Themen Insulinanaloga - Fragen und Antworten Was sind Insulinanaloga? Als Humaninsulin wird die synthetische Nachbildung des körpereigenen, natürlichen Hormons Insulin bezeichnet. Insulinanaloga sind Abwandlungen des Hormons Insulin, die wie Humaninsulin den Blutzucker-Spiegel senken. Sie sind in Deutschland seit etwa zehn Jahren auf dem Markt. Insulinanaloga sind in der Struktur dem Insulin ähnlich aufgebaute Hormone und können um ein Vielfaches teurer sein als Humaninsulin. Stabsbereich Öffentlichkeitsarbeit und Kommunikation Kristine Reis-Steinert Kai Fortelka Telefon: 02241-9388-30 02241-9388-48 Telefax: 02241-9388-35 E-Mail: kristine.reis-steinert@g-ba.de kai.fortelka@g-ba.de Internet: www.g-ba.de Stand: 22.Februar 2008 Wie unterscheiden sich die Preise von kurzwirksamen Insulinanaloga im Vergleich zu herkömmlichem Humaninsulin? Im Jahr 2006 waren kurzwirksame Insulinanaloga etwa 25 bis 30 Prozent teurer als die vergleichbaren Humaninsulinpräparate. Im Vergleich zum Humaninsulin wurde nach Auswertung zahlreicher wissenschaftlicher Studien kein Zusatznutzen festgestellt. Ein erheblich höherer Preis ist damit nicht gerechtfertigt. Der Kostenvergleich erfolgt auf der Basis des Apothekenabgabepreises je internationaler Einheit Insulin. Warum wird die Verordnungsfähigkeit von kurzwirksamen Insulinanaloga zu Lasten der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) durch den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) eingeschränkt? Hinsichtlich der im Vergleich zum Humaninsulin deutlich teureren Insulinanaloga stellte sich die Frage, ob es einen belegten Zusatznutzen für die mit kurzwirksamen Insulinanaloga behandelten Patienten gibt, der den höheren Preis rechtfertigt. Das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) hat in seiner Nutzenbewertung dafür keine Belege gefunden. Es handelt sich um zwei gleichermaßen zur Behandlung des Diabetes mellitus Typ 1 geeigneten Arzneimittelgruppen. Daher war bei der nun getroffenen Entscheidung im Fall der Insulinanaloga das Kriterium der Wirtschaftlichkeit ausschlaggebend, welches hier über die der zuständigen Krankenkasse tatsächlich entstehenden Kosten definiert ist. Somit dürfen kurzwirksame Insulinanaloga zu Lasten der GKV grundsätzlich nur dann verschrieben werden, wenn sie nicht teurer sind als Humaninsulin. Anderenfalls würde die Versichertengemeinschaft mit unnötigen Ausgaben belastet und dem GKV- System Geld entzogen, das zur Finanzierung anderer notwendiger Leistungen dringend benötigt wird. Auf Entscheidungen der Pharmaindustrie hinsichtlich der Definition von Preisen für Insulinanaloga hat der G-BA keinen Einfluss.
Kann der Arzt in Ausnahmefällen auch nach der Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) kurzwirksame Insulinanaloga weiterhin verordnen? Ist die optimale Versorgung, insbesondere von Kindern und Jugendlichen sowie Patientinnen und Patienten mit Insulinpumpen sichergestellt? Solange kurzwirksame Insulinanaloga im Vergleich zu Humaninsulin höhere Preise haben, sind diese für Patientinnen und Patienten mit Diabetes Typ-1 grundsätzlich nicht zu Lasten der GKV verordnungsfähig. Patienten mit Diabetes Typ-1, die erstmals eine Insulintherapie erhalten sollen, müssen von Beginn der Behandlung an auf Humaninsulin eingestellt werden. In begründeten Ausnahmen können durch den Vertragsarzt kurzwirksame Insulinanaloga weiterhin zu Lasten der GKV verordnet werden, etwa wenn Patientinnen oder Patienten allergisch auf Humaninsulin reagieren oder eine stabile adäquate Stoffwechsellage mit Humaninsulin nicht erreichbar ist oder war, dies mit kurzwirksamen Insulinanaloga aber nachweislich gelingt. Die Ausnahmen gelten sowohl für Kinder und Jugendliche als auch für Erwachsene aller Altersgruppen. Hatten Fachgesellschaften und Interessenvertretungen von Diabetes- Patienten und die Hersteller von Insulinanaloga vor der Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) die Möglichkeit, ihre Positionen einzubringen? Die Richtlinien-Entscheidungen des G-BA beinhalten grundsätzlich ein umfassendes Stellungnahmeverfahren, bei dem die gesetzlich vorgesehenen anhörungsberechtigten Organisationen ihre Positionen darlegen können. Diese Stellungnahmen sind auch im Fall der Insulinanaloga eingebracht und vom G-BA vollständig berücksichtigt worden. Es wurden nicht nur die Einwände der stellungnahmeberechtigten Organisationen, sondern auch weiterer Interessenvertreter einbezogen, die der G-BA rein formal nach der gesetzlichen Regelung nicht hätte berücksichtigen müssen. Zusätzlich zum üblichen Stellungnahmeverfahren hat der G-BA zu diesem Thema sogar eine mündliche Anhörung durchgeführt. Warum schränkt der Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) die Verordnungsfähigkeit von Medikamenten überhaupt ein, die die Gesetzliche Krankenversicherung (GKV) bezahlt? Deutschland ist das einzige europäische Land, in dem die Zulassung eines Arzneimittels als Voraussetzung ausreicht, um zu Lasten der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) grundsätzlich verordnet werden zu können, und zwar zu dem Preis, der von der Pharmaindustrie beziehungsweise von dem jeweiligen Hersteller eines Arzneimittels selbst festgelegt wurde. Für die Zulassung von Arzneimitteln sind in Deutschland das Bundesinstitut für Arz- Seite 2
neimittel und Medizinprodukte (BfArM) sowie das Paul-Ehrlich-Institut, Bundesamt für Sera und Impfstoffe (PEI) zuständig. Es werden aber aus wirtschaftlichen Erwägungen der Hersteller nicht nur innovative, medizinisch notwendige Medikamente auf den Markt gebracht, sondern auch in ihrer Wirkweise geringfügig veränderte, teurere Präparate, die für den Patienten nicht zweckmäßiger sind oder keinen höheren Nutzen aufweisen als eventuell preiswertere Vorgänger. Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat den gesetzlichen Auftrag dafür zu sorgen, dass die Arzneimittelversorgung wirtschaftlich erfolgt und der Versichertengemeinschaft keine unnötigen Kosten entstehen. Das bedeutet, dass den Versicherten alle medizinisch notwendigen und zweckmäßigen Arzneimittel zur Verfügung stehen, ohne dass es zur Verschwendung des immer knapperen Geldes in der solidarisch finanzierten GKV kommt. Würde der G-BA hier nicht tätig, fehlten an anderer Stelle in der GKV finanzielle Mittel, um medizinisch tatsächlich notwendige Arzneimittel und Behandlungsmethoden zu bezahlen. Der G-BA muss mit seinen Entscheidungen auf Grundlage der evidenzbasierten Medizin also der Verantwortung gerecht werden, die er für die dauerhafte Finanzierbarkeit medizinisch notwendiger Leistungen der GKV trägt. Der Gesetzgeber sieht vor, dass die Arzneimittelversorgung besser als bisher an dem tatsächlichen medizinischen Versorgungsbedarf der Patientinnen und Patienten ausgerichtet wird. Der Beschluss des G-BA, dass kurzwirksame Insulinanaloga nur verordnungsfähig sind, solange sie nicht teurer sind als Humaninsulin, ist im Zusammenhang mit der Erfüllung dieses gesundheitspolitisch wichtigen gesetzlichen Auftrags zu sehen. Mit welchen Mitteln kann der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) die Verordnungsfähigkeit von Medikamenten zu Lasten der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) einschränken? Der G-BA hat den gesetzlichen Auftrag, das Wirtschaftlichkeitsgebot in der Arzneimittelversorgung zu konkretisieren. Um dies zu erreichen, stehen ihm unter anderem folgende Instrumente zur Verfügung: Er kann die Verordnung von Arzneimitteln einschränken oder ausschließen, wenn nach dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse der diagnostische oder therapeutische Nutzen, die medizinische Notwendigkeit oder die Wirtschaftlichkeit nicht nachgewiesen sind sowie wenn insbesondere ein Arzneimittel unzweckmäßig oder eine andere, wirtschaftlichere Behandlungsmöglichkeit mit vergleichbarem diagnostischen oder therapeutischen Nutzen verfügbar ist ( 92 Abs.1 Satz 1 Halbs. 3 SGB V). Er kann die Bildung von Festbetragsgruppen als ersten Schritt zur Festsetzung von Festbeträgen beschließen ( 35 Abs.1 SGB V). Seite 3
Eine Differenz zwischen Festbetrag und dem tatsächlichen Preis eines Arzneimittels muss der Versicherte dann selber tragen. Die Krankenkasse erstattet lediglich den zuvor bestimmten Festbetrag. Der G-BA kann Therapiehinweise mit empfehlendem Charakter für den Vertragsarzt beschließen ( 92 Abs. 2 Satz 7 SGB V). Warum hat der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) für die Insulinanaloga keine Festbetragsgruppe beschlossen? Der G-BA konnte zum jetzigen Zeitpunkt noch keine Entscheidung zur Bildung einer Festbetragsgruppe treffen, da noch zwei weitere Bewertungen des Institutes für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQ- WiG) zu langwirksamen Insulinanaloga ausstehen. Diese noch ausstehenden Nutzenbewertungen sind für eine umfassende Beurteilung der Möglichkeit einer Festbetragsgruppenbildung zwingend erforderlich. Welche Beziehung besteht zwischen dem Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) und dem Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG)? Das IQWiG hat als unabhängiges wissenschaftliches Institut die Aufgabe, den G-BA durch Nutzenbewertungen bei seiner Arbeit zu unterstützen. Das IQ- WiG untersucht im Auftrag des G-BA in einem festgelegten Verfahren den Nutzen diagnostischer und therapeutischer Methoden bei ausgewählten Krankheiten sowie den Nutzen von Arzneimitteln. Die Ergebnisse der Nutzenbewertung durch das Institut fließen in die verbindlichen Richtlinienentscheidungen des G-BA mit ein, nehmen diese aber in keiner Weise vorweg. Das IQWiG wurde als unabhängiges Institut eingerichtet und ist dem G-BA gegenüber nicht weisungsgebunden. Der G-BA hat keinen Einfluss auf die Ergebnisse der Bewertungen des IQWiG und trifft seine Entscheidungen nicht nur ausschließlich in einem rein wissenschaftlichen, sondern auch in einem politisch-gesellschaftlichen Gesamtkontext. Im Jahr 2005 hat der G-BA das Institut beauftragt, eine Nutzenbewertung kurzwirksamer Insulinanaloga zur Behandlung des Diabetes mellitus Typ 1 auch im Vergleich zu einer Behandlung mit Humaninsulin vorzunehmen. Das IQWiG hat sein Bewertungsverfahren mit einer Empfehlung an den G-BA abgeschlossen. Auf der Grundlage dieser Empfehlung hat der G-BA entschieden, die Verordnungsfähigkeit kurzwirksamer Insulinanaloga einzuschränken. Seite 4
Wann tritt der Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses in Kraft? Alle Richtlinienbeschlüsse des G-BA werden dem Bundesministerium für Gesundheit (BMG) zur Prüfung vorgelegt. Liegt die Zustimmung nach einem maximalen Prüfzeitraum von zwei Monaten vor, tritt der Beschluss einen Tag nach der Veröffentlichung im Bundesanzeiger in Kraft. Der aktuelle Sachstand des Beschlusses ist im Internet auf folgender Seite veröffentlicht: http://www.g-ba.de/informationen/beschluesse/zum-unterausschuss/2/. Welche Rechtsgrundlage hat der Gemeinsame Bundesausschuss für seine Entscheidungen? Rechtsgrundlage für die Arbeit des G-BA ist das fünfte Buch des Sozialgesetzbuches (SGB V). Den gesundheitspolitischen Rahmen der medizinischen Versorgung in Deutschland gibt das Parlament durch Gesetze vor. Aufgabe des G-BA ist es, innerhalb dieses Rahmens einheitliche Vorgaben für die konkrete Umsetzung in der Praxis zu beschließen. Die von ihm beschlossenen Richtlinien haben den Charakter untergesetzlicher Normen und sind für alle Akteure der GKV bindend. Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) ist das oberste Beschlussgremium der gemeinsamen Selbstverwaltung der Ärzte, Zahnärzte, Psychotherapeuten, Krankenhäuser und Krankenkassen in Deutschland. Er bestimmt in Form von Richtlinien den Leistungskatalog der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) für etwa 70 Millionen Versicherte. Der G-BA legt fest, welche Leistungen der medizinischen Versorgung von der GKV übernommen werden. Seite 5