Kompakt-Training Praktische Betriebswirtschaft. Herausgeber Professor Klaus Olfert. www.kiehl.de. Hubert. VWL für BWLer.



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Transkript:

Kompakt-Training Praktische Betriebswirtschaft Herausgeber Professor Klaus Olfert www.kiehl.de Hubert VWL für BWLer Bachelor geeignet

Vorwort Volkswirtschaftliche Fragestellungen spielen sowohl in der täglichen betrieblichen Praxis als auch im Privatleben eine wichtige Rolle. Man denke nur an die Entwicklung der Wechselkurse, die sowohl für den Außenhandel als auch für den Privaturlaub in den USA von großer Bedeutung sind. Ähnliches gilt z. B. für die Zinsentscheidungen der Europäischen Zentralbank. Diese beeinflussen maßgeblich die Konditionen, zu denen Kredite für betriebliche Investitionen oder auch den privaten Hausbau aufgenommen werden können. Gleichzeitig haben sie einen erheblichen Einfluss auf die Höhe der Zinsen, die Sparer im Rahmen ihrer Altersvorsorge erzielen können. Trotz dieser großen Bedeutung der Volkswirtschaftslehre erfreuen sich volkswirtschaftliche Lehrveranstaltungen bei Studierenden der Betriebswirtschaftslehre nicht immer allzu großer Beliebtheit. Dies ist zumindest teilweise der sehr formalen, stark mathematisch orientierten Darstellung des volkswirtschaftlichen Lehrstoffs in vielen Vorlesungen und Lehrbüchern geschuldet. Das vorliegende Lehr- und Übungsbuch soll einen verständlichen, systematischen und praxisorientierten Einstieg in die Volkswirtschaftslehre ermöglichen. Es richtet sich vor allem an Studierende betriebswirtschaftlicher Studiengänge, für die Volkswirtschaftslehre ein wichtiges Nebenfach darstellt. Aber auch für Studierende anderer wirtschaftsnaher Fachrichtungen, wie Wirtschaftsinformatik, Wirtschaftsingenieurwesen oder Wirtschaftsrecht, bietet dieses kompakte Lehrbuch einen umfassenden Überblick zu den wichtigsten Teilgebieten der Volkswirtschaftslehre. Nach einem einführenden Kapitel, in dem die wichtigsten Grundbegriffe und Zusammenhänge dargestellt werden, beschäftigt sich Kapitel B. mit der mikroökonomischen Theorie und den damit verbundenen wettbewerbspolitischen Fragestellungen. Kapitel C. befasst sich mit der makroökonomischen Theorie. Neben der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung stehen dabei vor allem der klassisch-neoklassische und der keynesianische Ansatz im Mittelpunkt. Nach einem Kapitel zu dem immer bedeutender werdenden Themenkomplex Geld und Währung, bildet die Wirtschaftspolitik in Kapitel E. den Abschluss. Der Übungsteil mit 50 Übungen sowie das fast 200 Begriffe umfassende MiniLex runden das Buch ab. Allen, die zum Gelingen dieses Buches beigetragen haben, gilt mein besonderer Dank. Dies gilt insbesondere auch für den Kiehl-Verlag, vertreten durch Frau Corinna Ziegler, für die jederzeit angenehme und problemlose Zusammenarbeit. Für Anregungen, die der Verbesserung des Buches dienen, bin ich allen Leserinnen und Lesern dankbar. Prof. Dr. Frank Hubert Mannheim, im Januar 2015 7

A. Grundlagen 2. Grundbegriffe und Basiskonzepte 2. Grundbegriffe und Basiskonzepte Jede Wissenschaft arbeitet mit einem spezifischen Vokabular. Die Kenntnis von Grundbegriffen und Basiskonzepten ist zum Verständnis eines Fachgebietes zwingend notwendig. In der Volkswirtschaftslehre zählen hierzu: Grundbegriffe und Basiskonzepte Güter Produktionsfunktion Transformationskurve Ökonomisches Prinzip Arbeitsteilung 2.1 Güter Unter Gütern versteht man neben Waren auch Dienstleistungen. Beispiel Ein Laptop ist ebenso ein Gut wie das Haareschneiden bei einem Friseur. Güter dienen der Befriedigung der nahezu unbegrenzten Bedürfnisse der Menschen. Sie lassen sich nach folgenden Kriterien klassifizieren (Frantzke): freie und knappe Güter Konsumgüter und Produktionsgüter private und öffentliche Güter. 2.1.1 Freie und knappe Güter Freie Güter sind ohne den Einsatz von Produktionsfaktoren in einem Umfang vorhanden, dass sie jeder in beliebiger Menge konsumieren kann. Sie haben keinen Preis. In aller Regel handelt es sich um Umweltgüter. Knappe Güter kann nicht jeder in gewünschtem Umfang bekommen. Sie sind nicht in ausreichendem Maße vorhanden bzw. ihre Herstellung erfordert den Einsatz von Ressourcen. Die Verteilung dieser Güter wird über den Preis rationiert. Wer bereit ist, den Marktpreis zu bezahlen, erhält dieses Gut. Wer nicht zahlen kann oder will, bekommt dieses Gut nicht. 24

B. Mikroökonomie und Wettbewerb 1. Nachfragetheorie Ein Substitutionsgut ist ein Gut, das aus Sicht des Nachfragers ein anderes Gut ersetzen kann. Beispiele Substitutionsgüter können sein: Apfelsaft und Orangensaft Butter und Margarine Öl und Gas Bahnfahrt Frankfurt Berlin und Flug Frankfurt Berlin. Je höher der Preis des Substitutionsgutes ist, desto größer ist die Nachfrage nach dem eigentlichen Gut. Beispiel Ist der Orangensaftpreis durch eine Missernte sehr hoch, trinken die Verbraucher verstärkt Apfelsaft. Ein Komplementärgut ist ein Gut, das mit dem eigentlichen Gut als Einheit gesehen werden muss. Die Verwendung des einen Gutes bedingt auch die Verwendung des anderen Gutes. Beispiele Komplementärgüter können sein: Pfeife und Tabak Briefpapier und Briefumschläge Ski und Skikleidung Auto und Benzin. Je höher der Preis für das Komplementärgut ist, desto geringer ist die Nachfrage nach dem eigentlichen Gut. 51

B. Mikroökonomie und Wettbewerb 3. Preis- und Wettbewerbsmechanismus 3. Preis- und Wettbewerbsmechanismus In einer Marktwirtschaft plant jedes Wirtschaftssubjekt individuell. Haushalte erstellen Konsumpläne, Unternehmen erstellen Produktionspläne. Diese individuellen Pläne müssen koordiniert werden. Im Unterschied zur Zentralverwaltungswirtschaft gibt es keine zentrale Planungsbehörde, die den Wirtschaftssubjekten Vorgaben macht. Diese Lücke wird über den Preis- und Wettbewerbsmechanismus ausgefüllt. Auf Märkten treffen Nachfrage und Angebot aufeinander. Es bilden sich Marktgleichgewichte. Allerdings hängen die Marktergebnisse von der Marktstruktur ab. Daher werden in diesem Kapitel folgende Gliederungspunkte betrachtet: Preis- und Wettbewerbsmechanismus Märkte und Marktformen Homogenes Polypol Monopol Monopolis- tische- Konkurrenz Oligopol 3.1 Märkte und Marktformen Für die Analyse des Zusammenspiels von Angebot und Nachfrage müssen einzelne Märkte betrachtet werden. Ein Markt ist definiert als der ökonomische Ort des Zusammentreffens von Angebot und Nachfrage. Er ist somit auch der ökonomische Ort des Tausches. Zu unterscheiden sind nach Wildmann vor allem folgende Märkte: Gütermärkte Im Mittelpunkt der mikroökonomischen Analyse und auch dieses Buches stehen Gütermärkte. Auf ihnen finden der Kauf und Verkauf von Waren und Dienstleistungen statt. Faktormärkte Ein sehr wichtiger Faktormarkt ist der Arbeitsmarkt. Die Unternehmen fragen den Produktionsfaktor Arbeit nach, die Haushalte bieten ihre Arbeitskraft an. Geldmärkte Dagegen gehören Kreditangebot und Kreditnachfrage in den Bereich des Geldmarktes. Der Tausch kann, muss aber nicht, an einem bestimmten räumlichen Ort stattfinden. Gerade in Zeiten des Internets ist der Marktbegriff viel umfassender. Die Digitalisierung führt verstärkt zu globalen Märkten. 84

E. Wirtschaftspolitik 2. Institutionelle Grundlagen 2.1.3 Außenwirtschaftliches Gleichgewicht Hierunter versteht man, dass der Saldo der Leistungsbilanz annähernd null sein soll (s. Kapitel C.1.4.2). Güterexporte und Güterimporte sollten sich weitgehend ausgleichen. Es ist maximal ein Überschuss von rund 5 % des Bruttoinlandsprodukts akzeptabel. Deutschland verfehlt allerdings auch diesen Wert. Seit einigen Jahren wird ein Leistungsbilanzsaldo erzielt, der zwischen 6 % und 8 % des Bruttoinlandsprodukts schwankt. 2.1.4 Stetiges und angemessenes Wirtschaftswachstum Das Wachstumsziel wird über die Veränderung des realen Bruttoinlandsprodukts gemessen (s. Kapitel C.1.3.1). Da Anstiege, die allein auf Preissteigerungen beruhen, nicht berücksichtigt werden sollen, muss eine Preisbereinigung des nominalen Bruttoinlandsprodukts stattfinden. Unter einem stetigen Wachstum versteht man ein gleichmäßiges Wachstum. Von einem angemessenen Wachstum spricht man bei durchschnittlichen Wachstumsraten von rund 2 %. Betrachtet man das Wachstum in Deutschland seit der letzten Wirtschaftskrise, so kann von einer stetigen Entwicklung keinerlei Rede sein. Auch der Durchschnittswert von 0,7 % ist zu gering. Reales Wirtschaftswachstum in Deutschland 2008 + 1,1 % 2012 + 0,4 % 2009-5,6 % 2013 + 0,1 % 2010 + 4,1 % 2014 + 1,5 % 2011 + 3,6 % Wegen einer Vielzahl methodischer Probleme und Messungenauigkeiten ist die Berechnung des Bruttoinlandsprodukts generell stark umstritten (s. Kapitel C.1.3.3). Ein anderer Indikator hat sich aber noch nicht durchgesetzt. 2.1.5 Gerechte Einkommens- und Vermögensverteilung Hinter diesem Ziel steht der Gedanke, dass die Marktverteilung durch staatliche Maßnahmen in Richtung einer etwas gleicheren Verteilung korrigiert werden soll. Dabei darf allerdings die Leistungsbereitschaft nicht zu stark leiden. Das Verteilungsziel ist besonders schwer greifbar, da das Ausmaß der Umverteilung offen bleibt. Unter dem Begriff gerecht versteht jeder Bürger etwas anderes. Letztendlich beruht dieses Ziel auf Werturteilen. Darunter versteht man Aussagen, über die man je nach persönlicher Einstellung unterschiedlicher Meinung sein kann. Diese Aussagen lassen sich aber nicht empirisch oder logisch begründen (Bartling/Luzius). 231

E. Wirtschaftspolitik 4. Arbeitsmarkt- und Beschäftigungspolitik Bei der verdeckten Arbeitslosigkeit handelt es sich um Personen, die sich in arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen befinden. Beispiel Wird ein Arbeitsloser von der Bundesagentur für Arbeit zu einer Umschulung oder Weiterbildung geschickt, so zählt er während dieser Zeit nicht als arbeitslos. Die sonstigen Teile der stillen Reserve umfassen vor allem Personen, die sich trotz Arbeitswunsch wegen fehlender Arbeitslosengeldansprüche und der aktuellen Arbeitsmarktsituation nicht arbeitslos melden. Beispiele Eine verheiratete Frau, die nach langer Kinderpause wieder in den Arbeitsmarkt einsteigen will, hat meist keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld. Wenn sie zudem noch sehr spezifische Arbeitszeitwünsche hat, wird sie in vielen Fällen direkt selbst einen Arbeitsplatz suchen und sich nicht bei der Bundesagentur für Arbeit melden. Ähnliches gilt für einen Schüler mit keinem oder einem sehr schlechten Schulabschluss. Er hat in aller Regel keinen Anspruch auf staatliche Unterstützungszahlungen. Sieht er angesichts der Arbeitsmarktsituation nur sehr geringe Vermittlungschancen, wird er auf den Gang zur Arbeitsagentur verzichten. Bei den registrierten Arbeitslosen gilt es zu unterscheiden: Ein kleinerer Teil ist freiwillig arbeitslos. Dies sind Personen, die eigentlich gar nicht regulär arbeiten wollen, sich aber wegen staatlicher Unterstützungszahlungen und/oder aus anderen Gründen bei der Arbeitsagentur arbeitslos melden. Beispiel Ein Schwarzarbeiter hat kein Interesse in einen regulären Job vermittelt zu werden. Die Kombination aus Schwarzarbeit und staatlichen Unterstützungszahlungen ist für ihn lukrativer. Der weitaus größte Teil der registrierten Arbeitslosen ist aus den unterschiedlichsten Gründen unfreiwillig arbeitslos. Zu unterscheiden sind: Friktionelle Arbeitslosigkeit: Darunter versteht man eine kurzfristige Sucharbeitslosigkeit zwischen zwei Arbeitsstellen. 252

ÜBUNGSTEIL (AUFGABEN UND FÄLLE) Aufgabe 19: Auf einem Wettbewerbsmarkt liegen folgende Nachfrage- und Angebotsfunktion vor: N = 190-2p und A = -10 + 2p N = Nachfrage A = Angebot p = Preis 1. Bestimmen Sie das Marktgleichgewicht. 2. Welche Konsequenz hätte ein Mindestpreis von 60? 3. Für die Anbieter kommt es zu einem starken Preisanstieg für Rohstoffe und Energie. Welche Konsequenz hat dies für das Marktgleichgewicht? 4. Die Nachfrager weichen verstärkt auf ein sehr günstiges Substitutionsprodukt aus. Welche Konsequenz hat dies für das Marktgleichgewicht? Lösung s. Seite 300 Aufgabe 20: Die Müller GmbH produziert vier Produkte, die sie auf unterschiedlichen Märkten mit verschiedenen Marktstrukturen vertreibt. Der Markt für Produkt 1 ist ein homogenes Polypol, während Produkt 2 auf einem Monopolmarkt nur von der Müller GmbH hergestellt wird. Bei Produkt 3 liegt die Marktform der monopolistischen Konkurrenz vor, bei Produkt 4 handelt es sich um einen Oligopolmarkt. Beurteilen Sie die Marktsituation der Müller GmbH auf ihren vier Märkten. Lösung s. Seite 301 Aufgabe 21: Die Meier AG ist in ihrer Branche Marktführer und hat einen Marktanteil von 30 %. Die fünf Wettbewerber vereinen Marktanteile von 20 %, 15 %, 13 %, 12 % und 10 % auf sich. Die Meier AG will nun den Wettbewerber mit dem kleinsten Marktanteil übernehmen. 1. Berechnen Sie die Konzentrationsraten CR 1, CR 3 und CR 5 vor und nach einer potenziellen Übernahme und beurteilen Sie, wie das Bundeskartellamt vermutlich entscheiden würde. 2. Wie hoch ist der Herfindahl-Index vor und nach der Übernahme? 3. Welche gesamtwirtschaftlichen Vorteile könnte diese Fusion möglicherweise haben? Lösung s. Seite 301 282

LÖSUNGEN den Güter, die relativ billiger geworden sind, vermehrt nachgefragt. Dies wird bei dem Laspeyres-Index im Unterschied zum Paasche-Index nicht berücksichtigt. Lösung zu 37: 1. In der Finanzbuchhaltung muss von den Anschaffungskosten abgeschrieben werden. Bei 10-jähriger linearer Abschreibung bedeutet dies eine jährliche Abschreibung von 100.000, die den Gewinn mindert. Unter dem Aspekt der Substanzerhaltung des Unternehmens wäre aber der Wiederbeschaffungspreis der richtige Ausgangswert. Die Abschreibung würde dann 200.000 betragen und den Gewinn somit stärker mindern. Diese Vorgehensweise ist in der Kosten- und Leistungsrechnung üblich. Steuerlich ist aber die Abschreibung gemäß der Finanzbuchhaltung maßgeblich. Der Gewinn wird folglich jedes Jahr um 100.000 zu hoch ausgewiesen. Es wird ein Scheingewinn besteuert. 2. Kommt es bei einer Inflationsrate von 15 % zu einer Lohnerhöhung von 15 %, so bleibt das Bruttogehalt des Arbeitnehmers real gleich. Durch den progressiven Steuertarif der Einkommensteuer wird aber von dem zusätzlichen Lohn überproportional viel versteuert. Das Nettogehalt ist dadurch real geringer als vorher. Die einfachste Lösung wäre eine Preisindexierung des Steuertarifs. Die einzelnen Stufen würden jedes Jahr um die Inflationsrate angehoben. Lösung zu 38: 1. Über die Höhe des Mindestreservesatzes beeinflusst die EZB die freie Liquidität, die den Geschäftsbanken zur Verfügung steht. Ein höherer Mindestreservesatz bedeutet, dass die Geschäftsbanken mehr Zwangseinlagen bei der EZB halten müssen. Sie können weniger Kredite vergeben und die Geldmenge sinkt. Bei einem niedrigeren Mindestreservesatz gilt die umgekehrte Argumentation. Die genaue Wirkung erkennt man an den Multiplikatoren bei der multiplen Geldschöpfung. 2. Bei Inflationsgefahr muss die EZB eine restriktive Geldpolitik verfolgen. Das bedeutet für die Offenmarktgeschäfte, dass das wöchentliche Kreditvolumen reduziert wird und der Zins für die Kredite an die Geschäftsbanken erhöht wird. 3. Die Zuteilung der 150 Mio. erfolgt nach der Höhe der Zinsgebote: Gebote Zuteilung Bank A 50 Mio. 2,02 % 6. 20 Mio. Bank B 40 Mio. 2,05 % 5. 40 Mio. Bank C 30 Mio. 2,12 % 2. 30 Mio. Bank D 25 Mio. 2,07 % 4. 25 Mio. Bank E 20 Mio. 2,14 % 1. 20 Mio. Bank F 15 Mio. 2,09 % 3. 15 Mio. Bank G 10 Mio. 2,01 % 7. 0 Mio. 308