErgoChecks. Fragen zu 6. Gefährdungsbeurteilung Arbeitsplätze sind hinsichtlich ihrer Gefährdung zu beurteilen ( Arbeitsschutzgesetz 5 und N93 A11 Gefährdungsbeurteilung ). Die Gefährdungsbeurteilungen liegen bei dem für den Arbeitsplatz verantwortlichen Vorgesetzten vor (i.d.r. Meister oder Abteilungsleiter) Liegen keine Gefährdungsbeurteilungen vor, dann wird Frage 6.1 mit nein beantwortet und der ErgoCheck ist nicht bestanden. Das Nicht-Beantworten dieser Frage führt zum Nicht-Bestehen des ErgoChecks.

Erste Erfahrungen mit dem Ergonomie-Check Einführung des Ergo-Checks ist grundsätzlich positiv zu bewerten regelmäßige Durchführung im 2-Jahres-Rhythmus ist gewährleistet Betriebsräte werden mit einbezogen Aber: Immer noch subjektive Bewertung durch Planer Fokussierung nur auf physische Belastungen individualisierte, d.h. auf den eingesetzten Mitarbeiter bezogene Betrachtung ist nicht vorgesehen

1. Konsequenzen aus den Erfahrungen Weiterentwicklung des Ergo-Checks und der Anwendung ist sinnvoll Empfinden und Erfahrungen der Mitarbeiter sollten einbezogen werden Erforderlichen Knowhow der begleitenden Betriebsräte muss sichergestellt werden Aktive Mitwirkung der Betriebsräte zu einem möglichst frühen Zeitpunkt des Planungsprozesses erforderlich (nicht nur Mitlaufen ) Auch die psychisch belastenden Arbeitsbedingungen sollten in die Betrachtung einfließen

Vielen Dank für Eure Aufmerksamkeit!