Deutschland: Droht eine Blase am Immobilienmarkt?

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Transkript:

6. Februar 2013 Deutschland: Droht eine Blase am Immobilienmarkt? von Cornelia Koller, Volkswirtin der Berenberg Bank Nachdem die Immobilienpreise in Deutschland vor der Finanzkrise über viele Jahre nahezu stagnierten, hat sich das Bild seit 2010 gedreht. Während die Preise in den Peripherieländern der Eurozone in den Keller gehen, werden sowohl im Wohnungsneubau als auch bei Transaktionen von bestehenden Eigentumswohnungen und Häusern steigende Preise erzielt. Berichte in den Medien wie: Bundesbank warnt vor Immobilienblase in Deutschland oder Mit immer weniger Kapital zum Eigenheim lassen Erinnerungen an die zinsund verschuldungsgetriebene US- Immobilienkrise wach werden, die Finanzinstitute ins Wanken brachte und die US- Konjunktur in die Rezession trieb. Zinsen aufgeblähten Preisblasen bei Wohnimmobilien. So haben sich die Immobilienpreise in Irland seit ihrem Höhepunkt im Jahr 2007 bis heute halbiert und liegen wieder etwa auf dem Niveau des Jahres 2000. Spanische Immobilien haben seither im Durchschnitt etwa ein Viertel ihres Wertes verloren. Den jüngsten Untersuchungen der Europäischen Zentralbank (EZB) zufolge hat sich der Preisrückgang für Wohnimmobilien (Häuser und Eigentumswohnungen) in den Problemländern zuletzt noch weiter verschärft 1. In Spanien verloren Immobilien im 1. Halbjahr 2012 13,5 %, in Irland 16,3 % ihres Werts. Im gesamten Euroraum gingen die Preise vor diesem Hintergrund um 1,2 % zurück, nachdem sie 2010 und 2011 noch um jeweils 1 % gestiegen waren Quelle: Nationale Statistiken und EZB Berechnungen Geplatzte Immobilienblasen und ihre Folgen Nicht nur die US-Finanzkrise hat die verheerenden Folgen einer platzenden Immobilienblase deutlich gemacht. Auch in vielen europäischen Ländern, wie Großbritannien, Irland und Spanien, platzten die durch niedrige Die Folgen des enormen Preisverfalls an den europäischen Immobilienmärkten sind nur allzu bekannt und auch bei uns noch immer spürbar: Aufgrund mangelnder Schuldentragfähigkeit der privaten Haushalte sind viele kreditfinanzierte Immobilienkäufe geplatzt, sodass der Finanzsektor und die gesamte Wirtschaft ins Straucheln gerieten. Nur mit umfangreichen staatlichen Hilfen konnten Banken und Konjunktur wieder aufgepäppelt werden. Die Saat für die Staatsschuldenkrise war gesät. 1 Vgl.: EZB: Monatsbericht November 2012, S. 63f. 2 Vgl. Verband Deutscher Pfandbriefbanken (vdp): Pressemeldungen, www.pfandbrief.de. 3 Vgl. www.bulwiengesa.de. 4 Vgl. Deutsche Bundesbank, Finanzstabilitätsbericht

6. Februar 2013 Seite 2 Ein lange Zeit ungewohntes Bild: die Immobilienpreise in Deutschland ziehen wieder an Vor diesem Hintergrund wird der jüngste Anstieg der Immobilienpreise in Deutschland mit einigem Unbehagen beobachtet. Aber rechtfertigt der lange Zeit ungewohnte Anstieg damit schon die Sorge vor einer Blase am Immobilienmarkt? men betrachtet wird. Laut Berechnungen der Deutschen Bundesbank, die auf Angaben der BulwienGesa AG basieren, erhöhten sich die Preise für Wohnimmobilien in 125 deutschen Städten im Jahr 2011 um 6,3 % für neue Objekte und um 4,9 % für wiederverkaufte Immobilien 34. In den sieben größten Städten Deutschlands (Berlin, Düsseldorf, Frankfurt, Hamburg, Köln, München und Stuttgart) waren die Preiszuwächse mit 9,1 % bzw. 7,0 % noch stärker ausgeprägt. 2012 dürften die Wohnimmobilienpreise in 125 untersuchten Städten weiter um 4,2 % und in den sieben Großstädten im Durchschnitt um 7,1 % gestiegen sein. Quelle: BulwienGesa-Immobilienindex Der Blick auf den bundesdeutschen Datenkranz gibt zumindest erst einmal Entwarnung. In Deutschland sind die Preise für Wohnimmobilien den EZB Statistiken zufolge im ersten Halbjahr 2012 um rund 3 % gestiegen, nachdem sie sich 2011 um 2,6 % und 2010 um 0,5 % verteuert hatten. Der Verband Deutscher Pfandbriefbanken vdp, der mit seinem Immobilienpreisindex für selbst genutztes Wohneigentum rund 30 % der gesamten deutschen Wohnimmobilienfinanzierung abdeckt, kommt zu ähnlich moderaten Preiszuwächsen 2. Der Preisanstieg konzentriert sich auf die Ballungsräume Anders sieht es aber aus, wenn die Preisentwicklung in Großstädten bzw. Ballungsräu- 2 Vgl. Verband Deutscher Pfandbriefbanken (vdp): Pressemeldungen, www.pfandbrief.de. Quelle: vdp Überdurchschnittlich hohe Preissteigerungen wurden in den Großstädten vor allem für Eigentumswohnungen verzeichnet. Laut vdp stiegen die Preise für Eigentumswohnungen in Hamburg 2011 um rd. 8 %, in Berlin und München sogar um fast 9 %. 2012 haben sich Eigentumswohnungen in den sieben großen Städten Deutschlands weiter um durchschnittlich etwa 11 % verteuert. 3 Vgl. www.bulwiengesa.de. 4 Vgl. Deutsche Bundesbank, Finanzstabilitätsbericht 2012: Deutscher Wohnimmobilienmarkt in Bewegung, November 2012.

6. Februar 2013 Seite 3 Zu erklären ist der überdurchschnittliche Anstieg zum einen damit, dass der Nachfrageüberhang in Großstädten allein aus räumlichen Gründen nicht durch ausreichende Neubauten ausgeglichen werden kann. Zum anderen ist der Markt für Eigentumswohnungen angesichts des begrenzten Wohnraums sehr viel größer und liquider als für Einzelhäuser. Erste Sorgenfalten lassen sich vor diesem Hintergrund durchaus nachvollziehen. Solange sich der Preisanstieg und die zunehmende Nachfrage in attraktiven Großstädten wie zum Beispiel in Hamburg aber auf demographische Faktoren (Zuzüge, zunehmende Ein- und Zwei-Personen-Haushalte) und wirtschaftliche Ursachen (steigende Einkommen) zurückführen lassen, ist das Risiko von spekulativ überhitzten Immobilienmärkten begrenzt. Anders wäre es, wenn Immobilien allein aufgrund von Preissteigerungserwartungen erworben würden. Hier bestünde das Risiko, dass bei einem Abflauen der nicht spekulativ bedingten Nachfrage (Kredit-)Kartenhaus der Spekulanten einbrechen könnte. Robuste Konjunktur und Eurokrise treiben Immobilienpreise Zum jüngsten Aufschwung am Immobilienmarkt haben zum einen fundamentale Gründe, wie die robuste deutsche Konjunktur, die gute Arbeitsmarktlage und die steigenden Einkommen, beigetragen. Zum anderen haben die Folgen der Staatsschuldenkrise, namentlich das extrem niedrige Zinsniveau und die Unsicherheit über den Fortbestand des Euro, bisher zur Miete wohnende Menschen dazu angeregt, sich Immobilien zuzulegen. Aber auch private und institutionelle Investoren haben aufgrund der Unsicherheit an den Kapitalmärkten, der niedrigen Verzinsung von Staatsanleihen sowie der Sorge um den Erhalt der Geldwertstabilität Umschichtungen in Sachwerte vorgenommen und für Zuflüsse in das als inflationssicher geltende Betongold gesorgt. Anders als es anekdotischen Medienberichten zufolge erscheinen mag, sind die zunehmenden Käufe am deutschen Immobilienmarkt im Jahr 2011 so auch vor allem durch Inländer getrieben gewesen. Untersuchungen des Instituts der deutschen Wirtschaft IW haben ergeben, dass das Interesse ausländischer Käufer an deutschen Immobilien per saldo sogar zurückgegangen ist 5. Ausländer haben 2011 rund 18 % weniger Immobilien als im Vorjahr gekauft. Im Gegenzug sind mehr Verkäufe getätigt worden, vermutlich um Verluste im Heimatland zu kompensieren, was vor allem für die Niederlande, Großbritannien und die USA zugetroffen haben dürfte. Der Immobilienpreisanstieg war demnach im wahrsten Sinne des Wortes hausgemacht. Ausländische Käufer dürften somit zumindest bis zum Jahr 2011 nur einen geringen Einfluss auf den Preisanstieg am deutschen Immobilienmarkt gehabt haben. 2012 soll das Immobilienvermögen der Ausländer allerdings wieder gestiegen sein. 5 Vgl. Institut der deutschen Wirtschaft: Immobilien- Monitor Nr. 3: Kein Run auf deutsche Immobilien, September 2012 und IW Trends 4/2012: Grenzüberschreitende Immobilien-Transaktionen Umfang, Trends und Determinanten, Dezember 2012.

6. Februar 2013 Seite 4 Risiko Nr. 1: Ist der Preisanstieg fundamental gerechtfertigt? Auch wenn in Einzelfällen das Spekulationsmotiv im Vordergrund stehen mag, ist der deutsche Immobilienmarkt von einer spekulativen Blase noch weit entfernt. Dennoch gilt es, die weitere Entwicklung sorgsam zu beobachten, damit aus einer anfänglichen Überhitzung der großstädtischen Immobilienmärkte keine Risiken für die Finanzstabilität Deutschlands erwachsen. Grundsätzlich gilt: Risiken entstehen vor allem dann, wenn sich erhöhte Nachfrage und steigende Preise von den Fundamentaldaten lösen und in erster Linie durch die Spekulation auf anhaltende Wertzuwächse getrieben werden. Wie weiter vorne beschrieben ist der Preisanstieg bei Immobilien derzeit fundamental gut abgesichert. Er geht einher mit steigender Beschäftigung und Einkommenszuwächsen. So ist das Verfügbare Einkommen seit 2009 in Deutschland stärker gestiegen als der Preis für selbstgenutztes Wohneigentum. Risiko Nr. 2: Ist die Finanzierung solide? Erhebliche Risiken für die Finanzstabilität liegen des Weiteren in einer unsoliden Finanzierung des Immobilienerwerbs. Sollte die Schuldentragfähigkeit der Kreditnehmer nicht nachhaltig sein, ist das Risiko groß, dass aufgenommene Immobilienkredite bei veränderten Lebensumständen (wie Arbeitslosigkeit, Krankheit, Scheidung) oder unerwartet steigenden Zinsen (Anschlussfinanzierung) nicht mehr bedient werden können. Bei unzureichendem finanziellen Polster drohen Zwangsversteigerungen und im schlimmsten Fall Privatinsolvenzen. Verschärft wird die Situation, wenn der Wert der Immobilie im Fall einer geplatzten Preisblase immer weiter sinkt und sie wenn überhaupt nur mit großen Verlusten verkaufen werden kann. Dies wiederum kann zu einer ernsthaften Bedrohung für die Kreditfinanzierungsinstitute (Wertberichtigungen bis hin zu drohender Insolvenz) und damit letztlich für Konjunktur und Finanzmärkte werden. Traditionell ist Deutschland für eine solide Finanzierung beim Immobilienkauf bekannt. Daran hat sich bisher nichts geändert. Die jüngste vdp-erhebung 6 zeigt zumindest für den bundesweiten Wohnimmobilienmarkt (Eigenheime ohne Eigentumswohnungen) kein erhöhtes Risiko bei der Immobilienfinanzierung. Quellen: vdp und Statistisches Bundesamt Zwar ist die Kreditaufnahme der privaten Haushalte für die Wohnungsbaufinanzierung in Deutschland seit 2009 wieder gestiegen, jedoch fällt der Zuwachs (2011: +1,2 %) recht bescheiden aus. 6 Vgl. vdp: Eigenheimfinanzierung: Deutsche unverändert sicherheitsorientiert und vdp: Strukturen der Eigenheimfinanzierung 2012, Dezember 2012.

6. Februar 2013 Seite 5 Die Kreditbelastungsquote (Zinsen und Tilgung in Prozent des Nettohaushaltseinkommens) liegt aktuell bei 23 % und ist damit sogar geringer als vor drei Jahren (27 %). Ursache hierfür ist vor allem das niedrige Zinsniveau. Gleichwohl ist der Anteil des Eigenkapitals an der Finanzierung nicht zurückgegangen, sondern sogar gestiegen: von 26 % im Jahr 2009 auf 29 % im Jahr 2012. Auch der Anteil der Objekte, die zu mehr als 80 % fremdfinanziert wurden, ist gefallen und liegt aktuell bei 45 % (2009: 54 %). Durchschnittlich wurde das 5,7-fache Jahresnettoeinkommen für den Kauf von Eigenheimen investiert (2009: 5,6fach). Da angesichts des historisch niedrigen Zinsniveaus das Risiko steigender Zinsen relativ hoch ist, kommt der Zinsbindung derzeit eine ganz besondere Bedeutung zu. Auch hier gibt es grundsätzlich Entwarnung. Die Zinsbindungsfristen sind relativ lang, sodass die privaten Haushalte vorerst vor Zinsänderungsrisiken recht gut geschützt sind. Laut vdp sind die Hypothekenkredite 2012 zu knapp 40 % auf mehr als zehn Jahre festgeschrieben worden. 2009 waren es lediglich 26 %. Untersuchungen der Bundesbank mit einem abweichenden Erhebungskreis kommen auf einen Anteil der längerfristigen Finanzierung von 30 % für 2012 7. Vor diesem Hintergrund bescheinigt die Deutsche Bundesbank den Privaten Haushalten, dass die Schuldendienstfähigkeit gegeben ist und sich die konservative Finanzierungspraxis 7 Laut Bundesbank beliefen sich die Immobilienkredite an private Haushalte Mitte 2012 auf rund 980 Mrd.. Das waren knapp 70 % der Gesamtverschuldung der Konsumenten bzw. 40 % der inländischen Kreditvergabe von deutschen Kreditinstituten. risikomindern auswirkt 8. In den Ballungszentren und Großstädten sieht das Bild insbesondere am Markt für Eigentumswohnungen aber teilweise anders aus. Wie es scheint, sind Immobilienerwerber und finanzierer dort angesichts des überdurchschnittlichen Preisanstiegs und der extrem niedrigen Hypothekenzinsen eher geneigt, die Finanzierungsregeln etwas großzügiger auszulegen. Nicht immer wird zu nur 70 % bis 75 % fremdfinanziert, wie es im Bundesdurchschnitt der Fall ist. Zudem ist in einigen Ballungsgebieten der Anteil an variabel verzinsten Krediten gestiegen. So finanzieren einige Banken in Hamburg Immobilienkäufe bereits zu 100 %. Selbst über diesen Betrag hinaus gehende Summen werden vereinzelt verliehen, um den Käufern die Finanzierung der Nebenkosten (Steuern, Makler, Notar) zu ermöglichen. Hier beginnt sich die Stirn wieder in Falten zu legen. In bestimmten Fällen wird das über den Bankkredit hinausgehend benötigte Kapital über öffentliche Förderprogramme, wie Förderkredite der Hamburgischen Wohnungsbaukreditanstalt WK oder Darlehen aus dem Wohneigentumsprogramm der KfW Förderbank, bereitgestellt. Da die Kredite der Förderprogramme zumeist zweitrangig nach den Bankhypotheken im Grundbuch als Sicherheit eingetragen sind, wären sie im Falle einer Zwangsversteigerung einem höheren Risiko ausgesetzt. Ein Risiko, das wie so oft letzten Endes der Steuerzahler trägt. 8 Deutsche Bundesbank, Finanzstabilitätsbericht 2012, November 2012.

6. Februar 2013 Seite 6 Risiko Nr. 3: Steigen die Mieten entsprechend an? Ungleichgewichte am Immobilienmarkt können auch dann entstehen, wenn sich die Kaufpreise dauerhaft von den Mieten abkoppeln. Erste Anzeichen hierfür gibt es in einigen Großstädten wie Berlin, Hamburg und München, wo die Kaufpreise für Immobilien zum Teil deutlich stärker anziehen als die Mieten. Untersuchungen des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung DIW zufolge haben sich beispielsweise die Mieten in Hamburg für Eigentumswohnungen seit 2007 im Durchschnitt um 3,7 % p. a. erhöht, während die Immobilienpreise um 7,3 % p. a. zulegten 9. Sollte sich dieser Trend fortsetzen oder sogar noch verschärfen, könnte dies ein erstes Warnzeichen zumindest für das Entstehen einer großstädtischen Immobilienblase sein. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass Immobilienpreise eher ein knappes Angebot widerspiegeln können als Mieten, da diese gesetzlichen Bestimmungen (Stichwort: Mietenspiegel) unterworfen sind und somit schwerfälliger auf die Lücke zwischen Angebot und Nachfrage reagieren. Vor allem beim Kauf einer aus Renditegründen erworbenen zumeist nicht selbstgenutzten Immobilie stellt sich für den Käufer die Frage, aus welcher Richtung sich die Schere wieder schließen wird. Wird sich der Preisanstieg verlangsamen oder werden sich 9 Vgl. DIW Wochenbericht Nr. 45 2012: Wohnungspreise und Mieten steigen 2013 in vielen deutschen Großstädten weiter, November 2012. die Preise nach unten anpassen? Sollte Letzteres der Fall sein, könnten sich die Renditeerwartungen langfristig als nicht tragbar erweisen. 10 Fazit: Für Deutschland kann bundesweit nicht von einer Immobilienblase gesprochen werden. Gleichwohl lassen sich in Teilmärkten, wie in einigen Großstädten und dort ganz besonders bei Eigentumswohnungen, erste Anzeichen von Preisüberhitzung erkennen. Insgesamt betrachtet zeichnen sich bei nach wie vor solider Finanzierung bisher keine Risiken für die Finanzstabilität ab. In den Großstädten wird die Finanzierung teilweise allerdings etwas großzügiger gehandhabt. Auch wenn es noch keine Hinweise auf eine spekulative Immobilienpreisblase gibt, die mit zunehmender Verschuldung der Privathaushalte einhergeht, muss die Entwicklung von Immobilienpreisen und Immobilienfinanzierung genau beobachtet werden. Sollte die Finanzstabilität gefährdet sein, ist die Deutsche Bundesbank eigenen Aussagen zufolge durch eine Reihe von Instrumenten gut gerüstet. 11 Vertrauen wir darauf. 10 Berechnungen des DIW haben ergeben, dass der Preis einer Eigentumswohnung in Hamburg durchschnittlich erst mit 24,6 Jahresmieten finanziert ist, während der Durchschnitt in den 25 größten Städten bei 19,6 liegt. 11 Neben höheren Anforderungen an die Kapitalunterlegung wären laut Finanzstabilitätsbericht 2012 beispielsweise direkte Eingriffe in die Kreditvergabestandards, wie die Absenkung der Beleihungsgrenzen, denkbar.