KMK-Bildungsstandards. Konsequenzen. für die Arbeit an bayerischen Schulen



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KMK-Bildungsstandards Konsequenzen für die Arbeit an bayerischen Schulen 1. Februar 2005

Die vorliegende Broschüre wurde federführend von den Referaten Lerntheorie und Lehrplanfragen sowie Schulartübergreifende fachliche Angelegenheiten der Grundsatzabteilung in enger Abstimmung mit den Schulabteilungen und der Qualitätsagentur des Staatsinstituts für Schulqualität und Bildungsforschung erarbeitet. Ansprechpartner: Bernhard Brockmann, Referat Schulartübergreifende fachliche Angelegenheiten - Mathematik, Tel. 089 2170-2301, E-Mail: bernhard.brockmann@isb.bayern.de Andrea Hechenleitner, Referat Lerntheorie und Lehrplanfragen Tel. 089 2170-2191, E-Mail: andrea.hechenleitner@isb.bayern.de Hermann Ruch, Referat Schulartübergreifende fachliche Angelegenheiten - Deutsch, Tel. 089 2170-2237, E-Mail: hermann.ruch@isb.bayern.de Dr. Karin Schwarzkopf, Referat Lerntheorie und Lehrplanfragen Tel. 089 2170-2297, E-Mail: karin.schwarzkopf@isb.bayern.de Elisabeth Stöckl, Referat Schulartübergreifende fachliche Angelegenheiten - Naturwissenschaften, Tel. 089 2170-2240, E-Mail: stoeckl@isb.bayern.de Dr. Andrea Taubenböck, Referat Schulartübergreifende fachliche Angelegenheiten - Fremdsprachen, Tel. 089 2170-2241, E-Mail: a.taubenboeck@isb.bayern.de Staatsinstitut für Schulqualität und Bildungsforschung

3 Vorbemerkung Ein Ruck ging durch die deutsche Bildungslandschaft, als TIMSS und PISA deutschen Schülern 1 nur mittelmäßige bzw. unterdurchschnittliche Leistungen im internationalen Vergleich attestierten. Nach einer ersten Phase der Betroffenheit wurde diese Situation als Chance zur Weiterentwicklung des Bildungssystems begriffen. Bildung rückte in den Fokus des öffentlichen und politischen Interesses. An bayerischen Schulen werden seit einigen Jahren verstärkt innovative Projekte zur Weiterentwicklung von Schule initiiert und umgesetzt. Ihre Intentionen decken sich im Wesentlichen mit den im Jahr 2001 von der Kultusministerkonferenz beschlossenen Handlungsfeldern 2. Ein zentrales Feld stellt dabei die Entwicklung verbindlicher nationaler Bildungsstandards dar. Derzeit beschäftigen sich alle Bundesländer mit der Einführung der auf dieser Grundlage erarbeiteten bundeseinheitlichen Bildungsstandards in die laufende Schul- und Unterrichtsarbeit. Die vorliegende Broschüre will hierzu in kurzer und übersichtlicher Form einen Beitrag leisten. Es sollen die Intention und Bedeutung von Bildungsstandards, ihr Stellenwert in unserem Schulsystem sowie Chancen und Folgerungen für die Arbeit an den Schulen näher diskutiert werden. Die Broschüre richtet sich an Lehrkräfte aller Schularten. Im Mittelpunkt des ersten Kapitels stehen der konzeptionelle Hintergrund von Bildungsstandards, ihre Entwicklung sowie ihr Zusammenhang mit Lehrplänen. Konsequenzen und Chancen der Bildungsstandards für die Arbeit an den Schulen sowie offene Fragen beschließen diesen Teil. Das zweite Kapitel gibt einen Überblick darüber, wo die KMK-Bildungsstandards für die verschiedenen Abschlüsse in den bayerischen Lehrplänen der einzelnen Fächer und Schularten berücksichtigt sind bzw. wo Anknüpfungspunkte für die KMK-Bildungsstandards bestehen. Ausgewählte Beispiele für den Unterricht zeigen Möglichkeiten zur Umsetzung der Intentionen der Bildungsstandards auf. Der detaillierte Vergleich von KMK-Bildungsstandards und bayerischen Lehrplänen findet sich auf der Homepage des ISB (http://www.isb.bayern.de unter Rubrik Grundsatzabteilung, Lehrpläne/Standards). Hier werden zukünftig auch weitere Informationen, Materialien und Links für die verschiedenen Fächer und Schularten veröffentlicht. 1 Der Kürze halber ist im Text von Lehrern und Schülern die Rede, gelegentlich auch im Singular. Dass das Kollegium einer Schule aus Frauen und Männern, die Schülerschaft aus Mädchen und Jungen besteht, wurde überall mit bedacht. 2 Handlungsfelder der KMK, Beschluss vom Dezember 2001 (http://www.kmk.org/schul/pisa/felder.htm): Maßnahmen zur Verbesserung der Sprachkompetenz bereits im vorschulischen Bereich Maßnahmen zur besseren Verzahnung von vorschulischem Bereich und Grundschule mit dem Ziel einer frühzeitigen Einschulung Maßnahmen zur Verbesserung der Grundschulbildung und durchgängige Verbesserung der Lesekompetenz und des grundlegenden Verständnisses mathematischer und naturwissenschaftlicher Zusammenhänge Maßnahmen zur wirksamen Förderung bildungsbenachteiligter Kinder, insbesondere auch der Kinder und Jugendlichen mit Migrationshintergrund Maßnahmen zur konsequenten Weiterentwicklung und Sicherung der Qualität von Unterricht und Schule auf der Grundlage von verbindlichen Standards sowie eine ergebnisorientierte Evaluation Maßnahmen zur Verbesserung der Professionalität der Lehrertätigkeit, insbesondere im Hinblick auf diagnostische und methodische Kompetenz als Bestandteil systematischer Schulentwicklung Maßnahmen zum Ausbau von schulischen und außerschulischen Ganztagsangeboten mit dem Ziel erweiterter Bildungs- und Fördermöglichkeiten, insbesondere für Schülerinnen und Schüler mit Bildungsdefiziten und besonderen Begabungen

4 Überblick Ausgangslage KMK-Bildungsstandards Zielsetzung von Bildungsstandards Funktion von Bildungsstandards Die Analyse internationaler Studien zur Leistungsfähigkeit von Bildungssystemen (z. B. TIMSS, PISA) sowie Empfehlungen eines wissenschaftlichen Gremiums 3 lieferten wesentliche Impulse zur Entwicklung verbindlicher nationaler Bildungsstandards in Deutschland. Diese auf KMK-Ebene getroffenen und damit bundeseinheitlichen Vereinbarungen legen für einzelne Fächer fest, welche Kompetenzen Schüler bis zu einer bestimmten Jahrgangsstufe erworben haben müssen. Die Einhaltung dieser Zielvereinbarungen soll langfristig in zentralen Tests überprüft werden. Diese sog. KMK-Bildungsstandards wurden für die klassischen Schnittstellen des deutschen Schulsystems erarbeitet, nämlich jeweils am Ende der Jahrgangsstufe 4 (Übergang an weiterführende Schulen), Jahrgangsstufe 9 (Hauptschulabschluss) und Jahrgangsstufe 10 (Mittlerer Schulabschluss). Seit Beginn des Schuljahres 2004/2005 werden sie sukzessive in allen Bundesländern verbindlich eingeführt. Bildungsstandards gelten als weitere Bausteine in dem bereits vor einigen Jahren eingeleiteten Prozess der Qualitätsentwicklung von Schule, der zunehmend Aspekte der internen und externen Evaluation einbezieht. Damit wird ein Perspektivenwechsel von einer überwiegend vom Input (z. B. Richtlinien und Ressourcen) bestimmten Steuerung des Bildungssystems hin zu einer mehr outputorientierten Sichtweise eingeleitet, bei der die Lernergebnisse der Schüler im Zentrum stehen. Neben diesen Aspekten der Qualitätssicherung haben Bildungsstandards den Anspruch, die bundesweite Vergleichbarkeit und Anschlussfähigkeit schulischer Abschlüsse zu erhöhen sowie die Durchlässigkeit der deutschen Schulsysteme zu fördern. Bildungsstandards und Lehrpläne haben unterschiedliche Funktionen und sind folglich unterschiedlich konzipiert: Bildungsstandards beschreiben v. a. überprüfbare Kompetenzen aus dem Kernbereich ausgewählter Fächer, d. h. sie stellen einen Ausschnitt schulischer Bildung dar, sind schulartübergreifende Momentaufnahmen, d. h. sie beschreiben Kompetenzen, die zu einem bestimmten Zeitpunkt vorliegen müssen und beschränken sich auf Lernergebnisse, ohne den Unterricht näher zu beschreiben. 3 Klieme, E. et al.: Zur Entwicklung nationaler Bildungsstandards, Eine Expertise, Berlin 2003 (http://www.dipf.de/publikationen/volltexte/zur_entwicklung_nationaler_bildungsstandards.pdf; alle Seitenangaben beziehen sich auf diese Internetfassung.)

5 Funktion von Lehrplänen Lehrpläne der Zukunft Übergangsphase Vergleich der der KMK- Bildungsstandards mit aktuellen bayerischen Lehrplänen Bayerische Lehrpläne dagegen stellen ein pädagogisches Gesamtkonzept für den Unterricht dar, d. h. sie formulieren in ihren Lernzielen sowohl überprüfbare Kompetenzen als auch darüber hinausgehende Fähigkeiten und Wertorientierungen, machen Aussagen zur Sequenzierung der Ziele und Inhalte nach Jahrgangsstufen, beschreiben nicht nur Lernergebnisse, sondern auch wesentliche Lernprozesse vor dem Hintergrund didaktischer Prinzipien guten Unterrichts, machen schulartspezifische Unterschiede deutlich und zeigen Möglichkeiten fächerübergreifender Zusammenarbeit auf. Da Bildungsstandards eine Leitfunktion haben und deutschlandweit Impulse und Schwerpunkte für die entsprechenden Fächer setzen, müssen zukünftige Lehrpläne diese Vorgaben insbesondere die klare Ausweisung der erwarteten Kompetenzen aufgreifen, für den Unterricht aufbereiten und im Sinne des Bildungs- und Erziehungsauftrags der jeweiligen Schulart ergänzen. Gleichzeitig müssen sie ausreichend Gestaltungsraum bieten, um schulinterne Entwicklungsprozesse zu unterstützen. Zukünftige bayerische Lehrpläne werden folglich die Grundintention der Bildungsstandards mit der Unterstützungsfunktion von Lehrplänen verbinden. Für bereits bestehende Lehrpläne der verschiedenen Schularten muss geklärt werden, wo die KMK-Bildungsstandards für die verschiedenen Abschlüsse und Fächer berücksichtigt sind, wo Anknüpfungspunkte bestehen bzw. wo Modifikationen erforderlich sind. Gleichzeitig gilt es, die grundlegenden Impulse und Schwerpunktsetzungen, die sich aus den KMK- Bildungsstandards ableiten, fachspezifisch zu erfassen und für den Unterricht nutzbar zu machen. Die Detailanalyse aller relevanten bayerischen Lehrpläne hat ergeben, dass die KMK-Bildungsstandards im Wesentlichen in den Lehrplänen bereits abgedeckt werden. Sie berücksichtigen zum Teil auch die durch die KMK-Bildungsstandards gesetzten fachspezifischen Impulse und Schwerpunkte. In neueren Lehrplänen ist dies in der Regel deutlicher erkennbar als in älteren, was darauf zurückzuführen ist, dass Lehrplan- und Standarderarbeitung parallel und vor dem gleichen Hintergrund fachdidaktischer Entwicklungen erfolgten. Auch wenn in älteren Lehrplänen deutliche terminologische Entsprechungen nicht unmittelbar vorhanden sind, finden sich dort zahlreiche Anknüpfungspunkte, die es für einen standardkonformen Unterricht zu nutzen gilt. Nur in wenigen Fällen muss konstatiert werden, dass KMK-Bildungsstandards durch die vorhandenen Lehrpläne nicht vollständig abgedeckt werden können. Im Falle größerer Abweichungen (z. B. Stochastik) werden entsprechende Lehrpläne derzeit bereits angepasst; kleinere Differenzen gilt es zukünftig z. B. über Absprachen in Fachschaften, Lehrerfortbildungen bzw. über geeignete Materialien aufzufangen.

6 Konsequenzen für den Unterricht Die Analyse zeigt unabhängig von einzelnen Fächern und Schularten, dass die Idee der Outputorientierung in den neueren bayerischen Lehrplänen bereits zum Ausdruck kommt, z. B. in der Formulierung von kompetenzorientierten Lernzielen bzw. von Grundwissen. Insofern ist am vielfach propagierten Perspektivenwechsel für Bayern weniger die Formulierung verbindlicher Kompetenzen neu als vielmehr die Erkenntnis, dass der Lernerfolg von Schülern zukünftig ein wesentlicher Maßstab für die Qualität von Unterricht darstellt und daher regelmäßig zu überprüfen ist. Will Schule diesem Perspektivenwechsel gerecht werden, ist eine konsequente Ausrichtung des Unterrichts auf Kompetenzerwerb notwendig und erfordert eine entsprechende Planung und Durchführung von Unterricht sowie eine differenzierte Wahrnehmung individueller Lernfortschritte der Schüler. In diesem Zusammenhang gilt es beispielsweise, Vorstellungen zur Förderung der Nachhaltigkeit von Lernen weiterzuentwickeln, eine geeignete Aufgabenkultur zu etablieren sowie einen angemessenen Umgang mit der Heterogenität in den Klassen zu gewährleisten. Eine engere Kooperation im Kollegenkreis unterstützt diesen Prozess, erhöht die Effektivität und führt zu größeren Synergieeffekten. Geeignete Materialien, gezielte Lehreraus- und -fortbildungsmaßnahmen sowie passende Konzepte zur Leistungsüberprüfung und Evaluation im Rahmen von Schulentwicklung müssen die Umsetzung in der Praxis unterstützen.

7 Inhaltsverzeichnis 1 Was ist neu an Bildungsstandards?... 8 1.1 Perspektivenwechsel...8 1.2 Klärung zentraler Begriffe...8 1.2.1 Standards... 9 1.2.2 Kompetenzen... 9 1.2.3 Kompetenzmodelle... 10 1.2.4 Bildungsstandards... 10 1.3 KMK-Bildungsstandards...11 1.4 Zusammenhang zwischen Bildungsstandards und Lehrplänen...13 1.5 Konsequenzen und Chancen für den Unterricht...14 1.5.1 Unterrichtsplanung... 15 1.5.2 Unterrichtsgestaltung... 17 1.5.3 Leistungserhebung und Diagnose... 18 1.6 Offene Fragen...20 1.6.1 Sind Fächer ohne Bildungsstandards Fächer zweiter Klasse?... 20 1.6.2 Was unterscheidet Tests von bisher üblichen Leistungserhebungen?... 20 1.6.3 Testeritis, Ranking, Teaching to the Test tatsächliche Gefahren?... 21 1.6.4 Wie geht es weiter mit den KMK-Bildungsstandards?... 22 2 Vergleich KMK-Bildungsstandards und Lehrpläne Impulse für die Fächer... 23 2.1 Deutsch...24 2.1.1 Berücksichtigung der KMK-Bildungsstandards in den Lehrplänen... 24 2.1.2 Impulse für den Unterricht... 27 2.2 Erste Fremdsprache...40 2.2.1 Berücksichtigung der KMK-Bildungsstandards in den Lehrplänen... 40 2.2.2 Impulse für den Unterricht... 43 2.3 Mathematik...51 2.3.1 Berücksichtigung der KMK-Bildungsstandards in den Lehrplänen... 51 2.3.2 Impulse für den Unterricht... 61 2.4 Biologie, Chemie und Physik...70 2.4.1 Berücksichtigung der KMK-Bildungsstandards in den Lehrplänen... 70 2.4.2 Impulse für den Unterricht... 81 3 Weiterführende Quellen... 100

8 Andrea Hechenleitner / Dr. Karin Schwarzkopf 1 Was ist neu an Bildungsstandards? 1.1 Perspektivenwechsel Die Ergebnisse internationaler Vergleichsstudien lassen vermuten, dass Länder, die systematische Qualitätssicherung betreiben sei es durch regelmäßige Schulleistungsstudien oder durch ein dichtes Netz von Schulevaluationen, insgesamt höhere Leistungen erreichen (Klieme 4, S. 8). Insofern war es nahe liegend, die Steuerungsmechanismen des deutschen Bildungswesens auf den Prüfstand zu stellen. Bislang vertraute man darauf, dass qualitativ hochwertiger Input, z. B. in Form von Lehrplänen, Rahmenrichtlinien, Stundentafeln, Prüfungsrichtlinien und Ressourcen, automatisch zu entsprechendem Erfolg führt. Die Ergebnisse der PISA-Studie zeigen allerdings deutlich, dass dieses Instrument der Steuerung alleine offensichtlich nicht die Qualität von Bildung sichert. Begriffe wie Standards, Kompetenzen, Evaluation und Bildungsmonitoring als sog. Output-Größen prägen seither die bildungspolitische Diskussion und haben einen Perspektivenwechsel eingeleitet. Es gilt, den Blick stärker als bisher auf die Lernergebnisse der Schüler und damit auf den Outcome von Schule zu richten. Zum Kernbereich der hiermit verbundenen Reformen gehören verbindliche nationale Zielvereinbarungen in Form normativer Standards, deren Einhaltung konsequent überprüft werden soll. Ziel ist es, nicht nur die schulische Bildung zu verbessern, sondern durch die Vereinheitlichung von Anforderungen auch die Durchlässigkeit der Schulsysteme innerhalb Deutschlands sowie die Vergleichbarkeit und Anschlussfähigkeit von Abschlüssen zu erhöhen und Bewertungsmaßstäbe anzugleichen. Daneben verspricht man sich von der Umsetzung der Maßnahmen einen Beitrag zum Abbau der in PISA festgestellten regionalen und sozialen Disparitäten, letztlich also mehr Bildungsgerechtigkeit. Vor diesem Hintergrund beauftragte das Bundesministerium für Bildung und Forschung das Deutsche Institut für Internationale Pädagogische Forschung (DIPF), eine interdisziplinäre Expertengruppe zusammenzustellen und eine Expertise zu erarbeiten, die Ansatzpunkte für die Entwicklung und Implementation nationaler Bildungsstandards aufzeigt. Diese Expertise als Klieme-Gutachten bekannt lieferte wesentliche Impulse für die Erarbeitung der derzeit gültigen KMK-Bildungsstandards, zu deren Einhaltung sich die Länder verpflichteten. Im Zusammenhang mit den beschriebenen aktuellen bildungspolitischen Entwicklungen haben neue Grundgedanken und Einstellungen an Bedeutung gewonnen, die in der bundesdeutschen Diskussion zum Teil unterschiedlich bewertet und begrifflich verwendet werden. Die wesentlichen Begriffe sollen im Folgenden als Grundlage für alle weiteren Überlegungen beschrieben und voneinander abgegrenzt werden. 1.2 Klärung zentraler Begriffe Standards, Kompetenzen, Kompetenzmodelle, Bildungsstandards, KMK-Bildungsstandards eine babylonische Sprachverwirrung? Wenngleich eine große inhaltliche Nähe besteht, haben diese Begriffe z. T. unterschiedliche Hintergründe und Zielrichtungen. Während die Begriffe Bildungsstandards und Kompetenzmodelle eine eher idealtypische Sicht widerspiegeln und als Empfehlung der aktuellen pädagogischen Forschung zu verstehen sind (vgl. Klieme-Gutachten), handelt es sich bei den KMK-Bildungsstandards um einen ersten Schritt zur Realisierung dieser theoretischen Konzeptionen. 4 Klieme, E. et al.: Zur Entwicklung nationaler Bildungsstandards, Eine Expertise, Berlin 2003 (http://www.dipf.de/publikationen/volltexte/zur_entwicklung_nationaler_bildungsstandards.pdf)

Klärung zentraler Begriffe 9 Im Folgenden sollen alle in diesem Kontext benötigten Begriffe 5 näher erläutert und voneinander abgegrenzt werden, bevor auf die derzeit gültigen KMK-Bildungsstandards und ihre Bedeutung für den Unterricht eingegangen wird. 1.2.1 Standards Der Begriff Standards wird in verschiedenen Kontexten und Bedeutungen gebraucht. Meist wird er für normative Setzungen bzw. konkrete Zielvereinbarungen verwendet, die einer Vereinheitlichung dienen. Beispiele finden sich in unterschiedlichsten Bereichen, etwa in der Technik (z. B. DIN, ISO), in der Wirtschaft (z. B. IAS) und im Bildungsbereich (z. B. Leistungsstandards für Schüler, Standards für die Lehrerbildung). Standards im Bildungsbereich haben in vielen Ländern eine längere Tradition als in Deutschland, wenngleich sie sich in ihrer Ausgestaltung z. T. erheblich voneinander unterscheiden. Bekannte Beispiele stellen etwa die amerikanischen NCTM-Standards für Mathematik, die von Schulinspektoraten festgelegten Standards für guten Unterricht in den Niederlanden oder das nationale Curriculum in Schweden dar. Sie sind nicht nur unterschiedlich konkret bzw. abstrakt formuliert, sondern beschreiben auch unterschiedliche Aspekte von Schule, z. B. Inhalte, Lernergebnisse, Lernprozesse oder Ressourcen. Außerdem bestehen Unterschiede darin, ob die Einhaltung dieser vereinbarten Standards auch jeweils überprüft wird oder ob sie nur Appelle darstellen. Eine Analyse der internationalen Erfahrungen führte in Deutschland zu den im Klieme-Gutachten dargestellten Empfehlungen (vgl. 1.2.4 Bildungsstandards, S. 10). Sie gaben schließlich die wesentlichen Impulse für die Erarbeitung der aktuellen KMK-Bildungsstandards (vgl. 1.3 KMK-Bildungsstandards, S. 11). Mit Blick auf die Lernergebnisse von Schülern wird häufig zwischen Mindest-, Regel- und Maximalstandards unterschieden. Während sich Mindeststandards auf ein definiertes Minimum an Anforderungen beziehen, beschreiben Regelstandards ein durchschnittliches Erwartungsniveau an Schüler einer Altersgruppe. Maximalstandards beziehen sich dagegen auf das oberste Leistungsniveau einer Altersstufe, d. h., sie beschreiben, was die besten Schüler können sollen. 1.2.2 Kompetenzen F. E. Weinert definiert Kompetenzen in Übereinstimmung mit der OECD als die bei Individuen verfügbaren oder durch sie erlernbaren kognitiven Fähigkeiten und Fertigkeiten, um bestimmte Probleme zu lösen, sowie die damit verbundenen motivationalen, volitionalen und sozialen Bereitschaften und Fähigkeiten, um die Problemlösungen in variablen Situationen erfolgreich und verantwortungsvoll nutzen zu können (Weinert 6, S. 27 f.). Individuelle Kompetenz umfasst also netzartig zusammenwirkende Facetten wie Wissen, Fähigkeit, Verstehen, Können, Handeln, Erfahrung und Motivation. Sie wird verstanden als Disposition, die eine Person befähigt, konkrete Anforderungssituationen eines bestimmten Typs zu bewältigen. Dieser Kompetenzbegriff ist weit gefasst und subsumiert neben kognitiven Merkmalen die wegen ihrer leichten Messbarkeit bei den Bildungsstandards und den entsprechenden Tests im Vordergrund stehen auch motivationale und handlungsbezogene Aspekte. Bei dem Versuch, Kompetenzen weiter zu spezifizieren und Kompetenzdimensionen zu identifizieren, stößt man auf eine Vielzahl unterschiedlicher Systematisierungen. Weit verbreitet 5 Vgl. hierzu auch ISB (Hrsg.): Glossar, Begriffe im Kontext von Lehrplänen und Bildungsstandards, Dezember 2004 (http://www.isb.bayern.de unter Rubrik Grundsatzabteilung, Materialien) 6 Weinert, F. E.: Vergleichende Leistungsmessung in Schulen eine umstrittene Selbstverständlichkeit, in: Weinert, F. E. (Hrsg.): Leistungsmessung in Schulen, Weinheim und Basel 2001

10 Was ist neu an Bildungsstandards? ist die Unterscheidung der Dimensionen Selbstkompetenz (auch Personal- bzw. Humankompetenz genannt), Sozialkompetenz, Methodenkompetenz und Sachkompetenz (auch Fachkompetenz genannt). In der Berufspädagogik werden diese einzelnen Dimensionen unter dem Begriff Handlungskompetenz zusammengefasst. 1.2.3 Kompetenzmodelle Kompetenzmodelle konkretisieren Bildungs- und Lernziele für ein Fach oder einen Lernbereich in zweierlei Hinsicht. Zum einen beschreiben sie, aus welchen verschiedenen Kompetenzbereichen sich die angestrebte Kompetenz zusammensetzt (z. B. für Deutsch: Sprechen, Schreiben, Lesen). Zum anderen liefern Kompetenzmodelle wissenschaftlich begründete Vorstellungen darüber, welche Abstufungen diese Kompetenz annehmen kann. Im Idealfall sollen Kompetenzmodelle nicht nur Leistungsniveaus im Querschnitt, sondern auch Lernentwicklungen abbilden. Sie basieren daher ganz wesentlich auf fachdidaktischen und entwicklungspsychologischen Erkenntnissen und müssen empirisch überprüft werden. Zu den in den KMK-Bildungsstandards zugrunde gelegten Kompetenzmodellen vgl. 1.3 KMK-Bildungsstandards, S. 11. 1.2.4 Bildungsstandards Unterschiedliche internationale Entwicklungen und Erfahrungen im Zusammenhang mit Standards im Bildungsbereich zeigen eine große Bandbreite denkbarer Ansätze zu ihrer Etablierung in Deutschland auf. Eine umfassende wissenschaftliche Analyse dieser Möglichkeiten vor dem Hintergrund deutscher Gegebenheiten führte erstmals im Klieme-Gutachten zu einer klaren Begriffsbestimmung sowie zu Empfehlungen für das weitere Vorgehen. Gemäß Klieme-Gutachten definieren Bildungsstandards normative Erwartungen an Schule. Sie orientieren sich an allgemeinen Bildungszielen, sind jeweils auf den Kernbereich einer Domäne (z. B. Lernbereich, Fach) bezogen und legen verbindlich fest, welche Kompetenzen die Schüler bis zu einer bestimmten Jahrgangsstufe in dem jeweiligen Lernbereich bzw. Fach mindestens erworben haben sollen. Die zu erwerbenden Kompetenzen werden in Kompetenzmodellen (vgl. 1.2.3, Kompetenzmodelle, S. 10) systematisch geordnet und dabei so konkret beschrieben, dass sie in Aufgabenstellungen umgesetzt und prinzipiell mit Testverfahren erfasst werden können. Bildungsstandards beschränken sich daher nur auf einen Teilbereich von Bildung und hier wiederum nur auf überprüfbare Leistungen; man könnte daher auch von Leistungsstandards sprechen. Bildungsstandards haben zwei wesentliche Funktionen: Sie sollen Schulen auf verbindliche, gemeinsame Ziele hin orientieren. Sie sollen eine Grundlage für das Erfassen und Bewerten von Lernergebnissen auf System- bzw. Schulebene bilden. Daneben sollen Bildungsstandards den Schulen ausreichend Freiraum für die innerschulische Lehr- bzw. Lernplanung lassen und ihnen Ansätze zur individuellen Diagnostik und Förderung aufzeigen. Merkmale guter Bildungsstandards sind nach Klieme: Fachlichkeit (d. h., sie beziehen sich auf eine Domäne) Fokussierung (d. h., sie beschränken sich auf den Kernbereich der Domäne) Kumulativität (d. h., sie beschreiben die bis zu einem bestimmten Zeitpunkt aufgebauten Kompetenzen) Verbindlichkeit für alle (d. h., sie geben ein Mindestniveau an) Differenzierung (d. h., sie weisen nicht nur die zu erreichende Kompetenzstufe aus, sondern auch darüber und darunter liegende Niveaus, um die Lernentwicklung verstehbar zu

KMK-Bildungsstandards 11 machen; so ermöglichen sie weitere landes-, schulform- oder schulspezifische Abstufungen und Ergänzungen) Verständlichkeit (d. h., sie sind klar, knapp und nachvollziehbar formuliert) Realisierbarkeit (d. h., sie stellen mit realistischem Aufwand erreichbare Herausforderungen dar) 1.3 KMK-Bildungsstandards Im Auftrag der KMK wurden in Arbeitsgruppen, die sich aus Vertretern verschiedener Bundesländer zusammensetzten, folgende Bildungsstandards 7 erarbeitet: Bildungsstandards für den Mittleren Schulabschluss in den Fächern Deutsch, Mathematik und erste Fremdsprache (Beschluss der KMK vom 04.12.2003; Verpflichtung der Länder zur Implementierung und Beachtung ab dem Schuljahr 2004/2005) Bildungsstandards für den Hauptschulabschluss (Jgst. 9) in den Fächern Deutsch, Mathematik und erste Fremdsprache (Beschluss der KMK vom 14.10.2004; Verpflichtung der Länder zur Implementierung und Beachtung ab dem Schuljahr 2005/2006) Bildungsstandards für den Primarbereich (Jgst. 4) in den Fächern Deutsch und Mathematik (Beschluss der KMK vom 14.10.2004; Verpflichtung der Länder zur Implementierung und Beachtung ab dem Schuljahr 2005/2006) Bildungsstandards für den Mittleren Schulabschluss in den Fächern Biologie, Chemie und Physik (Beschluss der KMK am 16.12.2004; Verpflichtung der Länder zur Implementierung und Beachtung ab dem Schuljahr 2005/2006) Die vorliegenden KMK-Bildungsstandards sind zwar unterschiedlich konkret formuliert (vgl. etwa 120 Einzelstandards in Deutsch, 26 in Physik), gemeinsam ist ihnen jedoch die Outputbzw. Kompetenzorientierung; die Lernergebnisse der Schüler stehen also im Zentrum. In allen KMK-Bildungsstandards werden dem Klieme-Gutachten entsprechend Kompetenzbereiche ausgewiesen. Wie die folgende Übersicht zeigt, werden durch die Auswahl der Kompetenzbereiche Aussagen über langfristig bedeutsame Schwerpunkte im Unterricht getroffen, damit wird der rote Faden des jeweiligen Fachs angedeutet. Fach Kompetenzbereiche Deutsch Sprache und Sprachgebrauch Sprechen und Zuhören Schreiben Lesen mit Texten und Medien umgehen Erste Fremdsprache kommunikative Fertigkeiten Verfügung über die sprachlichen Mittel interkulturelle Kompetenzen methodische Kompetenzen 7 Alle derzeit vorliegenden KMK-Bildungsstandards sind unter http://www.kmk.org/schul/bildungsstandards/bildungsstandards.htm veröffentlicht. Alle Seitenangaben beziehen sich auf diese Internetfassungen.

12 Was ist neu an Bildungsstandards? Mathematik allgemeine mathematische Kompetenzen (mathematisch argumentieren, mathematisch modellieren, kommunizieren usw.) inhaltsbezogene mathematische Kompetenzen (geordnet nach Leitideen: Zahl, Messen, Raum und Form, funktionaler Zusammenhang, Daten und Zufall) Biologie, Chemie, Physik Fachwissen Erkenntnisgewinnung Kommunikation Bewertung Die vorliegenden KMK-Bildungsstandards setzen somit bereits wesentliche Aspekte der im Klieme-Gutachten formulierten Empfehlungen um. Trotzdem entsprechen sie derzeit noch nicht allen Forderungen an Bildungsstandards (vgl. 1.2.4 Bildungsstandards, S. 10): Ihre Kompetenzmodelle (vgl. 1.2.3 Kompetenzmodelle, S. 10) sind derzeit noch nicht vollständig, denn sie weisen großenteils keine Kompetenzstufen aus. Hierfür erforderliche spezifische fachdidaktische und entwicklungspsychologische Erkenntnisse fehlen noch. Statt Kompetenzstufen werden in den meisten KMK-Bildungsstandards sog. Anforderungsbereiche formuliert (z. B. Reproduzieren, Zusammenhänge herstellen sowie Verallgemeinern und Reflektieren ). Es handelt sich hierbei nicht um eine strenge Stufung hinsichtlich der Schwierigkeit einer Anforderung, sondern eher um eine gängige Klassifizierung von Anforderungsdimensionen auf der Basis der beruflichen Erfahrung von Lehrkräften. Der Schwierigkeitsgrad einer Aufgabenstellung wird vielmehr maßgeblich vom Niveau des Lerninhalts (z. B. Grundrechenarten, Relativitätstheorie), dem Kontext (z. B. Einbettung in einen Anwendungszusammenhang) und den Rahmenbedingungen (z. B. Zeit, Unterstützungshilfen) bestimmt. Für die erste Fremdsprache allerdings konnten die KMK-Bildungsstandards auf den Gemeinsamen europäischen Referenzrahmen für Sprachen, der in langjähriger Vorarbeit des Europarats entwickelt wurde, zurückgreifen und für einen der vier ausgewiesenen Kompetenzbereiche bereits ein Stufenmodell entwickeln. Derzeit weisen die KMK-Bildungsstandards aus gutem Grund keine Mindest-, sondern Regelstandards aus, da ausreichende empirische Befunde noch fehlen, um Minimalerwartungen realistisch beschreiben zu können. Die Frage Wann gilt ein bestimmter Bildungsstandard als erreicht? ist noch nicht abschließend geklärt. Zur Veranschaulichung und Konkretisierung der Standards werden zwar Aufgabenbeispiele ausgewiesen und eine Zuordnung dieser Aufgaben zu den Anforderungsbereichen vorgenommen. Allerdings stellen diese Aufgabenbeispiele keine Testitems dar, und überdies wird in den KMK-Bildungsstandards keine Aussage darüber getroffen, wie viele Aufgaben aus welchen Anforderungsbereichen gelöst werden müssen, um den angestrebten Bildungsabschluss zu erlangen. Die Entwicklung von Kompetenzstufen für alle KMK-Bildungsstandards sowie die Absicherung der Kompetenzbereiche durch empirisch überprüfte Aufgaben bzw. Testverfahren stellen wichtige Arbeitsfelder der Zukunft dar. Eine enge Zusammenarbeit der Fachdidaktiker der verschiedenen Fächer, des auf Anregung der KMK an der Humboldt-Universität zu Berlin neu eingerichteten Instituts zur Qualitätsentwicklung im Bildungswesen (IQB) sowie der Ländern ist geplant.

Zusammenhang zwischen Bildungsstandards und Lehrplänen 13 1.4 Zusammenhang zwischen Bildungsstandards und Lehrplänen KMK-Bildungsstandards gelten seit diesem Schuljahr als verbindliche Richtschnur für deutsche Schulen. Jedem, der Lehrpläne bisher als maßgebliches Steuerungsinstrument für Schule kennt, drängt sich nun die Frage auf, welche Rolle diese in der Zukunft für die Schule spielen werden. Für bayerische Lehrkräfte heißt das konkret: Werden Bildungsstandards die bayerischen Lehrpläne ersetzen, gibt es in Zukunft zwei parallele Steuerungsinstrumente oder lassen sich beide Instrumente zu einem gemeinsamen Konzept verbinden? Eine Beantwortung dieser Frage erfordert zunächst eine Gegenüberstellung der wesentlichen Funktionen dieser beiden Instrumente: Bildungsstandards beschreiben wie bereits vorne ausführlich dargestellt Kompetenzen aus dem Kernbereich ausgewählter Fächer. Sie haben damit eine Leitfunktion und setzen deutschlandweit Impulse und Schwerpunkte für diese Fächer. Sie beschränken sich jedoch weitgehend auf überprüfbare Kompetenzen und bilden daher nur einen Ausschnitt schulischer Bildung ab; konsequenterweise sollten sie als Leistungsstandards bezeichnet werden. Außerdem stellen sie eine Momentaufnahme, z. B. zum Zeitpunkt des Mittleren Schulabschlusses, dar und machen damit keine Aussagen zur Sequenzierung nach Jahrgangsstufen oder zum Unterricht; sie verzichten auf eine inhaltliche und prozessuale Orientierungsfunktion, wie sie Lehrpläne üblicherweise übernehmen. Lehrpläne dagegen stellen ein pädagogisches Gesamtkonzept für den Unterricht dar, in dem überprüfbaren Kompetenzen zwar eine wesentliche Bedeutung zukommt, aber auch die Entwicklung darüber hinausgehender Fähigkeiten und Wertorientierungen im Sinne einer umfassenden Bildung und Erziehung eine große Rolle spielt. Die Verknüpfung dieser beiden Facetten ergänzt sich zu einem Gesamtbild, das dem entspricht, was von der Gesellschaft für das gegenwärtige und künftige Zusammenleben für bedeutsam erachtet wird. Darüber hinaus beschreiben Lehrpläne vor dem Hintergrund didaktischer Prinzipien guten Unterrichts wesentliche Lernprozesse, die Schüler beim Erwerb fachlicher sowie überfachlicher Kompetenzen durchlaufen. Sie zeigen Möglichkeiten fächerübergreifender Zusammenarbeit auf und machen schulartspezifische Unterschiede deutlich; so sollen beispielsweise in der Mittelstufe des Gymnasiums seinem Profil entsprechend auch Anforderungen gestellt werden können, die über das Niveau von Standards für den mittleren Schulabschluss hinausgehen. Lehrpläne sind zudem staatliche Vorgaben und damit Grundlage für zentrale Prüfungen (z. B. Jahrgangsstufentests und Abschlussprüfungen) sowie in den allgemein bildenden Schularten für die Zulassung von Lernmitteln. Lehrpläne wirken also auch indirekt über Prüfungen und Lernmittel maßgeblich auf die Gestaltung und Organisation von Unterricht ein. Insgesamt zeigt die Gegenüberstellung, dass Bildungsstandards und Lehrpläne unterschiedliche Intentionen verfolgen, einander daher aufgrund ihrer unterschiedlichen Blickwinkel nicht ersetzen können. Allerdings stellt sich Frage, wie Lehrpläne vor dem Hintergrund der Leitfunktion von Bildungsstandards in Zukunft gestaltet sein sollten. Außerdem ist zu klären, ob sie weiterhin zentral erstellt werden müssen oder ob schulinterne Curricula eine Alternative sein könnten. Es wäre zwar durchaus denkbar, curriculare Entscheidungen unterhalb der Ebene von Bildungsstandards im Prinzip vollständig in die Schulen zu verlagern. Ein derart weitgehender Schritt erscheint jedoch derzeit allein aus pragmatischen bzw. ökonomischen Gründen nicht sinnvoll, müsste doch jede einzelne Schule beispielsweise die in den Bildungsstandards ausgewiesenen Abschlusskompetenzen durch Lernziele und Inhalte konkretisieren und auf die einzelnen Jahrgangsstufen verteilen. Die Erstellung eines solchen schulinternen Curriculums würde zu einer deutlich stärkeren zeitlichen und organisatorischen Belastung der Lehr-

14 Was ist neu an Bildungsstandards? kräfte führen und außerdem bei spürbaren Unterschieden Schulwechsel sowie zentrale Tests und Prüfungen erheblich erschweren. Das andere Extrem zentrale Lehrpläne mit genauesten Vorgaben, die Unterricht bis ins Detail vorausplanen scheint ebenfalls nicht zielführend zu sein. Jahrelange Erfahrungen im Bereich der Schulentwicklung machen vielmehr deutlich, dass besonders die schulinterne Auseinandersetzung mit didaktischen und methodischen Konzepten wesentliche Impulse für die Weiterentwicklung von Unterricht bzw. der Qualität von Schule geben. Ein Verzicht auf Detailsteuerung in den Lehrplänen unterstützt diesen Prozess und vergrößert dadurch die Verantwortung und den Freiraum der Einzelschule, regt innerschulische Abstimmung sowie die Profilbildung von Schulen an ein Weg, der auch im Klieme-Gutachten empfohlen wird. Vor diesem Hintergrund sollen zukünftige Lehrpläne die Vorgaben der Bildungsstandards insbesondere die klare Ausweisung der erwarteten Kompetenzen aufgreifen, für den Unterricht aufbereiten und im Sinne des Bildungs- und Erziehungsauftrags der jeweiligen Schulart ergänzen. Dabei sind auch jene Fächer und Lernbereiche im Auge zu behalten, für die es zumindest derzeit noch keine Bildungsstandards gibt. Gleichzeitig müssen sie ausreichend Gestaltungsraum bieten, um schulinterne Entwicklungsprozesse zu unterstützen. Zukünftige bayerische Lehrpläne werden folglich die Grundintention der Bildungsstandards mit der Unterstützungsfunktion von Lehrplänen verbinden. Für bereits bestehende Lehrpläne der verschiedenen Schularten muss geklärt werden, wo die KMK-Bildungsstandards für die verschiedenen Abschlüsse und Fächer berücksichtigt sind, wo Anknüpfungspunkte bestehen bzw. wo Modifikationen erforderlich sind. Gleichzeitig gilt es, die grundlegenden Impulse und Schwerpunktsetzungen, die sich aus den KMK- Bildungsstandards ableiten, fachspezifisch zu erfassen und für den Unterricht nutzbar zu machen. Die Ergebnisse einer entsprechenden Analyse finden sich in Kapitel 2 dieser Broschüre. Unabhängig von einzelnen Fächern und Schularten lässt sich feststellen, dass die wesentliche Intention der Bildungsstandards die stärkere Fokussierung auf die Lernergebnisse der Schüler in den neueren Lehrplänen bereits zum Ausdruck kommt. So werden Lernziele in der Regel kompetenzorientiert formuliert und Grundwissen als solches gekennzeichnet. Neuere Lehrpläne erweitern zudem z. B. durch eine Reduzierung der inhaltlichen Detailfülle die Gestaltungsmöglichkeiten von Schulen. Freiräume erschließen sich beispielsweise auch aus dem Zusammenspiel von Lernziel und Lerninhalt, denn nur hierüber lässt sich die Intention des Lehrplans vollständig erfassen. Insgesamt gilt, dass am oben beschriebenen Richtungswechsel der Steuerung im bayerischen Bildungssystem weniger die Formulierung verbindlicher Kompetenzen neu ist als vielmehr die Erkenntnis, dass eine konsequente Ausrichtung des Unterrichts auf Kompetenzerwerb, eine differenzierte Wahrnehmung individueller Lernfortschritte der Schüler sowie die regelmäßige Überprüfung der Einhaltung von Zielvereinbarungen notwendig sind. Sollen diese Intentionen von Bildungsstandards wirksam umgesetzt werden, müssen neben Lehrplänen weitere Einflussfaktoren wie Lernmittel, Lehreraus- und -fortbildung sowie geeignete Konzepte zur Leistungsüberprüfung und Evaluation im Rahmen der Schulentwicklung gezielt genutzt werden. 1.5 Konsequenzen und Chancen für den Unterricht Bildungsstandards formulieren verbindliche Erwartungen an die Lernergebnisse von Schülern. Folglich muss der Unterricht konsequent auf die Entwicklung entsprechender Kompetenzen ausgerichtet werden. Die Frage, welche Konsequenzen, Chancen und Herausforderungen sich daraus konkret für die Lehrkräfte einer Schule ergeben, führt zu folgenden drei eng miteinander verbundenen Handlungsfeldern:

Konsequenzen und Chancen für den Unterricht 15 Unterrichtsplanung Unterrichtsgestaltung Leistungserhebung und Diagnose 1.5.1 Unterrichtsplanung Die Umsetzung von Bildungsstandards erfordert die konsequente Auseinandersetzung jeder Schule mit der Frage, inwieweit die angestrebten Lernergebnisse von den Schülern auch tatsächlich erreicht werden. Wichtige Rückmeldungen ergeben sich z. B. aus den derzeit durchgeführten Orientierungsarbeiten bzw. Jahrgangstufentests. Bildungsstandards fordern also dazu heraus, die systematische Förderung der Kompetenzen von Schülern als ein zentrales Ziel von Schulentwicklung zu verstehen. Eine enge Kooperation im Kollegenkreis unterstützt diesen Prozess, erhöht die Effektivität und führt zu größeren Synergieeffekten. Folgende die Unterrichtsplanung betreffende Fragen sind als Anregungen für den kollegialen Austausch in den Fachschaften gedacht: Inwieweit erreichen derzeit die Schüler meiner Klasse bzw. unserer Schule die erwünschten Lernergebnisse? Sind dies dauerhafte Erfolge? Deckt sich meine/unsere Einschätzung mit dem Abschneiden der Schüler in den Jahrgangsstufentests bzw. Orientierungsarbeiten? Wird unser Unterricht von den Schülern her gedacht, steht die sukzessive Entwicklung von Kompetenzen im Zentrum? Oder steht allein die Fachsystematik im Vordergrund? Wird meinen/unseren Schülern ihr Zuwachs an Kompetenz im Unterricht deutlich? Gibt es an unserer Schule konkrete Erfahrungen mit Vorgehensweisen im Unterricht, bei denen die Entwicklung von Kompetenzen der Schüler besonders erfolgreich und effizient war? Wie kann dies in der künftigen Unterrichtsplanung berücksichtigt werden? Ist für unseren Unterricht der aktuelle Lehrplan maßgeblich oder orientieren wir uns am eingeführten Lehrbuch bzw. an vorhandenen Skripten? An welchen Stellen bieten Lehrpläne Freiräume für schulspezifische inhaltliche Schwerpunktsetzungen? Machen wir uns genügend bewusst, an welchen Stellen in den Lehrplänen weniger verlangt wird, als wir es aufgrund von Vorgängerlehrplänen gewohnt waren? Nutzen wir diese Freiräume gezielt? Nehmen wir im Lehrplan nur die ausgewiesenen Inhalte wahr oder setzen wir uns auch mit den Lernzielformulierungen auseinander? Welche Kriterien und Maßstäbe zur Bewertung von Schülerleistung verwenden wir bislang? Ist dies einheitlich in der Fachschaft bzw. Schule? Nutzen wir organisatorische Möglichkeiten zur individuellen Förderung unserer Schüler ausreichend, z. B. durch Bündelung von Stunden zur Durchführung von Projekten, zur klassenübergreifenden Gruppenbildung bzw. zur Binnendifferenzierung? Gibt es ein gemeinsames Förderkonzept an unserer Schule? Nutzen wir die Möglichkeiten einer zielgerichteten Fortbildung, z. B. zur Förderung der diagnostischen Kompetenz, hinreichend?

16 Was ist neu an Bildungsstandards? Haben wir für unser Fach hilfreiche Materialien, die ohne großen Zusatzaufwand für eine individuelle Förderung der Schüler eingesetzt werden können? Gibt es bereits Ideen, Unterlagen oder Lernhilfen aus Projekten anderer Schulen, im Internet oder Buchhandel, die uns unterstützen könnten? Können vorhandene Materialien in der Fachschaft beurteilt, modifiziert oder ggf. neu erstellt werden, so dass Schüler damit weitgehend selbstständig umgehen können? Viele dieser Fragen sind naturgemäß nur vor dem Hintergrund der spezifischen Verhältnisse der eigenen Schule vor Ort zu beantworten. Dabei ist der kollegiale Austausch in der Fachschaft eine ganz wesentliche Komponente. Ein arbeitsteiliges Vorgehen und das Zurückgreifen auf bestehende Erfahrungen und Materialien bieten sich an und tragen dazu bei, zusätzliche Belastungen auf ein Minimum zu reduzieren. Anregungen bei der Entwicklung von Ideen und Materialien finden sich an verschiedenen bayerischen Schulen und im Internet, z. B.: Hilfen zur Erstellung von Übungsblättern, z. B. a) Programm hot potatoes für Englisch in allen Schularten unter http://web.uvic.ca/hrd/halfbaked b) Aufgabenbank SMART für Mathematik an Realschulen und Gymnasien unter http://did.mat.uni-bayreuth.de/ab/intro.htm Internetseiten für Schüler mit aufbereiteten Aufgaben und Materialien, z. B. http://www.leifiphysik.de/ (Physik v. a. an Gymnasien) Internetangebote aus dem In- und Ausland, z. B.: a) http://www.bildungsserver.de (Deutscher Bildungsserver, für alle Fächer und Schularten) b) http://www.learnline.de (Nordrhein-Westfalen, für alle Fächer und Schularten) c) http://www.lehrer-online.de (Initiative des BMBF, Angebote rund um den schulischen Einsatz neuer Medien in allen Fächern und Schularten) d) http://www.mathe-online.at (multimediale Lernhilfen aus Österreich für Mathematik) Informationen zum Modellvorhaben SINUS-Transfer, bei dem im Rahmen von Lehrerfortbildungen ein Schwerpunkt auf der Förderung der professionellen Kooperation von Lehrkräften liegt, erhältlich über: StD Christoph Hammer, ISB, Abteilung Gymnasium, Referat SINUS-Transfer, ch.hammer@isb.bayern.de Informationen zum Thema Schulentwicklung: a) ISB (Hrsg.): Schule gestalten, Wege pädagogischer Schulentwicklung in Bayern, Donauwörth 1999 b) Riecke-Baulecke, T.: Schule Plus, Managementmodell für wirksame Qualitätsentwicklung, München 2004 Die hier skizzierten Fragen machen deutlich, dass Bildungsstandards nicht nur neue Aufgaben und Anforderungen an Schule formulieren, sondern Schulen darin bestärken, bereits begonnene Verbesserungsprozesse konsequent weiterzuführen. Bei der Unterstützung und ggf. Anregung der Diskussion in Fachschaften, in Klassenkonferenzen und anderen Gruppen des Kollegiums einer Schule spielt das Schulleitungsteam eine entscheidende Rolle. Ihm muss es gelingen, neben der unbestrittenen Führungsfunktion die Kollegen zu beraten und sie in wichtige Entscheidungsprozesse einzubeziehen. Hierdurch können geeignete Kooperations-, Informations- und Kommunikationsstrukturen maßgeblich gefördert werden.

Konsequenzen und Chancen für den Unterricht 17 1.5.2 Unterrichtsgestaltung Bildungsstandards sind ergebnisbezogen, d. h., sie zielen nicht auf die Standardisierung bzw. Normierung pädagogischer Prozesse, sie treffen keine näheren Aussagen zum Unterricht. Dennoch basieren sie auf wesentlichen Prinzipien moderner Didaktik, denn die Konzeption der Bildungsstandards impliziert, dass die dort ausgewiesenen Kompetenzen dauerhaft zur Verfügung stehen und flexibel, selbstständig und in einer Vielzahl von Kontexten einsetzbar sein müssen. Damit sind didaktische Prinzipien wie die Förderung kumulativen, vernetzenden und nachhaltigen Lernens sowie Lebensnähe, Anschaulichkeit und Anwendungsbezug bzw. Handlungsorientierung in den Bildungsstandards implizit enthalten, ohne explizit genannt zu sein. Vor diesem Hintergrund sind etliche Aspekte im Zusammenhang mit Kompetenzerwerb vielen Lehrkräften bereits aus den fachdidaktischen und pädagogischen Diskussionen der letzten Jahre bekannt, und ihre Intentionen finden sich auch in den neueren bayerischen Lehrplänen wieder. Allerdings wirken sich die bislang angestoßenen positiven und von vielen Schulen engagiert verfolgten Entwicklungen noch nicht genügend in der Breite aus; auch tragen die verwendeten Lehr- und Lernmittel und in einzelnen Schularten insbesondere die Prüfungen diesem Schritt oft noch in zu geringem Maße Rechnung. Bildungsstandards unterstreichen somit die Notwendigkeit einer konsequenten Weiterführung der in Bayern bereits seit TIMSS eingeleiteten Maßnahmen, z. B. zur Sicherung von Grundwissen. So bieten beispielsweise die Bildungsstandards und die dort enthaltenen Aufgabenbeispiele den Fachschaften wichtige Hinweise zur Konkretisierung der relativ knappen Angaben zum Grundwissen in bayerischen Lehrplänen. Die Kompetenzmodelle der Bildungsstandards enthalten eine systematische fachdidaktische Konzeption und setzen hierüber für die einzelnen Fächer neue Akzente, indem sie die zentralen Ideen des Fachs herausarbeiten, neue Schwerpunkte setzen bzw. alte verlagern oder Zielsetzungen präzisieren und fokussieren. Dies geschieht in den Naturwissenschaften durch die stärkere Betonung der fachmethodischen und kommunikativen Kompetenzen sowie durch die Formulierung des Kompetenzbereichs Bewertung. In Mathematik steht die Bedeutung des sukzessiven Erwerbs allgemeiner mathematischer Kompetenzen, wie z. B. mathematisches Argumentieren, Kommunizieren oder Modellieren, deutlicher im Vordergrund als bisher. Im Bereich der Fremdsprachen ist der Erwerb kommunikativer und interkultureller Kompetenzen zentral, was einen erhöhten Anwendungsbezug und eine verstärkte Ausrichtung des Unterrichts auf interkulturelle Handlungsfähigkeit erforderlich macht. Wichtige Impulse für die Unterrichtsgestaltung enthalten auch die in den Bildungsstandards zur Veranschaulichung enthaltenen exemplarischen Aufgaben. So werden Aspekte der nach TIMSS als wesentlich erkannten neuen Aufgabenkultur aufgegriffen. Es finden sich konkrete Anregungen zur Gestaltung von Aufgaben für Unterricht bzw. Prüfungen. Dabei ist jedoch stets zu bedenken, dass im Unterricht naturgemäß noch deutlich weiter gegangen werden kann und soll, als dies bei Aufgaben möglich ist, die einen gewissen einheitlichen Standard veranschaulichen sollen. Die Kernpunkte der Diskussion um Bildungsstandards fügen sich in die vielen verschiedenen Projekte und Initiativen zahlreicher bayerischer Schulen bzw. Fachschaften zur Weiterentwicklung von Unterrichtsqualität ein. Hierzu gehören beispielsweise verschiedene Modellversuche bzw. Projekte wie SINUS oder Chemie im Kontext, in denen die beteiligten Lehrkräfte bereits seit längerer Zeit unterrichtsnahe Konzepte erarbeiten, die den Prinzipien des kumulativen, vernetzenden oder situativen Lernens in hohem Maße entsprechen. Konkrete Anregungen und Empfehlungen finden sich beispielsweise in den folgenden Materialien:

18 Was ist neu an Bildungsstandards? Bayerisches Staatsministerium für Unterricht und Kultus (Hrsg.): Weiterentwicklung des mathematisch-naturwissenschaftlichen Unterrichts, Erfahrungsbericht zum BLK-Programm SINUS in Bayern, München 2002 (http://www.isb.bayern.de unter Rubrik Publikationen) Internetseiten der einzelnen Fachreferate des ISB in den verschiedenen Schularten (http://www.isb.bayern.de) ISB (Hrsg.): Handreichung zum Rechtschreibunterricht in der Grundschule, München 2001 ISB (Hrsg.): Leseförderung konkret, Handreichung zum Deutschunterricht in der Hauptschule, Jgst. 5-7, Anregungen zum Unterricht im Bereich Lesen und Mediengebrauch, München 2000 ISB (Hrsg.): Aufgabenformen in den modernen Fremdsprachen in den Jahrgangsstufen 5-11, Eine Handreichung für bayerische Gymnasien, Donauwörth 1998 ISB (Hrsg.): Förderung von Cultural Awareness im Englischunterricht, Eine Handreichung (in Vorbereitung, voraussichtlich 2005) ISB (Hrsg.): Time to talk! Parlons! Parliamo! Tiempo para hablar! Pora pogovoritj! Eine Handreichung zur Mündlichkeit im Unterricht der modernen Fremdsprachen, Berlin 2005 ISB (Hrsg.): Methodiküberlegungen zum mathematisch-naturwissenschaftlichen Unterricht (http://www.isb.bayern.de unter Rubrik Publikationen) ISB (Hrsg.): Neue Schwerpunktsetzung in der Aufgabenkultur, Handreichung für den Mathematikunterricht am Gymnasium, Wolnzach 2001 1.5.3 Leistungserhebung und Diagnose Da Bildungsstandards die systematische Förderung der Kompetenzen in den Mittelpunkt des Lehrens und Lernens rücken, spielen Fragen der Leistungserhebung und Diagnose eine wichtige Rolle. So müssen sich Änderungen in der Unterrichtsgestaltung, z. B. im Hinblick auf die Art der Fragestellung bzw. auf das Maß an Vorstrukturierung und Selbstständigkeit bei der Bearbeitung von Aufgaben oder auch im Hinblick auf ihre Anwendungsorientierung, in der Konzeption entsprechender Leistungserhebungen widerspiegeln. Umgekehrt wirken Prüfungen auch auf den Unterricht zurück. Soll beispielsweise Grundwissen zur Förderung der Nachhaltigkeit von Lernen verstärkt in Leistungserhebungen einbezogen werden, müssen Schüler das Grundwissen im Unterricht als solches auch erkennen können. In diesem Zusammenhang stellen die Kompetenzmodelle der KMK-Bildungsstandards ein pragmatisches Hilfsmittel für die Analyse der Wirksamkeit von Aufgaben und der Einschätzung ihres Schwierigkeitsgrads dar. Wie durch die in den Bildungsstandards ausgewiesenen Aufgabenbeispiele illustriert (vgl. hierzu auch Kapitel 2), kann z. B. die Zuordnung der Anforderungen einer Aufgabensequenz, einer Leistungserhebung oder eines schulinternen Leistungstests zu den verschiedenen Kompetenzbereichen eine Reihe interessanter Informationen geben: Ist die Aufgabensequenz ausgewogen? Sind manche Kompetenzbereiche über- oder unterrepräsentiert? Ist der Anteil an Routineaufgaben gegenüber Problemlöseaufgaben in der vorliegenden Schulaufgabe angemessen? Prüft die entworfene Leistungserhebung eigentlich, was geprüft werden soll? Welche verschiedenen Kompetenzen erfordert eine bestimmte Aufgabe? Werden einzelne, genau abgrenzbare Kompetenzen verlangt oder liegt eine Verknüpfung mehrerer Kompetenzen vor? Eine solche Analyse von Aufgaben für Unterricht und Prüfung kann ggf. auch nachträglich Klarheit darüber bringen, woran ein Schüler bei einer bestimmten Aufgabe gescheitert ist oder warum eine Aufgabe unerwartete Schwierigkeiten für Schüler einer Klasse beinhaltet. Gleichzeitig ergibt sich ein nachvollziehbares Bild über spezifische Stärken und Schwächen

Konsequenzen und Chancen für den Unterricht 19 der unterrichteten Schüler. Dies sind wesentliche Aspekte für die Diagnose, Beratung und individuelle Förderung von Schülern. Die Verpflichtung der Einhaltung von Bildungsstandards für einen bestimmten Schulabschluss macht es notwendig, dass sich Lehrkräfte rechtzeitig, d. h. deutlich vor dem jeweiligen Abschluss, ein Bild über den individuellen Leistungsstand der Schüler machen, damit noch genügend Zeit für eine systematische Förderung bleibt. Hierfür benötigen Lehrkräfte entsprechende Instrumente, mit denen sie mit vergleichsweise geringem Aufwand entsprechende Diagnosen durchführen können. Seit einiger Zeit werden daher an vielen Schulen zum Teil im Rahmen von Schul- bzw. Modellversuchen bereits Kriterien für die Beobachtung und Bewertung verschiedener Kompetenzbereiche entwickelt und erprobt. Vor diesem Hintergrund erscheint der Zeitpunkt der Durchführung der bayerischen Orientierungsarbeiten in den Jahrgangsstufen 2 und 3, also deutlich vor dem Zeitpunkt, zu dem der Standard für den Primarbereich erreicht sein muss, sinnvoll gewählt, da sich aus den Ergebnissen differenzierte Hinweise auf bestehenden Förderbedarf ableiten lassen. Gleiches gilt für die Durchführung der verschiedenen zentralen Jahrgangsstufentests vor dem Zeitpunkt des mittleren Schulabschlusses. Hilfreiche Materialien im Kontext von Leistungserhebung und Diagnose sind z. B.: ISB (Hrsg.): Leistungserhebung im modernen Unterricht, München 2004 (http://www.isb.bayern.de unter Rubrik Grundsatzabteilung, Projekte) ISB (Hrsg.): Ersatz von Schulaufgaben durch bewertete Projekte, Eine Handreichung für bayerische Realschulen, München 2002 (http://www.isb.bayern.de unter Rubrik Realschule, Publikationen) THILLM (Hrsg.): In Gruppen lernen, Anregungen für die Beobachtung und Bewertung von Schülerleistungen, Materialien, Heft 92, Bad Berka 2004 Nather, Wolfgang: Das Kompetenzkartenmodell, in: Zeitschrift Pädagogische Führung, Zeitschrift für Schulleitung und Schulberatung, Heft 4/2004, S. 194-197 Brunner, I./Schmidiger, E.: Leistungsbeurteilung in der Praxis, Der Einsatz von Portfolios im Unterricht der Sekundarstufe I, Linz 2001 ISB (Hrsg.): Formen der Leistungserhebung im Fach Deutsch, Möglichkeiten der Leistungserhebung und -bewertung an Realschulen unter besonderer Berücksichtigung neuerer Unterrichtsformen, München 2005 ISB (Hrsg.): Schwierigkeiten beim Erlernen des Lesens und Rechtschreibens, Handreichung zur Prävention, Diagnose und Förderung, Donauwörth 2003 HELP (Hrsg.): Sprachliche und kulturelle Bildung in beruflichen Schulen, Ansätze des Beurteilens und Förderns, Wiesbaden 2004 ISB (Hrsg.): Time to talk! Parlons! Parliamo! Tiempo para hablar! Pora pogovoritj! Eine Handreichung zur Mündlichkeit im Unterricht der modernen Fremdsprachen, Berlin 2005 ISB (Hrsg.): Materialien für die mündliche Gruppenprüfung im Fach Englisch an Wirtschaftsschulen, München 2003 ISB (Hrsg.): Förderung und Überprüfung der mündlichen Kommunikationsfähigkeit, Handreichung für Realschulen, München 2003 Analyse der Aufgaben des bayerischen Mathematiktests am Gymnasium 2003 vor dem Hintergrund der KMK-Bildungsstandards: KMK-Standards und BMT (http://www.isb.bayern.de unter Rubrik Gymnasium, Materialien) Bayerisches Staatsministerium für Unterricht und Kultus (Hrsg.): Weiterentwicklung des mathematisch-naturwissenschaftlichen Unterrichts, Erfahrungsbericht zum BLK-Programm SINUS in Bayern, München 2002 (http://www.isb.bayern.de unter Rubrik Publikationen)

20 Was ist neu an Bildungsstandards? 1.6 Offene Fragen 1.6.1 Sind Fächer ohne Bildungsstandards Fächer zweiter Klasse? KMK-Bildungsstandards wurden zunächst für die Fächer Deutsch, Mathematik und die erste Fremdsprache, dann auch für Biologie, Chemie und Physik erarbeitet. Nach einem Beschluss der KMK wird aus Gründen der zur Verfügung stehenden Ressourcen derzeit nicht daran gedacht, das Spektrum der Fächer noch weiter auszudehnen. Daher werden in absehbarer Zeit nicht für alle Fächer der verschiedenen Schulformen Bildungsstandards vorliegen, was nicht bedeutet, dass Fächer ohne Standards von geringerer Bedeutung sind. Bildung ist naturgemäß mehr als nur der Erwerb überprüfbarer Kompetenzen in einigen wenigen Fächern. Haltungen, Einstellungen, Motivation sowie gesellschaftliche und kulturelle Aspekte prägen die Persönlichkeit des Menschen in großem Maße und leisten einen wesentlichen Beitrag für das soziale Miteinander in unserer Gesellschaft. Fächer wie Religion, Ethik, Gesellschaftswissenschaften, Kunst oder Musik können diese Facetten von Bildung besonders unterstützen. Insgesamt gilt, dass die Grundidee von Bildungsstandards, nämlich die stärkere Ausrichtung des Unterrichts auf zu erzielende Kompetenzen und deren Überprüfung, im Prinzip auf alle Fächer übertragen werden kann. Bayerische Lehrpläne unterstützen diese Intentionen, indem sie in den Lernzielen auch Kompetenzen beschreiben und Lerninhalte ausweisen, die einen entsprechenden Kompetenzerwerb ermöglichen. Gleichzeitig ist die Kommunikation zwischen den Fachschaften einer Schule für den Transfer der Kernidee von Bildungsstandards über die Fächer hinweg von großer Bedeutung. Außerdem können bei der Überprüfung des Lernerfolgs Strategien der Standardfächer hilfreiche Anregungen geben, allerdings beschränken sich die Erfahrungen in diesem Bereich v. a. auf kognitive, also leicht überprüfbare Anforderungen. Geeignete Testverfahren für Komponenten wie Kreativität, Motivation oder bestimmte Einstellungen müssen erst noch entwickelt bzw. in der Praxis erprobt werden. 1.6.2 Was unterscheidet Tests von bisher üblichen Leistungserhebungen? In der pädagogisch-psychologischen Diagnostik wird ein Test definiert als wissenschaftliches Verfahren zur Untersuchung eines oder mehrerer empirisch abgrenzbarer Merkmale einer Person (z. B. Schulleistung, Intelligenz, Persönlichkeitseigenschaften) mit dem Ziel einer möglichst quantitativen Aussage über den relativen Grad der individuellen Merkmalsausprägung. Charakteristisch für Tests ist die Standardisierung von Durchführung, Auswertung und Interpretation mit Hilfe genauer Vorschriften und empirisch begründeter Normen. Im schulischen Kontext können Tests zu ganz unterschiedlichen Zwecken entwickelt und eingesetzt werden, beispielsweise auf der Theorieebene zur Überprüfung von Kompetenzmodellen, auf der Systemebene zum Vergleich von Bildungssystemen (Bildungsmonitoring), auf der Ebene der Einzelschule zur Evaluation oder auf der individuellen Ebene für Individualdiagnostik und -förderung (z. B. IQ-Test). Jeder Test muss den folgenden Gütekriterien entsprechen: Objektivität Unabhängigkeit der Untersuchungsergebnisse von den Personen, die die Untersuchung durchführen (man unterscheidet Durchführungsobjektivität, Auswertungsobjektivität und Interpretationsobjektivität) Reliabilität Genauigkeit und Zuverlässigkeit, mit der der Test das misst, was er misst (z. B. Wiederholungsreliabilität) Validität Gültigkeit, d. h. Ausmaß, in dem ein Instrument das erfasst, was erfasst werden soll (man unterscheidet inhaltliche Validität, Kriteriumsvalidität, Konstruktvalidität) Normierung Erheben einer repräsentativen Eichstichprobe, um Testergebnisse vergleichen zu können