Familienrecht Vorlesung 6. Familienrecht



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Familienrecht Abschnitt 5 Überblick Güterrecht mit Gütertrennung und Gütergemeinschaft 4. Dezember 2014 Notar Dr. Christian Kesseler 1

Die Güterstände des BGB (I) Zugewinngemeinschaft (Gesetzlicher Güterstand tritt durch Eheschließung ein) Gütertrennung lässt den Partnern mehr Unabhängigkeit als Zugewinngemeinschaft Gütertrennung (Wahlgüterstand) Zugewinngemeinschaft lässt den Partnern mehr Unabhängigkeit als Gütergemeinschaft Gütergemeinschaft (Wahlgüterstand) Durch Ehevertrag können Güterstände gewählt und modifiziert werden ( 1408 BGB)! 4. Dezember 2014 Notar Dr. Christian Kesseler 2

Die Güterstände des BGB (II) Gütertrennung ( 1414) Vermögen bleibt völlig getrennt, Ehe hat keine Auswirkungen auf die Vermögen der Partner. Zugewinngemeinschaft ( 1363-1390) Vermögen bleibt völlig getrennt, bei Auflösung durch Tod oder Scheidung wird der Zugewinn geteilt. Gütergemeinschaft (1408-1518) Verschmelzung der Vermögen zu einem Gesamtgut, das beiden zusteht und für die Verbindlichkeiten von beiden haftet. Bei Auflösung Teilung des Gesamtgutes. 4. Dezember 2014 Notar Dr. Christian Kesseler 3

Gütergemeinschaft Begründung allein durch Ehevertrag im Sinne der 1408, 1415 BGB Im Grundsatz Verschmelzung beider Vermögen nach 1416 Abs. 1 zu einem gesamthänderisch gebundenen Gesamtgut Entstehung des Gesamtgutes im Wege der Universalsukzession, d.h. ohne Einzelrechtsnachfolge, 1416 Abs. 2 und 3 Im Grundsatz gemeinsame Haftung für die Schulden, aber erhebliche Ausnahmen Auseinandersetzung als Aufhebung Gesamthand 4. Dezember 2014 Notar Dr. Christian Kesseler 4

Vermögensmassen Gesamtgut: Verschmolzenes Vermögen, keine Verfügung über Beteiligung möglich, 1419 - gemeinsame Verwaltung oder Verwaltung durch einen Ehegatten Sondergut: Vermögensgegenstände, die nicht übertragen und damit auch nicht in das Gesamtgut überführt werden können (Beteiligung, Nießbrauch etc.), wirtschaftlich diesem aber zuzuordnen sind, 1417 Abs. 3 S. 2 - Einzelverwaltung für das Gesamtgut Vorbehaltsgut: Einzelvermögen jedes Ehegatten ( 1418), begründet durch Ehevertrag (Abs. 2 Nr. 1), Drittbestimmung (Abs. 2 Nr. 2), Ertrag oder Surrogat (Abs. 2 Nr. 3) - Einzelverwaltung auf je eigene Rechnung. => Insgesamt also bis zu 5 Vermögensmassen 4. Dezember 2014 Notar Dr. Christian Kesseler 5

Verwaltung und Haftung Verwaltung: 1. Das Gesamtgut wird im Grundsatz gemeinschaftlich verwaltet, 1421. Regelungen dazu unter den 1440-1470. Durch Ehevertrag kann die Verwaltung einem der Ehegatten zugewiesen werden. Regelungen dazu dann unter den 1422-1449. 2. Das Sondergut verwaltet jeder der Ehegatten selbst, da dieses aufgrund seiner Art nur einem einzelnen zugewiesen sein kann. Allerdings wird es für Rechnung der Gemeinschaft verwaltet. 1417 3. Das Vorbehaltsgut verwaltet ebenfalls jeder Ehegatte selbst, und zwar auf eigene Rechnung. 1418. 4. Dezember 2014 Notar Dr. Christian Kesseler 6

Verwaltung und Haftung Haftung: Für die schulden jedes Ehegatten haftet dieser zunächst einmal selbst mit seinem Vorbehalts- und Sondergut. Für die gesetzlichen Verbindlichkeiten haftet unabhängig von der Verwaltungsregelung immer auch das Gesamtgut, 1437 Abs. 1 und 1459 Abs. 1 Bei gemeinsamer Verwaltung haftet das Gesamtgut auch für alle rechtsgeschäftlich begründeten Verbindlichkeiten beider Partner, soweit beide Partner diesen zugestimmt haben und es sich nicht um Sonder- oder Vorbehaltsguts-Verbindlichkeiten handelt. Im Zustimmungsfall haften auch beide sonstigen Vermögensmassen Bei einseitiger Verwaltung haftet das Gesamtgut nur bei Verpflichtung durch den Verwalter. Dieser haftet aber auch mit seinem Sonder- und Vorbehaltsgut für die Verbindlichkeiten des nicht verwaltenden Partners, soweit diese nicht ohne Zustimmung begründet wurden 4. Dezember 2014 Notar Dr. Christian Kesseler 7

Gütertrennung Rechtliche Wirkungen: - 4. Dezember 2014 Notar Dr. Christian Kesseler 8

Die Zugewinngemeinschaft Gesetzlicher Güterstand Im Grundsatz hat der Güterstand erst Auswirkungen bei dessen Beendigung Ausnahmen: Verfügungsbeschränkung des 1365 BGB Verfügungsbeschränkung des 1369 BGB 4. Dezember 2014 Notar Dr. Christian Kesseler 9

Der Ausgleich Ausgleich mit genauer Berechnung des Zugewinns bei Beendigung des Güterstandes aus anderen Gründen als dem Tod: Scheidung, ehevertragliche Aufhebung, Fälle des 1385 BGB Bei Aufhebung durch Tod: grundsätzlich erbrechtliche Lösung ( 1371 BGB), aber: 1371 Abs. 2 BGB 4. Dezember 2014 Notar Dr. Christian Kesseler 10

Fallbeispiel Keusch und Untreu gehen mit Ausnahme der Wohnung der Keusch im Wert von 400.000,-- beide ohne Vermögen in die Ehe. Als es zur Scheidung kommt, hat Keusch das Ballettstudio mit einem Wert von 150.000,-- und einen Geschäftskredit der Bank über noch 130.000,--. Untreu hat im Lotto 50.000,-- gewonnen, von denen noch 40.000,-- auf dem Konto liegen. Nach einer gelungenen Aktienspekulation sind von den anderen 10.000,-- noch 5.000,-- vorhanden. Welche Ansprüche bestehen? 4. Dezember 2014 Notar Dr. Christian Kesseler 11

Lösung bei gesetzlichem Güterstand Ausgleichsforderung der Keusch gegen Untreu aus 1378 Abs. 1 BGB? Voraussetzung: Beendigung des Güterstandes auf andere Weise als durch Tod (d.h. insbes. durch Scheidung oder vertragliche Aufhebung) (+) Zugewinn des M isv 1373? => Bilanzierung des Anfangs- und Endvermögens 4. Dezember 2014 Notar Dr. Christian Kesseler 12

Lösung bei gesetzlichem Güterstand Zugewinn des Untreu: Zugewinn der Keusch: Endvermögen: 45.000 Anfangsvermögen: 0 Zugewinn: 45.000 Überschuss: 25.000 Endvermögen: 420.000 Anfangsvermögen: 400.000 Zugewinn: 20.000 Ausgleichsforderung: 12.500 4. Dezember 2014 Notar Dr. Christian Kesseler 13

Lösung bei Gütertrennung Voraussetzung: Vereinbarung der Gütertrennung durch Ehevertrag ( 1408, 1414) oder vorzeitiger Zugewinnausgleich nach 1385 ff.) Wenn Gütertrennung vereinbart ist, hat die Scheidung keine vermögensrechtlichen Auswirkungen. Keinem der Partner steht eine Ausgleichsforderung zu. 4. Dezember 2014 Notar Dr. Christian Kesseler 14

Lösung bei Gütergemeinschaft (I) Voraussetzung: Vereinbarung der Gütergemeinschaft durch Ehevertrag ( 1408, 1415 BGB). Während der Ehe sind Grundstück, Studio, Aktien und Kontoguthaben wie auch der Kredit gemeinschaftliches Vermögen von Untreu und Keusch, es sei denn, sie sind durch Ehevertrag zum Vorbehaltsgut erklärt worden ( 1418 BGB). Nach Auflösung der Ehe: Auseinandersetzung nach 1477 ff., 752 ff. 4. Dezember 2014 Notar Dr. Christian Kesseler 15

Lösung bei Gütergemeinschaft II Hinsichtlich des Grundstücks: Möglichkeit der Keusch zur Übernahme gegen Wertersatz nach 1477 BGB; für alle übrigen Gegenstände: Veräußerung nach 753 (Studio) oder Realteilung nach 752 (Aktien, Kontogeld). Keusch erhält vorab den Wert des Grundstücks ( 1478 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 bzw. kann durch Aufrechnung das Grundstück ohne Wertersatz übernehmen. Dann erhält jeder Ehegatte wertmäßig die Hälfte der übrigen Vermögensgegenstände. à Keusch erhält ie denselben Wert wie bei Zugewinngemeinschaft. 4. Dezember 2014 Notar Dr. Christian Kesseler 16