Erfahrungsbericht Marc Raufeisen Gateway 2008 Doing Business in Finland and her Neighbouring Areas 1. Allgemeine Informationen zur Partnerhochschule Die Finnish School of SME Business Administration in Kauhava bietet jedes Jahr im Sommersemester das internationale Gateway-Programm an. Die SME Business Administration ist eine Fakultät der Seinäjoki University of Applied Sciences. Die Fakultät in Kauhava liegt etwa 40 km von Seinäjoki und rund 200 km nördlich von der Stadt Tampere entfernt. Heute studieren ungefähr 500 finnische Studenten an der Finnish School of SME Business Administration und werden von ca. 25 Lehrenden betreut. Ein Schwerpunkt der Universität liegt auf den zahlreichen internationalen Kooperationen mit anderen Hochschulen, die zwei aus deutscher Sicht interessantesten sind das Gateway-Programm Doing Business in Finland and her Neighbouring areas: the Baltic States and Russia, und im Wintersemester das NBD Programm Nordic Business Dimensions. Nähere Informationen zu der Universität Seinäjoki, der Fakultät in Kauhava und den beiden Programmen sind auf Englisch abrufbar unter: www.seamk.fi 2. Gateway-Programm Das Gateway-Programm findet in jedem Sommersemester in Kauhava statt und ist von Anfang März bis Anfang Juni terminiert. Der Vorteil an diesem Programm ist, dass ein Großteil der Kurse innerhalb des Programms bereits vordefiniert ist und man sie sich daher nicht selbständig zusammenstellen muss. Allerdings hat man Wahlmöglichkeiten, was die Module der Sprachkurse betrifft, je nachdem wie weit man in die Sprachen Finnisch und Russisch einsteigen möchte, oder in wieweit Vorkenntnisse vorhanden sind. Zusätzlich zu den verschiedenen Sprachkursen ist in diesem Modul auch der Kurs Finnish Culture and Society untergebracht; in diesem Kurs wird auf die finnische Mentalität und die zwischenmenschlichen Umgangsformen eingegangen. Abgesehen von den Sprachmodulen werden die
Pflichtmodule Doing Business in Russia, Doing Business in the Baltic States, International Business Knowlegde und Field Studies angeboten. Das Modul Doing Business in Russia enthält die Kurse Russia Target for Business Operations, Business Environment in Russia und Financial Accounting in Russia. Die Informationen, die man in diesem Modul erhält, können sehr nützlich sein, sollte man einmal in seinem späteren Arbeitsleben verstärkt mit dem russischen Markt in Berührung kommen. Das gleiche gilt für das Modul Doing Business in the Baltic States, natürlich mit der Sicht auf die Baltischen Staaten Lettland, Estland und Litauen. Das Modul International Business Knowlegde ist in die Kurse Cross Cultural Management und European Economic Policies aufgeteilt, wobei sich der Kurs Cross Cultural Management mit den Unterschieden der Länder in Bezug auf die Ausgestaltung des Geschäftslebens befasst, hingegen im Kurs European Economic Policies auf die Europäische Union und ihre verschiedenen Organe eingegangen wird. Die Study Tour und die Project Work gegen Ende des Programms komplettieren das Gateway-Programm und werden im Modul Field Studies zusammengeführt. Anstatt der Study Tour nach St. Petersburg kann allerdings auch wahlweise der Kurs Doing Business in St. Petersburg Region als Ausgleich belegt werden. 3. Erforderliche Sprachkenntnisse und Sprachkursangebote Da das komplette Gateway-Programm in englischer Sprache geführt wird, sollten gute Vorkenntnisse in Wort und Schrift vorhanden sein. Außerdem handelt es sich um ein internationales Programm, an dem Studenten aus der ganzen Welt teilnehmen und die Hauptkommunikationssprache somit Englisch ist. In relativ vielen Kursen sind keine Klausuren zu schreiben, sondern Hausarbeiten zuzüglich Präsentationen, die ebenfalls in englischer Sprache verfasst beziehungsweise gehalten werden müssen. Hierzu sollte allerdings erwähnt werden, dass die englische Ausdrucksweise nicht in die Beurteilung mit einfließt. Da die Sprachen Finnisch und Russisch innerhalb des Programms unterrichtet werden und mit Basiskursen beginnen, sind hier keine Vorkenntnisse nötig. Es besteht jedoch die Möglichkeit, im Vorfeld des Auslandssemesters an der Fachhochschule Hannover Sprachkurse in diesen beiden Sprachen zu belegen, um sich mit ihnen schon einmal ein wenig vertraut zu machen.
4. Anreise Die Anreise erfolgte in meinem Fall mit dem Flugzeug und verlief von Bremen nach Tampere (Mit Ryanair, etwa 40). Um zum Flughafen nach Bremen zu kommen (und zurück), bietet sich das Semesterticket an, da die Fahrt dann kostenlos ist und die Zugverbindungen von Hannover aus gut sind. Allerdings gilt bei der Wahl der Fluglinie zu beachten, das jede verschiedene Gepäckobergrenzen hat (in Fall von Ryanair 15 Kg). Der Transfer von Tampere nach Kauhava verläuft bequem per Zug (ca, 2 Stunden), wobei hierzu das finnische Semesterticket verwendet werden kann, das man bereits im Vorfeld mit seinen Unterlagen von der Universität erhält (Tampere Kauhava, ca. 15). Die täglichen Zugverbindungen sind abrufbar unter: www.vi.fi Will man an der Study Tour nach St. Petersburg teilnehmen, ist ein (soweit nicht vorhanden) Reisepass zu beantragen; außerdem sollte man über eine Auslandskrankenversicherung nachdenken, da in Finnland alle Arztkosten im Vorfeld zu entrichten sind. Nicht nur für den Aufenthalt in Finnland, sondern auch für die verschiedenen Ausflüge und Auslandsaufenthalte (zum Beispiel Russland, Schweden) sollte man über die Anschaffung einer Kreditkarte nachdenken. Fast überall akzeptiert werden Visa und Mastercard. 5. Betreuung und Unterbringung vor Ort Die Betreuung der Gaststudenten ist durch die Koordinatoren auf finnischer Seite sehr gut organisiert. Sollte man Fragen betreffend des Programms oder diversen Freizeitaktivitäten haben, stehen sie einem mit Rat und Tat zur Seite. Das Student Office ist jeden Tag von 8 16 Uhr besetzt. Untergebracht werden die Gaststudenten direkt auf dem Gelände der Universität in Kauhava, was somit kurze Wege ermöglicht. Die Appartments haben entweder zwei oder drei Zimmer, mit jeweils einer Gemeinschaftsküche und einem Gemeinschaftsbad. Es besteht die Möglichkeit, die einzelnen Zimmer alleine oder zu zweit zu belegen, wobei von einer Belegung zu zweit von meiner Seite aus abzuraten ist, da die einzelnen Zimmer nicht größer als 20 qm sind. Kostenpunkt für ein Zimmer sind 200 im Monat. Allerdings ist darin alles wie Strom, Wasser und
Internetzugang enthalten. Zwei Handtücher und Bettwäsche werden ebenfalls jedem zur Verfügung gestellt, das benötigte Geschirr sowie Töpfe und Pfannen sind gegen eine Gebühr von 20 zu leihen, wobei 15 als Kaution dienen, die am Ende bei Rückgabe wieder ausbezahlt werden. Auf dem Gelände der Universität sind drei Waschmaschinen und Trockner vorhanden, die für 1 pro Waschgang rund um die Uhr genutzt werden können. 6. Kosten während des Aufenthalts Zwar fallen neben der Miete und der Kaution für das Geschirr keine weiteren Kosten an, wie etwa Studiengebühren, allerdings sind die Lebensmittelpreise in Finnland ungefähr 30% höher als in Deutschland. Die günstigste Alternative ist somit der Lidl Markt direkt vor der Universität, aber auch hier sind die Preise deutlich höher als in Deutschland. Das Mittagessen in der Mensa kostet ungefähr 1,50 und kann ruhigen Gewissens verkostet werden. Abgesehen von den Kosten für Lebensmittel sind natürlich auch verschiedene Ausflüge zu berücksichtigen und die Study Tour nach St. Petersburg. Pro Ausflug (in unserem Fall nach Lappland und nach Stockholm) sind ungefähr 100 einzuplanen, plus das Geld, das man privat noch ausgeben möchte. Für die Study Tour nach St. Petersburg sind alleine ca. 350-500 zu zahlen plus private Ausgaben. Überschlägt man alle Ausgaben sollte man im Monat mit ungefähr 600-800 rechnen. 7. Kulturelle- und Freizeitangebote Was die kulturellen und Freizeitangebote in Kauhava angeht, sollte man wissen, dass Kauhava keine Großstadt ist und die Angebote somit sehr begrenzt sind. Die Koordinatoren, in Zusammenarbeit mit den Tutoren, geben sich allerdings große Mühe, verschiedene Sachen zu organisieren, wie zum Beispiel Eisbaden im Winter oder die Pig Party im Sommer. In den Sommermonaten ist es möglich, sich beim Sportgeschäft im Ort für 40 ein Fahrrad zu leihen, was eine gute Möglichkeit ist, verschiedene Seen in der Umgebung zu erkunden. Außerdem verfügt die Universität über eine kleine Sporthalle, in der man kostenlos Fußball oder Badminton spielen kann, in den Sommermonaten steht auch ein Beachvolleyballfeld und ein Minigolfplatz zur freien Verfügung. In der Primary School in Kauhava werden, in
Zusammenarbeit mit den Vereinen vor Ort, ebenfalls verschiedene Sportaktivitäten angeboten, die Gaststudenten kostenlos nutzen können. Jedes Jahr wird auch ein Messerkurs in dieser Schule angeboten, wo man für einen Betrag von 40 drei bis vier Abende lang in der Kunst der Messerherstellung unterwiesen wird und das gefertigte Endresultat auch behalten darf. Zweimal die Woche steht auch die umgebaute Mensa als Disco zur Verfügung, die nicht nur von den Gaststudenten sondern auch von der einheimischen Bevölkerung gerne genutzt wird. 8. Persönliche Eindrücke Ich kann über meine Zeit in Kauhava generell ein positives Fazit ziehen. Der Auslandsaufenthalt hat mich neue Aspekte meines späteren Berufes sehen lassen, außerdem konnte ich meine Sprachkenntnisse verbessern und habe viel im Umgang mit verschiedenen Kulturen gelernt. Auch erwähnenswert finde ich die vielen Unternehmungen, die ich in dieser Zeit gemacht habe, insbesondere die Ausflüge nach St. Petersburg und Stockholm, wo man nicht nur die verschiedenen Mentalitäten sozusagen vor Ort kennenlernen durfte, sondern auch die Gruppe der internationalen Studenten näher zusammen wuchs. Man sollte sich allerdings klar vor Augen führen, dass Kauhava eine sehr weitläufige Kleinstadt ist, wo man ohne PKW sehr limitiert in seiner Mobilität ist. Ebenfalls sehr gewöhnungsbedürftig sind die hellen Nächte im Sommer, wo man bestenfalls zwei bis drei Stunden Dämmerlicht hat. Desweiteren ist das gesamte Vorlesungsprogramm auf 30 ECTS Credits ausgelegt, wodurch die Arbeitsleistung gerade in den ersten zwei Monaten als relativ hoch anzusehen ist. Grundsätzlich überwiegen allerdings die positiven Aspekte, und auf Grund meiner Erfahrungen kann ich das Gateway-Programm nur weiter empfehlen.