ISSN 0344-919X G 4120

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ISSN 0344-919X G 4120 Ausgabe 50 13. 12. 2012 38. Jahrgang iw-dienst Informationen aus dem Institut der deutschen Wirtschaft Köln www.iwkoeln.de Schöne Bescherung Weihnachtsgeld. Viele Tarifverträge sehen vor, dass die Beschäftigten zum Jahresende eine Sonderzahlung erhalten. Häufig ist das Extra ein fester Prozentsatz des monatlichen Gehalts. Im öffentlichen Dienst gilt dabei die Regel: Je weniger qualifiziert ein Arbeitnehmer ist, desto höher ist sein Weihnachtsgeld. Mehr als die Hälfte der Beschäftigten in Deutschland wird nach einem Tarifvertrag entlohnt, und fast 90 Prozent von ihnen haben Anspruch auf Weihnachtsgeld. Ob die Arbeitnehmer überhaupt bedacht werden und wie viel sie bekommen, ist aber von Branche zu Branche höchst unterschiedlich (Grafik Seite 2). Während Bankangestellte oder Mitarbeiter der Süßwarenindustrie zu Weihnachten ein volles Monatsgehalt erhalten, gehen die Beschäftigten im ostdeutschen Baugewerbe leer aus. Auch in der Metall- und Elektro- Industrie und im Einzelhandel ist die Sonderzahlung weniger üppig. Dort werden im Westen 55 bzw. 62,5 Prozent eines Monatsentgelts gezahlt. Allerdings fällt das Urlaubsgeld in der M+E-Industrie vergleichsweise großzügig aus. Beim Weihnachtsgeld kommt in einigen Branchen noch ein Ost- West-Gefälle hinzu. In der Chemischen Industrie zum Beispiel sind im Westen bis zu 2.949 Euro drin, im Osten lediglich 1.867 Euro. Ganz extrem ist die Differenz im Bauhauptgewerbe: Im Westen kommt ein Baufacharbeiter auf 1.624 Euro, im Osten gibt es gar nichts. Ein ausgebildeter Banker wiederum erhält bis zu 2.806 Euro unabhängig Weniger Qualifikation, mehr Geld Weihnachtsgeld 2012 im öffentlichen Dienst (Kommunen) in Prozent eines Monatsentgelts WEST in Euro, jeweils Anfangsentgeltgruppe in Euro, jeweils Endentgeltgruppe in Prozent eines Monatsentgelts OST in Euro, jeweils Anfangsentgeltgruppe in Euro, jeweils Endentgeltgruppe Entgeltgruppen 1-8 90 1.374 2.313 67,5 1.030 1.735 Entgeltgruppen 9-12 80 2.209 2.918 60 1.657 2.189 Entgeltgruppen 13-15 60 2.256 2.660 Entgeltgruppen 1-8: einfache Tätigkeiten, z.b. Bote, Küchenhilfe oder mindestens zwei- oder dreijährige Ausbildung, z.b. Altenpfleger, Physiotherapeut; Entgeltgruppen 9-12: Bachelor- oder Fachhochschulabschluss, z.b. Diplom-Ingenieur, Lehrer an Grundschule; Entgeltgruppen 13-15: wissenschaftliches Hochschulstudium, Master, z.b. Dozent, Lehrer an Gymnasium; ohne Besitzstandssicherung; Modellrechnung: ganzjährig beschäftigt, zwischen Juli und September in der entsprechenden Entgeltgruppe eingruppiert und mit Erfahrungsstufe 3; ohne Beamte; Ursprungsdaten: Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände 40 1.504 1.773 Inhalt Demografiepolitik. Die Bundesregierung will mit einer Demografiestrategie Wachstum und Wohlstand in Deutschland langfristig sichern. Seite 3 Frankreich. Um die französische Wirtschaft wettbewerbsfähiger zu machen, schlägt der Gallois-Bericht radikale Reformen vor. Seite 4-5 Elektromobilität. Selbst eine Million Elektroautos würden die Kohlendioxidemissionen nur wenig verringern und den Stromverbrauch kaum beeinflussen. Seite 6 EU-Finanzmarkt. Aufgrund der jüngsten Krisen sind die finanziellen Verflechtungen zwischen den Euroländern stark zurückgegangen. Seite 7 Insolvenzen. Im Jahr 2011 mussten gut 30.000 Unternehmen einen Insolvenzantrag stellen. Besonders häufig traf es Firmen in NRW. Seite 8 Präsident: Dr. Eckart John von Freyend Direktor: Professor Dr. Michael Hüther Mitglieder: Verbände und Unternehmen in Deutschland

iw-dienst Nr. 50 13. Dezember 2012 Seite 2 davon, ob er in Dresden oder in Düsseldorf arbeitet. Da die Sonderzahlung meist als fester Prozentsatz des Monatssalärs gewährt wird, hängt die absolute Höhe von der Tätigkeit und Qualifikation ab. Ausnahmen sind jene Branchen, in denen ein einheitlicher Betrag für alle festgelegt ist, wie im Groß- und Außenhandel. Eine weitere Ausnahme ist der öffentliche Dienst. Dort bekommen die untersten Entgeltgruppen prozentual gesehen mehr Weihnachtsgeld als die obersten. Im Westen liegt der Unterschied zwischen den Gruppen bei 30 Prozentpunkten, im Osten gibt es eine Differenz von 27,5 Prozentpunkten (Grafik Seite 1). So erhält ein Beschäftigter in der Entgeltgruppe 8 dazu gehören Angestellte mit einer zwei- oder dreijährigen Ausbildung im Westen insgesamt 90 Prozent seines Monatsge- Tarifliches Weihnachtsgeld 2012 Maximaler Anspruch eines Arbeitnehmers mit abgeschlossener Berufsausbildung Bankgewerbe Süßwarenindustrie (Baden-Württemberg/Ost) Textilindustrie (Westfalen und Osnabrück/Ost) Druckindustrie Chemische Industrie (Nordrhein/Ost) Öffentlicher Dienst (Kommunen) Versicherungsgewerbe Einzelhandel (NRW/Sachsen) Metall- und Elektro- Industrie (Bayern/Sachsen) Bauhauptgewerbe Öffentlicher Dienst (Kommunen): Entgeltgruppe 5 Ursprungsdaten: WSI-Tarifarchiv, Tarifregister NRW WEST in Prozent in Euro eines Monatseinkommens 100 2.806 100 100 95 95 90 80 62,5 55 55 halts als Weihnachtsgeld, das sind 2.313 Euro. Sein Kollege in der Entgeltgruppe 9 Beschäftigte mit einem Bacheloroder Fachhochschulabschluss bekommt 80 Prozent seines Monatsgehalts und hat somit fast 100 Euro weniger Weihnachtsgeld. Die Logik dahinter: Der Beschäftigte aus der Entgeltgruppe 9 übt zwar eine höherwertige Tätigkeit aus, bekommt aber weniger Weihnachtsgeld, weil er ein höheres Grundgehalt bezieht. Im Osten klafft zwischen Angestellten der Entgeltgruppe 12 und 13 beim Weihnachtsgeld eine Differenz von fast 700 Euro. Entstanden sind diese Regelungen durch die große Tarifrechtsreform im öffentlichen Dienst im Jahr 2005. Um den neuen Tarifvertrag zu finanzieren, mussten die höheren Beschäftigtengruppen auf Teile ihres Weihnachtsgelds verzichten. 2.564 2.016 2.382 2.949 2.258 2.158 1.518 1.444 1.624 OST in Prozent in Euro eines Monatseinkommens 100 2.806 100 60 95 65 67,5 80 50 50 0 2.438 1.178 2.382 1.867 1.693 2.158 1.108 1.263 0 2012: Prognose Quelle: BITKOM Mobil funkt IKT-Branche. Der Umsatz mit Produkten und Diensten der IKT-Branche wird laut dem Verband BITKOM in diesem Jahr um 2,8 Prozent auf 152 Milliarden Euro zulegen. Der Bereich Telekommunikationsdienste ist dabei mit mehr als einem Drittel das umsatzstärkste Segment der Branche. Besonders gut laufen aber die Geschäfte der Anbieter von IT-Dienstleistungen, denn sie profitieren unter anderem von den Entwicklungen im Bereich E-Commerce und der steigenden Nachfrage nach mobilen Anwendungen für Smartphones. Allerdings ist gerade in diesem Bereich noch Luft nach oben: Vor allem kleine und mittlere Unternehmen (KMU) haben aus Sicht von IT-Dienstleistern noch viel Beratungsbedarf. Das IKT-Barometer eine Befragung von PROZEUS, eine vom BMWI geförderte ebusiness-initiative, die von der Institut der deutschen Wirtschaft Köln Consult durchgeführt wird zeigt, dass das Wissen der KMU über IKT- Anwendungen eher mau ist. Dabei bergen diese Technologien für die Unternehmen hohe Potenziale das gilt insbesondere für Betriebe, die sich auf internationalen Märkten tummeln. Weitere Informationen zum IKT-Barometer: www.prozeus.de Foto: MEV/ Waltraud Baeuerle IKT-Markt in Deutschland Umsatz mit Produkten und Dienstleistungen der Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT) in Milliarden Euro Veränderung gegenüber Vorjahr in Prozent 2009 2010 2011 2012 139,4 145,8 147,9 152,0-4,1 4,6 1,4 2,8

Seite 3 13. Dezember 2012 Nr. 50 iw-dienst Gestalten statt verwalten Demografiepolitik. Die Bundesregierung hat eine Demografiestrategie auf den Weg gebracht, die Wachstum und Wohlstand in Deutschland langfristig sichern soll. Noch besser wäre es allerdings, wenn ein eigenes Demografieministerium sich dieser komplexen Aufgabe annehmen würde. Deutschland kommt in die Jahre Bevölkerung zwischen 20 und 67 Jahren in 1.000 1.300 2010 1.100 900 976 2030 1.302 902 Deutschland verändert sich: Dauerhaft niedrige Geburtenzahlen lassen die Bevölkerungszahl in Zukunft deutlich sinken: Zwischen 2010 und 2030 schrumpft die Wohnbevölkerung in Deutschland um etwa 2,5 Millionen Menschen. Weil zugleich die Lebenserwartung steigt, sind jedoch nicht alle Altersgruppen von dieser Entwicklung gleichmäßig betroffen (Grafik): Mit einem Minus von 4,8 Millionen Personen fällt der Bevölkerungsschwund bei den 20- bis 67-Jährigen besonders groß aus. Auch Kinder und Jugendliche werden rarer (minus 1,8 Millionen). Die Zahl der über 67-Jährigen dagegen nimmt bis 2030 um circa 4,1 Millionen zu. Diese Verschiebung der Bevölkerungspyramide wird Deutschland verändern: Laut Sachverständigenrat kostet allein der demografiebedingte Rückgang des Arbeitsvolumens in den Jahren 2020 bis 2035 zwischen 0,5 und 0,6 Prozentpunkte des potenziellen Wirtschaftswachstums pro Jahr. Um dies zu verhindern, hat die Bundesregierung unter dem Titel Jedes Alter zählt eine Demografiestrategie auf den Weg gebracht, die sechs Handlungsfelder beinhaltet: Unter dem Motto Familien als Gemeinschaft stärken sollen die 700 701 0 Alter 20 25 30 35 40 45 50 55 60 65 67 Bevölkerung im Jahr 2030: Prognose bei einer Geburtenhäufigkeit von 1,4 Kindern je Frau Quelle: Statistisches Bundesamt Rahmenbedingungen für Eltern verbessert werden. Dazu zählen u.a. der Ausbau der Kinderbetreuung und familiengerechte Arbeitszeiten. Damit ältere Menschen motiviert, qualifiziert und gesund arbeiten, müssen sie geistig und körperlich fit sein. Altersgerechte Arbeitsplätze, Weiterbildungsallianzen und betriebliche Gesundheitsförderung sollen dazu einen wichtigen Beitrag leisten. Selbstbestimmt Leben im Alter wollen die allermeisten am liebsten im vertrauten Umfeld. Die Demografiestrategie schlägt daher eine Neuausrichtung der Pflegeversicherung vor. Zudem soll die Attraktivität der Pflegeberufe erhöht werden. Weil in vielen Regionen die Bevölkerung zurückgeht, in manchen dagegen ein Zuwachs erwartet wird, heißt es Lebensqualität in ländlichen Räumen und integrative Stadtpolitik fördern zum Beispiel durch flächendeckende Internetanschlüsse. Die Grundlagen für nachhaltiges Wachstum und Wohlstand sichern primär Bildung und Ausbildung in Form von frühkindlicher Betreuung, Lese- und Sprachförderung oder zusätzlichen Studienplätzen. Um die Handlungsfähigkeit des Staats erhalten zu können, sollten die Defizite im Bundeshaushalt abgebaut werden, idealerweise ergänzt durch eine neue europäische Stabilitätskultur. Mit dieser umfassenden Demografiestrategie unter Federführung des Bundesinnenministeriums ziehen bereits acht Ministerien gemeinsam mit dem Kanzleramt erste Leitplanken für den demografischen Wandel hoch. Um die Entwicklung ressortübergreifend zu meistern, könnte man allerdings auch über ein eigenes Demografieministerium nachdenken. Information Michael Hüther, Gerhard Naegele (Hrsg.): Demografiepolitik Herausforderung und Handlungsfelder, Springer Fachmedien, Wiesbaden, 2013

iw-dienst Nr. 50 13. Dezember 2012 Seite 4 Nachbar unter Druck Deutschland und Frankreich im Vergleich -3,1 2009 2012 Reales Bruttoinlandsprodukt (BIP) Veränderung gegenüber Vorjahr in Prozent F D 0,9 0,1-5,1 Schuldenstand in Prozent des BIP 79,2 74,7 90,0 83,0-7,6-1,3 Haushaltssaldo in Prozent des BIP -3,2-4,7-0,4 Leistungsbilanzsaldo in Prozent des BIP 5,9 5,4-1,7 Arbeitslosenquote in Prozent 10,7 9,1 7,8 5,4 Jugendarbeitslosenquote in Prozent 25,5 23,2 11,0 8,1 2012: Prognose des IWF; Arbeitslosenquote und Jugendarbeitslosenquote: jeweils saisonal bereinigte Angaben für Oktober 2012; Quellen: Internationaler Währungsfonds (IWF), Eurostat Frankreich. Die französische Wirtschaft ist nicht wettbewerbsfähig, heißt es im sogenannten Gallois-Bericht. Um dies zu ändern, schlagen die Verfasser ähnlich radikale Reformen vor wie die Hartz-Kommission in Deutschland vor zehn Jahren. Ob Alstom, Airbus, Renault, Peugeot, Dassault oder Areva die Franzosen sind stolz auf ihre Industrie. Die Welt sieht das aber offenkundig anders. Denn die französischen Exporteure haben in den vergangenen Jahren massiv Marktanteile verloren: Im Jahr 1998 waren noch 5,8 Prozent der weltweiten Warenexporte Fabriqué en France, 2011 nur noch 3,3 Prozent. Parallel dazu hat sich die Handelsbilanz der Franzosen verschlechtert. Während sie bis 2003 mehr exportierten als importierten, ist es heute umgekehrt. Allein im vergangenen Jahr betrug der Importüberhang mehr als 70 Milliarden Euro. Zum Vergleich: Deutschland erwirtschaftete im Warenhandel einen Exportüberschuss von 158 Milliarden Euro, ein Fünftel mehr als 2003. Die mangelnde Wettbewerbsfähigkeit der französischen Industrie hat viele Ursachen. Beigetragen hat dazu auch, dass die Unternehmen vom Staat massiv subventioniert wurden, das gilt insbesondere für die kriselnde Autoindustrie. So stützt die sozialistische Regierung zum Beispiel mit hohen Prämien den Kauf von Hybrid- und Elektroautos. Diese freigiebige Politik verfolgt auch eine umweltpolitische Zielsetzung. Staatliche Lenkung kann jedoch nach hinten losgehen, wenn die geförderten Technologien nicht den Kundenwünschen entsprechen und keine Abnehmer finden. Dabei kommt die Förderung den Staat teuer zu stehen (Grafik): Die französische Staatsverschuldung ist von 22 Prozent des Bruttoinlandsprodukts 1980 auf 90 Prozent im Jahr 2012 gestiegen. Frankreichs Staatsquote ist mit 56 Prozent die zweithöchste der EU. In Deutschland dagegen machten die Staatsausgaben zuletzt 45 Prozent des Bruttoinlandsprodukts aus. Die Franzosen haben sich damit in einen Teufelskreis begeben, denn der ausufernde Haushalt muss letztlich auch über höhere Steuern und Sozialabgaben finanziert werden. Dabei lag die Steuerquote zuletzt mit 26 Prozent um mehr als 4 Prozentpunkte über der deutschen und die gesamte Abgabenquote war mit fast 43 Prozent um 6,5 Prozentpunkte höher. Dies schmälert die Attraktivität Frankreichs als Produktionsstandort zusätzlich. Die Kostensituation der Unternehmen wird auch durch einen im internationalen Vergleich hohen Mindestlohn von derzeit 9,40 Euro je Stunde verschärft. Er gilt für alle Arbeitnehmer, die das 18. Lebensjahr vollendet haben. Fast jeder sechste Beschäftigte bekommt ihn. Die Regierung weiß offenbar um die wettbewerbsschädigende Wirkung eines zu hohen Mindestlohns und versucht, ihn herunterzusubventionieren, indem sie den Arbeitgeberanteil zur Sozialversicherung reduziert: Ein Arbeitgeber, der einen

Seite 5 13. Dezember 2012 Nr. 50 iw-dienst Mindestlohnbezieher einstellt, zahlt für diesen statt 40 nur 14 Prozent Sozialversicherungsbeiträge. Seit 2001 zahlt Paris zudem eine Beschäftigungsprämie für Niedriglohnbezieher. Nach Schätzungen des Zentrums für Information und Forschung über das heutige Deutschland (CIRAC) kostet jeder neu geschaffene Arbeitsplatz auf Mindestlohnniveau den Staat im Schnitt 70.000 Euro. Trotz der Lohnbeihilfen tritt der französische Arbeitsmarkt auf der Stelle. Die seit Jahrzehnten hohe Arbeitslosenquote steuert auf die 11-Prozent-Marke zu, in Deutschland ist sie nach Eurostat-Definition gerade einmal halb so hoch. Die französische Jugendarbeitslosigkeit liegt aktuell bei 25 Prozent dreimal so hoch wie in Deutschland. Noch eine weitere Fehlentscheidung in Paris hat die Arbeitskosten nach oben getrieben: Zur Jahrtausendwende hat die damalige Regierung von Lionel Jospin die Unternehmen gezwungen, schrittweise die 35-Stunden-Woche einzuführen. Inzwischen wurde die Regelung zwar wieder gelockert jetzt dürfen Unternehmen zumindest mehr Überstunden fahren. In der Folge lag im Jahr 2011 die tatsächliche Arbeitszeit eines Vollzeitbeschäftigten bei 41,2 Wochenstunden. Überstunden sind allerdings deutlich teurer als eine normale Arbeitsstunde, die Zuschläge betragen stolze 25 Prozent. Die gesetzliche 35-Stunden-Woche wird deshalb auch in Regierungskreisen offen kritisiert. Immerhin kann Frankreich eine moderate, wettbewerbsfreundliche Lohnentwicklung attestiert werden. Seit 2007 stiegen die Tariflöhne um 12,6 Prozent und damit fast genauso wie in Deutschland (Grafik). Die besorgniserregende Lage der französischen Wirtschaft war der Anlass für den Anfang November veröffentlichten Gallois-Bericht. Der ehemalige EADS-Chef und gegenwärtige Regierungsbeauftragte für Investitionsfragen Louis Gallois schlägt eine Schocktherapie vor, um die französische Wirtschaft wettbewerbsfähig zu machen (Kasten). Ob die Maßnahmen umgesetzt werden, ist aber fraglich. Die Regie- Was Gallois fordert Senkung der Lohnnebenkosten im Lauf der nächsten zwei Jahre um 30 Milliarden Euro bzw. 1,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (20 Milliarden Euro auf Arbeitgeberseite und 10 Milliarden Euro auf Arbeitnehmerseite). Die Zahl der dualen Ausbildungsplätze nach deutschem Vorbild soll innerhalb von fünf Jahren verdoppelt werden. Die Forschung soll steuerlich stärker gefördert werden etwa durch eine Steuergutschrift auf FuE-Aufwendungen. Kleine und mittlere Unternehmen (KMU) sollen bei der öffentlichen Auftragsvergabe stärker berücksichtigt werden. Der Staat soll für von KMU entwickelte Innovationen und Prototypen 2 Prozent seines Beschaffungsetats ausgeben etwa für neue Demonstrationsanlagen zur Wasseraufbereitung. Tariflöhne im Gleichschritt F 2,4 D 2,7 102,4 102,7 Ursprungsdaten: Statistisches Bundesamt 3,0 3,0 105,5 105,8 Tariflohnzuwachs in Prozent 2,7 2,2 Tariflohnindex 2006 =100 108,3 108,1 rung von François Hollande zeigt jedenfalls wenig Reformeifer. Vielleicht schreckt sie das Schicksal der Regierung Schröder ab, die mit den Hartz-Reformen zwar die deutsche Wirtschaft gestärkt hat, aber von den Wählern ob der Zumutungen in den Ruhestand geschickt wurde. Die vorgeschlagenen Maßnahmen sollen durch höhere Steuern und eine Reduzierung öffentlicher Ausgaben finanziert werden. So sollen die reduzierten Mehrwertsteuersätze angehoben werden das würde 5 bis 6 Milliarden Euro in die Kassen bringen. Die Sozialsteuer CSG (Contribution Sociale Généralisée) soll ebenfalls erhöht werden; sie wird auf alle Einkommensarten erhoben (auch Kapitaleinkommen) und ersetzt seit 1998 fast vollständig den Arbeitnehmerbeitrag zur Krankenversicherung. Die CSG beträgt derzeit 7,5 Prozent und soll um 2 Prozentpunkte erhöht werden. Das brächte 20 bis 22 Milliarden Euro zusätzlich. Eine CO 2 -Steuer, eine Vermögenssteuer und eine Finanztransaktionssteuer sollen für weitere Mehreinnahmen von 2 bis 3 Milliarden Euro sorgen. 1,8 1,8 110,3 110,1 2,1 2,2 2007 2008 2009 2010 2011 112,6 112,5

iw-dienst Nr. 50 13. Dezember 2012 Seite 6 Die E-Revolution fällt aus Elektromobilität. Bislang rollen nur sehr wenige elektrisch betriebene Autos über Deutschlands Straßen. Doch selbst wenn es die von der Bundesregierung anvisierten eine Million Elektrofahrzeuge irgendwann gibt sie verringern die Kohlendioxidemissionen nur wenig und beeinflussen auch den Stromverbrauch kaum. In den Szenarien der Energiewende-Befürworter spielen Elektroautos eine wichtige Rolle. Doch bis diese Fahrzeuge den Straßenverkehr spürbar sauberer machen und die Abhängigkeit Deutschlands von Ölimporten verringern können, ist es noch ein weiter Weg. Zu Beginn des Jahres 2012 waren gut 4.500 reine Elektroautos und knapp 48.000 Hybridfahrzeuge beim Kraftfahrt-Bundesamt gemeldet bei mehr als 30 Millionen Benzin- und fast 12 Millionen Diesel-Pkws. Zur Jahresmitte ist die Zahl der Elektrofahrzeuge zwar auf etwa 6.000 gestiegen, doch gemessen an Genug Windenergie für Elektroautos in Megawatt 14.000 12.000 10.000 In Deutschland eingespeiste Windenergie im Januar 2011 den Zielen der Politik ist der Zuwachs gering. Schließlich würde die Bundesregierung im Jahr 2020 gerne eine Million Elektroautos einschließlich bestimmter Hybridtypen auf Deutschlands Straßen sehen. Doch selbst das würde die Umwelt vorerst kaum entlasten können: Ein Elektrofahrzeug der Kompaktklasse verbraucht etwa 20 Kilowattstunden Strom auf 100 Kilometer. Beim heutigen deutschen Strommix resultieren daraus Kohlendioxidemissionen von 113 Gramm je Kilometer das schaffen besonders verbrauchsarme Benzin-Pkws aber auch. Zu echten Ökoautos werden sich Elektrofahrzeuge erst dann entwickeln, wenn der Strom verstärkt aus sauberen Quellen kommt. In Norwegen zum Beispiel, wo Strom zu einem großen Teil aus Wasserkraft gewonnen wird, emittieren Elektrofahrzeuge nur 1 Gramm Kohlendioxid pro Kilometer. Weil die Zahl der batteriebetriebenen Fahrzeuge auch dann recht So viel Leistung könnten eine Million Elektroautos abnehmen gering bleibt, wenn die Pläne der Bundesregierung Realität werden, ist der Strombedarf dieser Pkws ebenfalls vernachlässigbar: Selbst eine Million Elektroautos benötigen insgesamt nur etwa 2 Milliarden Kilowattstunden Strom im Jahr das wären lediglich 0,33 Prozent des in Deutschland im Jahr 2011 erzeugten Stroms. Damit wäre der Bedarf der E- Fahrzeuge erst mal kein Problem. Dies zeigt sich auch, wenn die von ihnen künftig benötigte Energie mit der bereits heute verfügbaren Ökostrommenge verglichen wird. So hätte der in der ersten Januarwoche 2011 aus Windkraft erzeugte Strom selbst in windschwachen Phasen ausgereicht, eine Million Elektroautos nachts aufzuladen (Grafik). Aus Sicht der Stromnetzbetreiber ist dieser Energiebedarf jedoch zu niedrig. Denn sie hoffen darauf, dass die Elektrofahrzeug-Flotte in den Nachtstunden einen großen Teil des eingespeisten Windstroms verbrauchen und damit zur Netzstabilität beitragen könnte. Diese ist nur gewährleistet, wenn Stromeinspeisung und -verbrauch übereinstimmen. So aber müssen auch weiterhin konventionelle Kraftwerke die überschüssige nächtliche Stromproduktion aus Windkraft ausregeln. 8.000 6.000 4.000 2.000 0 1. Januar 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. Ursprungsdaten: Stromnetzbetreiber Information IW-Analysen Nr. 84 Eric Heymann, Oliver Koppel, Thomas Puls: Evolution statt Revolution die Zukunft der Elektromobilität, Köln 2013, 110 Seiten, 19,90 Euro Versandkostenfreie Bestellung unter: www.iwmedien.de/bookshop

Seite 7 13. Dezember 2012 Nr. 50 iw-dienst Die Integration bröckelt EU-Finanzmarkt. Aufgrund der globalen Finanz- und der Euro-Schuldenkrise sind die finanziellen Verflechtungen zwischen den Euroländern stark zurückgegangen. Ein Gradmesser für die Finanzmarktintegration sind die grenzüberschreitenden Kredit- und Wertpapierforderungen der Banken aus dem Euroraum gegenüber den Euroländern. Diese sind nach der Einführung der Gemeinschaftswährung beträchtlich gestiegen: Die Forderungen der Banken aus den wichtigsten Euroländern gegenüber der Eurozone haben sich von 1999 bis 2008 fast um das 4,5-Fache erhöht. Mit der globalen Finanzkrise sowie der Euro-Schuldenkrise hat sich dieser Trend allerdings komplett ins Gegenteil verkehrt (Grafik): Vom zweiten Quartal 2008 bis zum ersten Quartal 2012 sanken die Forderungen der Geschäftsbanken aus den wichtigsten Euroländern gegenüber der gesamten Eurozone um 42 Prozent, gegenüber den Krisenstaaten sogar um mehr als 50 Prozent. Zwar liegt die Summe der aktuellen Bankenforderungen immer noch deutlich über dem Niveau von 1999, doch die finanzielle Desintegration zeigt sich auch in anderen Bereichen beispielsweise im Rückzug ausländischer Investoren aus Staatsanleihen. Anfang 2010 hielten ausländische Anleger 54 Prozent der Staatsanleihen aus Krisenländern, zwei Jahre später waren es nur noch 39 Prozent. Diese Renationalisierung der Finanzmärkte geht vor allem auf die Euroraum: Finanzielle Verflechtungen gehen deutlich zurück Um so viel Prozent sanken die grenzüberschreitenden Forderungen der Banken aus acht ausgewählten Euroländern gegenüber diesen Ländern zwischen dem zweiten Quartal 2008 und dem ersten Quartal 2012 Lesebeispiel: Im genannten Zeitraum sanken die Kredit- und Wertpapierforderungen belgischer, deutscher, französischer, italienischer, niederländischer, österreichischer, portugiesischer und spanischer Geschäftsbanken gegenüber dem griechischen Staat sowie den griechischen Banken, Unternehmen und Haushalten um rund 59 Prozent. -64,5-59,1-50,7-48,8-47,6-46,5-51,5-41,8-34,6-34,6-34,3-33,6-31,8 Acht Euroländer: Belgien, Deutschland, Frankreich, Italien, Niederlande, Österreich, Portugal, Spanien; Daten vereinzelt durch Schätzungen vervollständigt GIIPS: Griechenland, Irland, Italien, Portugal, Spanien Euroländer: Euroraum ohne Estland und Slowenien Ursprungsdaten: Bank für Internationalen Zahlungsausgleich Sorge vieler Anleger zurück, die daran zweifeln, ob die Krisenländer ihre hohen Auslandsschulden zurückzahlen können und die überdies (weitere) Bankenpleiten befürchten. Doch nicht nur die Krisenstaaten leiden unter der Zurückhaltung ausländischer Investoren. Auch Euroländer mit guter Bonität müssen bei Kredit- und Wertpapiergeschäften mit ausländischen Geschäftsbanken teils erhebliche Rückgänge verkraften. So sind auch die deutschen Verbindlichkeiten zwischen dem zweiten -18,0-17,3-16,8-0,6 Irland Griechenland Spanien Niederlande Frankreich Italien Zypern Portugal Österreich Deutschland Luxemburg Finnland Malta Slowakei Belgien GIIPS Euroländer Quartal 2008 und dem ersten Quartal 2012 um gut ein Drittel gesunken Deutschland steuerte damit immerhin rund 5 Prozentpunkte zum gesamten Rückgang innerhalb der Eurozone bei. Information aus IW-Trends 4/2012 Jürgen Matthes, Simon Rother: Krisenwirkungen auf die Finanzverflechtungen im Euroraum www.iwkoeln.de/trends

iw-dienst Nr. 50 13. Dezember 2012 Seite 8 Das Rätsel an der Ruhr Insolvenzen. Im Jahr 2011 mussten etwas mehr als 30.000 Unternehmen einen Insolvenzantrag stellen, weil sie überschuldet oder nicht mehr liquide genug waren, um ihre Geschäfte fortzuführen. Bundesweit gab es im vergangenen Jahr 6 Prozent weniger Insolvenzen als 2010, im Vergleich zum krisengeschüttelten 2009 betrug das Minus sogar 8 Prozent. Auch 2012 sieht es ganz gut aus: In den ersten sechs Monaten wurden trotz spektakulärer Fälle wie Schlecker 1 Prozent weniger Pleiten verzeichnet als im Vorjahreszeitraum. Besonders anfällig für finanzielle Probleme schienen zuletzt die Betriebe in Nordrhein-Westfalen zu sein (Grafik): Im Jahr 2011 gab es 11.215 Insolvenzen an Rhein und Ruhr, das waren 37 Prozent aller Fälle in Deutschland. Anders ausgedrückt: In NRW ist das Risiko einer Firmenpleite nahezu 80 Prozent höher als im Bundesdurchschnitt. Im industriestarken Baden- Württemberg dagegen ist die Insolvenzgefahr nicht einmal ein Drittel so groß wie im bevölkerungsreichsten Bundesland. Die Wirtschaftslage und -struktur allein kann diese Unterschiede kaum erklären. So gibt es in Ostdeutschland seltener Pleiten als in NRW, obwohl die Wirtschaft schwächer ist. In Thüringen beispielsweise müssen relativ wenige Firmen aufgeben. Die Arbeitslosenquote zwischen Altenburg und Eichsfeld ist zwar mit unter 8 Prozent die geringste Ostdeutschlands, Viele Pleiten in NRW im Jahr 2011 je 10.000 Unternehmen 150 Nordrhein- Westfalen 69 Rheinland- Pfalz 98 Saarland Logib-D sucht Unternehmen Noch bis Ende Dezember können sich Unternehmen im Rahmen des Projekts Logib-D (Lohngleichheit im Betrieb Deutschland) um eine kostenlose Vergütungsberatung bewerben. Die vom Bundesfamilienministerium geförderte Initiative stellt für 200 Firmen ein Beratungspaket bereit, mit dem die Entlohnungsunterschiede zwischen Frauen und Männern sowie deren Ursachen ermittelt werden können. Eine professionelle Beratung hilft bei der Auswertung der ermittelten Daten und bietet darüber hinaus 94 58 Hessen 47 73 Bremen Hamburg Baden- Württemberg 82 Unternehmen: Stand 2009 Ursprungsdaten: Statistisches Bundesamt 88 Niedersachsen Schleswig- Holstein 54 Thüringen 54 Bayern 65 Brandenburg Mecklenburg- Vorpommern 95 Sachsen- Anhalt 87 Berlin 93 Sachsen 63 Deutschland 84 zugleich ist das Land aber sehr kleinbetrieblich strukturiert und hat gemeinsam mit Mecklenburg-Vorpommern die niedrigste Wirtschaftskraft je Einwohner in Deutschland. einen Workshop an, in dem u.a. Wege diskutiert werden, wie die Unternehmen ihre Entgeltstrukturen optimieren können. Unternehmen, die die Logib-D-Beratung erfolgreich abschließen, werden vom Ministerium mit dem Label Logib-D geprüft ausgezeichnet. Sie können damit ihr Engagement im Bereich der Entgeltgleichheit dokumentieren und das Label beispielsweise bei ihrer Suche nach Fach- und Führungskräften einsetzen. Weitere Informationen: www.logib-d.de Herausgeber: Institut der deutschen Wirtschaft Köln Chefredakteur: Axel Rhein Stellv. Chefredakteur: Klaus Schäfer (verantwortlich) Redaktion: Andreas Wodok (Textchef), Irina Berenfeld, Sylvia Miskowiec, Berit Schmiedendorf, Alexander Weber Redaktionsassistenz: Angelika Goldenberg Grafik: Michael Kaspers, Ralf Sassen Telefon: 0221 4981-523, Fax: 0221 4981-504 E-Mail: iwd@iwkoeln.de Erscheinungsweise wöchentlich Bezugspreis: 8,47/ Monat, zzgl. 3,01 Versandkosten, inkl. Mehrwertsteuer Abo-Service: 0221 4981-443, hartmann@iwkoeln.de Verlag: Institut der deutschen Wirtschaft Köln Medien GmbH, Postfach 10 18 63, 50458 Köln, Konrad-Adenauer-Ufer 21, 50668 Köln Telefon: 0221 4981-0, Fax: 0221 4981-445 Druck: Warlich Druck Meckenheim GmbH, Meckenheim Dem iwd wird einmal monatlich (außer Januar und Dezember) Wirtschaft und Unterricht beigelegt. Rechte für den Nach druck oder die elektro - nische Verwertung über: lizenzen@iwkoeln.de Rechte für elektronische Pressespiegel unter: www.pressemonitor.de