»Betriebskosten und Schönheitsreparaturen: Aktuelle Rechtsprechung und Auswirkungen auf die Praxis«



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Transkript:

7. Pantaenius-Immobilientagung am 5. November 2009 in Hamburg»Betriebskosten und Schönheitsreparaturen: Aktuelle Rechtsprechung und Auswirkungen auf die Praxis«RA Jan-Hendrik Schmidt, Hamburg S. 1

Teil 1: Betriebskosten Überblick: Definition Abgrenzung Verwaltungskosten Dynamische Verweisung bei vermieteter Eigentumswohnung (Hamburger Mietvertrag) Aktuelle Rechtsprechung S. 2

Definition Betriebskosten 556 Abs. 1 BGB: [ ] 2 Betriebskosten sind die Kosten, die dem Eigentümer ( ) durch das Eigentum am Grundstück oder durch den bestimmungsmäßigen Gebrauch des Gebäudes, der Nebengebäude, Anlagen, Einrichtungen und des Grundstücks laufend entstehen. 3 Für die Aufstellung der Betriebskosten gilt die Betriebskostenverordnung [ ]. Auf den Wohnraummieter umlagefähige Betriebskosten sind definiert in 2 Nr. 1 bis 16 (Katalog) und in Nr. 17 der Betriebskostenverordnung (Auffangtatbestand für sonstige Betriebskosten ). S. 3

Frage: Wer ist das? 35 55 Jahre alter Mensch in Dienstleistungsbranche tätig / 3.261 brutto monatlich 2-Zimmer-Wohnung / 41,6 m² neben Ehegatten o.ä. Monatsmiete 408 nettokalt / Verloursteppichboden je 12/m² Rauhfasertapete Erfurt Classico Mann: 1,78 m, mittelbraunes Haar, 84 kg Frau: 1. Kind mit 29,6 Jahren, 1,4 Nachkommen, Lebenserwartung von 82,46 Jahren, Mann hat sie mit 32,4 Jahren geheiratet. S. 4

Der durchschnittlich gebildete Mieter aus Karlsruhe Paschke GE 2009, 265: Es sind die durchschnittlich gebildeten, juristisch und betriebswirtschaftlich nicht geschulten Mieter (siehe u.a. BGH Urt. v. 20.7.2005 VIII ZR 371/04; LG Hamburg Urt. v. 26.6.2008 307 S 34/08), die zwar verständig, aber im Übrigen lediglich mit einem handelsüblichen Taschenrechner ausgerüstet sind, und die jährlich erteilte Betriebskostenabrechnung ihres Vermieters nicht nur zu lesen, sondern auch zu verstehen versuchen. Der BGH erwartet, dass sie die Betriebskostenabrechnung gedanklich und rechnerisch nachvollziehen können, damit die Abrechnung formell ordnungsgemäß ist. S. 5

Verweisung auf WEG-Jahresabrechnung Klausel des Hamburger Mietvertrages für Wohnraum: Bei vermieteten Eigentumswohnungen trägt der Mieter den Betriebskostenanteil, den die Verwalterabrechnung vorgibt, sowie die weiteren Betriebskosten, die außerhalb dieser Abrechnung, unmittelbar auf die Wohnung entfallen (z.b. Grundsteuer) S. 6

Die formularmäßige dynamische Verweisung im Wohnraummietvertrag auf eine Jahresabrechnung nach 28 WEG ist unwirksam, denn das einseitige Leistungsbestimmungsrecht des WEG-Verwalters ist vertraglich nicht, was mindestens erforderlich wäre, an ein billiges Ermessen geknüpft. die Klausel ist intransparent: Sie beschränkt die weiteren Betriebskosten, die außerhalb der Jahresabrechnung unmittelbar auf die Wohnung entfallen, nicht auf den Betriebskostenkatalog gemäß Anlage 3 zu 27 II. Berechnungsverordnung (heute: 2 Betriebskostenverordnung). (LG Hamburg, Urteil vom 26.6.2008 307 S 34/08, ZMR 2009, 289 mit Anm. Riecke und Ruth Breiholdt) S. 7

Nutzerwechselgebühr Nutzerwechselgebühren, die wegen des Auszugs des Mieters vor Ende der Abrechungsperiode anfallen, sind keine Betriebs-, sondern Verwaltungskosten, die mangels anderweitiger vertraglicher Vereinbarung dem Vermieter zur Last fallen. (BGH, Urteil vom 14.11.2007 VIII ZR 19/07, NZM 2008, 123) Merke: Der BGH hält eine vertragliche Umlagevereinbarung für zulässig (auch im Formularmietvertrag). Praxistipp für Vermieter: Umlageklausel zu Lasten des ausziehenden (nicht des einziehenden) Mieters verwenden, da er die Kosten veranlasst. S. 8

Betriebskostenposition Versicherung Der Vermieter darf die Position der Sach- und Haftpflichtversicherung in einer Summe unter der Kostenposition Versicherung abrechnen. (BGH, Urteil vom 16.9.2009 VIII ZR 346/08) Der Vermieter darf die Kosten für Kalt- und Abwasser jedenfalls dann in einer Summe zusammenfassen, wenn die Umlage dieser Kosten einheitlich nach dem erfassten Verbrauch vorgenommen wird. (BGH, Urteil vom 15.7.2009 VIII ZR 340/08, WuM 2009, 516) S. 9

Teil 2: Schönheitsreparaturen Überblick: Definition Fristenpläne und Endrenovierungsklauseln Renovierungsfristen Abgeltungsklauseln (Quotenklauseln) Vornahmeanspruch des Vermieters bei wirksamer Klausel? Mieterhöhung durch Vermieter bei nichtiger Klausel? Ersatzanspruch des Mieters bei nichtiger Klausel? S. 10

Definition Schönheitsreparaturen Eine vertragliche Regelung ist vorrangig. Haben die Parteien keine Regelung getroffen, kann zur Begriffsbestimmung auf 28 Abs. 4 letzter Satz der II. BV (Berechnungsverordnung) zurückgegriffen werden:»schönheitsreparaturen umfassen nur das Tapezieren, Anstreichen oder Kalken der Wände und Decken, das Streichen der Fußböden, Heizkörper einschließlich Heizrohre, der Innentüren sowie der Fenster und Außentüren von innen.«s. 11

Kernaussagen Starre Fristenpläne sind nichtig. Erforderlich sind Weichspüler (»regelmäßig«,»im allgemeinen«usw.). Die Kombination einer wirksamen Verpflichtung zur Durchführung der laufenden Schönheitsreparaturen mit einer Endrenovierungsklausel ist nichtig (Summierungseffekt). Abgeltungsklauseln (Quotenklauseln) mit»starrer«abgeltungsquote und/oder intransparentem Inhalt sind nichtig. Die Kombination einer»weichen«abgeltungsklausel mit einem»starren«fristenplan für laufende Schönheitsreparaturen ist nichtig. S. 12

Beispielsfall (nach BGH ZMR 2006, 913) Der Mietvertrag enthält folgende vorgedruckte Regelung: Die Schönheitsreparaturen sind ab Mietbeginn in der Regel in Küchen, Bädern und Toiletten spätestens nach 3 Jahren, in Wohnräumen, Schlafräumen, Dielen spätestens nach 5 Jahren und in sonstigen Räumlichkeiten spätestens nach 7 Jahren zu tätigen. Daneben wurde individuell vereinbart: Die Mieträume sind zum Vertragsablauf geräumt, sauber zu verlassen. Außerdem sind die Tapeten zu entfernen oder die Decken/Wände zu streichen. Der Mieter verweigert die Schönheitsreparaturen. Zu Recht? S. 13

Lösung Ein zur Unwirksamkeit führender Summierungseffekt aufgrund des Zusammentreffens zweier jeweils für sich genommen unbedenklicher Klauseln kann auch dann vorliegen, wenn nur eine der beiden Klauseln formularmäßig, die andere dagegen individuell vereinbart worden ist. (BGH, Urteil vom 5.4.2006 VIII ZR 163/05, ZMR 2006, 913) S. 14

Summierungseffekt auch bei Geschäftsraummiete tödlich Wie im Wohnraummietrecht führt auch in Formularmietverträgen über Geschäftsräume die Kombination einer Endrenovierungsklausel mit einer solchen über turnusmäßig vorzunehmende Schönheitsreparaturen wegen des dabei auftretenden Summierungseffekts zur Unwirksamkeit beider Klauseln. (BGH, Urteil vom 6.4.2005 - XII ZR 308/02, ZMR 2005, 527) S. 15

Renovierungsfristen Bisher übliche angemessenen Fristen nach BMJ-Vertrag von 1976 (Fristenplan): 3 Jahre für Küche, Bad, Dusche 5 Jahre für Wohn- und Schlafräume 7 Jahre für Nebenräume Nach Langenberg, WuM 2006, 122: 5 15 Jahre Nach Weiß, WuM 2007, 684: 10 Jahre Ausblick: Die bisher üblichen Fristen sind gefährlich. Der BGH dürfte sie in nächster Zeit kippen. Praxistipp für Vermieter: Verzicht auf Fristenplan. S. 16

Starre Abgeltungsklausel unwirksam Eine Formularklausel, die den Mieter bei Beendigung des Mietverhältnisses zur Zahlung eines allein vom Zeitablauf abhängigen Anteils an den Kosten für noch nicht fällige Schönheitsreparaturen nach feststehenden Prozentsätzen auch dann verpflichtet, wenn ein diesem Kostenanteil entsprechender Renovierungsbedarf aufgrund des tatsächlichen Erscheinungsbildes der Wohnung noch nicht gegeben ist (Abgeltungsklausel mit»starrer«abgeltungsquote), ist gem. 307 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam, weil sie den Mieter unangemessen benachteiligt. (BGH, Urteil vom 18.10.2006 VIII ZR 52/06, NZM 2006, 924). S. 17

Vornahmeanspruch im laufenden Mietverhältnis Gerät der Mieter während des laufenden Mietverhältnisses mit der Durchführung der von ihm geschuldeten Schönheitsreparaturen in Verzug, kann der Vermieter von ihm einen Vorschuss in Höhe der voraussichtlichen Kosten verlangen. (BGH, Urteil vom 6.4.2005 VIII ZR 192/04, ZMR 2005, 523) Ist ein Fristenplan nicht vorgesehen, richtet sich der Umfang der Arbeiten nach dem Grad der während der Mietzeit aufgetretenen Gebrauchsspuren. Diese sind vom Vermieter substantiiert darzulegen, wobei die Bezugnahme auf ein Gutachten nicht ausreicht, wenn darin nur beschrieben ist, welche Arbeiten auszuführen sind, ohne dass erkennbar ist, warum dies der Fall sein soll. (OLG Düsseldorf, Urteil vom 7.4.2005 I-10 U 191/04, ZMR 2005, 705) S. 18

Sonderfall: Umbau durch Vermieter Nimmt der Vermieter nach Mietende in der Wohnung Umbauarbeiten vor, verwandelt sich sein Erfüllungsanspruch auf Vornahme der (unterlassenen) Schönheitsreparaturen im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung in einen Ausgleichsanspruch in Geld, falls der Mietvertrag nichts anderes bestimmt. Hätte der Mieter nach dem Mietvertrag die Arbeiten in Eigenleistung bzw. durch Verwandte oder Bekannte ausführen lassen dürfen und hatte er die von ihm geschuldete Ausführung von Schönheitsreparaturen nicht abgelehnt, braucht er neben den Kosten für das notwendige Material nur den Betrag zu entrichten, den er für deren Arbeitsleistung hätte aufwenden müssen. (BGH, Urteil vom 20.10.2004 VIII ZR 378/03, ZMR 2005, 109) S. 19

Mieterhöhung bei nichtiger Klausel? Frage: Kann der Vermieter eine Mieterhöhung verlangen, weil er nun die Kosten der Schönheitsreparaturen trägt? Antwort: Nein! Der Vermieter ist nicht berechtigt, im Falle der Unwirksamkeit einer Klausel zur Vornahme der Schönheitsreparaturen durch den Mieter von diesem eine Mieterhöhung in Form eines Zuschlages zur ortsüblichen Vergleichsmiete zu verlangen. (BGH, Urteil vom 9.7.2008 VIII ZR 181/07, ZMR 2008, 879) S. 20

Ersatz bei nicht geschuldeter Renovierung? 1. Ein Mieter, der auf Grund einer unerkannt unwirksamen Renovierungsklausel Schönheitsreparaturen vornimmt, ( ) wird nur im eigenen Rechts- und Interessenkreis tätig, weil er eine Leistung erbringen will, die ( ) Teil des von ihm für die Gebrauchsüberlassung geschuldeten Entgelts ist. 2. Der nach 818 Abs. 2 BGB geschuldete Wertersatz ( ) bemisst sich üblicherweise nur nach dem, was der Mieter billigerweise neben einem Einsatz an freier Zeit als Kosten für das notwendige Material sowie als Vergütung für die Arbeitsleistung seiner Helfer aus dem Verwandten- und Bekanntenkreis aufgewendet hat oder hätte aufwenden müssen. (BGH, Urteil vom 27.5.2009 VIII ZR 302/07, NZM 2009, 541) S. 21

Konsequenzen und Folgefragen Schadensersatz kann der Vermieter schulden, wenn er schuldhaft eine unwirksame Schönheitsreparaturklausel verwendet oder auf deren Einhaltung besteht. Ansprüche aus Geschäftsführung ohne Auftrag bestehen nicht. Der bereicherungsrechtliche Wertersatz bemisst sich grundsätzlich nach Eigenleistungen und Materialkosten. Ausblick: Ungeklärt ist weiterhin, ob auch tatsächlich aufgewandte Handwerkerkosten verlangt werden können oder stets nur (dann fiktive) Eigenleistungen ob der Anspruch in 6 Monaten ab Rückgabe oder in 3 Jahren ab Kenntnis verjährt. S. 22

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! S. 23