3 Inhalt Allgemeines zum Arbeitsmarkt 4 Löhne und Gehälter 19 Prämien, Provisionen, Zusatzleistungen 37 Sozialversicherungsbeiträge 45 Arbeitsrecht 54 Kontaktanschriften 71
4 Allgemeines zum Arbeitsmarkt Die Slowakei konnte nach ihrem Beitritt zur Europäischen Union (1.5.2004) und bis zum Ausbruch der globalen Finanz- und Wirtschaftskrise deutliche Erfolge bei der Eindämmung der im EU-Vergleich sehr hohen Arbeitslosigkeit verbuchen. Für den Aufschwung sorgten die Schaffung neuer Arbeitsplätze in allen Wirtschaftsbereichen, darunter namentlich in der verarbeitenden Industrie, die Einführung strenger Regeln für den Bezug von Arbeitslosengeld (monatlicher Höchstbetrag 2010: 261 Euro) und Leistungen der Sozialhilfe (124 Euro) und nicht zuletzt die deutlich zugenommene Aufnahme einer Tätigkeit von Slowakinnen und Slowaken im Ausland. Die vom Statistikamt anhand eines Auswahlverfahrens (VZPS) und in Übereinstimmung mit der EU-Methodik ermittelte Arbeitslosenquote hat sich von 2004 bis 2008 von 18,1% (Anzahl der Arbeitsuchenden: 480.700) auf 9,6% (257.500) halbiert. Die vom Ministerium für Arbeit, soziale Angelegenheiten und Familie (MPSVR) gemeldete Arbeitslosenquote, die nur die sofort real verfügbaren und regelmäßig bei den Arbeitsämtern vorstellig werdenden Bewerber für einen neuen Arbeitsplatz berücksichtigt, ging von 13,1% (342.300 Personen) auf 8,4% (218.900) zurück. Die negativen Auswirkungen der globalen Wirtschaftskrise auf die stark international ausgerichtete Volkswirtschaft der Slowakei und insbesondere auf das im internationalen Vergleich überdurchschnittlich entwickelte verarbeitende Gewerbe spiegelten sich 2009 und 2010 in einem Rückgang der Beschäftigung (um 2,8% und 2,0% jeweils gegenüber dem Vorjahr) und einer wieder spürbar gestiegenen Arbeitslosigkeit wider. Das Statistikamt gibt die Arbeitslosenquote für 2009 mit 12,1% (324.200 Personen) und für 2010 mit 14,4% (389.000) an. Das Arbeitsministerium ermittelte Raten von 12,7% und 12,5% (335.490 und 334.900 Personen).
5 Allgemeine Arbeitsmarktdaten in der Slowakischen Republik 2010 Bevölkerung (1.1.2011, in Mio.) 5,44 Erwerbspersonen (Personen ab 15 bis 64 Jahre; in Mio.) Erwerbstätige inklusive Gewerbetreibende 2,71.Beschäftigte, insgesamt 2,32..Angestellte 1,95..Unternehmer/Gewerbetreibende 0,37.Arbeitslose 0,39 Beschäftigtenquote der 15- bis 64jährigen Personen, 66,2 insgesamt (in %).Frauen 58,7.Männer 74,0 Arbeitslosenquote (in %, nach EU-Definition) 14,4 Analphabetenquote (in %) unter 1,0 Universitäts- und Hochschulabschluss (in %) 19,4 1) Durchschnittliche Arbeitszeit (in Stunden/Jahr) 1.707 2) 1) Anteil an den Erwerbstätigen insgesamt (Master/Bachelor); 2) in Firmen mit mindestens 20 Beschäftigten (Privatsektor: 1.754 Stunden/Jahr) Quelle: Zusammengestellt nach Angaben des Statistischen Amtes der Slowakischen Republik, Bratislava Ohne den von der Regierung in beiden Jahren umgesetzten Maßnahmen für eine aktive Beschäftigungspolitik wären die Arbeitslosenquoten nach einer Berechnung der Ökonomen der Slowakischen Akademie der Wissenschaften, Bratislava, noch um 3 bis 4 Prozentpunkte höher ausgefallen. Die Ausgaben für das arbeitsmarktpolitische Maßnahmenpaket beliefen sich 2009 und 2010 auf 162,2 Mio. Euro beziehungsweise 190,4 Mio. Euro (Anzahl neu geschaffener, wieder besetzter oder geförderter Arbeitsplätze: 208.000/252.000). Hohe Arbeitslosigkeit in der Mittel- und Ostslowakei Von der Arbeitslosigkeit sind die mittel- und ostslowakischen Regionen Banska Bystrica, Presov und Kosice traditionell besonders betroffen (Arbeitslosenquote laut MPSVR Ende 2010 und im August 2011: zwischen
6 16,8% und 19,3%). In den Landkreisen Poltar, Lucenec, Velky Krtis, Revuca und Rimavska Sobota (Bezirk Banska Bystrica), Vranov nad Toplou, Sabinov, Kezmarok (Presov), Sobrance, Trebisov, Roznava und Kosice-Umland (Kosice) waren sowohl Ende 2010 als auch im August 2011 jeweils mehr als 20%, häufig auch mehr als 25%, der arbeitsfähigen Bevölkerung ohne eine Beschäftigung. Die Arbeitslosenquoten in den übrigen Verwaltungsbezirken außerhalb der Hauptstadtregion, Nitra, Zilina, Trnava und Trencin, betrugen Ende 2010 zwischen 8,9% und 12,6% und im August 2011 zwischen 8,2% und 11,8%. In der Hauptstadtregion Bratislava (Landesmetropole und ihr Umland) kann man mit einer Arbeitslosenquote von 5,4% Ende 2010 beziehungsweise von 4,6% im August 2011 nach wie vor fast von einer Vollbeschäftigung sprechen. Viele Langzeit- und junge Arbeitslose Die Arbeitslosenstatistik weist neben den traditionell großen regionalen Unterschieden in der Beschäftigungslage auf einige weitere Besonderheiten des slowakischen Arbeitsmarktes hin. Zu nennen sind vor allem das gegenüber dem EU-Durchschnitt weit höhere Gewicht von Langzeitarbeitslosen (Arbeitslosigkeit von mehr als zwölf Monaten) und jungen Menschen in dem Zahlenwerk. Im Schnitt war 2004 bis 2010 knapp die Hälfte der von den Arbeitsämtern registrierten Arbeitslosen mindestens ein Jahr ohne Arbeit, gut ein Drittel sogar zwei und mehr Jahre. Mitte 2011 galten von den 392.000 bei den Arbeitsämtern erfassten und verfügbaren Arbeitslosen 188.000 offiziell als Langzeitarbeitslose (Quote: 48%). Die durchschnittliche Verweildauer der arbeitsuchenden Personen in den Karteien der Ämter betrug zu jenem Zeitpunkt hohe 13,9 Monate (Durchschnitt für 2004 bis 2010: rund 11,5 Monate). Unter Einberechnung der nicht beim Arbeitsamt registrierten Arbeitsuchenden dürfte das Gewicht der mehr als ein Jahr eine Beschäftigung suchenden Personen an der Gesamtanzahl der Arbeitslosen noch um einige Prozentpunkte höher ausfallen. Viele Langzeitarbeitslose
7 haben nur die allgemeinbildende Schule besucht oder verfügen lediglich über einen einfachen Berufsschulabschluss. Die Beschäftigungsquote unter den 15 bis 64jährigen Personen mit einer einfachen Schulbildung betrug 2010 geringe 24%. Besorgnis erregend ist die hohe Arbeitslosigkeit unter der Jugend einschließlich der Absolventen von Berufs- und Fachschulen. Die meisten Hochschulabsolventen finden in der Regel recht schnell eine Stelle. In den letzten beiden Jahren beendeten jeweils rund 56.000 Berufs- und Fachschüler sowie 70.000 Hochschulstudenten (ohne Doktoranden) ihre Ausbildung. Im Jahr 2010 befanden sich unter den offiziell Arbeit suchenden Personen im Schnitt 28.400 Absolventen (2009: 23.300). Das waren 7,4% aller als arbeitslos gemeldeten Personen. Die Quote der insgesamt nicht beschäftigten 15 bis 24 jährigen jungen Menschen stieg 2010 auf 33,6% gegenüber 27,3% 2009. Die Ursachen für die ausgeprägte Langzeit- und Jugendarbeitslosigkeit sind den Besonderheiten der Wirtschafts- und Bevölkerungsstruktur, dem wenig ausgebildeten Sektor für die berufliche Weiterbildung und nicht zuletzt auch in den zu geringen Unterschieden zwischen dem gesetzlich festgelegten sozialversicherungspflichtigen Mindestlohn und der Sozialhilfe geschuldet. Die Arbeitsmarktprobleme konzentrieren sich auf infrastrukturell schwach entwickelte Regionen, in denen im Rahmen der gesamtwirtschaftlichen Transformation in den 1990er Jahren unwirtschaftlich arbeitenden Großbetriebe (inklusive Rüstungsindustrie) geschlossen wurden sie fungierten als Haupt- und oft auch als einzige lokale Arbeitgeber und in denen die Arbeitslosigkeit unter der hier vorwiegend lebenden Roma- Bevölkerung ein besonderes Ausmaß erreicht. Für die weggefallenen Arbeitsplätze in den liquidierten Großunternehmen gibt es bis heute in vielen ost- und mittelslowakischen Land- und Stadtkreisen kaum einen Ersatz in neu gegründeten Firmen. Bei den Ausgaben für die lebenslange (berufliche) Weiterbildung nimmt die Slowakei im EU-Vergleich eines der Schlusslichter ein. 2009 waren nur 2,8% der 25- bis 64jährigen Personen in Weiterbildungs- oder
8 Trainingsmaßnahmen integriert (EU-Durchschnitt: 9,3%). Unter allen 27 EU-Mitgliedern weisen nur noch Rumänien (etwa 2%) und Ungarn (2,7%) schlechtere Quoten aus. Staat fördert Betriebspraktika für Absolventen Um Absolventen von Fach- und Hochschulen besser auf die Praxis vorzubereiten, fördern die Arbeitsämter drei- bis maximal sechsmonatige Betriebspraktika in Unternehmen. Die Schulabgänger mit einem Höchstalter von 25 Jahren erhalten während des Praktikums (mit mindestens 20 Stunden pro Woche) einen pauschalen Geldbetrag in Höhe des Existenzminimums (knapp 200 Euro), vorausgesetzt, sie treten gleich nach dem Schul- beziehungsweise Studienabschluss ein Praktikum an. Im Jahr 2010 machten von diesem Angebot mehr als 21.000 Absolventen Gebrauch. Das Interesse der privaten Wirtschaft an solchen Praktikumseinsätzen ist jedoch verhalten. Es sind in erster Linie staatliche Firmen, in denen junge Fachkräfte ein Praktikum absolvieren. Aufgrund rarer neuer Arbeitsplätze - im Schnitt gab es 2010 im Land nur 13.400 und Mitte 2011 circa 9.100 offiziell gemeldete freie Stellen (darunter entfiel circa die Hälfte auf die Hauptstadtregion Bratislava) - blüht vor allem in den von der Arbeitslosigkeit besonders betroffenen östlichen und südlichen Regionen die Schwarzarbeit. Dies gilt namentlich für die Sektoren Bauwirtschaft sowie Hotel- und Gaststättengewerbe. Illegale Tätigkeiten sind für viele Arbeitslose, insbesondere für junge Leute ohne Berufserfahrung, oft die einzige Möglichkeit, überhaupt einer Beschäftigung nachzugehen. Ausbildungsniveau auf insgesamt hohem Niveau Die Slowakei verfügt über eine im europäischen Vergleich junge Bevölkerung (Durchschnittsalter 2010: 38,6 Jahre; Frauen: 40,3 Jahre und Männer: 37,1 Jahre; zum Vergleich Deutschland: 44,3 Jahre) und ein großes Potenzial an gut ausgebildeten Arbeitskräften. Dies gilt insbesondere für technisch orientierte Berufsgruppen. Im Jahr 2010 hatten
9 von allen Beschäftigten gut ein Drittel einen Berufsschulabschluss (Berufsschulabschluss mit Abitur: 3,5%), mehr als zwei Fünftel einen mittleren Schul-/Fachschulabschluss (branchenspezifischer Abschluss: 35,7%, allgemeiner mittlerer Bildungsabschluss: 4,3% und Abschluss ohne Abitur: 2,4%), fast ein Fünftel einen Hochschulabschluss und knapp 1% waren Absolventen eines Fachschul-Aufbaustudiums. Der Fachschulabschluss ist mit einem solchen in Deutschland allerdings nur bedingt vergleichbar. Er entspricht oft eher einem besseren Berufsschulabschluss. Knapp 4% aller Beschäftigten konnten 2010 nur eine einfache Schulbildung (Besuch der allgemeinbildenden Schule) und 0,2% keinen Schulabschluss vorweisen. Die Anzahl der Beschäftigten mit einem Hochschulabschluss ist 2010 im Vergleich zu 2009 um hohe 10,4% auf 449.700 gestiegen. Dieser Trend basiert auf einer mehrjährigen Expansion des Hochschulsektors bis zum Studienjahr 2008/2009. Die Anzahl der Studierenden und Absolventen an den staatlichen und privaten Hochschulen und Universitäten schnellte im Zeitraum 2001/2002 bis 2008/2009 um mehr als drei Fünftel empor. In den Studienjahren 2009/2010 und 2010/2011 hat das Interesse der Jugend an einem Studium an einer der 32 Universitäten und Hochschulen infolge der schwierigen wirtschaftlichen Entwicklung im Land und vor allem der vollzogenen Einführung von Studiengebühren für die weitaus meisten Studierenden im Fern- und Abendstudium sowie für Wiederholer von Studienjahrgängen etwas abgenommen. Gemessen an der Anzahl der 2010/2011 eingeschrieben Studenten ragen die öffentlichen Universitäten in der Hauptstadt Bratislava (Komenius- Universität: Anzahl der eingeschriebenen Studenten: 24.900 Studenten; ohne Doktoranden, Slowakische Technische Universität: 16.400 und Wirtschaftsuniversität: 12.200), in der zweitgrößten slowakischen Stadt Kosice (Technische Universität: 15.600) und in den Städten Banska Bystrica (Matej-Bel-Universität: 12.000), Nitra (Universität Konstantin Filozof: 11.800, Slowakische Landwirtschaftliche Universität: 9.500) und Zilina (Universität Zilina: 11.100) hervor. An privaten Hochschulen
10 studierten 2010/11 rund 36.700 Studenten, darunter 27.500 im Fernstudium und 3.800 Ausländer. Entwicklung der Anzahl der Hochschulstudenten und -absolventen in der Slowakei *) 2007/08 2008/09 2009/10 20010/11 Studenten 211.570 217.187 215.840 205.892.Direktstudium 131.193 137.347 140.680 136.121 *) ohne Doktoranden und ausländische Studenten Quelle: Zusammengestellt nach Angaben des Instituts für Informationen und Prognose des Schulwesens (Ustav informacii a prognoz skolstva/uips), Bratislava Die rasante Entwicklung bei den Studentenzahlen geht jedoch zu Lasten der Ausbildungsqualität und einer höheren Abbrecherquote. Zwei Fünftel aller Studenten sind gegenwärtig nicht zufrieden, wie sie von den Hochschulen auf die Praxis vorbereitet werden. Dem Hochschulwesen fließen trotz hoher Studentenzahlen immer weniger Haushaltsmittel zu (2006 bis 2010: knapp 0,7% zum BIP, zum Vergleich: 1990 bis 1992 waren es 1% zum BIP). Zudem geht der weiterhin anhaltende Run auf die Studienrichtungen Recht und Business Management am wachsenden Bedarf an technischen Fachkräften vorbei. Nach Angaben renommierter slowakischer Personalagenturen haben die Absolventen der Universitäten und Hochschulen in Bratislava, Kosice, Zilina, Nitra und Banska Bystrica sowie einiger technisch orientierter kleinerer regionaler Universitäten und Hochschulen die besten Karten auf eine schnelle und attraktive Anstellung. Besonders gefragt sind die Absolventen der Komenius-Universität und der Slowakischen Technischen Universität, der Technischen Universität Kosice, der Slowakischen Landwirtschaftlichen Universität und der Universität Matej Bel. Berufsschulwesen vor neuem Schub Seit 2009 kommt zunehmend Bewegung in das über viele Jahre hinweg vernachlässigte und einst gut ausgebaute Berufsschulwesen. Die
11 Umsetzung des im September 2009 in Kraft getretenen Gesetzes über die Berufsausbildung (Zakon o odbornom skolstve) trägt zu einer engeren Verflechtung der schulischen Ausbildung mit der Praxis bei und soll Arbeitgeber, Arbeitgeberverbände sowie privates Kapital für mehr Engagements im gesamten Ausbildungssystem motivieren. Ein neuer Fonds für die Entwicklung des Berufsschulwesens bildet eine wichtige finanzielle Basis für die Erneuerung der materiell-technischen Ausstattung der Berufs- und Fachschulen. Die berufsständischen Organisationen wurden durch neue gesetzliche Regelungen verpflichtet, Bedarfspläne für die Berufsschulausbildung auszuarbeiten und dem 2009 gegründeten Rat der Regierung der Slowakischen Republik für Berufsausbildung und -vorbereitung vorzulegen. Die Pläne bilden eine wesentliche Grundlage für den von der Regierung 2010 angekündigten qualitativen und quantitativen Ausbau des Berufsschulwesens in den acht Bezirksverwaltungen des Landes. Nach den jüngsten Entscheidungen des Rates sollen sich die Berufs- und Fachschulen künftig auf 360 Ausbildungsrichtungen konzentrieren (bisher gibt es 540 Angebote). Im Schuljahr 2010/11 wurden rund 180.000 Schülerinnen und Schüler (Auszubildende) an 490 Berufs- und Fachschulen ausgebildet. Fachkräfte sind in einigen Sektoren knapp Der nach dem EU-Beitritt der Slowakei einsetzende Investitionsboom sorgte und sorgt in einer Reihe von Branchen für eine große Nachfrage nach Fachkräften. Während Neueinstellungen von Arbeitern für Tätigkeiten an Montagelinien bei angemessenem Lohn kein großes Problem darstellen, ist die Suche nach qualifizierten Arbeitskräften oft kein einfaches Unterfangen. Dies gilt nicht nur für die Westslowakei, sondern auch für die von der Arbeitslosigkeit stark betroffene strukturschwache Ostslowakei. Aus diesem Landesteil waren in den wirtschaftlichen Krisenjahren der Slowakei in den 90er Jahren und auch noch in den ersten Jahren nach der Jahrtausendwende viele Fachkräfte in die Westslowakei oder in das Ausland abgewandert.