Impfstrategien für die Eingliederung von Jungsauen in bestehende Sauenbestände Hirschaid, 17.12.2008 Dr. Stefan Gedecke Fachtierarzt für Schweine
Impfstrategien - Situation Situation Maststall Sauen Maststall Betrieb X: 300 produktive Sauen, angeschlossene Ferkelaufzucht 3-Wochen-Rhythmus, 4-wöchige Säugezeit enge Nachbarschaft Jungsauenzukauf
Impfstrategien - Jungsauenzukauf Jungsauenzukauf worauf ist zu achten? Herkunftsbetrieb: Lage (isoliert, Nachbarschaft, Entfernung-Transportwege etc.) Schlachthof Autobahn Aufzucht
Impfstrategien - Jungsauenzukauf Jungsauenzukauf worauf ist zu achten? Herkunftsbetrieb: Lage (isoliert, Nachbarschaft, Entfernung-Transportwege etc.) Genetik Management (Arbeitsrhythmus, Alter bei Auslieferung, Lieferfähigkeit und menge) Optimale Herdenstruktur: Anteil Sauen in Wurf-Nr. unbel. u. bel. Jungsauen 1. Wurf 2. Wurf 3. Wurf 4. Wurf 5. Wurf 6. Wurf 7. Wurf 19 % 17 % 16 % 14% 12% 10 % 7 % 5 %
Berechnung des jährlichen Jungsauenbedarfs: Würfe je Sau und Jahr x Bestandssauen Impfstrategien - Jungsauenbedarf Lebenswurfleistung Beispiel: 2,3 x 300 5,5 = 125,5 = 126 Jungsauen / Jahr Berechnung des wöchentlichen Jungsauenbedarfs: Jährlicher Jungsauenbedarf 52 Wochen x Produktionsrhythmus in Wochen Beispiel: 126 x 3 52 = 7,23 = 8 Jungsauen / Gruppe
Impfstrategien - Jungsauenintegration Grundsätzliche Überlegungen: Anzahl der Jungsauen/Jahr - Anzahl der Jungsauen/Lieferung - zeitliches Intervall der Zukäufe Raumplanung für Quarantänestall Immunisierung bzw. zoo-/biotechnische Vorbereitung der Tiere Ziel: Remontierung von 35-50 % des Bestandes mit optimaler Eingliederung in Gruppenabferkelsysteme - ohne negative gesundheitliche Beeinflussung der zugekauften Jungsauen bzw. der Bestandstiere
Impfstrategien - Jungsauenzukauf Jungsauenzukauf worauf ist zu achten? Herkunftsbetrieb: Lage (isoliert, Nachbarschaft, Entfernung-Transportwege etc.) Genetik Management (Arbeitsrhythmus, Alter bei Auslieferung, Lieferfähigkeit und menge) Reklamationen (Ausgleich, Häufigkeit und bisherige Gründe) Gesundheitsstatus: - bestehende bzw. nicht vorhandene Krankheiten im Bestand (Unbedenklichkeit) - aktuelle Untersuchungsergebnisse (< 3 Monate) - regelmäßige Gesundheitskontrollen (Gesundheitsmonitoring) - Behandlungen (Räude, Entwurmung, Leptospirose, etc.) Impfstatus der ausgelieferten Jungsauen
Impfstrategien - Immunität Vakzination Wirkmechanismen passive Immunität aktive Immunität AK über Kolostrum AK - Eigensynthese - Mutterschutzvakzinationen - Krankheitsausbrüche/ Feldinfektionen - Kontakt - Vakzinationen - Krankheitsausbrüche/ Feldinfektionen - Kontakt
Impfstrategien - Immunität Kolostrum-Physiologie der Resorption: Resorptionspeak 5-7 Stunden nach der Geburt Darmpassage (duodenal-jejunal) bis max. 24 h nach der Geburt, in Abhängigkeit vom Beginn der Aufnahme Aufnahme kolostraler Leukozyten, nicht jedoch Blutleukozyten
Impfstrategien - Immunität Kolostrum-zeitliche Aspekte: Verlängerung der Abferkelung über mehrere Stunden Nachteil für zuletzt geborene Ferkel Anstieg der Anzahl lebend geborener Ferkel fraktioniertes Säugen = Chancengleichheit kleiner Ferkel schlechte/atrophierte Gesäuge/Mammarkomplexe Vorteile der stärkeren Ferkel je höher die passive Immunisierung, desto später und zögernder die Eigensynthese von Immunglobulinen (Ig) Einsatz der Eigensynthese von Ig bei Ferkeln von Jungsauen nicht früher, aber intensiver als bei Ferkeln von Altsauen
Impfstrategien - Immunität Serokonversion und Persistenz von Antikörpern: Erreger Methode Frühestmöglicher Nachweis der Serokonversion (Tage) Maximale Nachweisdauer passiv übertragener AK (Wochen) Maximale Nachweisdauer aktiv gebildeter AK (Monate) PCV-2 ELISA 14-28 bis 18? bis 6? PRRSV ELISA 7-10 bis 5 bis 11 PPV HAH 4-8 12-24? SIV HAH 7-10 bis 16 bis 6 (18) Leptospiren MAT 7-10 bis 8 bis 11 APP KBR 10-14 bis 10 bis 6 M. hyo ELISA 7-28 bis 9 bis 12
Impfzeitpunkte Bsp.: Atemwegserreger Indikation Warenzeichen Muttertier Grundimmunisierung/ Wiederholungsimpfung Durchschnittliche Dauer maternaler Antikörper (Wochen) Impfschema Jungtier APP Porcilis APP - 6-10 und länger Ab 6. und 10.Woche APP Porcilis APP 7. und 3. Wo. a. p. /3 Wo. a. p. 10 und länger Ab 10. und 14.Woche APP HAEPPOVAC 5. und 2. Wo. a. p./ 5. und 2. Wo. a. p. 3-5 3. und 6. ggf. 9.Wo. (5. und 8. ggf.11. Wo.) Rhinitis atrophicans Porcilis AR-T 10. und 4. Wo. a. p./ 2-6 Wo. a. p. 6-8/10-12 und länger - Rhinitis atrophicans/ep RESPIPORC ARTEP 5. und 2. Wo. a. p./ 5. und 2. Wo. a. p. 7 1ml 35.Tg 1ml 56.Tg Haemophilus parasuis Porcilis Glässer 6. und 2. Wo. a. p./ 2. Wo a. p. 3-(5) 5. und 7. Woche Influenza Viraflu 6. und 3. Woche a. p. / alle 6 Monate 6-9 10. und 13./14. Woche Influenza RESPIPORC FLU 5. und 2. Woche a. p./ alle 6 Monate 8 8. und 11. Woche Influenza Ingelvac Flu 5. und 2. Woche a. p./ alle 6 Monate 8 8. und 11. Woche Influenza Suvaxyn flu 6-9 10. und 13./14. Woche PRRS Porcilis PRRS 2-4 Wochen vor Belegung o. alle 4 Monate 2-3-(4) 1x ab einem Alter von 2 Wochen PRRS Ingelvac PRRS MLV 3-4 Wochen vor Belegung o. alle 4 (max.5) Monate 2-3-(4) 1x ab einem Alter von 3 Wochen PRRS Progressis 6. und 3. Wo vor dem Belegen/ 60-70 Trächtigkeitstag 2-3-(4)
Impfstrategien - Immunität Vielzahl an Impfstoffen APP AK Clostridiose EP E.coli E.coliNE Glässer Influenza NE Paraimmunisierung PCV-2 PIA PPV PRRS Rhinitis Rotlauf RotlaufPPV Salmonellose Tetanus Tollwut TU spezial 8/2007
Impfstrategien - Immunität Indikationen, für die derzeit keine kommerzielle Impfstoffe zur Verfügung stehen: Dysenterie Clostridium perfringens Typ A E. coli Enterotoxämie Strep. suis Typ II Staph. hyicus Alternative: Bestandsspezifische Vakzine Antibiotische Therapie
Impfstrategien - Immunität Erwartungen an Impfstoffe Aber: 1. Verbesserung der ökonomischen Resultate - Erhöhungen der Tageszunahmen (Flatdeck/Mast) - Reduktion Medikamenteneinsatz (Sauen & Ferkel) - Verbesserung Fruchtbarkeit 2. Verhinderung / Reduktion Klinik (nicht infektionsabweisend) 3. Reduktion Infektionsdruck Impffähigkeit? ( Überimpfung ) Impfhygiene (Sauen & Ferkel) Bestandsspezifisches Impfkonzept (Hoftierarzt) aus: Ian R. Tizard, Veterinary Immunology
Impfstrategien - Immunität Fragestellung bei der Vakzinierung von Jungsauen und Bestandssauen:? Welche Erreger haben klinisch die höchste Relevanz (Erfahrung)? Welche Vakzinierung ist sinnvoll, welche Tiere (Sauen, Ferkel) und welcher Zeitpunkt? Alternative/flankierende Behandlungen (Antibiotika, Sonstiges)? Ökonomische Zwänge und Zeitkollisionen bei der Auswahl von Impfungen klinische und weiterführende Diagnostik Erregernachweis Hauptdiagnose
Impfstrategien - Immunität Erregernachweis Klinische Untersuchung direkt Indirekt (Serologie) - Klinisches Bild, Duplizität der Fälle - Klinische Chemie - Vorraussetzung: Erfahrung des Tierarztes - Kultur - PCR - Vorraussetzung: Erreger muss im Untersuchungsmaterial vorhanden sein - Antigennachweis mit spezif. Antikörpern (Ak) - Antikörpernachweis: Nachweis von Ak - Vorraussetzung: Immunreaktion
Impfstrategien - Immunität Besonderheiten: Erregernachweis direkt Indirekt (Serologie) Kultur: - falsche Entnahme falsch positiv - selten falsch positiv durch Kontamination PCR: - hohes Risiko einer Kontamination - Testanpassung an Erregervariationen - keine Aussage über Menge * und Vitalität * Nur mit spezieller PCR möglich AK variabel in Anstiegzeitraum und Dauer der Nachweisbarkeit negative Proben: - keine Infektion - nur lokale Immunantwort - AK-Titer unter Nachweisgrenze - Test nicht ausreichend sensitiv positive Proben: - Infektion - maternale AK - Impfung - Kreuzreaktion
Impfstrategien - Jungsauenintegration AK: Antikörper n.d.: nicht durchgeführt Flatdeck Sauen AK PCR AK PCR PRRS (EU-Typ) M. hyo PCV-2 - n.d. /- n.d. n.d. Glässersche Krankheit n.d. n.d. n.d. PIA n.d. n.d.
Impfstrategien - Jungsauenintegration bisheriger Impf-/Behandlungsplan Sauen und Ferkel Sauen: - Rotlauf/SMEDI: 3x/Jahr (Bestand) - PRRS (EU-Typ): 3x/Jahr (Bestand) - Räude-/Entwurmungsbehandlung: 2x/Jahr (Bestand) Ferkel: Geburt LT. 1 LT. 3 LT. 14 LT. 28 Zähne schleifen Schwänze kupieren Kastration Eisen M. hyo PCV-2 Absetzen
Impfstrategien - Jungsauenintegration Jungsauen-Herkunftsbetrieb: Gesundheitsstatus: - Schnüffelkrankheit: frei - PRRS: frei - Glässer: klin. negativ - PIA: klin. negativ Impfungen/Behandlungen: - M. hyo Saugferkel - SMEDI Selektion (180d) - Rotlauf Selektion (180d) - Räude/Entw. Selektion (180d)
Impfstrategien - Jungsauenintegration Vergleich Empfänger- und Herkunftsbetrieb: PRRS (EU-Typ) M. hyo PCV-2 Glässersche Krankheit PIA Räude/Entw. Rotlauf/SMEDI Herkunftsbetrieb Jungsauen AK PCR - - n.d. klin. negativ klin. negativ klin. negativ behandelt behandelt Empfänger Sauen AK PCR n.d. n.d. n.d. n.d. n.d. Bestandsbehandlung Bestandsimpfung
Impfstrategien - Jungsauenintegration Auswirkung PRRS-Status der Jungsauen PRRS-Status Jungsau negativ negativ positiv/immun positiv/virusausscheidung positiv/immun positiv/virusausscheidung PRRS-Status Empfängerbetrieb negativ positiv positiv positiv negativ negativ Konsequenz keine Probleme Erkrankung JS, Wellen im Betrieb keine Probleme Wellen im Betrieb möglich durch empfängliche Tiere evtl. Probleme Erkrankung Altsauen
Impfstrategien - Jungsauenintegration Ablauf einer sinnvollen Jungsauenintegration 2 Phasen - Eingliederung 1. Isolierung 2. Akklimatisierung Dauer: > 2 Wochen Schutz vor Einschleppung von Seuchen und Krankheiten Schutz der Jungsauen vor zu schneller Konfrontation mit der betriebseigenen Keimflora Dauer: ca. 4 Wochen systematische Angleichung mit der bestandseigenen Keimflora schrittweises Zustellen von Bestandstieren zu den Neulingen Fehler: Mischung von Bestandstieren mit zugekauften Jungtieren unmittelbar nach der Anlieferung
Impfstrategien - Jungsauenintegration Jungsauenintegration: LT. 180 LT. 185-195 LT. 240-250 Selektion Rotlauf/SMEDI Räudebeh./Entw. Lieferung ~ 50 Tage für die Jungsauenintegration Belegung Isolierung Akklimatisierung
Impfstrategien Jungsauenintegration LT. 185-195 LT. 200-210 LT. 210-220 LT. 225-230 LT. 240-250 tägliche Rauschekontrolle 14 Tage Lieferung PRRS I PPV I PCV I evtl. Bestandstiere/Kot zuführen PRRS II PPV II Umstallung Deckstall PCV II evtl. Räudebeh./Entw. Belegung Isolierung Akklimatisierung
Impfstrategien Jungsauenintegration - Schutz vor bakteriellen Erregern LT. 185-195 LT. 200-210 LT. 210-220 LT. 225-230 LT. 240-250 tägliche Rauschekontrolle 14 Tage Lieferung PRRS I PPV I antibiotische Metaphylaxe Isolierung PCV I evtl. Bestandstiere/Kot zuführen PRRS II PPV II Akklimatisierung Umstallung Deckstall PCV II evtl. Räudebeh./Entw. Belegung
Impfstrategien - Situation Situation Maststall Sauen Maststall Betrieb X: Neuaufbau bzw. Depopulation-Repopulation 300 produktive Sauen, angeschlossene Ferkelaufzucht 3-Wochen-Rhythmus, 4-wöchige Säugezeit
Impfstrategien - Jungsauenintegration Jungsauen-Herkunftsbetrieb: Gesundheitsstatus: - Schnüffelkrankheit: frei - PRRS: frei - Glässer: klin. negativ - PIA: klin. negativ - Räude: frei, behandelt Impfungen/Behandlungen: - M. hyo Saugferkel - SMEDI Selektion (180d) - Rotlauf Selektion (180d)
Impfstrategien - Jungsauenintegration Jungsauenintegration: LT. 185-195 LT. 200-210 LT. 210-220 LT. 225-230 LT. 240-250 tägliche Rauschekontrolle 14 Tage Lieferung PRRS I PPV I PCV I aufgrund enger Nachbarschaft PRRS II PPV II PCV II Belegung
Impfstrategien - Neuaufbau Impfvarianten Sauen und Ferkel nach Bestandsneuaufbau Geburt Tag. 14 Sauen Geburt PPV PRRS ( 60. T-Tag) LT. 1 LT. 3 LT. 14 LT. 21/28 Ferkel Zähne schleifen Schwänze kupieren Kastration Eisen M. Hyo PCV-2 Absetzen
Resümee Ziel ist es, 35-50 % Jungsauen in den Bestand mit festem Gruppenabferkelsystem optimal einzugliedern, ohne die Gesundheit der zugekauften Jungsauen bzw. der Bestandstiere negativ zu beeinflussen Die Durchführung der notwendigen Managementmaßnahmen (Rauschekontrolle, Eberkontakt, Futterangebot ) ist neben einer sinnvollen Impfstrategie die Grundvoraussetzung für einen optimalen Start und eine hervorragende Jungsauenleistung Die klinische und weiterführende Diagnostik einschließlich des Erregernachweises stellen die Grundvoraussetzungen für die Auswahl und Anwendung eines Impfstoffes im Betrieb dar Ein exakter Abgleich zwischen der gesundheitlichen Situation des Jungsauenlieferanten und des Kundenbetriebes ist erforderlich, die Einbeziehung der beteiligten Betreuungstierärzte ist unabdingbar
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit