DFN-Infobrief Recht. Oktober 2005



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Transkript:

WESTFÄLISCHE WILHELMS-UNIVERSITÄT Institut für Informations-, Telekommunikations- und Medienrecht (ITM) - Zivilrechtliche Abteilung - Prof. Dr. Thomas Hoeren Laura Dierking Ass. jur. Sonja Eustergerling RA Noogie C. Kaufmann, Master of Art Ass. jur. Jan K. Köcher Leonardo-Campus 9 48149 Münster E-Mail:dfn.recht@uni-muenster.de DFN-Infobrief Recht Oktober 2005 Pfändung von Domainnamen der BGH hat entschieden 2 SPAM-Haftung für den Admin-C...4 Lesen strafbar? - Juristische Wirksamkeit von E-Mail-Disclaimern bei irrtümlicher Zustellung...6

DFN 2 Von Ass. jur. Marie-Louise Hoffmann Pfändung von Domainnamen Der BGH hat entschieden Der Bundesgerichtshof (BGH) hat sich in einem Rechtsbeschwerdeverfahren (Beschl. v. 05.07.2005, VII ZB 5/05, abrufbar unter: http://www.jurpc.de/rechtspr/20050110.htm) zur Pfändbarkeit von Internet-Domains geäußert, die bei der Denic registriert wurden (.de -Domains). Damit hat der BGH in dieser bislang sehr umstrittenen Frage eine Grundsatzentscheidung getroffen. Dem BGH zufolge stellen zwar nicht die Internet-Domain als solche, wohl aber die Ansprüche des Domaininhabers gegen die Denic ein pfändbares Vermögensrecht dar. Aufgrund des Registrierungsvertrags hat der Schuldner einen Anspruch auf Registrierung der Domain beziehungsweise nach erfolgter Registrierung einen Anspruch auf Aufrechterhaltung der Eintragung erlangt, welcher nach Ansicht des BGH gepfändet werden kann. Eine Verwertung dieser Ansprüche im Wege der Zwangsvollstreckung sei rechtlich zulässig und wirtschaftlich sinnvoll, betonte das Gericht. Die vom BGH vorgenommene Differenzierung zwischen der Internet-Domain einerseits und den vertraglichen Ansprüchen gegenüber der Denic andererseits beruht auf der komplexen Rechtsstruktur bzw. Multifunktionalität des Gegenstands Domain. Hierzu hatte Ende letzten Jahres bereits das Bundesverfassungsgericht im ad-acta.de- Beschluss (Beschl. v. 24.11.2004, 1 BvR 1306/02; siehe ebenfalls DFN-Infobrief Mai 2005) Stellung genommen, auf welchen der BGH jetzt ausdrücklich Bezug nahm. Danach stellt die Internet-Domain als solche lediglich eine faktische Position dar, und kein ein geldwertes Recht, wie es für eine Pfändung gem. 857 ZPO erforderlich wäre, welcher für die Zwangsvollstreckung in andere Vermögensrechte Regelungen trifft (d.h. solche Vermögensrechte, die weder Forderung noch unbewegliches Vermögen sind). Allein aus der Tatsache, dass wegen der technischen Struktur des DNS-Systems eine Adresse nur einmal vergeben werden kann, die Position also faktisch ausschließlich ist, können keine ausschließlichen Rechte hergeleitet werden, wie sie beispielsweise durch das Gesetz (!) dem Inhaber von Markenoder Patentrechten zugewiesen werden. Die bisherigen Urteile, die die Domain als den Gegenstand einer Pfändung ansahen (LG Essen, Beschl. v. 22.09.1999, 11 Z 370/99; LG Düsseldorf, Beschl. v. 16.03.2001, 25 T 29/01), sind damit nicht haltbar (nicht zu verwechseln ist hiermit allerdings die Tatsache, dass an der Zeichenfolge der Domain im Einzelfall auch Namens-, Firmen und eventuell Markenrechte entstehen können!). Die pfändbaren, vermögenswerten Rechte bestehen laut BGH in der Inhaberschaft an der Internet-Domain, mit anderen Worten, in dem Bündel von Ansprüchen, die dem Domaininhaber aus seinem Registrierungsvertrag mit der Denic zustehen (so schon LG Mönchengladbach, Beschl. v. 22.9.2004, 5 T 445/04). Hauptanspruch aus diesem Vertrag ist der Anspruch auf Aufrechterhaltung der Registrierung, d.h. konkret die Aufrechterhaltung der Eintragung der Domain in das Denic-Register und den Primary Name Server. Die daneben bestehenden sonstigen vertraglichen Ansprüche, wie beispielsweise die Anpassung

DFN 3 des Registers an die veränderten persönlichen Verhältnisse des Domaininhabers oder die Zuordnung zu einem anderen Rechner durch Änderung der IP-Nummer sind als sog. unselbständige Nebenansprüche aber nicht isoliert pfändbar (BGH a.a.o.) Mit der vorliegenden BGH-Entscheidung dürfte sich auch die Ansicht des LG München I (Beschl. v. 28.06.2000, 20 T 2446/00) erledigt haben, die bei Domains, welche aus einem Namen bestehen, die Pfändbarkeit ablehnte, da Namensrechte nicht übertragbar und daher auch nicht pfändbar seien. Denn der BGH sieht nicht die Domain, oder das Namens- oder Markenrecht an der Domain als Gegenstand der Pfändung an, sondern die vertraglichen Ansprüche gegenüber der Denic. In dieser Fallkonstellation ergibt sich jedoch ein anderes, bislang ungelöstes Problem: Da möglicherweise bestehende Namens- und Markenrechte des Domaininhabers an einer Zeichenfolge nicht mit der Pfändung und Verwertung der Domain untergehen, stellt sich die Frage, welchen Wert derartige Internet-Domains für den Gläubiger haben. Der Schuldner kann in einem nachfolgenden Zivilprozess ihm oder einem Dritten gegenüber, welcher im Zuge der Verwertung neuer Domaininhaber geworden ist, wiederum kennzeichenrechtliche Unterlassungsansprüche gegen den Gebrauch der Domain geltend machen. Wie die Rechtsprechung auf diesen rechtlichen Widerspruch reagieren wird, bleibt abzuwarten. Zum Verfahren: Die Pfändung bewirkt, dass der Schuldner zu beeinträchtigenden Verfügungen über die gepfändeten Ansprüche nicht mehr berechtigt ist (sog. Inhibitorium). Die Verwertung erfolgt, indem der Gläubiger sich die Domain nach 857, 835 ZPO zur Einziehung überweisen lässt, infolgedessen er berechtigt ist, die Rechte aus dem Vertrag mit der Denic wahrzunehmen. Ob er die Domain (nach erfolgreicher Umschreibung) selber nutzt oder an Dritte weiterveräußert, bleibt ihm überlassen. Kann der Gläubiger die Domain nicht auf seinen Namen eintragen lassen, z.b. weil ihm die nach den Vergabebedingungen der Denic notwendigen zwei Nameserver nicht zur Verfügung stehen, kann auch eine anderweitige Verwertung durch das Gericht angeordnet werden, z.b. der freihändige Verkauf des Domainnamens auf einer der einschlägigen Internet- Plattformen (z.b. www.sedo.de) Klargestellt ist nunmehr auch, dass die Denic die Stellung einer Drittschuldnerin im Verfahren einnimmt. Zur Wirksamkeit der Pfändung ist daher die Zustellung des Gerichtsbeschlusses an sie erforderlich. Entsprechend der Vorschriften über die Zustellung des Pfändungsbeschlusses (sog. Arrestatorium), die ein Erlöschen des Pfändungsgegenstandes verhindern sollen, ist davon auszugehen, dass eine Kündigung des Domaininhabers nach der Zustellung nicht mehr möglich ist. Die Denic muss dem Gläubiger entsprechend ihrer Verfahrensstellung Auskunft geben über die tatsächliche Konnektierung der Domain, darüber, ob anderweitige Rechte an der Domain geltend gemacht wurden oder ob der Anspruch bereits durch andere Gläubiger gepfändet wurde. Diese Angaben sind aber teilweise schon durch eine Whois-Abfrage ermittelbar. Zur Absicherung der

DFN 4 Rechte des Gläubigers erscheint auch ein DISPUTE- Eintrag des Gläubigers bei der DeNIC sinnvoll. Auswirkungen für Hochschulen Abschließend sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass (Einzel-) Zwangsvollstreckungsmaßnahmen gegen das Vermögen einer Hochschule als Anstalt des öffentlichen Rechts zwar möglich sind, im öffentlichen Interesse aber gravierenden Beschränkungen unterliegen ( 882 a ZPO). Beispielsweise hat eine Vollstreckung zu unterbleiben, wenn die Erfüllung öffentlicher Aufgaben hierdurch beeinträchtigt würde. Vor diesem Hintergrund ist die Pfändung der Internet-Domain einer Hochschule praktisch ausgeschlossen. Viele Hochschulen nehmen inzwischen über das Internet öffentliche Aufgaben wahr, so wird beispielsweise vielfach die Lehre über das Internet praktiziert (Beispiel: E-Learning-Programme). Hinzu kommt, dass E-Government an Hochschulen, bei dem naturgemäß die Erreichbarkeit über das Medium Internet, wofür letztlich eine Hochschuldomain Voraussetzung ist, im öffentlichen Interesse liegt und ausdrücklich erwünscht ist von der Bundesregierung! (siehe dazu Eustergerling unter http://www.dfn.de/content/fileadmin/3beratung/recht/e- Governmet_neu_april_05_V._2.pdf) -------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Von Laura Dierking SPAM-Haftung für den Admin-C Das Landgericht Berlin hat in einem Beschluss vom 26. September 2005 (Az. 16 O 718/05) entschieden, dass der Admin-C einer Internetseite für unerwünschte E-Mail-Werbung haftet, die von dieser ausgeht. Im Rahmen eines einstweiligen Rechtschutzverfahrens gab das Landgericht damit einem auf die 1004, 823 Abs. 1 BGB gestützten Unterlassungsanspruchs eines Rechtsanwaltes statt, der einen von der fraglichen Internetseite generierten, unerwünschten Newsletter erhalten hatte. Nach den Ausführungen des Gerichts hafte der Admin-C für den Inhalt eines Newsletters der Domain durch seine Registrierung. Darüber hinaus ergebe sich im vorliegenden Fall die Haftung auch aus dem Impressum, da dort der Admin-C als Vertreter der Domain-Inhaberin angegeben war. Anmerkung: Die Suche nach Haftungsalternativen im Internetrecht hat durch das Landgericht Berlin offensichtlich ein neues Opfer gefunden: den Admin-C. Nach den Ausführungen des Gerichts sei dieser

DFN 5 allein auf Grund seiner Registrierung als administrativer Ansprechpartner auch für den Inhalt der fraglichen Website mit verantwortlich und damit im Rechtsstreit hierüber als Beklagter herangezogen werden kann. Für einen möglichen Anspruchsinhaber bedeutet dies, dass neben dem Domaininhaber für Unterlassungsansprüche auch der registrierte Admin-C in Anspruch genommen werden kann. Mit dieser Ansicht verkennt das Gericht jedoch Aufgabe und Einflussbereich des Admin-C sowie die Weite der sog. Störerhaftung. Zwar ist der Admin-C gegenüber der DENIC 1 als rechtsgeschäftlicher Vertreter des Domain-Inhabers für sämtliche die Domain betreffende Fragen benannt. Die Domain ist jedoch nicht identisch mit der Website, sondern dient letztlich nur deren Adressierung. Eine Entscheidungsgewalt hinsichtlich inhaltlicher Aspekte der Website geht deshalb mit der Tätigkeit des Admin-C nicht einher. Vielmehr muss man davon ausgehen, dass der Admin-C nicht einmal die Möglichkeit hat, in rechtlich zulässiger Weise auf den Seiteninhalt einzuwirken. Damit sind auch die Grenzen der Störerhaftung eindeutig überschritten. Ziel der Störerhaftung ist es, von jedem, der einen Beitrag etwa zu einer Belästigung durch unerwünschte Werbung leistet, ein Unterlassen genau dieses Beitrages fordern zu können. Steht ein Störer aber erst am Ende der Kette aller Beteiligten und ist er damit nur mittelbarer Verursacher einer Störung, so fordert der Bundesgerichtshof (BGH) seit jeher eine zurechenbare Verletzung von zumutbaren Prüfungspflichten als Voraussetzung für eine Haftung 2. Ist ein Verstoß für den Störer bzw. Mitstörer nicht oder nur mit sehr hohem Aufwand erkennbar, scheidet eine Prüfungspflicht und damit auch die Störerhaftung aus. Entsprechende Prüfungspflichten lassen sich für den Admin-C allenfalls dann annehmen, wenn es um Fragen der Domain selbst geht. So hat das Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart (Beschluss v. 1.9.2003 2 W 27/03) genau wie schon zuvor das OLG München (Urteil v. 20.01.2000 29 U 5819/99) eine Störerhaftung des administrativen Ansprechpartners für Namens- bzw. Markenrechtsverstöße angenommen. Das mag insofern gerechtfertigt sein als der Admin-C im Rahmen seiner Tätigkeit die Domainanmeldung vornimmt und dabei offensichtliche Verstöße etwa gegen das Markenrecht zumutbar erkennen und verhindern kann. Doch bereits mit der Annahme dieser Prüfungspflicht hat das OLG Stuttgart Widerspruch 3 hervorgerufen. Eine Ausweitung der Prüfungspflichten auf inhaltliche Fragen, die die Website betreffen, ist jedoch nicht mehr begründbar 4. Mit den Inhalten der Webseite, die sich hinter der von ihm verwalteten Domains verbergen, kommt der Admin-C in der Regel gar nicht in Kontakt. Seine Aufgabe beschränkt sich schließlich auf die rechtliche Vertretung gegenüber der DENIC. Konsequente Folge des Urteils aus Berlin müsste je- 1 Deutsches Network Information Center 2 BGH v. 11.3.2004 I ZR 304/01 (MMR 2004, 668 ff.); BGH v. 17.5.2001 I ZR 251/99 (CR 2001, 850, 852); BGH v. 10.10.1996 I ZR 129/94 (GRUR 1997, 313, 316) 3 vgl. etwa Stadler, MMR 2004, 521 ff. 4 so auch OLG Koblenz, Urteil v. 25.01.2002 8 U 1842/00 (MMR 2002, 466 ff.)

DFN 6 doch eine inhaltliche Überwachungspflicht der betreuten Domains sein. Dies würde das vom BGH geforderte Maß der Zumutbarkeit bei weitem übersteigen. Auch die Nennung des Admin-C im Impressum, die das Gericht weiter zur Haftungsbegründung heranzieht, vermag nichts daran zu ändern, dass die Aufgaben des Admin-C eine inhaltliche Betreuung der Webseite nicht umfassen. Sollte der administrative Ansprechpartner für die Domainfragen gleichzeitig auch andere den Inhalt betreffende Aufgaben wahrnehmen, so kann dies selbstverständlich auch eine inhaltliche Störerverantwortung nach sich ziehen. Hierzu allerdings schweigt das Gericht und geht vielmehr von einer Verantwortlichkeit kraft der Stellung als Admin-C aus. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Von RA Noogie C. Kaufmann, Master of Arts Lesen strafbar? Juristische Wirksamkeit von E-Mail-Disclaimern bei irrtümlicher Zustellung Gerade im geschäftlichen Verkehr hat die elektronische Mitteilung mittlerweile das Telefax verdrängt. Schließlich ist eine Geschäfts-E-Mail schneller und wesentlich günstiger. Doch beim Versand kommt es dann und wann auch vor, dass eine Mail mit wichtigen internen Informationen aufgrund eines Tippfehlers beim falschen Empfänger eingeht. Damit der Adressat die Informationen nicht veröffentlicht oder die enthaltenen personenbezogenen Daten nicht für seine Zwecke nutzt, versehen immer mehr Unternehmen ihre E-Mails mit so genannten Disclaimern. Inhalte dieser Ausschlussklauseln sind unter anderem Verschwiegenheitsverpflichtungen, wonach der Empfänger garantiert, die E-Mail nicht an Dritte weiterzuleiten oder die enthalten Informationen in keinem Fall publik zu machen. Des Öfteren enthalten Disclaimer gleichfalls die Androhung von Zivilklagen und die Erstattung einer Strafanzeige für den Fall der Zuwiderhandlung. Ob derartige Disclaimer überhaupt rechtswirksam sind, ist zweifelhaft und hat die Gerichte bis dato noch nicht beschäftigt. Soweit zwischen dem Absender und dem Empfänger der E-Mail eine längere geschäftliche Beziehung besteht, ist der Empfänger bei irrtümlich an ihn verschickten E-Mails grundsätzlich zur Verschwiegenheit verpflichtet. Dies folgt aus der Nebenpflicht des Vertrages, die darin besteht, dass sich beide Vertragspartner so verhalten müssen, dass es innerhalb des Vertragsverhältnisses zu keinen negativen Nebeneffekten kommt. Das gilt auch dann, wenn der konkrete Vertrag bereits abgeschlossen ist, da die Einhaltung von Nebenpflichten auch nachträglich zu beachten ist. Demgemäß bedarf es bei bestehenden Verträgen keines Disclaimers.

DFN 7 Irrläufer bei fehlender Geschäftsbeziehung Rechtlich schwieriger zu beantworten ist die Frage, ob ein Disclaimer dann Sinn macht, wenn zwischen dem Absender und dem irrtümlich angeschriebenem Empfänger keinerlei geschäftliche Beziehungen bestehen. Anknüpfungspunkt ist hier das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Absenders, das gemäß Paragraf 823 Absatz 1 Bürgerliches Recht (BGB) als sonstiges Recht geschützt ist. Dazu gehört ebenso wie der herkömmliche Brief auch der Inhalt einer E-Mail. Da der Empfänger regelmäßig kein juristisch anzuerkennendes Interesse an der Veröffentlichung oder Weiterleitung der fremden E-Mail hat, sind ihm diese Handlungen untersagt. Nimmt er sie gleichwohl dennoch vor, so kann der Absender zivilrechtlich gegen ihn vorgehen und bei einem eingetretenen Schaden dann Schadensersatz verlangen. Da die genannten Handlungen bereits kraft Gesetzes verboten sind, bedarf es auch in diesem Fall keines Diclaimers. Auf einem anderen Blatt steht hingegen, ob sich der Empfänger allein aufgrund der Kenntnisnahme des Inhalts strafbar macht. In diesem Zusammenhang enthalten einige Disclaimer den Zusatz Bei irrtümlicher Zustellung ist das Lesen verboten Zuwiderhandlungen werden strafrechtlich verfolgt. Derartige Androhungen allein bei der Kenntnisnahme als solcher entfalten jedoch keine rechtliche Relevanz und sind demnach auch nicht strafbar. So scheidet beispielsweise eine Strafbarkeit gemäß Paragraf 202 Strafgesetzbuch (StGB) aus, da dort nur das unbefugte Öffnen von verschlossenen Briefen oder anderen Schriftstücken geregelt ist. Für irrtümlich zugesandte E-Mail enthält der Paragraf aber keine Regelung. Auch ein unzulässiges Ausspähen von Daten durch Verschaffung eines unberechtigten Zugangs nach Paragraf 202 a StGB liegt nicht vor, da der Empfänger einer irrtümlichen Mail überhaupt nicht selbst handelt und sich folglich auch keinen unberechtigten Zugang zum Inhalt der E-Mail verschafft. Aber auch aus rein faktischen Gründen kann allein die Kenntnisnahme des Inhaltes eines Irrläufers zu keiner Strafbarkeit führen. Zwar enthalten geschäftliche E-Mails in aller Regel eine aussagekräftige Betreffzeile. Der Empfänger muss aber dennoch erst einmal den Inhalt zur Kenntnis nehmen, um überhaupt zu bemerken, dass es sich um eine nicht an ihn adressierte E-Mail handelt. Im Ergebnis bleiben E-Mail-Disclaimer rechtlich ohne Wirkung. Allerdings können sie eine Warnfunktion für den Empfänger enthalten, sensibel mit den nicht für ihn bestimmten Informationen umzugehen. Dabei sollten Unternehmen allerdings nicht unberücksichtigt lassen, dass Disclaimer den wahren Empfänger auch verärgern könnten.