Janne Jörg Kipp Rolf Morrien



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Transkript:

Janne Jörg Kipp Rolf Morrien

Teil I: Unsere Ausgangssituation Wir haben eine Bestandsaufnahme angekündigt, die jenseits tagesaktueller und oft verfälschter Zahlen, Daten und Meinungen eine gute Wissensgrundlage bildet. Bereits in einem 2010 veröffentlichten Buch (»Staatsbankrott voraus!«) haben wir deutlich gemacht, dass wir einen Staatsbankrott erwarten. Die damals formulierten Thesen stellen wir nun in diesem Buch ausführlicher dar, denn sie beruhen auf grundlegenden Überlegungen, die in den vergangenen Krisen-Monaten voll und ganz bestätigt wurden. Diese Überlegungen und Fakten stellen wir heute und künftig gerne zur Diskussion. Grundlegende Tatsache: Die Verschuldung ist immens Kennen Sie noch Hans Eichel? Er war Bundesfinanzminister in der Anfangsphase der Schröder-Bundesregierung. Der hatte für 2006 einen»ausgeglichenen Bundeshaushalt«angekündigt als einer von vielen Finanzministern. Daraus wurde nichts, und daraus wird in absehbarer Zeit erst recht nichts. Vielmehr werden bei uns in Deutschland, in der Eurozone, in der ganzen EU, in Europa und schließlich in den USA die Staatsschulden permanent steigen.»permanent«heißt wegen des zugrundeliegenden Mechanismus automatisch:»rasant«. Sehen Sie sich dazu nur folgende Grafik an, welche die Staatsverschuldung in Deutschland zeigt. Sie sehen, dass die Verschuldung stets zunimmt. Auch wenn das Tempo 19

Abbildung 2: Schulden Deutschlands (Stand: 31.12.2009), Quelle: Statistisches Bundesamt variiert Neuverschuldungen von 0 Euro, wie sie Hans Eichel ankündigte, sind nach menschlichem Ermessen heute nicht denkbar. Antriebsfeder für die rasante Vermehrung der Schulden sind die wirtschaftlichen Gegebenheiten (Zins- und Zinseszinseffekte) sowie politische Beweggründe. Die jeweiligen Interessengruppen werden bedient einfach, indem ihnen die Regierung Geld zuschanzt. Schließlich hat die Entwicklung einen sich selbst verstärkenden Effekt: Zunehmende Wirtschaftskrisen und Arbeitslosigkeit führen zu immer höheren Transferzahlungen. Hohe Schulden sind ein Problem auf (fast) der ganzen Welt Wie schlimm die Verschuldung Deutschlands aussieht, können Sie jetzt ermessen. Hier zur Ergänzung eine Bilanz über die Schuldensituation der gesamten Europäischen Union sowie der Eurozone. 20

Land Staatsschuldenquote in % des BIP Anstieg 1985 bis 2010 1985 2009 2010 Deutschland 30,3 73,4 75,7 150 % Belgien 74,1 96,2 98,6 33 % Griechenland 22,3 126,8 140,2 530 % Spanien 16,4 53,2 64,4 293 % Frankreich 20,7 78,1 83,0 301 % Irland 69,1 65,5 97,4 41 % Italien 56,9 116,0 118,9 109 % Zypern - 58,0 62,2 - Luxemburg 9,9 14,5 18,2 84 % Malta - 68,6 70,4 - Niederlande 45,3 60,8 64,8 43 % Österreich 35,3 67,5 70,4 99 % Portugal 30,5 76,1 82,8 171 % Slowakei - 35,4 42,1 - Slowenien - 35,4 40,7 - Finnland 11,3 43,8 49,0 334 % Euroraum 33,4 79,1 84,1 152 % EU gesamt 52,7 74,0 79,1 50 % Japan 51,4 188,9 192,3 274 % USA 43,9 84,7 92,2 110 % Tabelle 1: Staatsschuldenquoten im internationalen Vergleich Quellen: Bundesbank, Monatsberichte April 2010 und Mai 2011, eigene Berechnungen Die Zahlen zeigen: Der Schuldenaufbau funktioniert. Das Geheimnis sind die politischen Strukturen sowie die schon aufgelaufenen Schulden nebst Zinsverpflichtungen. Aus dieser Gemenge lage kommt keine Regierung heraus. Allein schon die Zinsen sorgen dafür, dass die Staaten sich weiter und schneller verschulden müssen. 21

Wenn Sie die Schulden der Bundesrepublik Deutschland laufend verfolgen möchten, empfehle ich die Schuldenuhr des Bundes der Steuerzahler im Internet. Gehen Sie auf die Seite www.steuerzahler.de. Sie finden die Schuldenuhr rechts oben auf der Website. Sie können sehen: Pro Kopf haben sich in unserem Land im Juli 2011 bereits Schulden von über 24.000 Euro angesammelt. Auch für die USA können Sie die stark wachsenden Staatsschulden im Internet verfolgen. Besuchen Sie dazu die Website: www.usdebtclock. org. Die Vereinigten Staaten haben allein 4,6 Billionen US-Dollar Auslandsschulden. Wenn Sie mit 5 Prozent Zinsen kalkulieren (Achtung: Altschulden werden mit höheren Zinsen bedient, daher sind die Schätzungen richtig), müssen die USA Jahr für Jahr 230 Milliarden US-Dollar nur an Zinsen und nur an das Ausland zahlen: pro Haushalt rund 2.300 US-Dollar. Schon jetzt geben immer mehr Kommunen in den USA an, dass sie ihre Schulden (also allein die Zinsen) nicht mehr zahlen können und auch nicht zahlen werden. 46 Kommunen hatten allein bis Anfang September 2010 diese Erklärung abgegeben. Da wir in die Eurozone eingebettet sind, noch eine kurze Erinnerung und Bewertung: Auf dieser Ebene wirkt dieselbe Dynamik wie auf nationaler Ebene. Die Eurozone ist stark überschuldet. Und inzwischen zeichnet sich ab, was wir längst prognostiziert haben: Diese Überschuldung hat erhebliche Konsequenzen für das Herzstück unserer Lebenswelt: den Euro. Dazu kommen wir noch. Teil II: Die Schulden sind in Wirklichkeit noch viel höher Die Buchhaltung des Staates und damit auch die handwerkliche Qualität aller Schuldenstatistiken sind mangelhaft. Würden Unternehmen in gleicher Weise mit dem gleichen unzureichenden Datenmaterial geführt, gäbe es kein Morgen. Weder die Schuldenhöhe, die 22

wir oben nominell, den veröffentlichten Zahlen und Daten nach, angegeben haben, noch das Risikomanagement entspricht einer wirtschaftlich sinnvollen Betrachtung. Sicher ist: Sowohl Deutschland als auch die gesamte EU wie die USA sind deutlich höher verschuldet als offiziell ausgewiesen. Die daraus resultierende Gefahr für die Zukunft haben kein Staat und keine Staatenvereinigung (EU, Eurozone) auch nur annähernd einem Risikomanagement unterworfen. Risikomanagement würde bedeuten: einige Szenarien wie Kapitalmangel am Anleihemarkt durchkalkuliert zu haben und darauf Reaktionsmuster zumindest in Grundzügen entwickelt zu haben. Die Staaten werden aber wegen ihres fehlenden Risikomanagements zum Spielball der Finanzmärkte. Von expliziten und impliziten Schulden Jede Kapitalgesellschaft in Deutschland ist nach normalem Handelsrecht dazu verpflichtet, absehbare Risiken, das heißt absehbare Schulden aus laufenden Vorgängen in Form von Rückstellungen in der Bilanz abzubilden. Genau dieses Bilanzierungsverfahren wäre auch im öffentlichen Haushaltsrecht sinnvoll. Ein Beispiel aus der Praxis Stellen Sie sich Automobilproduzenten vor, die regelmäßig 5 Prozent ihrer Umsätze für Rückholaktionen wegen Brems- und ähnlicher Defekte verlieren. Nach kurzer Zeit müssen diese Unternehmen 5 Prozent ihrer realen Umsätze gewinnmindernd in die Bilanz aufnehmen: als Zahlungen, die voraussichtlich in Zukunft ebenfalls zu leisten sind. Unternehmen bilanzieren damit nicht nur die expliziten Verbindlichkeiten, die beispielsweise aufgrund von erhaltenen Lieferungen schon bestehen, sondern auch die impliziten Verbindlichkeiten, die 23

erst künftig zu expliziten Verbindlichkeiten werden, die aber jetzt schon abzusehen sind. Auf die staatliche Ebene übertragen heißt dies: Die expliziten Verbindlichkeiten liegen bei 1,95 Billionen Euro (Juni 2011). Darüber hinaus gibt es auch beim Staat implizite Verbindlichkeiten: Pensionsansprüche von Beamten. Wohlgemerkt: Uns geht es nicht um die Rechtmäßigkeit dieser Ansprüche, sondern um deren Bilanzierung. Die fehlt bis dato. Ansprüche anderer öffentlicher Bediensteter. Auch die werden nicht bilanziert, noch nicht einmal»prognostiziert«. Ansprüche der Sozialkassen wie Krankenkassen, Pflegeversicherungen oder gesetzliche Rentenversicherung. Sie erhalten steuerfinanzierte Zuschüsse und werden diese voraussichtlich auch weiterhin erhalten. Allein die künftigen Zahlungsverpflichtungen zur Rentenversicherung sollen mehr als 100 Prozent des Bruttoinlandsproduktes betragen. Naturgemäß gehen die Schätzungen zur Höhe der Verpflichtungen auseinander. Der Freiburger Finanzwissenschaftler Bernd Raffelhüschen ging im Mai 2010 bei der Bundesrepublik Deutschland von 7,85 Billionen Euro Gesamtschulden aus. Absehbar, aber in keiner uns bekannten Schätzung des künftigen Finanzbedarfs vertreten sind zudem Investitionen in die Infrastruktur, die nicht bilanziert werden. Jedes Unternehmen muss seine Investitionen beispielsweise Maschinen abschreiben. Das heißt: Die Wertminderung durch Abnutzung oder durch Alterung mindert effektiv den Jahresgewinn. Dagegen sind Reinvestitionen bei öffentlichen Investitionsgütern, etwa bei Autobahnen, in Schulen oder sonstigen öffentlichen Gebäuden oder im Fahrzeugbestand der kommunalen Feuerwehren nicht vorgesehen. 24

Da der Staat grundsätzliche Funktionen aufrechterhalten muss, sind diese Investitionen aber bereits absehbar. Nicht zuverlässig prognostizierbar ist lediglich der genaue Zeitpunkt, an dem sie vorgenommen werden. Laut einer Studie der»stiftung Marktwirtschaft«(2006) betrug zum damaligen (!) Zeitpunkt die Summe der expliziten und impliziten Schulden bereits 7,14 Billionen Euro. Zum Veröffentlichungszeitpunkt 2006 betrug die Summe der expliziten Schulden 1,4 Billionen Euro. Das Verhältnis zwischen expliziten ausgewiesenen Schulden und den Gesamtschulden beträgt daher 1:5. In der Dimension ist diese Kennzahl schlüssig und sie zeigt, wohin die Reise geht. Aktuell beträgt nach dieser Faustformel die Gesamtverschuldung sogar 8,5 Billionen Euro. Zu diesem Ergebnis kam das Bonner»Institut für Wirtschaft und Gesellschaft«bereits 2005 mit einer Schätzung, wonach sich die Gesamtschulden der Bundesrepublik Deutschland auf 8 bis 9 Billionen Euro belaufen hätten. Dies wären hochgerechnet auf den heutigen Zeitpunkt sogar schon Gesamtschulden in Höhe von 10 Billionen Euro. Im Ergebnis spielt die exakte Schuldenhöhe (die auch Sterbetafeln berücksichtigen müsste) keine Rolle. Sie lässt sich ohnehin nicht genau ermitteln. Der Staat nutzt seine Sparmöglichkeiten jedoch bereits weidlich und hat just in Bayern das Pensionierungsalter auf 67 Jahre angehoben. Andere Bundesländer wollen nachziehen. Eine faktische Pensionskürzung. Nur um eine Vorstellung von der Höhe der Verbindlichkeiten zu erhalten, unterstellen wir als Untergrenze eine Gesamtschuld der Bundesrepublik Deutschland von 6 Billionen Euro. Das gesamte Bruttoinlandsprodukt liegt für 2010 etwa bei knapp 2,5 Billionen Euro. Die Gesamtverschuldungsquote (explizite und implizite Schulden) liegt damit bei mindestens 240 Prozent des BIP. Hier noch einige Schätzungen zu anderen Staaten, die sich nicht auf die expliziten oder impliziten Schulden beziehen, sondern auf die Summe aller Schulden: 25

Land Öffentliche Schulden Private Unternehmen Finanzinstitute Summe Großbritannien 52,00 % 114,00 % 101,00 % 202,00 % 469,00 % Japan 188,00 % 96,00 % 67,00 % 108,00 % 459,00 % Spanien 47,00 % 136,00 % 85,00 % 75,00 % 343,00 % Südkorea 37,00 % 115,00 % 80,00 % 108,00 % 340,00 % Schweiz 37,00 % 75,00 % 118,00 % 84,00 % 314,00 % Frankreich 73,00 % 110,00 % 44,00 % 81,00 % 308,00 % Italien 101,00 % 81,00 % 40,00 % 77,00 % 299,00 % USA 60,00 % 96,00 % 78,00 % 56,00 % 290,00 % Deutschland 69,00 % 66,00 % 62,00 % 76,00 % 273,00 % Kanada 60,00 % 54,00 % 84,00 % 47,00 % 245,00 % China 32,00 % 96,00 % 12,00 % 18,00 % 158,00 % Brasilien 66,00 % 30,00 % 13,00 % 33,00 % 142,00 % Indien 66,00 % 42,00 % 10,00 % 11,00 % 129,00 % Russland 5,00 % 40,00 % 10,00 % 16,00 % 71,00 % Tabelle 2: Geschätzte Gesamtschulden (explizite und implizite Schulden) Quelle: McKinsey Global Institute Kritiker wenden hier gerne ein, dass solche Aufstellungen nicht stimmen könnten. Denn eine Ebene könne ja der anderen Geld schulden. Das ist aber falsch, denn diese Daten sind bereits berücksichtigt. Die Angaben sind reine Saldo-Größen und damit frei von gegenseitiger Verflechtung. Auch hier gilt: Die Nachkommastellen spielen keine Rolle mehr ganze Gesellschaften sind von einer Verarmung bedroht. Angefangen bei Großbritannien, Japan und Spanien. Es ist kein Zufall, dass ausgerechnet diese Staaten aktuell vor einem Bankrott stehen. 26