6. 8. September 2005, BTU Cottbus DPIV-Messungen der Strömungsstrukturen bei Gießstörungen in einem Zweistrang-Verteiler

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Transkript:

Fachtagung Lasermethoden in der Strömungsmesstechnik 6. 8. September 2005, BTU Cottbus DPIV-Messungen der Strömungsstrukturen bei Gießstörungen in einem Zweistrang-Verteiler A. Braun, H. Pfeifer RWTH Aachen, Institut für Industrieofenbau und Wärmetechnik, IOB Kopernikusstr. 16, 52074 Aachen Zusammenfassung Mittels physikalischer Simulation an einem Wassermodell (Maßstab 1:3) werden die Auswirkungen von Gießstörungen auf die grundlegenden Strömungsstrukturen in einem Zweistrang-Verteiler untersucht. Hierzu wird die Wasserströmung mit Hilfe der DPIV-Technik vermessen. Die Ergebnisse zeigen, dass bei einer Gießstörung Strömungsstrukturen entstehen, die den Gießprozess nachhaltig beeinflussen. Es bilden sich Bereiche im Zweistrang-Verteiler aus, in denen die Geschwindigkeiten sehr gering sind. Einleitung In der Anlagenkette des Stahlherstellungsprozess vom Erz bis zur Umformung haben Stranggießanlagen die Aufgabe, flüssigen Stahl kontinuierlich in die gewünschte Form wie Brammen und Knüppel, zu bringen. Diese Anlagen bilden somit das Verbindungsglied zwischen der Stahlerzeugung (Lichtbogenofen, Konverter) und den Walzwerken (Profil-, Blech- oder Rohrwalzwerke). Die Vorteile, die sich bei der kontinuierlichen Prozessführung mit Stranggießanlagen ergeben, sind das höhere Ausbringen der Anlage und die Möglichkeit der Automatisierung. Eine mehrsträngige Stranggießanlage besteht aus dem Pfannendrehturm, den Stahlgießpfannen, dem Stranggießverteiler und den Kokillen mit dem darunter angebrachten Rollengerüsten. Die Schmelze wird in einer Pfanne angeliefert, in den Stranggießverteiler eingefüllt und dann auf mehre Kokillen verteilt. Der Stranggießverteiler erfüllt mehrere Aufgaben: Neben der Funktion als Puffer zwischen dem kontinuierlichen Gießprozess und der diskontinuierlichen Pfannenmetallurgie, findet hier auch die Abscheidung nichtmetallischer Partikel (z. B. Al 2 O 3 oder SiO 2 ) statt [4,5,6]. Der im Folgenden vorgestellte Zweistrang-Verteiler ist Teil einer Gießwalzanlage und zeichnet sich durch eine hohe Gießleistung von mehr als 300 t/h aus und versorgt zeitgleich zwei Stränge zur Herstellung von Dünnbrammen mit einem Querschnitt von 1600 mm x 63 mm mit Stahlschmelze. Der Zweistrang-Verteiler hat ein Fassungsvermögen von 69 t Schmelze. Im Betrieb können Störungen auftreten, die zu einem raschen Abschalten einer der beiden Stränge führt. Trotz einer solchen Gießstörung muss ein kontinuierlicher und störungsfreier Betrieb an dem weitergießenden Strang gewährleistet werden. Der aus der Pfanne austretende Massenstrom muss auf die neuen Gießbedingungen angepasst werden, d. h. er wird reduziert. Dadurch vergrößern sich die Verweilzeiten der Schmelze sowohl im Verteiler als auch in der Pfanne. Die Schmelze kühlt stärker ab und mit fortlaufender Dauer der Gießstörung werden Maßnahmen nötig, die einen vorzeitigen Gießabbruch verhindern und akzeptable Gießbedingungen aufrechterhalten. Maßnahmen sind z. B. das Aufheizen der Schmelze innerhalb des Verteilers mittels Lichtbögen [1,2,3]. Für die Entwicklung einer effizienten Konfiguration hinsichtlich der Position und Art der Aufheizung der Schmelze sind detaillierte Kenntnisse der Strömung innerhalb des Zweistrang-Verteilers nötig. Zur physikalischen Simulation dieser Strömung wurde daher ein Wassermodell im Maßstab 1:3 des Zweistrang-Verteilers aufgebaut. Der Versuchsstand bietet die Möglichkeit mittels laseroptischer Methoden die Strömungsstrukturen beim Gießen zu messen und damit die Auswirkungen einer Gießstörung zu untersuchen. 12-1

Unter Einhaltung der Ähnlichkeitskennzahlen werden am Wassermodell des Zweistrang-Verteilers DPIV-Messungen durchgeführt. Dazu werden zunächst die Geschwindigkeiten in charakteristischen Querschnitten bei stationären Gießbedingungen, d. h. gleichen Volumenströmen an beiden Auslässen, bestimmt. Anschließend erfolgen entsprechende Untersuchungen unter Berücksichtigung des Ausfalls eines Gießstrangs. Diese Ergebnisse (mit und ohne Störung) werden miteinander verglichen. Dadurch können Aussagen getroffen werden über Zonen mit niedriger Durchmischung, d. h. kritische Bereiche in denen die Schmelze auskühlt. Versuchsaufbau Abb. 1 zeigt den prinzipiellen Versuchsaufbau. Das Rohrleitungssystem des Versuchsstands ermöglicht es, über die Stellung der Ventile an den Tauchrohren, den Ausfall eines Strangs (ein Ventil ist geschlossen) oder das störungsfreie Gießen (beide Ventile offen) zu simulieren. a) b) Außenbecken Stopfen Schattenrohr Stopfen z y Tauchrohr A Tauchrohr B drehzahlgeregelte Pumpe magnetisch induktives Abfluss Durchflussmessgerät Abb. 1: Funktionsweise des Wassermodell-Versuchsstandes (Maßstab 1:3); a) prinzipieller Versuchsaufbau, b) Versuchsstand In Abb. 2 und in Tabelle 1 sind die Bezeichnungen und Hauptabmessungen des Originalverteilers und des Wassermodells wiedergegeben. Bei Versuchen mit verkleinerten Modellen müssen die Ähnlichkeiten für die Strömung berücksichtigt werden. Entscheidend ist die Einhaltung der Re- und Fr-Ähnlichkeit. Diese Ähnlichkeiten können an verkleinerten Wassermodellen nicht gleichzeitig eingehalten werden. Für die Beschreibung der Strömungsstrukturen ist die Re-Ähnlichkeit die typische Kenngröße. Da unter Berücksichtigung der geometrischen Ähnlichkeit der einzustellende Volumenstrom und die Schattenrohraustrittsgeschwindigkeit sehr groß sind, bilden sich im Einlaufbereich starke Oberflächenwellen. Diese führen zum Einzug von Luft und die entstehenden Reflektionen an den Blasen lassen keine DPIV- Messungen in den entsprechenden Ebenen zu. 12-2

Stopfen Querschnitt Schattenrohr Rückwand Stopfen Seitenwand Boden Tauchrohr B Tauchrohr A Stirnwand d SR γ d ST z y γ x z z SR H d TR y TR L x TR x SR B Abb. 2: Geometrische Bezeichnungen des 69 t-stranggießverteilers Bezeichnung Tabelle 1: Abmessungen des 69t-Stranggießverteilers und des Wassermodells Abk. Original Stranggießverteiler Wassermodell (Maßstab 1:3) Verteilervolumen V in m 3 9.639 0.357 max. Bodenlänge Verteiler L in m 8.013 2.671 max. Bodenbreite Verteiler B in m 2.271 0.757 Füllstand stationäres Gießen H in m 1.14 0.38 Neigung der Verteilerwände γ in 8 8 Position Schattenrohr x SR in m 1.85 0.617 Höhe Boden-Schattenrohr z SR in m 0.912 0.304 Durchmesser Schattenrohr d SR in m 0.12 0.040 Position Tauchrohr x TR in m 0.3498 0.117 Position Tauchrohr y TR in m 3.825 1.275 Durchmesser Tauchrohr d TR in m 0.090 0.030 Durchmesser Stopfen d ST in m 0.123 0.041 hydraulischer Durchmesser im Querschnitt d hyd in m 1.175 0.691 Da in geometrisch ähnlichen Verteilermodellen die charakteristischen Strömungsstrukturen für Re > Re krit. erhalten bleiben, erfolgen die Untersuchungen mit einem geringeren Volumenstrom. In Tabelle 2 sind die die charakteristischen Größen, Kennzahlen und Randbedingungen für das störungsfreie Gießen, gießen mit zwei Strängen, und die angenommene Gießstörung, gießen mit einem Strang, zusammengefasst. Zur Simulation der Gießstörung, d. h. des Ausfalls eines Strangs, wird der Zulauf am Schattenrohr halbiert und ein Tauchrohr geschlossen. 12-3

Tabelle 2: Randbedingungen für die ungestörte und gestörte Gießphase Stranggießverteiler Bezeichnung Wassermodell Original (Maßstab 1:3) Ungestört Gießstörung Volumenstrom 9.6 l/s 2 l/s 1 l/s Gießgeschwindigkeit Strang A 0.05 m/s 0.01 m/s 0 m/s Gießgeschwindigkeit Strang B 0.05 m/s 0.01 m/s 0.01 m/s Schattenrohr-Geschwindigkeit 0.85 m/s 1.96 m/s 0.98 m/s theoretische Verweilzeit 1027 s 182.5 s 365 s Reynoldszahl im Querschnitt passive Verteilerhälfte 8200 4100 - Reynoldszahl im Querschnitt aktive Verteilerhälfte 8200 4100 4100 Froudezahl im Querschnitt passive Verteilerhälfte 2.42 10-6 5.1 10-5 - Froudezahl im Querschnitt aktive Verteilerhälfte 2.42 10-6 5.1 10-5 5.1 10-5 Die von der Gießstörung betroffene Verteilerhälfte wird als passive Verteilerhälfte, die andere als aktive Verteilerhälfte bezeichnet. Die Steuerung der Anlage erfolgt über eine Kombination von Frequenzumrichtern und Stufenkreiselpumpen. Der Volumenstrom wird mit einem magnetisch induktiven Volumenstrommesser erfasst. Für die laseroptischen Messungen wird ein Dantec 2D-DPIV-System verwendet [7]. Es besteht aus zwei Nd:YAG-Lasern mit je 140 mj Leistung bei einer Pulsrate von 15 Hz und einer Pulsdauer von 4.3 ns. Die Aufnahmen erfolgen in allen Fällen mit zwei parallel nebeneinander montierten Kodak Megaplus ES 1.0 1k x 1k-CCD-Kameras. Die Zeitverzögerung zwischen zwei Pulsen eines Doppelbildes wird an die jeweiligen Strömungsgeschwindigkeiten angepasst und beträgt 2-10 ms. Pro Bildserie wurden 100 Doppelbilder aufgenommen und validiert. Tabelle 3: Technische Daten der DPIV-Anlage Doppelt gepulster Nd:YAG- Wellenlänge λ 532 nm Laser mit Lichtführungsarm Taktrate f 15 Hz (1.80 m) max. Pulsenergie E max 140 mj Pulsdauer t 4.3 ns Zeit zwischen zwei Pulsen t DPIV, min 2000 µs 10000 µs Dicke des Lichtschnitts y 0 2 mm Zwei Kodak Megaplus ES 1.0 Auflösung 1008 x 1018 Pixel CCD-Kameras (Klasse-II-Chip) Bild-Aufnahmerate f (Doppelaufnahme) 3 Hz Zellengröße 9 10-3 mm Chipgröße 9.07 mm x 9.16 mm Ergebnisse der physikalischen Simulation In den Darstellungen werden normierte Koordinaten verwendet, wobei die Bezugsgrößen die Länge L, die Breite B und die Füllstandshöhe H des Zweistrang-Verteilers sind. Dargestellt werden die Geschwindigkeitsfelder und die Konturen des lokalen Turbulenzgrades Tu, der das Verhältnis der lokalen turbulenten kinetischen Energie zur lokalen mittleren kinetischen Energie der Hauptströmung beschreibt. 12-4

1 2 u i 3 Tu = = u i 2 k 3 ui. (1) In Abb. 3 ist die Strömung im Querschnitt am Eintritt (Schattenrohr) des Zweistrang-Verteilers dargestellt. Der mit w SR = 2.00 m/s eintretende Schattenrohrstrahl wird am Verteilerboden umgelenkt. Die so erzeugte impulsreiche bodennahe Strömung trifft auf die umgebenden Verteilerwände und strömt in Richtung der freien Oberfläche. Die Strömung entlang der Verteilerseitenwände löst bei z/h = 0.5 ab, wird in Richtung der Symmetrieebene umgelenkt und bildet ein Doppelwirbelsystem mit Zentren bei z/h = 0.5 und y/l = ±0.04. In der Nähe der Oberfläche entsteht in den Verteilerkanten ein dem dominierenden Wirbelwalzensystem entgegengesetztes Wirbelpaar mit Zentren bei z/h = 0.8 und y/l = ±0.06. Entlang der Oberfläche befinden sich mehrere Wirbelzentren, die auf starke Oberflächeneffekte im Einlaufgebiet zurückzuführen sind. Die Halbierung des Volumenstroms beim Ausfall eines Strangs, ändert die Strömungsstrukturen in diesem Querschnitt nicht. Abb. 3: DPIV-Messung der Geschwindigkeits- und Turbulenzgrößen im Einlaufbereich, 100 Doppelbilder, t A = 333 ms, t DPIV = 2 ms, 64 x 64 Pixel, 75% Overlap Abb. 4 stellt die Strömungsstrukturen in der Symmetrieebene des Stranggießverteilers dar. Aufgrund starker Brechungseffekte an den gekrümmten Seitenwänden, die trotz der Verwendung eines Außenbehälters nicht gänzlich vermieden werden können, wird der Bereich zwischen x/b = 0.35 und x/b = 0.5 nicht vollständig dargestellt. Der eintretende Schattenrohrstrahl wird am Boden des Zweistrang-Verteilers in Richtung der Stirnwand (x/b = 1) und Verteilerrückwand (x/b = 0) umgelenkt (vgl. Abb. 3). An der Verteilerrückwand wird das auftreffende Fluid in Richtung der einzelnen Stränge umgelenkt. Abb. 5a zeigt bei ungestörten Gießbedingungen die Strömungsstrukturen entlang der Rückwand des Zweistrang-Verteilers. Der umgelenkte Schattenrohrstrahl trifft auf die Rückwand auf und wird in die einzelnen Stränge aufgeteilt. Die Rotationsrichtung der Wirbelwalzen wird von einer Strömung überlagert, die von der Rückwand reflektiert wird und entlang der Oberfläche zurückströmt. Nahe der Oberfläche im Bereich von y/l = 0.06-0.16 sind eine Reihe von Wirbelzentren zu erkennen, die auf instationäre Effekte zurückzuführen sind. 12-5

Abb. 4: DPIV-Messung der Geschwindigkeits- und Turbulenzgrößen im Einlaufbereich, 100 Doppelbilder, t A = 333 ms, t DPIV = 2 ms, 64 x 64 Pixel, 75% Overlap Die zwei unterschiedlichen Strömungsrichtungen, zum einen die Drehrichtung des Doppelwirbelsystems (entlang der x-koordinate), zum anderen die oberflächennahe Rückströmung (entlang der y-koordinate), führen zu starken Oberflächeneffekten wie Wellenbildung und Ausbildung von Tütenwirbeln. Die Geschwindigkeitsfelder weisen in Richtung der freien Oberfläche und in Richtung des Tauchrohrs. Es bildet sich zudem eine Kurzschlussströmung entlang des Bodens aus, die bis auf Höhe des Tauchrohrs fließt und dort ablöst. Diese Strömungsstruktur weist auf eine schlechte Durchmischung des Fluids hin, die in der Schmelze zu einer inhomogenen Temperaturverteilung führt. Da der Einfluss einer Gießstörung in den einzelnen Verteilerhälften weitaus größer ist als im Einlaufbereich, werden anhand von DPIV-Messungen die unterschiedlichen Auswirkungen diskutiert. Im Falle einer Gießstörung (Abb. 5b und 5c), verlagern sich die Wirbelstrukturen an der Oberfläche hauptsächlich in die passive Verteilerhälfte. Deutlich ist zu erkennen, dass die in Abb. 5c dargestellte passive Verteilerhälfte nur noch schwach durchmischt wird und ab der Stelle y/l > 0.38 fast kein Fluid mehr in die Verteilerhälfte vordringt. Abb. 6a zeigt die Strömung entlang der Strangseitenwand ohne den Einfluss einer Gießstörung. Zu erkennen sind mehrere sich beeinflussende Strömungsstrukturen. Im Bereich von y/l < 0.14 bewegt sich das Fluid in einer Abwärtsbewegung in Richtung der Symmetrieebene des Verteilers (y/l = 0). Zudem ist wiederum eine Kurzschlussströmung entlang des Bodens (vgl. Abb. 5) zu erkennen. Im Bereich von y/l > 0.14 zeigt die Strömung in Richtung des Bodens und in Richtung des Tauchrohrs. Ein Vergleich mit der in Abb. 5a dargestellten Strömung macht deutlich, dass sich ein großflächiger Wirbel in den Strängen entlang der y-achse ausbildet. Der in Abb. 6b und Abb. 6c dargestellte Ausfall eines Strangs ändert die Strömungsstrukturen in der aktiven Verteilerhälfte, im Gegensatz zur passiven Verteilerhälfte, nur leicht. In Abb. 6c ist zu erkennen, dass sich die Strömung umgekehrt hat und in Richtung der Symmetrieebene des Stranggießverteilers strömt. Bei y/l > 0.26 sind die Geschwindigkeiten so gering, dass davon ausgegangen werden kann, dass in der betrachteten Ebene etwa die Hälfte der passiven Verteilerhälfte nicht mehr durchmischt wird. 12-6

a) b) c) Abb. 5: DPIV-Messung der Geschwindigkeits- und Turbulenzgrößen entlang der Verteilerrückwand, 100 Doppelbilder, t A = 333 ms, t DPIV = 10 ms, 64 x 64 Pixel, 75% Overlap; a) keine Gießstörung (beide Tauchrohre offen), b) Gießstörung, aktive Verteilerhälfte, c) Gießstörung, passive Verteilerhälfte 12-7

a) b) c) Abb. 6: DPIV-Messung der Geschwindigkeits- und Turbulenzgrößen entlang der Seitenwand, 100 Doppelbilder, t A = 333 ms, t DPIV = 10 ms, 64 x 64 Pixel, 75% Overlap; a) keine Gießstörung (beide Tauchrohre offen), b) Gießstörung, aktive Verteilerhälfte, c) Gießstörung, passive Verteilerhälfte 12-8

Ein Vergleich mit Abb. 5c macht deutlich, dass sich aufgrund des Ausfalls eines Strangs ein Totraumgebiet in der passiven Verteilerhälfte ausbildet. Die Auswertung der Strömungsfelder für die stationäre Gießphase in den Abb. 3 bis Abb. 6 verdeutlicht die prinzipiellen Strömungsstrukturen. So sind die dominierenden Strömungsphänomene die Ausbildung eines Doppelwirbelsystems im Einlaufbereich, das Entstehen von jeweils einer Wirbelwalze in den Strängen und eine Kurzschlussströmung entlang des Bodens. Diese ermittelten Strukturen prägen wesentlich das Strömungsbild innerhalb des Wassermodells. Bei einer Gießstörung ändern sich die Strömungsstrukturen in der passiven Verteilerhälfte. Es bildet sich ein weiträumiges Totvolumen aus, das nicht mehr durchmischt wird. Danksagung Die Autoren danken der Deutschen Forschungsgemeinschaft für die finanzielle Unterstützung der durchgeführten Arbeiten. Literatur [1] Alexis, J., 2001: Effects on steel surface and slag movement during heating with electrodes, Electric Furnace Conference Proceedings, Phoenix (USA), p. 407-418 [2] Barreto-Sandoval, J. de J.; Barrón Meza, M.A.; Hills, A.W.D.; Morales, R.D., 1996: Physical modelling of tundish plasma heating and its mathematical interpretation, ISIJ Int., Vol. 36, No. 9, p. 1174-1183 [3] Barrón Meza, M.A.; Barreto-Sandoval, J. de J.; Morales, R.D., 2000: Physical and mathematical models of steel flow and heat transfer in a tundish heated by plasma, Met. Trans. B, Vol. 31B, p. 63-74 [4] Joo, S.; Guthrie, R.I.L., 1993: Inclusion behaviour and heat-transfer phenomena in steelmaking operations: Part I Aqueous modelling, Met. Trans. B, Vol. 24B, p. 755-765 [5] Miki, Y; Thomas B.G., 1999: Modeling of inclusion removal in a tundish, Met. Trans. B, Vol. 30B, p. 639-654 [6] Odenthal, H.-J., 2004: Physikalische und numerische Strömungssimulation kontinuierlicher Gießprozesse der Hochtemperaturtechnik, Habilitationsschrift, Fachbereich Georessourcen und Materialtechnik, RWTH Aachen [7] Odenthal, H.-J., Bölling, R., Pfeifer, H., 2001: Analyse dynamischer Strömungsvorgänge im Stranggießverteiler mit Turbostopper mittels LDA, PIV und CFD-Methoden, 9. GALA Fachtagung, Lasermethoden in der Strömungsmesstechnik, Shaker Verlag, Winterthur (CH), S.40.1-8 12-9