Walter Hanesch. Handlungsoptionen für eine sozialintegrative Stadtpolitik



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Transkript:

Walter Hanesch Handlungsoptionen für eine sozialintegrative Stadtpolitik

Fragestellung Im Rahmen der Leipzig Charta von 2007 haben die EU- Mitgliedsstaaten gemeinsam hervorgehoben, dass eine nachhaltige Stadtentwicklung nur dann sichergestellt werden kann, wenn es gelingt, die ökonomischen, sozialen, kulturellen und ökologischen Dimensionen der Stadtentwicklung gleichzeitig und gleichgewichtig zu berücksichtigen Nur so könnten die Städte als gesellschaftliche und soziale Einheiten erhalten und gestärkt werden Eine besondere Bedeutung kommt hierbei der Frage zu, wie die von Ausgrenzung bedrohten oder betroffenen Bevölkerungsgruppen und städtische Teilräume an der angestrebten Entwicklung beteiligt werden können Dieser Frage möchte ich in meinem heutigen Beitrag nachgehen

Fragestellung Ich werde dazu die folgenden Fragestellungen erörtern: mit welchen Herausforderungen werden die Kommunen gegenwärtig konfrontiert? In welchem veränderten Kontext können/müssen die Kommunen dazu handeln? Welche Leitbilder und strategischen Konzepte einer sozialintegrativen Stadtpolitik sind dazu auf lokaler Ebene entwickelt worden? Dabei kommt der Forderung nach einer integrierten Stadtentwicklung ebenso wie der nach einer kommunalen Armutsprävention im engeren Sinne zentrale Bedeutung zu Abschließend werde ich kurz auf beispielhafte kommunale Handlungsansätze eingehen

Sozial-ökonomischer Wandel Die deutschen Stadtregionen werden zunehmend heterogener, d.h. sie werden mit einem Bündel unterschiedlichster Entwicklungstrends konfrontiert, die sie vor neue Herausforderungen stellen Zu diesen Entwicklungstrends gehören insbesondere Eine zunehmende Ungleichheit der Erwerbschancen und -risiken durch den Strukturwandel des Arbeitsmarkt- und Beschäftigungssystems Eine zunehmende Ungleichheit der Einkommens- und Vermögensverteilung Ein Wandel der Haushalts- und Lebensformen (durch Individualisierungs- und Pluralisierungsprozesse) Ein demographischer Wandel (Schrumpfung und Alterung der Bevölkerung) und Eine zunehmende ethnische Heterogenität der Stadtbevölkerung als Folge von Zuwanderungsprozessen

Sozial-ökonomischer Wandel Seit Anfang der 90er Jahre Prozess ist vor allem eine Zunahme der Ungleichheit der Lebensbedingungen in Deutschland zu beobachten Die Verschärfung der sozialen Ungleichheit und die Erhöhung der sozialen Unsicherheit sind Folge eines globalisierten Standortwettbewerbs und einer damit einher gehenden Flexibilisierung der Arbeits- und Lebensbedingungen Die Zunahme sozial-ökonomischer Ungleichheit kommt am gravierendsten zum Ausdruck in einer Erosion der Mittelschicht und einer zunehmenden Polarisierung der Einkommens- und Vermögensverteilung Die Zunahme von Armut und Reichtum sind lediglich extreme Ausprägungen der gewachsenen Ungleichheit Die Ungleichheit in Deutschland bewegt sich mittlerweile auf dem Niveau liberaler Sozialstaaten wie USA u.a.

Sozial-ökonomischer Wandel Die zunehmende sozial-ökonomische Ungleichheit wird überlagert durch eine Zunahme sozialräumlicher Ungleichheit Im Sinne der Ungleichheit zwischen den Stadtregionen Wie auch der Ungleichheit innerhalb der Stadtregionen Ganze Regionen, aber auch bestimmte städtische Teilräume drohen immer mehr on der gesellschaftliche Entwicklung abgekoppelt zu werden Aus der wachsenden Armut und Ungleichheit resultiert ein wachsender Bedarf an sozialstaatlichen Integrationsleistungen Zur Verringerung objektiver und subjektiver Gefährdungslagen einzelner Stadtregionen bzw. Teilräume und Bevölkerungsgruppen Und zum Erhalt des sozialen Zusammenhalts in der Gesellschaft

Sozial-ökonomischer Wandel Die wachsenden Armutsrisiken resultieren aber Nicht nur aus dem sozial-ökonomischen Wandel, sondern auch Aus dem Umbau des Sozialstaats in der Bundesrepublik auf nationaler Ebene. So ist die Ausgleichsfunktion des Steuersystems und die Schutzfunktion der nationalen Sicherungssysteme in den letzten Jahren immer weiter zurückgenommen worden Auch auf lokaler Ebene haben sich - parallel zu den wachsenden Anforderungen - die Rahmenbedingungen für das Handeln der Kommunen verändert

Der lokale Sozialstaat unter veränderten Rahmenbedingungen Die traditionelle Arbeitsteilung zwischen Bund, Ländern und Gemeinden befindet sich gegenwärtig im Umbruch: Zu beobachten ist eine Dezentralisierung der Aufgaben- und der Umsetzungsverantwortung ohne entsprechende Erweiterung der Ressourcenbasis für die Kommunen Hintergrund dieser Entwicklung: Ein Rückzug des nationalen Sozialstaats aus der Regulierung der Märkte, den nationalen Sicherungssystemen, den finanziellen Ausgleichssystemen Rückzug der Länder durch Konsolidierung und Kommunalisierung der sozialpolitischen Programme Föderalismusreform im Sinne eines Wettbewerbsföderalismus, bei die Interessen der Gemeinden weitgehend unberücksichtigt bleiben

Der lokale Sozialstaat unter veränderten Rahmenbedingungen Die Kommunen haben im Rahmen des Verfassungsrechts auf Selbstverwaltung eine Allzuständigkeit für die Gestaltung der örtlichen Lebensbedingungen Aber Einschränkung gegeben durch die Bundes- und Landesgesetzgebung sowie durch die (bislang unzureichende) eigene finanzielle Mittelausstattung Gegenwärtige Verlagerung von Aufgabenzuständigkeit ohne Veränderung der Mittelausstattung führt zur Gefahr einer strukturellen Überforderung der Kommunen Gerade bei Rückzug des nationalen Staates aus der sozial-staatlichen Verantwortung erhöht sich der Handlungsdruck für die lokale Ebene Dem lokalen Sozialstaat wächst die Funktion eines Lückenbüßers bzw. eines Sozialstaat in Reserve zu

Der lokale Sozialstaat unter veränderten Rahmenbedingungen Angesichts der veränderten Herausforderungen und Bedingungen haben sich die Anforderungen an die Leistungsfähigkeit der Kommunen als lokaler Sozialstaat erhöht Traditionelle Fachpolitiken sind überfordert als Folge immer komplexerer Aufgaben, wachsender öffentlichen Aufmerksamkeit, intransparenter Wirkungen und begrenzter Handlungsressourcen Gefordert wird daher die Entwicklung von neuen und flexibleren Steuerungskonzepten im Sinne eines Local Governance : Neben der bereits weit verbreiteten Neuen Steuerung (New Public Management) handelt es sich insbes. um Eine Verbesserung der Informationsgrundlagen Eine Sozialraumorientierte Planung und Hilfegewährung Eine Vernetzung und kooperative Steuerung der lokalen Akteure

Leitbilddiskussion zur Sozialen Stadt Die Kommunalpolitik in Deutschland ist traditionell am Leitbild einer sozial durchmischten Stadt ausgerichtet Ziel war und ist eine Stadtentwicklung des sozialen Ausgleichs, durch die gleichwertige Lebensbedingungen für alle Bevölkerungsgruppen im gesamten Stadtgebiet angestrebt werden durch Sicherung der Teilhabe- und Verwirklichungschancen aller Bevölkerungsgruppen und durch Begrenzung der sozialräumlichen Ungleichheit im Stadtgebiet Dieses Leitbild der Sozialen Stadt steht heute in Zeiten erhöhter Anforderungen und begrenzter Mittel auf dem Prüfstand Angesichts der zunehmenden Ungleichheit im nationalen Kontext stellt sich die Frage, inwieweit am Konzept einer Stadtentwicklung des sozialen Ausgleichs festgehalten werden kann

Leitbilddiskussion zur Sozialen Stadt Die Leitbilddiskussion ist im letzten Jahrzehnt in vielen Kommunen durch die immer stärkere Dominanz wirtschaftlicher Leitbilder und Leitziele im Sinne einer wirtschaftsorientierten Standortpolitik bestimmt worden. Beispielhaft sei hier auf das Konzept der Wachsenden Stadt in Hamburg oder das aktuelle Konzept Frankfurt für alle verwiesen, in denen die soziale Dimension der Stadtentwicklung weitgehend ausgeblendet blieb Eine Preisgabe dieses Leitbilds ist jedoch mit der Gefahr verbunden, Dass es zu zunehmenden strukturellen Verwerfungen im ökonomischen und soziale Gefüge und Zu einer Erosion der sozialen Kohäsion in der Stadt kommt In den letzten Jahren haben daher immer mehr Kommunen neue sozialintegrative Leitbilder als Teil eines umfassenderen Nachhaltigkeitskonzepts entwickelt

Leitbilddiskussion zur Sozialen Stadt Die Entwicklung von solchen Leitbildern der sozialen, sozialintegrativen oder solidarischen Stadt erfordert die Herstellung eines breiten politischen Konsenses für eine Politik des sozialen Ausgleichs unter Beteiligung möglichst aller relevanten lokalen Akteursgruppen Es gilt, die verschiedenen städtischen Interessengruppen und koalitionen mit ihrem strategischen Handeln für das Ziel einer nachhaltigen sozialintegrativen Politik zu gewinnen Dies erfordert einen kontinuierlich öffentlichen Diskurs, in dem die Chancen wie die Risiken, der Nutzen wie die Kosten einer derartigen Politik abgewogen und zur Diskussion gestellt werden

Integrierte Stadtentwicklungspolitik Angesichts einer zunehmenden Gefährdung die Ziels gleichwertiger Lebensverhältnisse auf nationaler wie auf lokaler Ebene Sind auf Bundesebene Ansätze zu einer Nationalen Stadtpolitik entwickelt worden Dabei geht es insbes. um einen zentralstaatlich gelenkten Ungleichheitsausgleich zwischen wie innerhalb der Länder und Stadtregionen Dabei wird der Versuch unternommen, mit einzelnen Programmen Einfluss zu nehmen auf die Bearbeitung zunehmender Ungleichheit im Rahmen der kommunalen Stadtentwicklungspolitik In Anknüpfung an Erfahrungen in einzelnen Bundesländern und im europäischen Ausland und Unter Respektierung der kommunalen Selbstverwaltung

Integrierte Stadtentwicklungspolitik Vor allem das Bund-Länder-Programm Soziale Stadt bildet ein wichtiges Innovationsfeld für die Entwicklung neuer Politikansätze und Steuerungsstrukturen in den Kommunen Programmziel ist eine integrierte Herangehensweise und sektorübergreifende Kooperation der lokalen Akteure in der Stadt- bzw. Stadtteilentwicklungspolitik Zur Verbesserung des Handlungserfolgs sind dazu gefordert Dezentrale Steuerung im städtischen Mehrebenensystem Ressortübergreifende Handlungsstrukturen in der Verwaltung Vernetzung und kooperative Steuerung der lokalen Akteure Bündelung der vorhandenen Ressourcen Sozialraumorientierte integrierte Handlungskonzepte Auch wenn sich dieser Steuerungsansatz als erfolgreich erwiesen hat, ist er bisher nur vereinzelt auf die gesamte kommunale Politik und Verwaltung übertragen worden

Integrierte Stadtentwicklungspolitik Die Förderbedingungen des Soziale Stadt -Programms setzen auf die Entwicklung von Konzepten und Strukturen eines local governance : Ein ganzheitlicher, integrierter Handlungsansatz für die Problembearbeitung Ein abgestimmtes Verhalten der verschiedenen Verwaltungsressorts Eine kooperative Steuerung der vielfältigen lokalen Akteursgruppen Zentraler Bestandteil einer derartigen Ansatzes ist das Element der Partizipation, um Bewohner, Gewerbetreibende und sonstige Akteure in den Stadt(teil)entwicklungsprozess einzubeziehen Dabei muss die Partizipation ergänzt werden durch Ansätze der Aktivierung und des Empowerments, um den betroffenen Akteuren einen direkten Einfluss auf die Gestaltung ihrer Lebensbedingungen einzuräumen (durch Quartiersforen, Quartiersfonds etc.) Nur dann, wenn der lokalen Bevölkerung auch neue Aufgaben zuerkannt und erweiterte Formen der Mitsprache und der Entscheidungsmöglichkeiten eingeräumt werden, werden solche Partizipationsmodelle erfolgreich sein können

Lokale Armutsprävention im engeren Sinne Bis heute wird die Wirksamkeit der Politik gegen Armut in Deutschland entscheidend dadurch beeinträchtigt, dass keine Klarheit darüber besteht, welche Rolle die verschiedenen Ebenen und Akteure in der Armutsbekämpfung spielen und welchen Beitrag sie leisten können Dies gilt insbes. für die Arbeitsteilung zwischen Bund, Ländern und Gemeinden. Dies gilt aber ebenso für die Rolle der Sozialpartner und die Akteure der Zivilgesellschaft EU-Kommission: Das föderales Mehrebenensystem wird dazu genutzt, die Verantwortung den jeweils anderen Ebenen und Akteuren zuzuweisen Angesicht zunehmender Armuts- und Ausgrenzungsrisiken können sich die Kommunen am wenigsten dem wachsenden Handlungsdruck entziehen Aufgrund der engen Ressourcenlage sind die Kommunen allerdings darauf angewiesen, dass sie in ihren Anstrengungen durch Bund und Länder unterstützt werden

Lokale Armutsprävention im engeren Sinne Kommunale Armutsbekämpfung erfordert als Rahmen Eine klare politische Prioritätensetzung auf Basis eines sozial ausgewogenen Stadtentwicklungskonzepts Eine laufende Bestandsaufnahme der Entwicklung von Problemund Bedarfslagen auf gesamtstädtischer wie teilräumlicher Ebene im Rahmen kommunaler Sozialberichterstattung Eine Definition von Versorgungsstandards und eine darauf abzielende Maßnahmenplanung im Rahmen der kommunalen Sozialplanung Eine Einbeziehung aller lokalen Akteure in die Steuerung und Koordinierung des Kampfs gegen Armut

Lokale Armutsprävention im engeren Sinne Den traditionellen Kernbereich der kommunalen Sozialpolitik bildet die Sozial- und Jugendhilfe. Sie konzentriert sich dabei auf Die Bereitstellung einer materiellen Grundsicherung (heute weitgehend auf das neue SGB II übertragen) und die Bereitstellung einer sozialen Infrastruktur für Not- und Bedarfslagen unterschiedlichster Art Ausgehend von einem Verständnis von Armut als Mangel an Teilhabeund Verwirklichungschancen muss eine kommunale Armutsprävention jedoch als Querschnittsaufgabe definiert werden, die einen ressortübergreifenden Ansatz erfordert Dabei müssen nahezu alle Fachressorts mit eigenen Maßnahmen daran mitwirken, dem Auftreten von Armut entgegenzuwirken (Soziales, Jugend, Gesundheit, Beschäftigung, Wirtschaft, Wohnen, Bildung etc.) Dies entspricht zugleich dem Leitbild der Sozialen Stadt, das eine - sowohl zielgruppen- als auch sozialraumbezogenen - sozial-integrative Gestaltung aller kommunalen Handlungsfelder einfordert

Lokale Armutsprävention im engeren Sinne Beispiel Kinderarmut: Notwendig ist eine Gesamtstrategie, die Maßnahmen der Arbeitsmarkt-, Bildungs-, Familien- und Jugendhilfepolitik etc. einschließt Ausbau der Erwerbsbeteiligung und der Erwerbseinkommen der Eltern insbes. durch Integration in Erwerbsarbeit (arbeitsmarktpolitische Eingliederungsmaßnahmen) Maßnahmen zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf (insbes. durch flexible Kinderbetreuung) Stabilisierung der Einkommenslage durch sozialpolitische Transfers Erhöhung der kinderbezogenen Sozialtransfers für die Familie/Kinder Erhöhung der Sozialhilfe- und Grundsicherungsleistungen Umfassende Förderung von Kindern im Erziehungs- und Bildungssystem Förderung der Kinder im Bildungssystem / Kooperation Schule Jugendhilfe Ausbau unterstützender sozialer Dienste für Eltern und Kinder Sozialraumbezogene Interventionen zur Stabilisierung der Wohn- und Lebenslage in benachteiligten Quartieren Verbesserung der Wohn- und Wohnumfeldbedingungen Familienbegleitende Hilfen insbes. für Familien mit Migrationshintergrund Umfassende Beratung und Hilfe Von der Budgetberatung/Schuldnerberatung bis zu Beratung in psychosozialen Krisensituationen

Beispiele für lokale Handlungsprogramme Abschließend sollen noch einmal am Beispiel von drei Kommunen die Möglichkeiten einer sozialintegrativen Stadtpolitik verdeutlicht werden: Stadt Heidelberg: Kombination von Sozialberichterstattung und Handlungsprogramm gegen Armut und soziale Ausgrenzung Stadt Dortmund: Kombination aus Sozialberichterstattung, Aktionsprogramm und Stadtteilforen Stadt München: Kombination aus Armutsberichterstattung und sozialräumliche Planung, Hilfegewährung und Vernetzung

Beispiele für lokale Handlungsprogramme Die Stadt Heidelberg hat sich im Stadtentwicklungsplan 2015 das Leitziel gesetzt, eine Stadt des sozialen Ausgleichs zu werden In einem vom Sozialdezernat in 2008 vorgelegten Bericht zur soziale Lage wurden Stadtteile und Bevölkerungsgruppen ausgewiesen, die durch besondere Armutsrisiken betroffen sind Auf dieser Grundlage wurde ein Handlungsprogramm gegen Armut und soziale Ausgrenzung vorgelegt und in die städtischen Gremien eingebracht. Die Erarbeitung des Handlungsprogramms wurde von einem Arbeitskreis soziale Lage mitgetragen, in dem die relevanten lokalen Akteursgruppen vertreten sind Mit insgesamt 120 Maßnahmen soll die Teilhabegerechtigkeit für alle Bürger in der Stadt verbessert werden. Die Schwerpunkte liegen im Zugang zu Bildung, zum Wohnungsmarkt und zu Arbeit. Das Programm soll sukzessive aktualisiert und erweitert werden. Die Koordination erfolgt in dem o.g. Arbeitskreis soziale Lage, der hierbei als Frühwarnsystem fungieren soll

Beispiele für lokale Handlungsprogramme Die Stadt Dortmund hat zuletzt in 2007 einen Bericht zur sozialen Lage sowie einen Sozialstrukturatlas erstellt Auf dieser Grundlage wurde vom Oberbürgermeister der Stadt der Entwurf eines Aktionsplans Soziale Stadt Dortmund vorgelegt. Mit diesem soll eine langfristig angelegte, nachhaltige Strategie der Prävention umgesetzt werden Schwerpunkte bildeten die Bekämpfung von Kinderarmut und die Entwicklung von Maßnahmen in den 13 unter dem städtischen Durchschnitt liegenden Sozialräumen Im Laufe des Jahres 2008 diskutierten rund 2000 lokale Akteure in Sozialforen in den 13 Sozialräumen mögliche Aktivitäten im Rahmen des Aktionsplans Soziale Stadt Schwerpunkte der dabei entwickelten quartiersbezogenen Maßnahmenbündel sind Arbeit schaffen (Lokale Ökonomie und Beschäftigung), Kinder stärken gemeinsam mit den Eltern (Ernährung, Bildung, Sprache, Integration), Gemeinsam Handeln sozialen Zusammenhalt stärken, Dezentrale Aktionsfonds vor Ort

Beispiele für lokale Handlungsprogramme Die Stadt München informiert seit über 20 Jahren regelmäßig über die Entwicklung der Armut in München (zuletzt Armutsbericht 2007). Daneben informiert das Sozialdezernat mit einem System von 13 Regionalen Sozialberichten über die Entwicklung der Lebensbedingungen und Lebensqualität in diesen Sozialregionen Die Stadt München bietet seit Ende der 90er Jahre in jeder der 13 Sozialregionen in einem sog. Sozialrathaus eine umfassende Palette von sozialen Leistungen und Hilfen Parallel dazu wurde im Rahmen des Projekts REGSAM für jeden Sozialraum ein Netzwerk sozialer, gesundheitlicher und schulischer Dienstleistungen entwickelt, durch das eine bedarfsgerechte Versorgung sichergestellt werden soll Auch die Leitbilddiskussion hat in München eine lange Tradition. In jüngster Zeit wurde das Leitbild einer solidarischen Stadtgesellschaft entwickelt, das als Grundlage der kommunalen Stadtentwicklungs- und Sozialpolitik dienen soll