STELLUNGNAHME zum Referentenentwurf eines Gesetzes zur Weiterentwicklung des Strommarktes (Strommarktgesetz) des BMWi (Stand: 14.09.2015) - Die GEODE, der europäische Verband der unabhängigen Strom- und Gasverteilerunternehmen, hatte sich bereits mit einer Stellungnahme zum Grünbuch ( Gemeinsamer Strommarkt für Deutschland und Europa ) sowie zum Weißbuch ( Ein Strommarkt für die Energiewende ) am Konsultationsprozess des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi) zum Strommarktdesign beteiligt und ein eigenes Modell für die Weiterentwicklung des Strommarktes vorgeschlagen. Wir begrüßen nun, dass das BMWi in dem vorgelegtem Referentenentwurf dem GEODE- Strommarktmodell in weiten Teilen folgt. Die vielfach betonte europäische Einbettung, die Erhöhung der Anreize für ausgeglichene Bilanzkreise und die Einführung einer vom Strommarkt getrennten Kapazitätsreserve sind wesentliche Aspekte des GEODE- Strommarktmodells, die sich im Gesetzesentwurf des BMWi wiederfinden. Aus Sicht der GEODE sind jedoch noch Anpassungen an den gesetzlichen Regelungen notwendig. Wir bitten daher um Berücksichtigung der folgenden Aspekte: I. Beibehaltung der Stromsteuerbefreiung für EEG-geförderte Anlagen (Artikel 8, Nr. 4 und Artikel 9) Die GEODE fordert, die Artikel 8 Nr. 4 (Ergänzung eines 19 Abs. 1 a EEG) und Artikel 9 (Ergänzung eines 9 Abs. 1 a StromStG) zu streichen. Der Referentenentwurf des BMWi für das Strommarktgesetz sieht in Artikel 8 Nr. 4 die Ergänzung von 19 EEG 2014 um einen Abs. 1 a und in Artikel 9 die Ergänzung von 9 Abs. 1 StromStG ebenfalls um einen Abs. 1 a vor. Danach sollen Betreiber von Anlagen zur Stromerzeugung aus Erneuerbaren Energien oder aus Grubengas entweder einen Förderanspruch nach 19 Abs. 1 EEG 2014 geltend machen können oder die Stromsteuerbefreiung nach 9 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 3 StromStG nicht aber beides. Da der Gesetzesvorschlag auf 19 Abs. 1 EEG 2014 abgestellt, ist damit jegliche Form der finanziellen Förderung nach dem EEG betroffen. 04647-15/2847828 Seite 1
Die Stromsteuerbefreiung sollte aus folgenden Gründen beibehalten werden: Die wichtige und richtige Diskussion über das Strommarktgesetz sollte nicht mit Sonderthemen belastet werden. Die vorgeschlagenen Gesetzesänderungen betreffen spezifische Fragen, welche mit den Fördermechanismen des EEG einerseits und allgemeinen steuerlichen Regelungen des StromStG andererseits zusammenhängen. Damit fehlt es an einem Zusammenhang zu sämtlichen anderen Regelungen im Strommarktgesetz. Während die EEG-Regelungen bekanntermaßen in den vergangenen Jahren vielfach auf nationaler und europäischer Ebene diskutiert wurden, handelt es sich bei den steuerlichen Regelungen um Grundideen der ökologischen Steuerreform. Es überrascht deswegen, dass dieser Änderungsvorschlag, welcher erhebliche Auswirkungen auf eine Vielzahl von Anlagenbetreibern in unterschiedlichen Konstellationen hat, Eingang in den Entwurf zum Strommarktgesetz gefunden hat. Bereits aus diesem Grund halten wir die angestrebte Neuregelung in diesem Kontext für ungeeignet. Zunächst sollte für Erneuerbare-Energien-Anlagen eine 100%-ige Direktvermarktung durchgesetzt werden, welche aufgrund des erheblichen PV- Potentials für die Weiterentwicklung des Strommarktes sehr wichtig wäre. Die Gefahr der Überförderung wird nicht gesehen. Die Gesetzesbegründung unterstellt pauschal eine allgemeine Gefahr der Überförderung. Hierzu heißt es, dass die anzulegenden Werte des EEG 2014 so kalkuliert seien, dass die Kosten des Anlagenbetreibers für die Anlagen voll gedeckt würden. Eine Kumulierung der Stromsteuerbefreiung führe zu einer Überförderung. Unklar ist allerdings, wie diese Überlegungen zu verstehen sind. Sofern es auf die Kumulation im konkreten Einzelfall ankommen soll, wäre jeweils individuell zu klären, ob die Stromsteuerbefreiung ganz oder teilweise weitergegeben wird. Denn bei einer Weitergabe fehlte es an einer Überförderung. Eine solche Einzelprüfung ist jedoch im Gesetzesvorschlag nicht angelegt. Der Vorschlag weckt auch verfassungsrechtliche Bedenken. Nach dem Referentenentwurf findet eine generelle Betrachtung statt. Anlagenbetreiber, die die Stromsteuerbefreiung ganz oder teilweise an den Letztverbraucher weitergeben und Anlagenbetreiber, die dies nicht tun, werden gleich behandelt, ohne dass hierfür ein sachlicher Grund besteht, zumal die Stromerzeugung im räumlichen Zusammenhang regelmäßig mit höheren Aufwendungen verbunden ist als die Veräußerung des Stroms an der Börse. Damit wird Ungleiches gleich behandelt. Eine Notwendigkeit zur Streichung der Stromsteuerbefreiung aus beihilfenrechtlicher Sicht wird nicht gesehen. Der Referentenentwurf führt zur Begründung auch aus, eine Überförderung sei nach den Vorgaben der Europäischen Kommission aus der beihilferechtlichen Genehmigung zum EEG 2014 unzulässig. Dies geht jedoch fehl und steht im Widerspruch zu der Auffassung der Bundesregierung, dass das EEG keine Beihilfe darstellt (vgl. Case T 134/14). Zudem sind jedenfalls die Steuerbe- Seite 2
freiungen aus 9 Abs. 1 StromStG nicht beihilfenrechtlich relevant, da sie als Bestandteil des in der Europäischen Gemeinschaft harmonisierten Verbrauchssteuersystems auf den Vorgaben der Richtlinie 2003/96/EG (Energiesteuerrichtlinie), insbesondere Erwägungsgrund 25, Artikel 15 Abs. 1 lit. b) und Artikel 21 Abs. 5 Energiesteuerrichtlinie beruhen. Bereits mit Schreiben der Europäischen Kommission vom 09.03.2000 (Staatliche Beihilfe Nr. N 575/A/99) wurde festgestellt, dass die Steuerbefreiung für Anlage bis 2 MW keine Beihilfe darstellt. Denn als allgemeine steuerliche Regelung fehlt es an einer spezifischen Begünstigung, welche eine Beihilfe begründen kann. Soweit also weder die finanzielle Förderung nach EEG noch die allgemeinen steuerlichen Regelungen eine Beihilfe darstellt, ist eine Kumulation beihilferechtsrelevanter Förderungen nicht gegeben. Eine (potenzielle) Überförderung scheidet damit von vornherein aus. Aus Sicht der GEODE handelt es sich bei der Regelung auch nicht um eine notwendige Klarstellung. In der Begründung zum Referentenentwurf wird jedoch von einer Klarstellung gesprochen. Die Bestimmungen zur Vergütung bzw. Förderung von Strom aus Erneuerbaren Energie und zur Stromsteuerbefreiung für grünen Strom bzw. für die dezentrale Versorgung aus kleinen Anlagen sind seit über 10 Jahren Gesetz. Das Nebeneinander der Regelungen war Gegenstand mehrerer Urteil des Bundesfinanzhofs vom 20.04.2004, Az.: VII R 57/03, VII R 54/03, in denen es ausdrücklich heißt, dass die Fördertatbestände unabhängig voneinander bestehen, solange der Gesetzgeber keine andere gesetzliche Regelung erlässt, was bisher nicht erfolgt ist. Würde es sich tatsächlich um eine Klarstellung handeln, ginge auch die mit der StromStV-Novelle von 2013 erfolgte Neuregelung in 12 b Abs. 4 StromStV ins Leere. Richtigerweise ist der Gesetzesvorschlag also als Neuregelung zu verstehen, welche aus den oben genannten Gründen abzulehnen ist. Aus Vertrauensschutzgründen darf der Gesetzesvorschlag allenfalls auf Anlagen zur Stromerzeugung aus Erneuerbaren Energien oder aus Grubengas Anwendung finden, die ab Inkrafttreten des Strommarktgesetzes in Betrieb gehen. Eine Vielzahl von dezentralen Versorgungskonzepten mit Strom aus Erneuerbaren Energien wurde im Vertrauen auf die Vergütung bzw. Förderung nach dem EEG und der Stromsteuerbefreiung aus 9 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 3 StromStG geplant und realisiert. Neben dem Bundesfinanzhof hatte auch das Bundesfinanzministerium im Erlass vom 19.06.2002, GZ: III A 1 - V 4201 1/02, bestätigt, dass die nur vertraglich aus Gründen des EEG vereinbarte fiktive Einspeisung in das Stromnetz des Netzbetreibers [ ] regelmäßig keine Auswirkungen auf die Stromsteuerbefreiung hat. Eine Versagung entweder der Förderung nach dem EEG oder Stromsteuerbefreiung macht diese Versorgungskonzepte unwirtschaftlich bzw. nicht konkurrenzfähig zu anderen Stromprodukten. Seite 3
II. Keine vollständige Abschaffung vermiedener Netzentgelte (Artikel 3) Aus Sicht der GEODE ist die Regelung in 18 StromNEV nicht vollständig zu streichen. Mag eine Abschaffung der Zahlung vermiedener Netzentgelte für die Erneuerbaren- Energieanlagen noch gerechtfertigt (wenn auch nicht zwingend) erscheinen, gilt das für steuerbare konventionelle Kraftwerke nicht. Der auch in Zukunft bestehende Beitrag zur Senkung von Netzausbaukosten durch den Ausbau von dezentralen steuerbaren Erzeugungsanlagen muss auch für Anlagen, die nach dem 01.01.2021 in Betrieb genommen werden, berücksichtigt werden. Aus dem Referentenentwurf ergibt sich, dass die Abschaffung der vermiedenen Netzentgelte nach 18 StromNEV für Anlagen, die ab dem 1.01.2021 neu errichtet werden, beabsichtigt ist. Der Referentenentwurf geht von der Prämisse aus, dass durch die Abschaffung des 18 StromNEV eine transparente und gerechte Kostenverteilung erreicht werden würde. Dies sei notwendig, da die Höhe der Netzentgelte in Deutschland je nach Region erheblich divergiert. Nach Ansicht des Referentenentwurfs wären die vermiedenen Netzentgelte ein wesentlicher Treiber für regionale unterschiedliche Höhen der Netzentgelte (S. 55 des Referentenentwurfs). Die intendierte Abschaffung des 18 StromNEV wird mit der Annahme begründet, dass die dezentrale Einspeisung nicht zwingend Infrastrukturkosten vermeide, sondern häufig zusätzlichen Netzausbaubedarf verursache. Mit dem hohen Zubau dezentraler Erzeugungsanlagen und den sich ändernden Rahmenbedingungen im Strommarkt sei die Kostenersparnis immer weniger gegeben. Vielmehr verursache der Zubau - so jedenfalls die Begründung Ihres Entwurfes - an dezentralen Erzeugungsanlagen zunehmend neuen Netzausbaubedarf. Denn aufgrund der vermehrten Einspeisung im Netz würden Rückspeisungen in die vorgelagerten Netze erforderlich. Die Begründung des Referentenentwurfes ist allenfalls teilweise zutreffend, nämlich soweit es sich um volatil einspeisende Erzeugungsanlagen handelt. Die Rückspeisungen werden im Wesentlichen durch nicht gezielt steuerbare Einspeisung aus volatilen Erzeugungsanlagen, mithin aus Erneuerbaren-Energieanlagen, hervorgerufen. Folgerichtig erscheint es durchaus als sinnvoll, für derartige Erzeugungsanlagen, deren Einspeiseverhalten nicht steuerbar ist, auf einen Ansatz von vermiedenen Netzentgelten zu verzichten. Damit würden die von einem erheblichen Zubau an erneuerbaren Erzeugungsanlagen betroffenen Netzgebiete bereits deutlich entlastet. Steuerbare Erzeugungsanlagen können hingegen den Netzausbau langfristig reduzieren. Im Unterschied zu den Erneuerbaren-Energieanlagen besteht bei den konventionellen Kraftwerken eine Steuerungsmöglichkeit, wodurch die Einspeisung in das Netz kontrolliert werden kann. Der Ausbau von gezielt steuerbaren dezentralen Erzeugungsanlagen führt folglich nicht zu zusätzlichen Infrastrukturkosten. Der Vorteil Seite 4
einer lastnahen Erzeugung durch dezentrale steuerbare Erzeugungsanlagen ist daher weiterhin zu honorieren. III. Regelung zur Spitzenkappung ergänzungsbedüftig (Artikel 1, Nr. 5) Die GEODE begrüßt grundsätzlich die in 11 EnWG angelegte Regelung der sog. Spitzenkappung zur Vermeidung unnötigen Netzausbaus und der damit verbundenen Kostenreduzierung für die Netzbetreiber und die Allgemeinheit. Allerdings stellen sich im Rahmen der sehr allgemein gehaltenen Regelungen einige Fragen, die mit Erlass der Regelung zu klären sind: Fraglich ist zunächst, nach welchen Kriterien der Netzbetreiber von seinem Wahlrecht zur Nutzung der Spitzenkappung Gebrauch machen kann. Klärungsbedürftig ist weiterhin, wie sich die Spitzenkappung auf die Ermittlung des gesetzlichen Netzverknüpfungspunkts nach dem EEG auswirkt. So fragt sich etwa, ob Anlagenbetreiber im Rahmen des Wahlrechts zum Netzverknüpfungspunkt verlangen können, dass eine Spitzenkappung erfolgen soll. IV. Verordnungsentwurf zur Kapazitäts- und Klimareserve veröffentlichen Die GEODE bittet um Veröffentlichung und Einräumung einer Konsultationsmöglichkeit zu einem Vorschlag für die Kapazitäts- und Klimareserveverordnung. Grundlagen zu Umfang, Aufbau, Einsatz und Beschaffung der Reserve sind in den neuen 13d und 13e EnWG nach dem Gesetzesentwurf angelegt. Die Detailregelung zur Kapazitäts- und Klimareserve sollen jedoch in einer Verordnung erfolgen. Diese ist jedoch nicht als Teil des Entwurfs eines Strommarktgesetzes veröffentlicht. Nach den auf der Homepage des BMWi veröffentlichten Unterlagen zur 3. Plenumstagung der Plattform Strommarkt am 4. September 2015 soll jedoch auch die Kapazitäts- und Klimareserveverordnung am 4. November 2015 vom Kabinett beschlossen werden. Aus Sicht der GEODE sind insbesondere die Auswirkungen eines möglichen Einsatzes der Reserve auf die Bilanzkreisabrechnung relevant. Nach dem Weißbuch des BMWi ( Ein Strommarkt für die Energiewende ) soll bei Abruf der Reserve ein Mindestpreis von 20.000 Euro/MWh angesetzt werden (S. 82, Weißbuch). Dazu lässt sich im veröffentlichten Gesetzesentwurf indes nichts finden. Einzig im allgemeinen Teil der Begründung findet sich die wortgleiche Formulierung zum Weißbuch (S. 53). Darüber hinaus ist die beihilfenrechtliche Zulässigkeit der Maßnahmen durchaus fraglich. Seite 5
V. Belange der Bilanzkreisverantwortlichen berücksichtigen Die GEODE begrüßt grundsätzlich die Betonung des Bilanzkreis- und Ausgleichsenergiesystem im Konzept des BMWi für den EOM 2.0. Die GEODE ist überzeugt, dass der Bilanzkreistreue erhebliche Bedeutung für die Gewährleistung der Versorgungssicherheit zukommt und sie einen deutlichen Beitrag zur Marktintegration des EE-Stroms leisten kann. Es sind jedoch auch die Belange und Möglichkeiten der Bilanzkreisverantwortlichen zu berücksichtigen. Zu vermeiden sind insbesondere Abrechnungen von Bilanzkreisabweichungen, die auch mit zumutbarem Aufwand durch den Bilanzkreisverantwortlichen nicht vermieden werden können. Folgende Aspekte sind aus Sicht der GEODE zu beachten, um eine derartige Konzentration zu vermeiden: Die Kosten zur Vorhaltung von Regelleistung sind nur bedingt durch die Bilanzkreisverantwortlichen zu beeinflussen. Regelleistung dient überwiegend zur Absicherung des Ausfalls systemrelevanter Kraftwerke, der Vorsorge für technische Störungen im Netz sowie zum Ausgleich von Leistungsungleichgewichten innerhalb des Bilanzierungsintervalls von einer Viertelstunde. Regelleistung wird damit im Interesse aller Letztverbraucher vorgehalten wird und kann weit überwiegend nicht durch die Bilanzkreisverantwortlichen beeinflusst werden. Es ist diesbezüglich zwischen Primär- und Sekundärregelleistung auf der einen Seite und Minutenreserve auf der anderen Seite zu unterscheiden. Es erscheint vorzugswürdig, die entsprechenden Kosten bei Primär- und Sekundarleistung vollständig weiterhin über die Netzentgelte zu wälzen. Bei Minutenreserve scheint hingegen eine Beteiligung der Bilanzkreisverantwortlichen sinnvoll zu sein. Im Fall von stromseitigen Einspeisemanagement-Maßnahmen (Abregelung von EE- Anlagen) der Netzbetreiber liegt die Verantwortung für etwaige Abweichungen im Bilanzkreis primär nicht bei den Bilanzkreisverantwortlichen. Eine entsprechende Abrechnung der Abweichungen dürfte daher nur bei ausreichender Transparenz und Reaktionszeit verursachungsgerecht sein. Kommt es gasseitig zu Abschaltungen von Letztverbrauchern durch die Netzbetreiber nach 16 Abs. 2, ggf. ivm 16a EnWG ist zu differenzieren, ob ein unterbrechbarer Gasliefervertrag vorliegt oder nicht. In letzterem Fall liegt jedenfalls eine Verantwortlichkeit für einen etwaigen Bilanzkreisschiefstand nicht bei den Bilanzkreisverantwortlichen. Auch bei nicht Abschaltungen von Letztverbrauchern mit nichtunterbrechbaren Gaslieferverträgen ist eine ausreichende Informationsfrist oder eine Sonderabrechnungsregelung notwendig. Da im Gasbereich - anders als im Strombereich - zumeist durch Notfallmaßnahmen die Ausspeiseseite betroffen sein dürfte, ist ein Abrechnungsgleichlauf nicht zwingend. Seite 6
VI. Novellierung des 19a EnWG Hinsichtlich der Gasumstellung von L-Gas auf H-Gas in Nord- und Westdeutschland stellt sich ein Sonderproblem bezüglich der Anpassung von Kundenanlagen, auf das uns einige unserer Mitglieder aufmerksam gemacht haben. Bei der Durchführung der Gasumstellung bestehen erhebliche Rechtsunsicherheiten bezüglich: der Haftung bei der Anpassung von Kundenanlagen durch den Netzbetreiber; des Zutrittsrechts zur Durchführung der Anpassung auf den Grundstücken und Gebäuden des Anschlussnehmers; bei der Wälzbarkeit von Zuschüssen zur Förderung des Heizungsaustauschs (neue Heizanlagen müssen nicht umgestellt werden). Diese rechtlichen Unklarheiten sorgen für erhebliche Probleme bei der Gasumstellung und stellen für die beteiligten Verteilnetzbetreiber ein erhebliches Risiko dar. Die GEODE unterstützt daher uneingeschränkt den folgenden, von einigen unserer Mitglieder im Rahmen der ARGE EGU entwickelten, Wortlautvorschlag für eine Novellierung des 19a EnWG: 19a Abs. 1 EnWG: Stellt der Betreiber eines Gasversorgungsnetzes die in seinem Netz einzuhaltende Gasqualität auf Grund eines vom marktgebietsaufspannenden Netzbetreiber oder Marktgebietsverantwortlichen veranlassten und netztechnisch erforderlichen Umstellungsprozesses dauerhaft von L-Gas auf H-Gas um, hat er die notwendigen technischen Anpassungen der Netzanschlüsse, Kundenanlagen und Verbrauchsgeräte auf eigene Kosten vorzunehmen. Die nach Satz 1 vom jeweiligen Netzbetreiber zu tragenden Kosten umfassen auch diejenigen Kosten, die durch den Austausch technisch nicht anpassbarer Kundenanlagen oder Verbrauchsgeräte oder dadurch entstehen, dass sich der Anschlussnehmer oder -nutzer für den Einbau einer effizienteren Kundenanlage bzw. eines effizienteren Verbrauchsgerätes entscheidet. Die Kosten nach Satz 2 sind der Höhe nach begrenzt auf diejenigen Kosten, die bei einer Anpassung des ausgetauschten Gerätes entstanden wären. Kosten nach Satz 1 und Satz 2 werden auf alle Gasversorgungsnetze innerhalb des Marktgebiets umgelegt, in dem das Gasversorgungsnetz liegt. 19a Abs. 2 EnWG: Soweit der Netzbetreiber für Schäden, die ein Anschlussnutzer aufgrund von Maßnahmen zur Durchführung der Anpassung nach Absatz 1 erleidet, aus Vertrag, Anpassungsverhältnis oder unerlaubter Handlung haftet, gelten im Verhältnis zwischen dem Netzbetreiber, der die Anpassungen nach Absatz 1 vorzuneh- Seite 7
men hat, und Anschlussnehmern und -nutzern die Haftungsregelungen des 18 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 bis 7 Niederdruckanschlussverordnung entsprechend. 19a Abs. 3 EnWG: Der Anschlussnehmer oder -nutzer hat nach vorheriger Benachrichtigung dem mit einem Ausweis versehenen Beauftragten des Netzbetreibers den Zutritt zum Grundstück und zu seinen Räumen zu gestatten, soweit dies für die notwendigen technischen Anpassungen der Netzanschlüsse, Kundenanlagen und Verbrauchsgeräte gemäß Abs. 1 erforderlich ist. Die Benachrichtigung kann durch Mitteilung an die jeweiligen Anschlussnehmer oder -nutzer oder durch Aushang an oder im jeweiligen Haus erfolgen. Im Rahmen der Novellierung des EnWG durch das Strommarktgesetz sollte folglich auch der Wortlaut des 19a EnWG entsprechend überarbeitet werden, damit die sich im Zuge der Gasumstellung von L-Gas auf H-Gas stellenden Probleme sachgerecht gelöst werden können. Berlin, 29.09.2015 Christan Held Stellvertretender Präsident Dr. Götz Brühl Vizepräsident GEODE Magazinstraße 15/16 10179 Berlin Tel.: 0 30 / 611 284 070 Fax: 0 30 / 611 284 099 E-Mail: info@geode.de www.geode.de www.geode-eu.org Die GEODE ist der europäische Verband der unabhängigen privaten und öffentlichen Stromund Gasverteilerunternehmen. Mit dem Ziel, diese Unternehmen in einem sich zunehmend europäisch definierten Markt zu vertreten, wurde der Verband 1991 gegründet. Mittlerweile spricht die GEODE für mehr als 1.000 direkte und indirekte Mitgliedsunternehmen in vielen europäischen Ländern, davon 150 in Deutschland. Seite 8