Rechtsanwaltskammer Kassel - Körperschaft des öffentlichen Rechts - Abschlussprüfung Sommer 2010 Ausbildungsberuf: Prüfungsfach: Rechtsanwaltsfachangestellter/Rechtsanwaltsfachangestellte Zivilprozessrecht ( 14 Abs. 3 Nr. 1 der PO) Dauer: 90 Minuten Hilfsmittel: keine Erreichbare Punkte: 100 Prüf.-Nr.: (keinen Namen) Dieser Aufgabensatz umfasst 8 Seiten. Bitte Vollständigkeit überprüfen!! I. Zivilprozessrecht Aufgabe 1 a) Wonach richtet sich grundsätzlich die örtliche Zuständigkeit bei einer Klage? b) In welchem Gesetz ist das geregelt? c) In welchem Gesetz ist die sachliche Zuständigkeit geregelt? (4,5 Punkte) Aufgabe 2 Wie hoch ist der Streitwert und welches Gericht ist sachlich zuständig in folgenden Fällen: a) Klage auf Schadensersatz aus Unfall: Fahrzeugschaden 8.200,00Euro; Nutzungsausfall für 12 Tage à 66,00 Euro; Schmerzensgeld 2.300,00 Euro; Verdienstausfall für 6 Monate à 1.300,00 Euro; b) Klage auf Kindesunterhalt nach der Düsseldorfer Tabelle in Höhe von 512,00 Euro abzüglich halben Kindergeldes (volles Kindergeld beträgt 184,00 Euro); c) Kaufpreis von 4.980,00 Euro nebst bis heute aufgelaufener Zinsen in Höhe von 87,00 Euro; d) Klage auf Rückzahlung eines Bankdarlehens von 4.900,00 Euro nebst bis heute aufgelaufener rückständiger Zinsen in Höhe von 510,00 Euro; (13 Punkte)
2 Aufgabe 3 Geben Sie zwei ausschließliche Zuständigkeiten des Amtsgerichts an. Aufgabe 4 Student Hansi aus Kassel bekommt Bafög. Sein ehemaliger Vermieter zahlt, trotz wiederholter Erinnerungen, die Kaution in Höhe von 750,00 Euro an Hansi nicht zurück. Hansi möchte einen Rechtsanwalt einschalten, der den Vermieter anschreiben soll, kann aber die Gebühren nicht aufbringen. Was empfehlen Sie Hansi? (3 Punkte)
3 Aufgabe 5 Hansis Anwalt fordert den Vermieter außergerichtlich zur Rückzahlung der Kaution auf, der Vermieter rührt sich nicht. a) Auf welche kostengünstige und schnelle Weise könnte der Anwalt die Forderung gerichtlich geltend machen? b) Welches Gericht ist dafür sachlich und örtlich zuständig? Aufgabe 6 Die 16jährige Susanne wird in Marburg auf dem Weg zur Schule auf ihrem Fahrrad von einem PKW angefahren und verletzt. Der Autofahrer, ein Vertreter der Firma K+S in Kassel, wohnt in Melsungen, die Kfz-Haftpflichtversicherung hat ihren Sitz in Hamburg. Mit der Klage werden geltend gemacht: 900,00 Euro Schaden am Fahrrad; 250,00 Euro für Schäden an Kleidung, Büchern und Tasche; 1.500,00 Euro Schmerzensgeld. a) Welches Gericht ist sachlich zuständig? b) Welche Gerichte sind örtlich zuständig? c) Wie hoch ist der Streitwert? d) Wer ist auf Klägerseite Partei im Prozess? e) Wer ist auf Klägerseite prozessfähig? f) Wer ist Beklagter? (13 Punkte)
4 Aufgabe 7 Herrn Fröhlich wird ein Mahnbescheid zugestellt. Er bestreitet die Forderung. Was muss er in welcher Frist tun? (4,5 Punkte) Aufgabe 8 Erklären Sie den Unterschied zwischen Beratungshilfe und Prozesskostenhilfe. II. Zwangsvollstreckung Aufgabe 1 In einem Verfahren beim Familiengericht Melsungen schließen die geschiedenen Eheleute Becker einen Vergleich über den Zugewinnausgleich, worin sich der Beklagte verpflichtet, 25.000,00 Euro an die Klägerin zu zahlen. Das Gericht sendet der Bevollmächtigten der Klägerin eine Ausfertigung des Vergleichs zu. Was muss die Bevollmächtigte veranlassen, damit sie aus dem Vergleich vollstrecken kann?
5 Aufgabe 2 Wie erfolgt die Zustellung eines Vergleiches, wenn beide Parteien anwaltlich vertreten sind? (2 Punkte) Aufgabe 3 Aus dem Vergleich über 25.000,00 Euro muss vollstreckt werden, weil Herr Becker die Zugewinnausgleichsforderung nicht zahlt. Herr Becker arbeitet als Abteilungsleiter im Kaufhof. Sein monatliches Gehalt geht auf sein Konto bei der Kasseler Bank. Jeden Monat zweigt er 100,00 Euro auf sein Bausparkonto bei Schwäbisch Hall ab. Herr Becker bewohnt sein eigenes Haus in Melsungen. Ihm gehört auch das alte Elternhaus in Fuldatal, das er an eine Studentenwohngemeinschaft vermietet hat. Er ist passionierter Jäger mit einer stattlichen Waffensammlung und alten Gemälden mit Jagdmotiven. Am Wochenende hält er sich oft in seinem gemieteten Jagdhaus im Kaufunger Wald auf. Nennen Sie acht konkrete Möglichkeiten, wie gegen Herrn Becker vollstreckt werden kann und geben Sie dabei an, in was die Vollstreckung möglich ist. (16 Punkte) Aufgabe 4 Im Versäumnisurteil des Amtsgerichts heißt es: Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Was bedeutet das für den Kläger? (3 Punkte)
6 Aufgabe 5 Der Beklagte legt gegen das Versäumnisurteil Einspruch ein. Was sollte er zusätzlich beantragen? (3 Punkte) Aufgabe 6 Dem Beklagten ist am Donnerstag, dem 04.02.2010 ein Kostenfestsetzungsbeschluss zugestellt worden. Ab wann konnte der Kläger daraus vollstrecken (bitte genaues Datum angeben)? (3 Punkte) Aufgabe 7 Der Gerichtsvollzieher möchte bei Firma Schenk eines von vier Fahrzeugen pfänden. Firma Schenk wendet ein, alle Fahrzeuge seien geleast. Wird der Gerichtsvollzieher pfänden? Begründen Sie Ihre Antwort
7 Aufgabe 8 Erläutern Sie den Begriff Überpfändung? Aufgabe 9 Gläubiger Franz möchte die Lohnpfändung gegen Schuldner Schlunz betreiben. Ein Bekannter hat ihm von einer Vorpfändung (einem vorläufigen Zahlungsverbot) etwas erzählt. Welchen Zweck verfolgt ein Gläubiger mit einer Vorpfändung? (2 Punkte) Aufgabe 10 Wie muss der Gläubiger (vergleiche Aufgabe 9) vorgehen, d. h. wie und an wen erfolgt die Vorpfändung? (5 Punkte)
8 Aufgabe 11 Wann verliert die Vorpfändung ihre Wirkung? (2 Punkte) Aufgabe 12 Dem Arbeitgeber des Schuldners Schlunz ist der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss zugestellt worden. Geben Sie zwei Kriterien an, nach denen sich die Pfändbarkeit des Lohnes richtet. (2 Punkte)