Antrag. Fraktion der CDU Hannover, den 5. Juli 1999. Entlassung der Niedersächsischen Ministerin für Frauen, Arbeit und Soziales, Heidi Merk



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Transkript:

Antrag Fraktion der CDU Hannover, den 5. Juli 1999 Entlassung der Niedersächsischen Ministerin für Frauen, Arbeit und Soziales, Heidi Merk Der Landtag wolle beschließen: Entschließung Der Landtag fordert Ministerpräsident Glogowski auf, die Ministerin für Frauen, Arbeit und Soziales, Heidi Merk, unverzüglich zu entlassen. Begründung: 1. Die Ministerin hat aus sachfremden Gründen mit ihren Entscheidungen in einem Ausschreibungsverfahren die Arbeit und die Ergebnisse der Bewertungskommission ändern lassen und damit einseitig einen Anbieter bevorteilt. Für die Beauftragung eines Unternehmens für den sechsten Standort in der niedersächsischen Luftrettung hat das Ministerium eine beschränkte Ausschreibung vorgesehen. Diese Ausschreibung beruht auf den Empfehlungen des Berichtes Musterausschreibung für Rettungshubschrauber. Dabei wird die VOL hilfsweise als Verfahrensrichtlinie angewandt. Der Bewertung der Angebote ist das vom Bund-Länder- Ausschuß Rettungswesen empfohlene Prüfungssystem nach Zangemeister zugrunde gelegt worden. Für die beschränkte Ausschreibung wurde eine Bewertungskommission aus dem Referenten V. (Vorsitzender der Bewertungskommission), der Oberregierungsrätin H. und dem Regierungsoberamtsrat S. gebildet. Die Bewertungskommission erledigt ihre Arbeit autonom. Die Bewertungskommission ist am 16. April 1999 nach Abschluß der Gesamtnutzenbewertung der Kostenangebotsprüfung zu folgendem Ergebnis gekommen: Der Bieter HSD erzielt die beste Gesamtnutzennote, er verfügt im Preis-Leistungs- Vergleich über das wirtschaftlichste Angebot. Dem Nebenangebot 3 des Bieters HSD soll deshalb der Zuschlag erteilt werden. Entscheidungsbasis war der Vergleich der umsatzsteuerfreien Kostenangebote der Bieter HSD und Wiking. (Vermerk Kommissionsleiter V. vom 26. April 1999). Am 20. April 1999 hat die Ministerin in einem Schreiben an alle Landtagsabgeordneten die Unzuverlässigkeit der Firma Wiking festgestellt, weil die Firma rechtswidrig ohne Genehmigung des Landes Rettungseinsätze geflogen ist. Trotz gerichtlicher Entscheidungen war die Firma Wiking immer noch rettungsdienstlich tätig, so daß das Land am 8. Februar 1999 eine Untersagungsverfügung mit sofortiger Wirkung und unter Androhung eines Bußgeldes verhängen mußte. Wörtlich heißt es: Somit konnte zwischenzeitlich auch kein Vertrauenstatbestand bei der Firma bezüglich ihrer Position entstehen. 1

Nach der Entscheidung der Wertungskommission von 16. April 1999 fand am 23. April 1999 eine Besprechung bei Ministerin Merk statt. An dieser Besprechung nahmen die Staatssekretärin Witte, der Referatsleiter Dr. H., der Kommissionsleiter, Herr V., sowie die Kommissionsmitglieder, Frau H. und Herr S., teil. In dieser Besprechung hat Frau Ministerin Merk entschieden, daß: im Preis-Leistungs-Vergleich eine andere Vergleichsbasis herangezogen wird. Dadurch wird das Angebot des Bieters Wiking ohne Umsatzsteuer und das Angebot des Bieters HSD mit Umsatzsteuer gewertet. Diese Weisung der Ministerin ist ausschlaggebend für die Bevorteilung des Bieters Wiking (Vermerk Kommissionsvorsitzender V. vom 26. April 1999). eine weitere Aufklärung durch Rückfrage bei den Bietern zu der Frage, ob für die angebotenen Leistungen Umsatzsteuer in Rechnung gestellt wird, nicht erfolgt (Vermerk Referatsleiter Dr. H. vom 23. April 1999). der Umweltbonus für die Firma HSD durch den sofortigen Einsatz des umweltweltverträglichen Hubschraubers MD 900 nicht zu berücksichtigen ist (Vermerk Kommissionsleiter V. vom 26. April 1999 und Referatsleiter Dr. H. vom 23. April 1999). der Preisvorbehalt der Firma Wiking in ihrem Angebotsanschreiben nicht zu verfolgen ist (Vermerk Kommissionsleiter V. vom 26. April 1999). Das Verwaltungsgericht Göttingen hat in seinem Beschluß vom 9. Juni 1999 festgestellt, daß sich die Ministerin bei dieser Auswahlentscheidung insoweit von unsachgemäßen und damit ermessensfehlerhaften Vorstellungen (hat) leiten lassen, als (sie) beim Wirtschaftlichkeitsvergleich einen sogenannten,brutto-brutto-vergleich vorgenommen hat. Dieser Vergleich hält einer rechtlichen Überprüfung nicht stand. Das Verwaltungsgericht stellt ebenso fest, daß die Ministerin bei ihrer Auswahlentscheidung ermessensfehlerhaft gehandelt habe, weil sie mit ihrer Entscheidung sich aufdrängende Anhaltspunkte für die Unzuverlässigkeit des Bieters Wiking die sie selbst in ihrem Schreiben vom 20. April 1999 gegenüber den Landtagsabgeordneten dargestellt hat nicht hat einfließen lassen. Die Ministerin hat ebenfalls mit ihrer Entscheidung nicht berücksichtigt, daß der Bieter Wiking in seinem Angebotsanschreiben vom 31. März 1999 folgenden Preisvorbehalt bezüglich der Umsatzsteuer gemacht hat: Unsere Angebote unterstellen, daß die zu erbringenden Leistungen gemäß 4 Nr. 17 d UStG umsatzsteuerfrei erbracht werden können. Sollten sich bezüglich der steuerlichen Behandlung dieser Flüge Änderungen ergeben, gehen wir davon aus, daß die Raten entsprechend angepaßt werden. Die Nichtberücksichtigung dieses Preisvorbehaltes bedeutet eine Bevorteilung der Firma Wiking. Demgegenüber hat die Ministerin mit ihrer Entscheidung ebenfalls nicht berücksichtigt, daß die Firma HSD in ihrem Angebot darauf hingewiesen hat: Aufgrund einer gegenwärtigen laufenden Prüfung der Geschäftsjahre 1991 bis 1996 durch die große Betriebsprüfung des Finanzamtes Göttingen könnten sich Veränderungen bei der Bewertung der Umsatzsteuerfrage ergeben. Durch die Nichtberücksichtigung dieses Hinweises des Anbieters HSD wurde die Firma HSD durch die Ministerin benachteiligt. Die Teilnehmer der Besprechung bei der Ministerin vom 23. April 1999 haben mit ihrer Gegenzeichnung unter den Zuschlagsvermerken vom 27. April 1999 bestätigt, daß die Ministerin in dem Gespräch am 23. April diese sachfremden Entscheidungen getroffen hat. Referatsleiter Dr. H. sowie die Kommissionsmitglieder V., H. und S. haben folgende Sätze in dem Zuschlagsvermerk für die Ministerin eigenhändig als richtig unterzeichnet: 2

Im Preis-Leistungs-Vergleich kommt die Kommission bei der Berechnung auf der von Frau Ministerin am 23. April 1999 entschiedenen Vergleichsbasis zum Ergebnis, daß das Nebenangebot der Firma Wiking das beste Preis-Leistungs- Verhältnis erzielt hat. Auf der Basis der Entscheidung von Frau Ministerin Merk vom 23. April 1999 (Vergleich der Bruttoangebote) wurde das Nebenangebot 2 des Bieters Wiking als das wirtschaftlichste Angebot mit dem günstigsten Kosten-Nutzen-Verhältnis ermittelt. Frau Ministerin Merk hat am 23. April 1999 entschieden, daß ein Vergleich der Bruttoangebote beider Bieter zugrunde zu legen ist. Die Ministerin war in den Ausschußsitzungen nicht in der Lage, ihre Entscheidung weder mit sachlichen noch mit sonstigen Argumenten zu begründen. Damit steht nach Auswertung der Akten des Sozialministeriums fest: Frau Ministerin Merk hat aus sachfremden Gründen mit ihren Entscheidungen in diesem Ausschreibungsverfahren die Arbeit und die Ergebnisse der Bewertungskommission manipuliert und damit einseitig einen Anbieter bevorteilt. 2. Die Ministerin hat veranlaßt, daß aus den Zuschlagsvermerken vom 27. April 1999 alle Formulierungen entfernt werden, die auf eine Entscheidung der Ministerin hindeuten, obwohl alle Teilnehmer des Ministergespräches vom 23. April 1999 mit ihrer Unterschrift auf den Zuschlagsvermerken vom 27. April 1999 sich auf die Entscheidung der Ministerin berufen haben. Aus dem Aktenvermerk des Abteilungsleiters 4 vom 29. April 1999 an die Staatssekretärin geht dies deutlich hervor. Dort heißt es: Hierneben lege ich die aktualisierte Fassung der Entscheidungsunterlagen vor. Anhand der ausgetauschten Blätter können Sie ersehen, daß alle Passagen, die auf eine Ministerin-Entscheidung hinweisen, herausgenommen worden sind. Daneben haben die Beratungen des Sozialausschusses des Niedersächsischen Landtages am 30. Juni und 1. Juli 1999 ergeben, daß die Ministerin den Abteilungsleiter 4 veranlaßt hat, die o.g. Formulierungen aus den Zuschlagsvermerken vom 27. April 1999 zu entfernen. Die Beratungen des Sozialausschusses des Niedersächsischen Landtages haben ebenfalls ergeben, daß die o. g. Aussagen auf Weisung der Ministerin aus den Zuschlagsvermerken vom 27. April 1999 entfernt wurden. 3. Die Ministerin hat veranlaßt, daß Mitglieder der Bewertungskommission aufgefordert wurden, ihre ursprünglichen Aussagen in den Zuschlagsvermerken vom 27. April 1999 zu widerrufen. Die Bewertungsmitglieder H. und S. sowie der Referatsleiter Dr. H. haben nach Rücklauf der Zuschlagsvermerke vom 27. April 1999 am 29. April 1999 die von Frau Ministerin gewünschten Streichungen in den Zuschlagsvermerken die die Entscheidung und Weisung der Ministerin deutlich machen mit ihrer Abzeichnung akzeptiert. Lediglich der Kommissionsleiter V. ist bei seiner ursprünglichen Auffassung, daß die Ministerin die Entscheidungen und die Weisungen getroffen hat, geblieben. 4. Die Ministerin hat gegenüber Öffentlichkeit und Parlament nachweislich die Unwahrheit gesagt. Laut Bild-Zeitung vom 1. Juli 1999 hat Frau Ministerin Merk wörtlich erklärt: Die Entscheidung traf bei uns im Haus eine Fachkommission. Für mich gab es nichts zu beanstanden. Laut Braunschweiger Zeitung vom 2. Juli 1999 hat Frau Ministerin Merk erklärt, sie selbst habe nie in das Verfahren eingegriffen. 3

In der Nordwest-Zeitung vom 29. Juni 1999 hat die Ministerin erklärt: Es hat in der Auswahlkommission ein Minderheitenvotum für den Konkurrenten HSD gegeben. So entstand die Entscheidung 2 : 1. Ausweislich der vorliegenden Unterlagen des Ministeriums steht eindeutig fest, daß die Ministerin am 23. April 1999 die maßgeblichen Entscheidungen, die Wiking bevorteilt haben, gefällt hat und nicht die Auswahlkommission. Die Ministerin hat am 23. April 1999 entscheidend in das Verfahren eingegriffen. Eine vorherige Abstimmung in der Bewertungskommission über die in Frage stehenden Kriterien hat es ausweislich der Befragungen in den Ausschußsitzungen nicht gegeben. Zu keinem Zeitpunkt hat, die Bewertungskommission zu den o. g. Kriterien eine 2 : 1-Entscheidung getroffen. 5. Die Ministerin hat veranlaßt oder es zugelassen, daß ihre Staatssekretärin Mitglieder der Bewertungskommission dazu veranlaßt hat, ihre mehrfach festgestellten negativen Aussagen zu dem bevorteilten Anbieter nachträglich zurückzunehmen. Die Mitglieder der Bewertungskommission H. und S. haben sowohl in den Zuschlagsvermerken vom 27. April 1999 und 29. April 1999 folgende negative Aussagen zur Firma Wiking festgestellt und mit ihrer Unterschrift für richtig erachtet: Aus einem gesondert angestellten Vergleich der Sachkosten beider Bieter ergeben sich erhebliche Zweifel an der realistischen Einschätzung einiger wesentlicher Kostenpositionen beim Angebot Wiking. In der Luftrettung ist die Regel, daß auf eine Haupteinsatzmaschine etwa zwischen 10 und 20 Prozent zusätzliche Kosten für den Ersatzmaschinenanteil entfallen. Ferner sind die Wartungs- und Reparaturkosten für eine MD 902 im Angebot Wiking nach hiesigem Ermessen mit 440 DM brutto/flugstunde unrealistisch niedrig gegriffen. In der Regel sind in der Luftrettung Wartungskosten zwischen 700 und 1000 DM üblich. Die Sachkosten im Angebot des HSD sind, soweit erkennbar, in einer realistischen Größenordnung angesetzt. Einige Sachkostenpositionen beim Wiking-Angebot sind dagegen gar nicht oder erkennbar zu knapp bzw. zu niedrig angesetzt. Mit Blick auf die Endpreise der Angebote führt dies zu abrechenbaren Flugminutenpreisen beim Bieter Wiking, die je nach Einsatzmenge zwischen ca. 70 und 82 DM liegen. Zum Vergleich: Der aktuell von Wiking verlangte Flugminutenpreis beträgt 99,75 DM, der Flugminutentarif der öffentlichen Rettungshubschrauber beträgt 96 DM. Der Flugminutenpreis des Bieters HSD liegt je nach Einsatzmenge zwischen ca. 81 und 100 DM (zugrunde gelegt sind die Bruttokosten). Das entspricht etwa dem Flugminutentarif, der aktuell vom Bieter HSD verlangt wird. Die Firma Wiking stellt ihre allgemeinen großen Erfahrungen als Hubschrauberunternehmen für die Luftrettung zur Verfügung, es fehlt eine überzeugende luftrettungsdienstliche Gesamtkonzeption. Die Leistungen der Firma Wiking basieren größtenteils auf dem,einkauf von Fremdleistungen, vor allem die medizinischen Verantwortlichkeiten werden delegiert. Die rein gewerblichen Interessen stehen im Vordergrund. Ein nahtloses Einordnen in die niedersächsische Luftrettung ist damit nicht gewährleistet. Als Ergebnis der Sitzungen des Ausschusses vom 30. Juni und 1. Juli 1999 ist festzustellen, daß die Kommissionsmitglieder H. und S. von der Staatssekretärin veranlaßt wurden, mit Vermerk vom 30. April den der Referatsleiter Dr. H. aufgesetzt hat diese Passagen die sie bisher für richtig erachtet hatten nicht mehr mitzutragen. In dem Vermerk vom 30. April heißt es dazu: Die folgenden Sätze des Zuschlagsvermerkes vom 29. April 1999 werden inhaltlich nicht von der Unterzeichnung durch Frau Holweg und Herrn Schadt umfaßt. 4

Diese Einflußnahme auf Mitglieder der Bewertungskommission, diese zu veranlassen, ihre Meinung zu ändern, kommt einer,,pression nahe. Die Aussageverweigerung des Kommissionsmitgliedes Frau H. in den Ausschußberatungen zu diesem Komplex sowie die ausweichenden Antworten des Kommissionsmitgliedes S. in diesen Ausschußsitzungen lassen den Schluß zu, daß sie auf Druck der Spitze des Sozialministeriums ihre ursprünglich als richtig erkannten Aussagen zurückgenommen haben. Pawelski Stellv. Fraktionsvorsitzende (Ausgegeben am 27. Juli 1999, Vorabdruck ausgegeben am 7. Juli 1999) 5