2/2003. Februar. DeutscherAnwaltVerein. DeutscherAnwaltVerlag A11041. Aus dem Inhalt



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geben. Die Wahrscheinlichkeit von 100% ist hier demnach nur der Gehen wir einmal davon aus, dass die von uns angenommenen

Transkript:

A11041 DeutscherAnwatVerein Aus dem Inhat Aufsätze Europäischer Staatsanwat (Sommer) 61 Berufssituation von Syndici (Schmucker) 65 Taktik der Steuerfahndung (Burkhard) 70 Aus der Arbeit des DAV AG Agemeinanwat gegründet 92 AG Famiien- und Erbrecht: Herbsttagung 02 94 Mitteiungen Anwatshaftung für Feher des Gerichts? 104 Rechtsprechung BVerfG: Anwats-Ranking-Listen zuässig 107 OLG Frankfurt: Pseudonym as Kanzeiname 109 OLG Karsruhe: Geschäftsgebühr bei Prozessauftrag 118 2/2003 Februar DeutscherAnwatVerag

b 2/2003 Im Auftrag des Deutschen Anwatvereins Schrifteitung: herausgegeben von den Rechtsanwäten: Dr. Peter Hamacher Feix Busse Udo Henke Dr. Michae Keine-Cosack Rechtsanwäte Wofgang Schwackenberg Berin, Littenstraße 11 Inhatsverzeichnis Jahrgang 53 Februar 2003 Aufsätze 61 Der europäische Staatsanwat Von Rechtsanwat Dr. Urich Sommer, Kön 65 STAR: Die Berufssituation von Syndikusanwäten Von Aexandra Schmucker, Institut für Freie Berufe, Nürnberg 70 Die Taktik der Steuerfahndungsdienststeen in Steuerstrafverfahren Von Rechtsanwat Dr. Jörg Burkhard, Wiesbaden 78 Grundzüge des sebstständigen Beweisverfahrens im Ziviprozess 2. Tei Von Vors. Richter am Landgericht Jürgen Urich, Dortmund 87 Buchhinweis: Goebe/Wihem-Lenz/Arnod, Das neue Verkehrszivirecht Gastkommentar 89 Von wegen Reform Von Matthias Ruch, Financia Times Deutschand Meinung & Kritik 90 Sach- und Diensteistungen für eine gemeinnützige Körperschaft ein steuerrechticher Briefwechse. Von Rechtsanwat Dr. Benno Henssen, Berin und Rechtsanwat Dr. Michae Streck, Kön 91 DAV-Anwatsausbidung Von Rechtsanwat Wofram Leyrer, Tübingen Aus der Arbeit des DAV 92 DAV-Pressemitteiungen: Arbeitsgemeinschaft Agemeinanwat gegründet Anwäte hefen Opfern DAV Stiftung contra Rechtsextremismus und Gewat zieht Bianz Anwäte fordern Beiberecht für angjährige gedudete Ausänder 93 AG Anwatsnotariat: Neues im Notariat Von Rechtsanwat Dr. Peter Hamacher, Berin 94 ARGE Baurecht: 21. Baurechtstagung in Kön und Einadung zur Mitgiederversammung 2003 AG Famiien- und Erbrecht: Herbsttagung 2002 Von Rechtsanwat Kaus Schnitzer, Euskirchen 95 AG Medizinrecht: 5. Frühjahrstagung und Mitgiederversammung 95 AG Verkehrsrecht: Mitgiederversammung 2003 96 DAV-Service Berichtigung: AnwatCard Von Rechtsanwat Jens Wagener, Berin Personaien: Prof. Dr. Hewig CCBE Von Hamacher Buchhinweis: Feischmann/Himann: Das verkehrsrechtiche Mandat Kein/Lauer/Fink: Die Auswirkungen des neuen Schudrechts auf das private Baurecht Mitteiungen 97 Ausandsfragen: Bericht über den 75. Geburtstag der UIA in Brüsse Von Rechtsanwätin Dr. Maaika Ahers, LL.M., Berin 98 Expertentagung zum Rechtsverkehr mit Kroatien und Tschechien Von Rechtsanwat Dr. Stefan Pürner, Nürnberg 99 Büro, Computer & Teekommunikation: Bericht über den 11. Deutschen EDV-Gerichtstag Von Richter am AG Dr. Wofram Viefhues, Oberhausen 100 Gebührenfragen: Anwatiche Zweckmäßigkeitserwägung bei Mehrfachkagen und Streitwert Vergeichsstreitwert Von Vizepräsident OLG a. D. Hans Hemut Bischof, Kobenz 103 Speziaisierung: Medizin- und Gesundheitsrecht Weiterbidung durch Aufbaustudiengänge Von Martin Riemer, Jur. Mitarbeiter, Univ. Bieefed 100 Haftpfichtfragen: Haftung des Rechtsanwats für Feher des Gerichts? Von Rechtsanwätin Antje Jungk Aianz Versicherungs-AG, MuÈ nchen 106 Buchhinweis: Buschbe/Hering, Handbuch Rechtsschutz, 2. Auf. (Pfeiffer) Rechtsprechung (Leitsätze siehe Seite II) 107 Berufsrecht 114 Gebührenrecht 120 Prozeßrecht 124 Impressum Auf dem Umschag DAV-Informationen Anwatverag-Aktue Internet-Aktue DAV-Service Seite VI, X, XIII, XXII Seite XVI Seite XVIII Seite XXIV Das Anwatsbatt ist auf technisch chorfreiem Recycingpapier gedruckt.

II Rechtsprechung Berufsrecht BVerfG, Besch. v. 7.11.2002 ± 1 BVR 580/02 GG Art. 5 Abs 1 S. 1 und 2 UWG 1 Ranking-Listen çber Rechtsanwåte in Pubikationen steen Meinungsåuûerungen dar und sind grundsåtzich daher keinem Wahrheitsbeweis zugångich. (LS der Red.) ±S. 107 BGH, Besch. v. 23.9.2002 ± AnwZ (B) 56/01 BRAO 14 Abs. 2 Nr. 3, 15 S. 2, 8 a Abs. 1 S. 1 Die an einen Rechtsanwat gerichtete Verfçgung, das Gutachten des Direktors einer Nervenkinik oder eines der dort tåtigen Fachårzte çber den Gesundheitszustand des Anwats vorzuegen, gençgt den Bestimmtheitsanforderungen des 8 a Abs. 1 S. 1 BRAO nicht. Eine soche Verfçgung æst die Vermutungswirkung des 15 S. 2 BRAO nicht aus und bietet daher keine Grundage fçr den Widerruf der Zuassung nach 14 Abs. 2 Nr. 3 BRAO. Dies git auch dann, wenn diese Verfçgung bestandskråftig geworden ist. ± S. 108 OLG Frankfurt am Main, Besch. v. 18.11.2002 ± 20 W319/02 PartGG 2 Abs. 1 Zur Bidung des Namens einer Partnerschaft kann auch der von einem Partner gewåhte Berufs- oder Kçnstername, unter dem er im Berufseben seit anger Zeit auftritt und den entsprechenden Geschåftskreisen bekannt ist (Pseudonym), verwendet werden. ± S. 109 BVerfG, Erster Senat 2. Kammer, Besch. v. 20.9.2002 ± 1 BvR 819/01; 1 BvR 826/01 BNotO 7 GG Art. 12 Zur Einhatung des Auswahverfahrens fçr die Besteung eines hauptberufichen Notars ± S. 110 KG Besch. v. 11.12.2002 ± Not 17/01 u. 18/01 BNotO 6 GG Art. 12 Bei der Entscheidung çber die Besteung eines Rechtsanwats zum Notar darf dessen im Ansteungsverhåtnis mit einem Landkreis geeistete Tåtigkeit, die einen Bezug zu notarieer Tåtigkeit hat, nicht auûer Betracht beiben (LS der Redaktion). ± S. 112 Gebührenrecht OLG Hamburg, Urt. v. 13.3.2002 ± 10 U 11/01 BRAGO 7, 8, 9, 13, 23; BGB 157, 242 a. F. 1. Die Streitwertfwestsetzung durch das Gericht ist auch maûgebich fçr die Festsetzung der Anwatsgebçhren. 2. Auf Grund der besonderen Umstånde des einzenen Fas kann der Anwat verpfichtet sein, seinen Mandanten çber weit aus hæhere Gesamtkosten von Einzekagen gegençber einer Sammekage aufzukåren und kann auf Grund schudhafter Pfichtveretzung des Anwatvertrags einem Schadensersatzanspruch seines Mandanten ausgesetzt sein. ± S. 114 OLG Karsruhe, Urt. v. 11.7.2002 ± 2 U 2/00 BGB 611, 612 BRAGO 8, 12, 23, 118 Anwatsvergçtung ± Gebçhrentatbestånde ± Gegenstandswert ± Bewertung 1. Mit Annahme des Mandats werden nur die Mitsozien, nicht aber die angesteten Rechtsanwåte verpfichtet. 2. Die Geschåftsgebçhr gem. 118 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO entsteht bereits mit dem Beginn der anwatichen Tåtigkeit. 3. Der Anwat hat auch im Fae des Zurçckgreifens auf eine zwischen den Parteien schon ausgearbeitete Scheidungsfogenregeung Anspruch auf eine Vergeichsgebçhr gem. 23 BRAGO, wenn auf seine Initiative einzene Punkte angepasst bzw. neu gereget werden. 4. Bei der Bestimmung des Gegenstandswerts einer Unterhatsvereinbarung ist auch wenn çber einen Tei bereits gerichtich entschieden ist, vom voen Betrag und nicht nur von einem Teibetrag auszugehen der Anwat haftet nåmich bei seiner Beratung fçr die Richtigkeit des gesamten Betrages. 5. Bei der Vereinbarung çber die Ûbertragung eines Grundstçcks ist fçr die Bestimmung des Gegenstandswerts vom Verkehrswert des Grundstçcks auszugehen, grundpfandrechtiche Beastungen beiben auûer Betracht. ± S. 115 OLG Karsruhe, Besch. v. 7.8.2002 ± 2 U 2/01 BRAGO 32, 118 1. Maûgebich fçr das Entstehen der jeweiigen Gebçhrentatbestånde ist aein der dem Rechtsanwat erteite Auftrag. Aus der von dem Mandanten unterzeichneten Vomacht assen sich, da vorformuiert, keine Rçckschçsse ziehen. 2. Sebst wenn der Rechtsanwat einen Prozessauftrag erhåt, davon jedoch zunåchst keinen Gebrauch machen und eine auûergerichtiche Eredigung versuchen so, erwachsen ihm Gebçhren nach 118 BRAGO, auch wenn es spåter wegen eines Restbetrages der Forderung zur Kage kommt. 3. Der Gegenstandswert bestimmt sich nach dem Interesse der Partei, nicht nach dem spåteren Erfog. ± S. 118 Prozessrecht BayObLG, Besch. v. 4.10.2002 ± 1Z AR 140/02 ZPO 29 Abs. 1, 36 Abs. 1 Nr. 6, 39, 504 BGB 269 1. Fehende Bindungswirkung eines Verweisungsbeschusses wegen Veretzung des rechtichen Gehærs, wenn das AG, statt nach 504 ZPO den Bek zu beehren und seine Entscheidung, ob er rçgeos zur Hauptsache verhanden wi, abzuwarten, nur den Kågervertreter auf seine Unzuståndigkeit hinweist und dem Bek edigich Geegenheit zur Steungnahme zu dem Verweisungsantrag des K gibt. 2. Honoraransprçche aus einem Anwatsvertrag sind am Ort der Kanzei des Rechtsanwats zu erfçen. ± S. 118 Brandenb. OLG, Besch. v. 12.6.2002 ± 1 W10/02 ZPO 32; BGB 823 ff., 1004 Keine ærtiche Gerichtszuståndigkeit fçr Unterassungskage gegen eine Veræffentichung in einer Broschçre bei nur vorstebarer Verbreitung auch in den Gerichtsbezirk hinein. ± S. 120 OLG Kæn, Besch. v. 8.11.2002 ± 11 W73/02 ZPO 42 Die Verweigerung einer beantragten Terminsveregung kann die Besorgnis der Befangenheit des Richters begrçnden, wenn darin eine auffåige Ungeichbehandung der Prozessbeteiigten zum Ausdruck kommt. ± S. 121 BGH, Urt. v. 12.3.2002 ± VI ZR 379/01 514 ZPO a. F. Eine von einem Rechtsanwat nach Abauf der Rechtsmittefrist gegençber dem Prozessbevomåchtigten des Gegners abgegebene Erkårung, die fristwahrend eingeegte Berufung sei zurçckgenommen worden, er mæge sich nicht besteen, kann as Verzicht auf die Berufung auszuegen sein. ± S. 121 BGH, Besch. v. 1.10.2002 ± IX ZR 125/02 ± ZPO 566 Abs. 1, 511 Abs. 2 InsO 96, 95 Abs. 1 S. 3 1. Der Antrag auf Zuassung der Revision gegen ein amtsgerichtiches Urtei ist statthaft, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 çbersteigt und der Gegner in die Ûbergehung der Berufungsinstanz einwiigt. 2. Betrifft die Beschwer durch das angefochtene Urtei mehrere sebstståndige Ansprçche und kommt ein Zuassungsgrund nur hinsichtich eines Streitgegenstandes in Betracht, ist der Antrag unzuåssig, wenn die davon ausgehende Beschwer den Betrag von 600 nicht çbersteigt. 3. Widerspricht der Insovenzverwater Beastungen des im So gefçhrten Kontos des Schudners, die im Lastschriftverfahren erfogt sind, kann er edigich deren Beseitigung verangen ein Auszahungsanspruch steht ihm nicht zu. Mit der Erfçung dieser Verpfichtung nimmt das Kreditinstitut daher keine Verrechnung vor. ± S. 122 BGH, Besch. v. 29.5.2002 ± V ZB 11/02 ZPO (2002) 574 Abs. 2 1. Die Zuåssigkeit der Rechtsbeschwerde nach 574 Abs. 2 ZPO kann nicht damit begrçndet werden, dass die Frage der Statthaftigkeit nach 574 Abs. 1 ZPO von grundsåtzicher Bedeutung sei. 2. Die Rechtsbeschwerde zur Sicherung einer einheitichen Rechtsprechung ( 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO) ist im Fae einer Divergenz zuåssig, setzt dann aber voraus, dass der Beschwerdefçhrer eine Abweichung daregt. Eine Abweichung iegt nur vor, wenn die angefochtene Entscheidung diesebe Rechtsfrage anders beantwortet as die Entscheidung eines hæherrangigen oder eines anderen geichgeordneten Gerichts oder eines anderen Spruchkærpers desseben Gerichts (Fortfçhrung von BGHZ 89, 149, 151). 3. Wird die Rechtsbeschwerde zur Sicherung einer einheitichen Rechtsprechung ( 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO) darauf gestçtzt, dass die angefochtene Entscheidung verfahrens- oder materie-rechtich feherhaft sei, so sind die Zuåssigkeitsvoraussetzungen erfçt, wenn der Rechtsfeher dazu fçhren kann, dass schwer ertrågiche Unterschiede in der Rechtsprechung entstehen oder fortbestehen. ± S. 122 BGH, Besch. v. 21.3.2002 ± IX ZB 18/02 ZPO 575 Abs. 1 S. 1 (Fassung: 27.7.2001), 78 Abs. 1 (Fassung: 27.7.2001); AVAG 16 Abs. 1 Rechtsbeschwerden kænnen wirksam nur durch einen beim BGH zugeassenen Rechtsanwat eingeegt werden. ± S. 123 AG Bayreuth, Besch. v. 23.5.2002 ± 2 OWi 512/02 RiStBV Nr. 185 Der Antrag eines Rechtsanwats auf Akteneinsicht in die Ermittungsakten der Verkehrspoizei wegen eines Verkehrsverstoûes ist begrçndet, wenn die von ihm vertretene Fahrzeughaterin mit Maûnahmen rechnen muû, sofern der PKW-Fahrer nicht ermittet werden kann. (Leitsatz der Red.) ± S. 124

VI 4 In diesem Heft: Lesen Sie in diesem Heft aus der Arbeit des DAVauf Seite 92 bis 95: AG Agemeinanwat gegründet / DAV Stiftung contra Rechtsextremismus und Gewat zieht Bianz / Beiberecht für Ausänder / AG Anwatsnotariat / ARGE Baurecht / AG Famiien- und Erbrecht / AG Medizinrecht / AG Verkehrsrecht / Personaien Gebührenrecht in AGS Nr. 2/2003* 9 Aktue: Honorarzahung mit Kreditkarte nach neuerer BGH-Entscheidung nicht mehr unzuässig. 9 Aufsatz: Die Vergütung in einstweiigen Anordnungsverfahren nach derneufassungdes 41BRAGO 9 Die verschenkte Gebühr: Anfa und Erstattung der Vostreckungsbescheidgebühr ( 43 Abs. 1 Nr. 3 BRAGO) 9 BGH: Vergeich über nicht anhängige Ansprüche im Rechtsmitteverfahren 9 AG Diez: Erhöhung der Mittegebühr * Anwatsgebühren spezia (AGS) erscheint ab Januar 2003 mit deutich erweitertem Inhat und in neuem Outfit monatich auf ca. 36 Seiten im Deutschen Anwatverag und wird hrsg. von RA Wofgang Madert und RA Norbert Schneider in Verbindung mit dem Gebührenrechtsausschuss und der Arbeitsgemeinschaft Anwatsmanagement des Deutschen Anwatvereins unter ständiger Mitarbeit von Dip.- Rechtspfeger Heinricht Hestab, RA Jürgen Schneider und RAUdo W. Henke. Nähere Informationen und ein Probeabonnement erhaten Sie vom Deutschen Anwatverag in 53111 Bonn, Wachsbeiche 7, Te. 0228/91911-0. AnwB Einbanddecken 2002 Ordnung für Ihre Bibiothek. Besteen Sie jetzt Ihre Einbanddecke 2002 unter Te. 02 28/9 19 11 44. Info Durchschnittiche Arbeitszeit junger Juristen Die durchschnittiche Arbeitszeit junger Juristen (Berufseinsteiger) beträgt nach einer aktueen Umfrage 44,2 Stunden pro Woche. Junge Wirtschaftswissenschafter soen danach im Durchschnitt 46,4 Stunden und junge Mediziner durchschnittich sogar 52,1 Wochen Arbeitsstunden tätig sein. Die angen Arbeitszeiten führen insbesondere bei den jungen Medizinern zu großer Unzufriedenheit über diese Situation. Insgesamt bewegen sich die Juristen auf einer Liste der Zufriedenheit mit ihrer Arbeitsmarktsituation am unteren Rand. Bei den 10 befragten Berufsgruppen agen die Juristen auf der voretzten Stee. Am gückichsten mit ihrer Arbeitsmarktsituation sind Pharmazeuten, danach Mathematiker, Ingenieurwissenschafter, Informatiker, Agrarwissenschafter, Lehrer, Physiker und Wirtschaftswissenschafter. Nur die Bereichen Bioogie/Chemie bewerteten ihre Arbeitsmarktsituation schechter as die Juristen. Für die Umfrage interviewte das Beriner trendence Institut für Personamarketing 9.733 junge Berufstätige aus unterschiedichen Branchen (Young-Professionas-Barometer 2002). (Quee: Wirtschaftswoche Nr. 49 v. 28.11.2003, S. 108) (Henke) Rechtssystem in Deutschand hoch im Kurs Das US-Amerikanische Meinungsforschungsinstitut Gaup hat eine Umfrage erhoben, die sich mit dem Vertrauen in 17 verschiedene geseschaftiche Institutionen und Organisationen befasst. Gefragt wurde nach dem Grad des Vertrauens in die Institutionen beim Wirken für die Geseschaft. Die Antwortkategorien auteten vie, einiges, wenig/nicht vie oder gar nicht/kein. Befragt wurden im Auftrag des Wetwirtschaftsforums (Word Economic Forum, Nov. 2002) wetweit rund 36.000 Menschen aus 47 Ländern. Diese Beispiemenge steht repräsentativ für die Meinung von 1,4 Miiarden Befragten. In Deutschand wurden 503 Menschen in einer repräsentativen Zufasauswah interviewt. Dabei erziete das deutsche Rechtssystem im europäischen und im wetweiten Vergeich überdurchschnittiche Zustimmung in Deutschand. Nach den Institutionen Poizei (86 %), UNO (70 %), Streitkräfte (70 %), NGO s (68 %) erziete das Rechtssystem mit 59 % den fünftbesten Wert aus den 17 Gruppen. Hier eine Gesamtübersicht: Institution Vertrauensquote Poizei 86 % UNO 70 % Streitkräfte 70 % NGO s 68 % Rechtssystem 59 % Gesundheitssystem 56 % IWF 56 % Wetbank 53 % Regierung 51 % Gob. Geseschaften 51 % Bidungssystem 50 % Gewerkschaften 50 % WHO 50 % Presse/Medien 49 % Parament 48 % Große Geseschaften 45 % Kirchen 39 % In fast aen Ländern erreicht das dortige Rechtssystem diesen Rang an Vertrauen nicht: In Großbritannien iegt das Rechtssystem in der Vertrauensquote auf Patz 8 (59 %), in Itaien auf dem voretzten Patz 16 (38 %), in Nigeria an 15. Stee (42 %), in Japan aerdings auf Patz 2 (49 %) und in den USA auf Rang 9 (61 %). Im EU-weiten Vergeich findet sich das Rechtssystem auf Patz 7 (63 %) und im wetweiten Vergeich auf Rang 10 (47 %). Fazit der Untersuchungsergebnisse: Das Rechtssystem in Deutschand kann gar nicht so schecht sein. Das Vertrauen der Bevökerung stuft das Rechtssystem in Deutschand jedenfas an besserer Rangstee ein, as dies im EU- oder wetweiten Vergeich und in anderen vergeichbaren Ländern der Fa ist. (Quee: Die Wet, 14.11.2002, S. 3) (Henke) (Fortsetzung auf Seite X) Im nächsten Heft u. a.: 9 Sebstständiges Beweisverfahren im Ziviprozess 3. Tei 9 Rechtsanwats-AG

X 4 (Fortsetzung von Seite VI) Veranstatungen Inand AG Arbeitsrecht Die Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht veranstatet am 14. und 15.3.2003 in Zürich ihre Frühjahrstagung 2003. Die Tagung findet statt im Hote Intercontinenta, Badener Str. 420, CH-8040 Zürich. Der Tagungsabauf autet wie fogt: Freitag, 14.3.2003 14.00 Uhr Schweizerisches Arbeitsrecht RAe Huber und Dr. Naegei anschießend Diskussion 15.15 Uhr Neue Entwickungen im Arbeitsrecht RA Dr. Bauer 15.45 Uhr Pause Workshops: 16.45 Uhr Kündigung und Kündigungsschutz in Europa RA/Avocat à a Cour Storp; RA Dr. Nicoino; RA/ Barrister- at-law Heinz oder Gestatung von Arbeitsverträgen nach der Schudrechtsreform RA Prof. Dr. Hümmerich oder Betriebsübergang und Insovenz RA Dr. Mo. ansch. jeweis Diskussion 20.00 Uhr gemeinsames Abendessen Samstag, 15.3.2002 9.30 Uhr Rechtsprobeme grenzüberschreitender Arbeitsverhätnisse Prof. Dr. Thüsing 10.45 Uhr Pause 11.45 Uhr gemeinsame Diskussion zum geichen Thema ca. 12.30 Uhr Ende der Tagung Auskunft und Anmedung: Rechtsanwat Dr. Johannes Schipp, Münsterstr. 21, 33330 Gütersoh, Te.: 0 52 41/ 90 33-0, Fax: 0 52 41/1 48 59 ARGE Baurecht 21. Baurechtstagung: AGB am Bau 21. und 22.3.2003 in Kön Die ARGE Baurecht ädt ae Mitgieder und Interessierte ein zur 21. Baurechtstagung am 21./22.3.2003 im Maritim-Hote in Kön zum Thema AGB am Bau. Fachprogramm: FR 21.3.2003: 13.00 Uhr: Vorsteung der Kooperation ARGE Baurecht/ibr-onine (Opper/Dr. Schuze- Hagen) 14.00 Uhr: Ausgewähte AGB-Bauvertragskausen auf dem Prüfstand: Gewähreistung- Sicherheiten-Vertragsstrafe (Virneburg) 16.00 Uhr: Thesendiskussion SA 22.3.2003: 09.30 Uhr: Unter wechen Voraussetzungen assen sich unwirksame AGB- Kausen heien? (Dr. Schuze-Hagen) 11.30 Uhr: Die Kauserichtinie ihre Bedeutung für die Baurechtspraxis (Prof. Dr. Thode) 13.00 Uhr: Mitgiederversammung der ARGE Baurecht Rahmenprogramm: FR 21.3.2003, 14.30 Uhr: Spaziergang zu den schönsten und typischsten romanischen Kirchen in der Rheinnähe Köns 19.30 Uhr: Gemeinsames Abendessen in der Fora im Botanischen Garten, Kön SA 22.3.2003, 15.00 Uhr: Architektur-Führung durch das Schokoaden-Museum und durch das Sport- und Oympiamuseum Tagungsbeitrag: 175 E für Mitgieder der ARGE Baurecht und des Forums Junge Anwatschaft, 220 E für Nicht-Mitgieder (gemeinsames Abendessen und Veranstatungen des Rahmenprogramms sind nicht im Tagungsbeitrag enthaten). Information und Organisation: Deutsche Anwatakademie, Herr Frank Ritter, Littenstraße 11, 10179 Berin, Te.: (0 30) 72 61 53-1 81, Fax: (0 30) 72 61 53-1 88, E-Mai: ritter@anwatakademie.de Bauropa 2003 Baurecht in Europa 16. und 17.5.2003 in Bonn Die ARGE Baurecht ädt ae Mitgieder ein zur erstmas in Bonn im Dorint-Hote Venusberg stattfindenden europarechtichen Veranstatung Bauropa 2003 Baurecht in Europa am 16. und 17.5.2003. Die europäische Rechtssetzung in den etzten Jahren hat zunehmende Bedeutung auch auf die nationaen Rechtsordnungen aer Mitgiedstaaten der EU gewonnen. Kaum noch ein Bereich des nationaen Rechts, auch des Zivirechts ist heute nicht geprägt von den Vorgaben aus Brüsse; sei es in Form von Verordnungen, in Form von Richtinien oder as direkte Vorgabe. Auch der Bereich Privates Baurecht wird in Deutschand zunehmend durch europarechtiche Vorgaben einerseits und verbindicher Interpretationen durch den EuGH andererseits bestimmt. Das gesamte Vergaberecht ist ein prägnantes Beispie dafür. Aber auch das agemeine Schudrecht ist in den Bereichen Werkvertragsrecht und beim Recht der agemeinen Leistungsstörungen im Gefoge der Schudrechtsmodernisierung, die im Wesentichen durch die Umsetzung von EU-Richtinien veranasst war, betroffen. Es wird deshab auch für den nur im nationaen Bereich tätigen Baurechtsanwat immer wichtiger, sich umfassend und frühzeitig über die europarechtiche Einbettung der baurechtichen Rechtsgrundagen in Deutschand zu orientieren. Ebenso wichtig ist es, Informationen über sich andeutende Entwickungen zu erhaten, um bei der Formuierung von Bauträgerverträgen, von Bauverträgen, von Projektmanagementverträgen oder agemeinen Geschäftsbedingungen rechtzeitig die richtigen Weichensteungen zu treffen. Die bau-europarechtiche Veranstatung wird seit 1996 einma jährich ausschießich für Mitgieder angeboten. In den sieben Veranstatungen (Fortsetzung auf Seite XIII)

Im Auftrag des Deutschen Anwatvereins herausgegeben von den Rechtsanwäten: Feix Busse Dr. Michae Keine-Cosack Wofgang Schwackenberg Schrifteitung: Dr. Peter Hamacher Udo Henke Rechtsanwäte Berin, Littenstraße 11 Jahrgang 53 Februar 2003 AQ Nachrichten für die Mitgieder des Deutschen Anwatvereins e. V. Der europäische Staatsanwat 1 Rechtsanwat Dr. Urich Sommer, Kön Der Weg zu einem europäischen Strafrecht erscheint unausweichich 2. Nachdem das Schengener Abkommen die poizeiiche Zusammenarbeit in Europa ereichtert hat, nachdem Europo seit einigen Jahren Ermittungsmaßnahmen koordinieren kann, nachdem Eurojust as Basis europäischer Zusammenarbeit von nationaen Staatsanwatschaften die Arbeit aufgenommen hat, egte die EU-Kommission in Brüsse ein Grünbuch vor, das das Konzept einer zukünftigen europäischen Staatsanwatschaft vorstet 3. Der Pan der Kommission ist auf eine schnee Reaisierung ausgerichtet. Das Zie der Institutionaisierung eines europäischen Staatsanwats wird insbesondere von der deutschen Bundesregierung massiv unterstützt 4. 1. Das Konzept des Grünbuchs Der europäische Staatsanwat 5 so zunächst nur in bescheidenem Umfang agieren. Anass für Ermittungstätigkeiten bieten Verstöße gegen nationa harmonisierte Strafbestimmungen, die den Schutz der finanzieen Interessen der EU bezwecken. Liegt ein entsprechender Ermittungsansatz vor, eröffnet der Staatsanwat ein Verfahren. Betroffen sein können internationa agierende Banden ebenso sehr wie jeder Bürger, der in den Geruch gerät, zu Unrecht Subventionen aus Brüsse erhaten zu haben. Die Ermittungstätigkeit des europäischen Staatsanwats wird nicht nur im grundrechtsirreevanten Bereich des schichten Sammens von Informationen bestehen. Viemehr so er auch die Mögichkeit haben, Zwangsmitte gegen den Beschudigten durchzusetzen. Auf seinen Antrag hin kann jeder nationae Ermittungsrichter Hausdurchsuchungen, Teefonabhörmaßnahmen und Verhaftungen anordnen. Der Einsatz von V-Leuten so vom europäischen Staatsanwat ebenso gesteuert werden, wie er seinerseits europaweit Beschudigten- und Zeugenvernehmungen durchführen kann. Die Staatsanwatschaft stet eine zentrae Institution dar, deren Leiter vom Parament gewäht wird und der anschießend ohne Weisungsmögichkeiten agiert. Die neue Behörde so sich aerdings maßgebich nationaer Staatsanwäte bedienen, weche der neu zu schaffenden Institution unmittebar zugeordnet werden. Aufgrund des Ermittungsergebnisses entscheidet der europäische Staatsanwat über eine Ankage, weche er vor einem der nationaen Gerichte zu erheben hat. In einer Hauptverhandung kann er diese Ankage vertreten. Wie im Ermittungsverfahren soen aerdings keine spezieen Verfahrensnormen in der Hauptverhandung geten. Viemehr wenden die Gerichte jeweis ihre nationae Prozessordnung an. Aerdings soen die entscheidenden Richter den Besonderheiten des europäischen Ermittungsverfahrens insoweit Rechnung tragen, as Beweismitte, die in einem anderen Land zuässigerweise nach dessen Rechtsordnung erhoben worden sind, auch für das Gerichtsverfahren zugeassen werden soen. Das erkärte Zie des Grünbuchs ist die Schaffung einer Verkehrsfähigkeit von Beweismitten. 2. Verteidigung im europäischen Strafverfahren Überegungen zu Verteidigungsrechten existieren im Grünbuch nicht. Der poitica correctness fogend wird zwar durch die Verfasser in dem umfangreichen Werk mehrfach versichert, die Beschudigtenrechte würden auch bei der Ermittung des europäischen Staatsanwats gewahrt. Insbesondere wird stets auf die Notwendigkeit der Einhatung der durch die Europäische Menschenrechtskonvention verbürgten Verfahrensgrundrechte (Artike 5, 6 MRK) verwiesen. Unabhängig davon, dass die MRK edigich den absouten Mindeststandard von Verteidigungsrechten des Beschudigten fixiert, feht es voständig an Überegungen, wie der- 1 Der voriegende Text ist die erweiterte Fassung eines Statements beim Symposium der Zeitschrift Strafverteidiger am 26.10.2002 in Frankfurt zum Grünbuch der Kommision. 2 Zur Entwickung der etzten Jahre s. ausführich die Habiitation von Satzger, Die Europäisierung des Strafrechts, 2001, sowie Schünemann, Ein Gespenst geht um in Europa Brüsseer Strafrechtspfege intra muros in: GA 2001, S. 501 ff. Aktue ebenso Schröder, Europäische Richtinien und deutsches Strafrecht, 2002. 3 Der Text ist im Internet abrufbar unter http://europa.eu.int/oaf/livre vert. Zur Chronoogie und historischen Entwickung der Diskussion s. die Steungnahme des DAV zum Grünbuch, 28/2002. 4 S. aktueer Koaitionsvertrag der Bundesregierung IX.2.2. 5 Zu deutschsprachigen Darsteungen s. z. B. Brüner/Spitzer, NStZ 2002, 393 ff.; Heben, Kommt der Europäische Staatsanwat? In: DRiZ 2002, S. 209 ff.

62 artige Rechte unter den Bedingungen eines neuartigen europaweiten Verfahrens reaisiert werden können. Das Grünbuch wi dem europäischen Staatsanwat erauben, die Genehmigung eines beispiesweise französischen Richters zur Hausdurchsuchung einzuhoen, wobei sich diese Genehmigung nicht nur auf eine Wohnung in Frankreich, sondern mögicherweise auch auf weitere Wohnsitze oder Ferienwohnungen in Spanien, Itaien oder Deutschand beziehen so. Die jeweiigen nationaen Behörden soen den französischen Durchsuchungsbeschuss ohne weitere Überprüfung vostrecken. Eine Idee dazu, wie, wo und unter wechen Bedingungen der derart Betroffene gegen die Zwangsmaßnahme Rechtsschutz suchen kann, iefert das Grünbuch nicht einma ansatzweise 6. Die Konsequenz eines europaweit agierenden Staatsanwats, der sich nicht nur nationa abgeordneter Staatsanwäte, sondern auch der jeweiigen nationaen Rechtsordnungen bedient, ist für die Verteidigung, auch diese europaweit zu organisieren. Angemessen kann sich ein Beschudigter unter diesen Umständen nur verteidigen, wenn er durch einen Anwat unterstützt wird, der in der jeweiigen Rechtsordnung kundig ist. Die Konsequenz einer nationaen Aufspitterung der Verteidigung ässt die auch von der europäischen Menschenrechtskonvention garantierte Waffengeichheit in einem vöig neuen Licht erscheinen. Denn die Effektivität einer auf mehrere Anwäte aufgeteiten Verteidigung, die überdies mit Sprachprobemen zu kämpfen haben dürfte, muss zwangsäufig weit hinter den Koordinierungsmögichkeiten der gepanten Organisation einer europäischen Staatsanwatschaft zurückbeiben. Wenn die Verfasser des Grünbuchs das durch die MRK abgesicherte Recht auf die unentgetiche Beiordnung eines Verteidigers ernst genommen hätten, wären konzeptionee Überegungen für dessen Reaisierung ebenfas unentbehrich gewesen. Die neue Quaität der europäischen Ermittungsbehörde bedarf des institutionaisierten Gegengewichts auf der Verteidigerseite. So das Recht auf Verteidigung nicht im Ermittungsverfahren Einbußen ereiden, muss sich ein Beschudigter kompetenter und effizienter Verteidiger bedienen können. Eine soche Garantie ist dem internationaisierten Strafprozessrecht nicht fremd. So sehen das Statut und die Prozessregen des Internationaen Strafgerichtshofs vor, das die Kanzei des Gerichtshofs (Artike 43 des Statuts) Hifesteung bei der Organisation der Verteidigung zu eisten hat. Die Sichersteung einer ggf. auch finanzierten Verteidigung ist dort nicht auf die Hauptverhandung beschränkt (Artike 67). Gem. Artike 55 hat der Beschudigte schon bei der ersten Vernehmung das Recht, sich durch einen Verteidiger seiner Wah verteidigen zu assen oder, fas er keinen Verteidiger hat, auf unter Umständen unentgetiche Besteung eines Verteidigers. Dieser Rechtsbeistand hat das Recht auf Anwesenheit während der Vernehmung. Der erst im Sommer verabschiedete Text einer Prozessordnung (Rues of Procedure and Evidence) sieht in den Rues 20 bis 22 detaiierte Regeungen vor, wie die Kanzei sicherstet, dass ein Beschudigter insbesondere ein Inhaftierter in den tatsächichen Genuss dieser Rechte kommt. Diese gehen sogar so weit, die Sichersteung eines in Sprache und rechtichen Kompetenzen speziaisierten anwatichen Teams zu organisieren. AnwB 2/2003 Aufsätze Dem Grünbuch zum europäischen Staatsanwat sind soche Ideen fremd. Das Wort Verteidigung erscheint edigich an einer einzigen Stee. Zur Begründung, dass eine Entscheidung der europäischen Staatsanwatschaft, in wechem Land eine Ankage erhoben werden so, nicht angreifbar sein so, heißt es: Der Verteidigung würde auf dieser Weise Geegenheit geboten, systematisch Rechtsmitte einzuegen und so den Prozess zu verscheppen. Die Phantasie des Grünbuchs hinsichtich einer rechtsstaatichen Verteidigung beschränkt sich aktue auf den prozessverscheppenden Strafvereiteer, der der Effektivität der ins Auge gefassten Ermittungsmaßnahmen störend im Weg steht. 3. Unzuängichkeiten des Konzepts Die bisang geäußerte Kritik an dem Grünbuch ist viefätig. Schon die Notwendigkeit der Ausweitung des Strafrechts zum Schutz finanzieer Interessen der EU ist nirgendwo beegt; sie dokumentiert aenfas auch auf europäischer Ebene die administrative Phantasieosigkeit der konzeptioneen Vermeidung von as kriminogen erkannten Bereichen. Die jede persöniche Haftung des Staatsanwats ausschießende Regeung begegnet ebenso Bedenken wie die fehende Institutionaisierung eines europäischen Gerichts, das eine einheitiche Rechtsanwendung garantieren könnte. Besonders kritikwürdig erscheint mir aerdings, dass die tatsächichen praktischen Auswirkungen einer europaweiten staatsanwatschaftichen Tätigkeit durch das Grünbuch nicht deutich werden. Die Reaität der Arbeit der europäischen Staatsanwatschaft wird geprägt sein von der Effektivität. Ist primäre Aufgabe die Verbrechensbekämpfung, wird die Staatsanwatschaft den nützichsten Weg wähen, Sachverhate zu ermitten und ein gerichtiches Verfahren weitgehend im Hinbick auf die Mögichkeiten einer Verurteiung des Beschudigten zu strukturieren. Die erste Vernehmung wird man nicht in Spanien durchführen, wenn man auf die Anwesenheit des Verteidigers keinen großen Wert egt. Stattdessen würden sich Frankreich, Österreich oder die Niederande anbieten, die den Verteidiger bei der poizeiichen Vernehmung ausschießen und sogar jegiche Beehrung des Beschudigten in dieser Richtung für entbehrich erachten. Zur Schatung einer europaweiten Teefonüberwachung bietet sich eine Rückkehr zum spanischen Ermittungsrichter an, der eine soche Maßnahme nicht vom Voriegen einer Kataogtat oder der Definition besonders schwerer Kriminaität abhängig macht, sondern dies bei jeder Straftat anordnen kann. So eine zwangsweise körperiche Untersuchung des Beschudigten zu Beweismitten führen, empfieht sich abzuwarten, bis der Beschudigte die Niederande verassen hat; dort wäre eine soche Maßnahme nicht zuässig. Die engischen Gerichte erscheinen as optimaes Fed für den europäischen Staatsanwat zur Ankageerhebung, wenn dem Gericht negative Schussfogerungen aus dem bisherigen Schweigen des Beschudigten nahe geegt werden soen. Sote demgegenüber ein Zeuge vom Hörensagen ein maßgebiches Beweismitte darsteen, wird die 6 S. insbes. hierzu die im Auftrag des Europ. Paraments erstete ausführiche Anayse des Grünbuchs durch das Max-Panck-Institut für ausändisches und internationaes Strafrecht, Freiburg, (Apri 2002) von Bieher, Geß, Parra, Zeiter.

AnwB 2/2003 63 Aufsätze Staatsanwatschaft mit ihrer Ankage die Fucht zum Festand antreten, da nur dort ein soches Beweismitte Grundage für die Überzeugungsbidung eines Gerichts sein kann 7. Das Forum-Shopping as inakzeptabe Konsequenz einer sochen Form europäischer Rechtsangeichung hat die Wissenschaft schon seit ihrer Beschäftigung mit dieser Frage konstatiert 8. Fät es angesichts des Diskussionsstandes schwer zu gauben, die Verfasser des Grünbuchs hätten diese Konsequenzen übersehen und edigich vergessen, diese zu vermeiden, so zeigen die ersten iterarischen Äußerungen von Verteidigern dieser Regeung, dass dieser Effekt durchaus angestrebt wird. Brüner und Spitzer vom Europäischen Amt für Betrugsbekämpfung 9 wehren sich gegen den Vorwurf der Rechtsschutzverkürzung durch das Forum-Shopping. Eine europäische Staatsanwatschaft in der vorgesehenen Form ist nach ihrer Ansicht eine rechtsstaatiche Antwort auf das von Wirtschaftsstraftätern insbesondere im iberaisierten Binnenmarkt praktizierte Jurisdiction-Shopping. Oder: Was der Verbrecher kann, können wir schon ange. Wer nicht nur an erfogreicher Strafverfogung interessiert ist, sondern mit einer Europäisierung der Strafrechtspfege auch die Konvergenz der bisherigen Grundüberzeugungen der nationaen Prozessordnungen und damit ein Stück gemeinsamer europäischer Rechtskutur transportieren und erhaten wi, kann sich nicht mit einem sochen Bid der europäischen Staatsgewat anfreunden. Auch die Idee der Verkehrsfähigkeit von Beweisen ist inakzeptabe. Sie entspringt den Überegungen wirtschaftsorientierter Abteiungen der Kommission. Verkehrsfähigkeit von Beweismitten suggeriert deren beiebige Verwendung in unbestimmten gerichtichen Verfahren. Faktisch würde der freie Beweismitteverkehr in Europa jedoch Prozessordnungen ausheben. Bereits die Erhebung von Beweisen erst recht ihre gerichtiche Verwertung bezieht ihre Legitimation aus einem konkret zu definierenden Zweck. Ob eine Person bei einer Befragung das Recht hat zu schweigen, ob ein mit der Erhebung verbundener Eingriff in Persönichkeitsrechte angesichts des Ermittungsansatzes verhätnismäßig ist, ob ein Beschudigter bei einer Beweisaufnahme ein Anwesenheitsrecht hat, ässt sich nur im Fadenkreuz eines bestimmten Verfahrens beurteien, das zumindest durch Koordinaten wie eine Fixierung des Ermittungsgegenstandes durch Tat und Tatverdächtige festgeegt ist. Wer den Zugriff jeder Ermittungsbehörde und jedes Gerichts ohne Einschränkung auf jeden einma erhobenen Beweis europaweit zuassen wi, verzichtet auf das Erfordernis dieser Koordinaten 10. Der Unmittebarkeitsgrundsatz gerät bei dem Ansatz des Grünbuchs voends ins Abseits. Auch wenn dies expizit nicht angesprochen wird, gehen offensichtich die Überegungen der Kommission dahin, die Verkehrsfähigkeit eines Beweismittes dadurch zu effektivieren, dass seine Einführung in den jeweiigen nationaen Prozess ohne weitere formee Schwierigkeiten regemäßig durch Veresen eingeführt werden kann. Einem einma in Portuga im Ermittungsverfahren vernommenen Zeugen so damit die weite Anreise zum Prozess nach Schweden erspart beiben. Mit der Idee des aktueen deutschen Strafprozessrechts, die Erkenntnismögichkeiten des erkennenden Gerichts durch eine unmittebare Beweisaufnahme zu garantieren, ist ein soches Vorgehen nicht vereinbar. 4. Die rechtsstaatiche Garantie der Einheitichkeit der Prozessordnung Das Brüsseer Konzept muss an einer weiteren grundsätzichen rechtsstaatichen Überegung scheitern. Die Überegungen des Grünbuchs imponieren zunächst mit der Idee, die vorhandenen nationaen Prozessordnungen weder im Ermittungsverfahren noch in der Hauptverhandung anzutasten. Der aktuee Bestand an Grundrechtsschutz scheint damit gewähreistet. Es ist eher dem Randbereich zwischenstaaticher Courtousie zuzuordnen, dass die einzenen Staaten edigich aus Respekt vor der Rechtsordnung des benachbarten Staates dort forma richtig erhobene Beweise in seinem Prozess akzeptieren soen. Diese Argumentation geht von einem fundamentaen Missverständnis aus. Man stee sich vor, die gegenseitige Achtung der gesetzgeberischen Regeungskonzepte, beispiesweise zum Straßenverkehr, sote as Argument dazu dienen, in Einzefäen Regeungsinhate auch für den eigenen Regeungsbereich zu akzeptieren. Dürfte das britische Kraftfahrzeug auch auf dem Festand das in seiner Heimat herrschende Linksfahrgebot umsetzen, hätte eine soche Freundichkeit bspw. des bundesdeutschen Gesetzgebers das schichte Chaos zur Foge. Das Bid verdeuticht drastisch: Die Kombination isoierter Regeungen aus vöig unterschiedichen Kodifikationen kann für sich nicht in Anspruch nehmen, demseben Quaitätsstandard zu entsprechen, der den einzenen Kodifikationen zweifeos zugesprochen werden kann. Das vordergründige Beispie beeuchtet einen strukturees Probem der Kombination nationaer Strafprozessordnungen. Kompatibiität von Einzeeementen in verschiedenen Systemen setzt einen übereinstimmenden grundsätzichen Bezugspunkt zu den verwendeten Systemen voraus. Die Ziee der jeweiigen nationaen Strafprozesssysteme sind in einem demokratischen Europa identisch: Der Prozess dient dem Rechtsfrieden. Auf der Suche nach Gerechtigkeit und materieer Wahrheit zur Durchsetzung eines staatichen Strafanspruches einerseits droht andererseits eine Veretzung des Achtungsanspruchs der Menschenwürde angesichts des gravierenden Eingriffs der Strafverhängung durch das Monopo des strafenden Staates. Der Rechtssicherheit kommt daher zur Erreichung des Verfahrenszies eine besondere Bedeutung zu. Der Harmonisierung aer angesprochenen Verfahrensziee dient die Gesamtregeung des Prozessierens im Strafrecht. Das Gefüge einer Verfahrensordnung spieget bis in ihre Detairegeungen hinein die Zusammenhänge geseschafticher Rechts- und Machtstrukturen wider, baanciert die Roen der einzenen Verfahrensbeteiigten an der Vauierung der von ihnen vertretenen Interessen aus. Eine weitere Sebstverständichkeit des demokratisch egitimierten rechtsstaatich verfassten Strafprozesses sei in 7 Zu den unterschiedichen Voraussetzungen der Eingriffsrechte in europäischen Prozessordnungen s. z. B. Jung, Einheit und Viefat der Reformen des Strafprozessrechts in Europa, in: GA 2002, S. 65 ff.; Perron, Auf dem Weg zu einem europäischen Ermittungsverfahren?, in: ZStW 112 (2000), S. 202 ff.; Coomer, Das Ermittungsverfahren in Spanien, ZStW 112, S. 135 ff.; Lundqvist, Das Ermittungsverfahren in Schweden, ZStW 112, S. 157 ff.; Tak, Das Ermittungsverfahren in den Niederanden, ZStW 112, S. 170 ff.; Gross, Die Reform des begischen Strafverfahrens, ZStW 112, S. 235 ff.; Zieschang, Chancen und Risiken der Europäisierung des Strafrechts, ZStW 113 (2001), S. 255 ff. 8 S. z.b. Nees, Europäisierung des Strafverfahrens Strafprozessrecht für Europa?, in: ZStW 109 (1997), S. 727ff,. 9 NStZ 2002, 393ff, 397. 10 Siehe zur Kritik Böse, Die Verwertung im Ausand gewonnener Beweismitte im deutschen Strafverfahren, in: ZStW 114 (2002), Seite 148 ff., 181 Fn 164.

64 Erinnerung gerufen: Das Ergebnis des Austarierens und Abwägens der einzenen Verfahrensziee mündet in einem Regeungskanon, dessen Formaisierung einen herausragenden Steenwert hat. Nur diese strenge Justizförmigkeit des Verfahrens garantiert etztich das angestrebte Zie des Rechtsfriedens. Die strikte Beachtung der Form der gesetzten Regen ist Basis rechtsstaatichen Prozessierens nicht um der Form wien, sondern as Garantie der Umsetzung des gesetzgeberischen Konzepts des rechtsstaatichen Ausgeichs der unterschiedichen Verfahrensinteressen. Diese Sicherheit muss Einbußen ereiden, wenn isoiert einzene Eemente eines rechtsstaatichen Konzeptes in ein anderes Konzept impantiert werden. Die Garantie der Funktionaität des Prozesses in der strengen Form der gesetzichen Kodifikation ist notwendigerweise mit der Einheit des Regeungswerks verbunden. Das Ermittungsverfahren und die Hauptverhandung sind hierbei nicht zwei unterschiediche Regeungsbereiche, die edigich einer sinnvoe Verzahnung zugeführt werden müssen. Der übergreifende Zweck der Aufdeckung von Straftaten einerseits und Bewahrung von Bürgerrechten andererseits ässt die beiden Abschnitte des Strafprozesses inhatich strikt aufeinander bezogen sein. Die These der formaisierten einheitichen Kodifikation as Ergebnis kompexer Wertabwägungen muss notwendigerweise das Ermittungsverfahren einbeziehen. Nur mit Bick auf das gesamte Strafverfahren ässt sich beispiesweise rechtfertigen, Initiativ- und Anwesenheitsrechte des Beschudigten in der Phase der Ermittungen zu reduzieren, wenn dem eine starke Steung des Angekagten bei der Beweisaufnahme in einer Hauptverhandung gegenübersteht. Umgekehrt müssen Rechte des Beschudigten in stärkerem Maße unmittebar bei der Beweisgewinnung durch die Ermittungsbehörden garantiert und formaisiert werden, wenn die Mögichkeit des Angekagten zur Kritik an einer sochen Beweiserhebung in der Hauptverhandung reduziert ist. Die Kohärenz eines einheitichen Strafprozesssystems ässt sich an zahreichen anderen Fragen festmachen. So verträgt beispiesweise eine einheitiche gesetzgeberische Vorsteung zur Roe der Verwandten des Beschudigten und dem Umfang ihrer Mitwirkungspfichten keine unterschiediche Handhabung im Vor-, Zwischen- oder Hauptverfahren. Geiches git für die Schweigerechte von berufichen Geheimnisträgern. Unterschiediche gesetzgeberische Konzepte zur Wahrung des nemo-tenetur-grundsatzes sind theoretisch denkbar: Der potenziee Mittäter kann wie nach der deutschen StPO forma die Zeugenroe einnehmen, er kann aber auch entsprechend der materieen Einschätzung in aen die vorgeworfene Tat betreffenden Verfahren forma as Beschudigter behandet werden. Die Garantie des fehenden Zwangs zur Sebstbeastung genießt der beschudigte Bürger aber nur bei einer konsequenten Handhabung eines der jeweiigen Konzepte. Die Idee der Verkehrsfähigkeit von Eementen anderer gesetzgeberischer Konzepte ist mit diesen Grundsätzen nicht in Einkang zu bringen. Das strafrechtiche Urtei ist das Resutat exakt fixierter prozessuaer Mechanismen, die bereits mit dem ersten Akt der staatichen Ermittungstätigkeit greifen. Wer in diesen Mechanismus eingreift wer beispiesweise vorgesehene Mitwirkungsrechte des Beschudigten beschneidet riskiert, den Verfahrensausgang zu dessen Ungunsten zu verfäschen. AnwB 2/2003 Aufsätze Fazit: Die as Zuständigkeitsprobem getarnte Verknüpfung einzener Eemente nationaer Strafprozessordnungen führt zu einem quaitativen Sprung, dessen Auswirkungen das vorgeschagene Grünbuch nicht annähernd verdeuticht. Die angestrebte internationae Verkehrsfähigkeit von Beweismitten schafft je nach Art des Zusammenwirkens im Einzefa einen Strafprozess eigener Art, der in der jeweiigen Ausgestatung durch kein demokratisches Gesetzgebungsorgan egitimiert ist, sondern jeweis auf der enkenden Entscheidung eines Exekutivorgans beruht. Die Diskussion um eine europäische Strafprozessordnung wird obsoet, wenn eine soche individue auf die jeweiigen Bedürfnisse der europäischen Ermittungsbehörde zugeschnitten werden kann. 5. Die zukünftige Herausforderung für die Anwatschaft Ebenso deutich wie die agemeine Kritik am voriegenden Entwurf der Tätigkeit einer europäischen Staatsanwatschaft ist die Perspektive, dass eine soche Behörde in naher Zukunft Reaität wird. Auch wenn in der ersten Reaktion vieer Mitgiedsstaaten die Skepsis überwiegt, ist aenthaben der poitische Wie spürbar, Strafverfogung auch auf dieser Ebene zu organisieren. Das diffuse Sicherheitsbedürfnis der EU-Bürger, das durch die Osterweiterung nicht gemindert werden wird, ässt Poitiker sich unter Handungszwang fühen. Das Szenario ist absehbar, in dem die vie zitierten Eitekeiten der Mitgiedsänder beim Strafrecht as Kernbestand nationaer Souveränität hinweggespüt werden von dem poitischen Druck, Sicherheitspoitik europaweit zu organisieren. Ebenso prognostizierbar ist, dass die einma institutionaisierte Behörde ihren zunächst gepanten eingeschränkten Aktionsradius asbad as Experimentierphase dekarieren wird. Die edigich zum Schutz der finanzieen EU-Interessen aufgesteten strafprozessuaen Regeungen werden die Weichen steen für ein umfassendes System, etztich für die Vorsteungen einer rechtsstaatichen Zukunft eines vereinten Europas. Der große Wurf einer einheitichen Lösung eines europäischen Strafprozessrechts wird von der Kommission vermieden, da er kurzfristig poitisch für nicht durchsetzbar erachtet wird. Die angestrebte Regeung der keinen Schritte, wie sie das Grünbuch dokumentiert, muss aerdings methodisch wie aufgezeigt zu rechtstaatichen Defiziten führen. Wer wie große Teie der Anwatschaft as Konsequenz eines einheitichen Europas sich durchaus auch ein vereinheitichtes Straf- und Strafprozessrecht vorsteen kann, muss den bisang vermiedenen großen Wurf propagieren. Nur ein einheitiches Ermitten und Prozessieren in Europa vermag den aktueen Grundkonsens der europäischen Staaten zur Bewahrung der Bürgerrechte abzusichern. Nur die Anayse der rechtsstaatichen Gemeinsamkeiten der Strafprozessordnungen Europas und die Erkundungen der Akzeptanz neuer Regeungen, die unter veränderten Bedingungen traditionee Rechte bewahren, kann einen rechtsstaatichen Konsens vorbereiten. As Konsequenz der Vermeidung der aktueen Brüsseer Strategie der keinen Schritte verbeibt nur die Reaisierung einer Idee der europäischen Gesamtkodifikation. Nachdem die Ergebnisse der Strafrechtswissenschaft im Grundsätzich-Unverbindichen verharren 11 oder durch Arbeiten am 11 So Jung in: ZStW 113 (2001), S. 855.

AnwB 2/2003 65 Aufsätze so genannten Corpus Juris 12 Tendenzen zu erkennen assen, in Entwürfen eher aktueem strafrechtichem Zeitgeist as reaer Bewahrung von Bürgerrechten nachzuspüren, kommt der europäischen Anwatschaft eine besondere Verantwortung in diesem Diskussionsprozess zu. Die Anwatschaft repräsentiert eine der wenigen geseschaftichen Kräfte, die über ausreichende Kompetenzen, finanziee Ressourcen und poitischen Durchsetzungswien verfügen, um durch die Erarbeitung eines Entwurfs zur europäischen Strafprozessordnung ein maßgebiches Gegengewicht gegen die aktueen poitischen Vorsteungen zu schaffen. 12 Siehe Demas-Marty (Hrsgb), Corpus Juris der strafrechtichen Regeung zum Schutz der finanzieen Interessen der europäischen Union, 1998. Zum aktueen Engagement der Strafrechtswissenschaft bei der as notwendig erkannten Umsetzung erarbeiteter Erkenntnisse in konkrete Poitik s. jüngst Voge, Europäische Kriminapoitik europäische Strafrechtsdogmatik, GA 2002, S. 517 ff. STAR: Die Berufssituation von Syndikusanwäten 1 Aexandra Schmucker, Institut für Freie Berufe, Nürnberg Für das Statistische Berichtssystem (STAR) werden jährich die deutschen Anwäte zu ihrer wirtschaftichen Lage befragt. Neben den Rechtsanwäten, die in ihrer eigenen Kanzei arbeiten, und angesteten und freien Mitarbeitern, ist auch die Situation der Syndikusanwäte von Interesse. Im Fogenden soen daher die Strukturen und die wirtschaftichen Kennzahen dieser Gruppe genauer betrachtet werden. In der STAR-Erhebung zum Wirtschaftsjahr 1999 waren 11 % der Befragten in den aten und 5 % der Befragten in den neuen Bundesändern as Syndici tätig. Davon arbeiteten aerdings edigich 34 % ausschießich as Syndikusanwäte. 44 % führten daneben noch eine eigene Kanzei und 3 % hatten eine weitere Beschäftigung as Angestete bzw. freie Mitarbeiter in einer Anwatskanzei. 7 % gingen einer weiteren nichtanwatichen Tätigkeit nach. Die restichen 12 % hatten mehrere unterschiediche Beschäftigungen. Für die fogenden Anaysen der Strukturdaten wurden jedoch nur die Befragten herangezogen, deren Tätigkeit as Syndikusanwäte mehr as 50 % ihrer Gesamttätigkeit ausmacht. 92 % der Syndikusanwäte faen in diese Gruppe und werden im Fogenden as überwiegend as Syndikus tätige Rechtsanwäte bezeichnet. Strukturmerkmae der Syndikusanwäte Abbidung 1 veranschauicht die Beschäftigungsformen, in denen die Syndikusanwäte 1999 tätig waren. (Ae im Text erwähnten Tabeen und Abbidungen sind im Anschuss an den Text ab Seite 67 abgedruckt.) Auffäig ist der hohe Antei der Angesteten von 96,6 % in den aten Bundesändern und 92,5 % in den neuen Bundesändern. Während in den ostdeutschen Kammern 5 % as freie Mitarbeiter tätig waren, trifft dies in Westdeutschand nur auf eine Minderheit von 0,4 % zu. Einen Beratungsvertrag hatten 1,1 % in den aten und 2,5 % in den neuen Bundesändern. Bei der Anayse der Strukturmerkmae zeigt sich, dass sich die Syndikusanwäte in einigen Bereichen doch deutich von ihren anderen Koegen unterscheiden. So iegt der Frauenantei bei den west- und ostdeutschen Syndikusanwäten etwas höher as bei den anderen Rechtsanwäten (siehe Tab. 1). Auch finden sich bei den Syndici mehr speziaisierte Anwäte as in der Vergeichsgruppe. Jedoch ist der Antei der Fachanwäte bei den anderen Rechtsanwäten deutich höher. So hatten 1999 in der Vergeichsgruppe in den aten Bundesändern 18 % einen Fachanwatstite und in den neuen Bundesändern 11 %. Bei den Synidikusanwäten ag dieser Antei jedoch jeweis nur bei 5 %. Was die Atersverteiung der Syndikusanwäte in Westdeutschand angeht, assen sich keine bedeutenden Unterschiede zu den anderen Koegen feststeen. In den neuen Bundesändern hingegen ist der Antei der unter 35-jährigen bei den Syndici mit 64 % erhebich höher as in der Vergeichsgruppe (51 % der Anwäte in den neuen Bundesändern). Auch bei den zusätzichen Quaifikationen (z. B. Promotion, Steuerberater, kaufmännische Ausbidung etc.) zeigen sich in den aten Bundesändern keine Unterschiede: Sowoh bei den Syndikusanwäten as auch bei den anderen Anwäten haben 14 % eine oder mehrere weitere berufiche Quaifikationen. In den neuen Bundesändern haben dagegen nur 5 % der Syndici und 10 % in der Vergeichsgruppe weitere Abschüsse. Die Teizeitquote iegt bei den Syndikusanwäten in den neuen und aten Bundesändern jeweis niedriger as bei den anderen Koegen. Auch die durchschnittiche Arbeitszeit der westdeutschen Syndici iegt mit 47 Stunden pro Woche (ink. Zeit für Fort- und Weiterbidung) über dem Durchschnitt der anderen Anwäte (45 Stunden). Für die ostdeutschen Koegen zeigt sich eine größere Differenz: Während die Syndikusanwäte edigich 47 Stunden in der Woche arbeiten, erreichen die Anwäte in der Vergeichsgruppe im Schnitt 52 Stunden (siehe Tab. 2). Bedeutende Unterschiede zeigen sich bei der durchschnittichen Anzah der Uraubstage 1999. So hatten die Syndici in den aten und neuen Bundesändern im Schnitt 27 Tage Uraub, die anderen Rechtsanwäte hatten deutich weniger Uraub: In Westdeutschand kamen sie im Schnitt auf 22 Tage und in Ostdeutschand sogar nur auf 16 Tage. Wirtschaftiche Situation Abbidung 2 stet das durchschnittiche Bruttoeinkommen einschießich freiwiiger betriebicher Leistungen bzw. gedwerter Vorteie der Vozeit-Syndici 2 im Verauf der etzten Jahre dar. Zusätzich ist in den grafischen Ba- 1 Zwecks Straffung der Darsteung wird im Fogenden ausschießich die männiche Berufsbezeichnung verwendet. 2 Unter Vozeit-Syndikusanwäten sind in diesem Zusammenhang ae Rechtsanwäte, die ausschießich as Syndikus tätig sind, und mindestens 40 Stunden pro Woche (einschießich Zeit für Fort- und Weiterbidung) arbeiten zu verstehen.

66 ken, die das arithmetische Mitte darsteen, auch der Median abgetragen 3. Es ist jedoch zu beachten, dass die präsentierten Daten auf Grund der geringen Fazahen (insbesondere in den neuen Bundesändern) edigich as Tendenzen zu werten sind. 1997 ag das durchschnittiche Bruttoeinkommen in den aten Bundesändern bei 172.000 DM und in Ostdeutschand bei 132.000 DM. Während 1998 die Einkommen sowoh in West- as auch in Ostdeutschand etwas zurückgingen, stiegen sie 1999 wieder auf das Niveau von 1997. Dabei ist festzusteen, dass es keine Annäherung bei den Einkünften in den neuen und aten Bundesändern gibt. Auch 1999 hatten die ostdeutschen Syndikusanwäte edigich drei Vierte des Einkommens ihrer westdeutschen Koegen. Zum Vergeich so hier noch kurz auf die durchschnittichen Bruttogehäter der in einer Anwatskanzei beschäftigten angesteten Juristen eingegangen werden. Die westdeutschen Vozeit-Angesteten verdienten 1999 im Schnitt 83.000 DM (einschießich freiwiiger betriebicher Leistungen bzw. gedwerter Vorteie), ihre ostdeutschen Koegen erhieten edigich 64.000 DM. Im Vergeich zu den Vorjahren ist bei der Gruppe der Kanzeiangesteten jedoch ein eichter Rückgang der Durchschnittsgehäter festzusteen. Aerdings sote bei der Interpretation dieser Daten auch berücksichtigt werden, dass die Angesteten meist reativ jung und häufig Berufsanfänger unter ihnen zu finden sind. Aber auch im Vergeich mit den ausschießich sebstständigen Vozeit-Rechtsanwäten schneiden die Syndici mit ihrem Einkommen reativ gut ab. So erziete ein westdeutscher Anwat 1999 im Schnitt 148.000 DM persönichen Gewinn. Ostdeutsche Sebstständige kamen auf 90.000 DM. Die im Bruttoeinkommen enthatenen freiwiigen betriebichen Leistungen bzw. gedwerte Vorteie werden in Abbidung 3 detaiiert dargestet. So erhieten die westdeutschen Syndici im Schnitt 430 DM Fahrtkostenzuschüsse, 2.700 DM für den Geschäftswagen, 1.430 DM betriebiche Atersvorsorge, 260 DM vermögenswirksame Leistungen, 8.890 DM as 13./14. Gehat und Uraubsged, 540 DM Überstundenvergütung und 2.860 DM für sonstige Leistungen. Für die ostdeutschen Koegen bewegen sich die entsprechenden Leistungen durchschnittich meist unter den Werten in den atert Bundesändern. Ledigich für den Geschäftswagen erhieten sie im Mitte mehr. Die Summe aer Sondereistungen 1999 beträgt in den aten Bundesändern im Schnitt 17.110 DM und in den neuen Bundesändern 10.370 DM. Damit erhaten die ostdeutschen Syndikusanwäte nur etwa 60 % der Summe ihrer westdeutschen Koegen. Neben den freiwiigen betriebichen Leistungen wurden die Syndici auch nach den berufsbedingten Kosten, die ih- AnwB 2/2003 Aufsätze nen im Rahmen ihrer Tätigkeit entstanden sind, gefragt. Die Ergebnisse hierzu finden sich in Abbidung 4. Während die berufsbedingten Kosten für die Syndikusanwäte in den aten Bundesändern reativ niedrig sind und 1999 insgesamt im Durchschnitt edigich 1.010 DM ergaben, hatten die ostdeutschen Syndici insgesamt etwa die vierfache Summe an Kosten. Besonders die hohen Ausgaben für nicht erstattete Fortbidungskosten faen dabei auf. Es muss hier jedoch auch erwähnt werden, dass in Westdeutschand 75 % der Syndikusanwäte 1999 keine berufsbedingten Kosten hatten, in Ostdeutschand aber nur 33 %. Stimmungsbid Neben den Strukturmerkmaen und den wirtschaftichen Kennzahen wurden die Rechtsanwäte bei STAR auch zu den persönichen Einschätzungen ihrer wirtschaftichen und berufichen Lage befragt. Das Wirtschaftsjahr 1999 wurde von 77 % der westdeutschen und 72 % der ostdeutschen Syndici as wie erwartet eingestuft. Ledigich 7 % der Koegen in den aten Bundesändern bewerteten es as weniger erfogreich as erwartet und weitere 16 % as erfogreicher as erwartet. In den neuen Bundesändern hingegen gaben immerhin 18 % ein negatives Urtei ab und nur für 10 % war 1999 erfogreicher as erwartet. In der Vergeichsgruppe fät der reativ große Antei von Befragten auf, die 1999 as schechter as erwartet einstufen: In Westdeutschand tun dies 21 % und in Ostdeutschand sogar 23 % (siehe Abb. 5). Auch im Vergeich zum gesamten Berufsstand beurteien die Syndikusanwäte ihre berufiche und wirtschaftiche Lage deutich besser as ihre anderen Koegen. So gauben 32 % der westdeutschen und 20 % der ostdeutschen Syndici, dass es ihnen besser geht as ihren Anwatskoegen. In der Vergeichsgruppe tun dies nur 25 % bzw. 12 %. Dagegen gibt es kaum Syndikusanwäte, die ihre Lage schechter as die ihrer Koegen einschätzen. Bei den anderen Rechtsanwäten stuft jedoch etwa jeder fünfte seine wirtschaftiche und berufiche Situation as schechter im Vergeich zum gesamten Berufsstand ein (siehe Abb. 6). Die weitgehend positive Eigeneinschätzung der Syndikusanwäte stimmt durchaus mit dem oben gewonnenen Bid ihrer wirtschaftichen Lage überein. Da die Syndici auch von den starken Umwäzungen auf dem Rechtsberatungsmarkt woh am wenigsten betroffen sind, zeigt sich insgesamt eine stabie wirtschaftiche und berufiche Situation. Ledigich die weit reichende Sebstbestimmung der sebstständigen Koegen müssen sie entbehren. 3 Der Median ist derjenige Wert in einer Verteiung, den jeweis 50 % der Befragten über- bzw. unterschreiten.

AnwB 2/2003 67 Aufsätze Tab. 1: Strukturmerkmae von überwiegend as Syndikus tätigen Rechtsanwäten und anderen Rechtsanwäten 1999 in den neuen und aten Bundesändern im Vergeich (in %) Syndikusanwäte Anzah: 266 ate Bundesänder andere RAe Anzah: 2.244 Syndikusanwäte Anzah: 40 neue Bundesänder andere RAe Anzah: 894 Frauen 25 23 33 30 Ater unter 35 Jahre 35 39 Jahre 40 Jahre und mehr Speziaisierung Generaist Speziaisiert Fachanwat Anwäte mit zusätzichen Quaifikationen 49 29 22 29 66 5 46 29 25 34 48 18 14 14 5 10 Teizeit 12 24 8 11 64 28 8 32 63 5 51 30 19 39 50 11 Tab. 2: Durchschnittiche Arbeitzeiten von überwiegend as Syndikus tätigen Rechtsanwäten und anderen Rechtsanwäten 1999 in den neuen und aten Bundesändern im Vergeich Arbeitszeit ink. Fort- und Weiterbidung (in Stunden pro Woche) Zeit für Fort- und Weiterbidung (in Stunden pro Woche) Jahresuraub (in Tagen) Syndikusanwäte Anzah: 247 ate Bundesänder andere RAe Anzah: 2.080 Syndikusanwäte Anzah: 36 neue Bundesänder andere RAe Anzah: 842 47 45 47 52 4 4 6 5 27 22 27 16 Abb. 1: Verteiung der überwiegend as Syndici tätigen Rechtsanwäte nach Beschäftigungsform 1999 in den neuen und aten Bundesändern im Vergeich (in %)

68 AnwB 2/2003 Aufsätze Abb. 2: Durchschnittiches Bruttoeinkommen 1 von Vozeit-Syndikusanwäten 1997, 1998 und 1999 in den aten und neuen Bundesändern im Vergeich (in TDM) Abb. 3: Durchschnittiche freiwiige betriebiche Leistungen bzw. gedwerte Vorteie von Vozeit-Syndikusanwäten 1999 in den aten und neuen Bundesändern im Vergeich (in DM) Abb. 4: Durchschnittiche berufsbedingte Kosten von Vozeit-Syndikusanwäten 1999 in den aten und neuen Bundesändern im Vergeich (in DM)

AnwB 2/2003 69 Aufsätze Abb. 5: Eigeneinschätzung der berufichen und wirtschaftichen Lage 1999 von überwiegend as Syndici tätigen Rechtsanwäten und anderen Rechtsanwäten in den neuen und aten Bundesändern (in %) Abb. 6: Eigeneinschätzung der berufichen und wirtschaftichen Lage im Vergeich zum gesamten Berufsstand von überwiegend as Syndici tätigen Rechtsanwäten und anderen Rechtsanwäten in den neuen und aten Bundesändern (in %)

70 Die Taktik der Steuerfahndungsdienststeen in Steuerstrafverfahren Zugeich Besprechung Urt. BFH v. 19.9.2001 XI B 6/01, BStB. 2002 II, 4 Rechtsanwat Dr. jur. Jörg Burkhard, Fachanwat für Steuerrecht und Strafrecht, Wiesbaden 1. Überhöhte Strafschätzungen, damit Unteragen vorgeegt werden Die Steuerfahndungsdienststeen akzeptieren im Ergebnis nicht, wenn sich ein Steuerpfichtiger schweigend 1 verteidigt. Insbesondere in den Luxemburg- oder Schweizfäen weiß die Steuerfahndung, dass auch dort die Bankunteragen für die etzten 10 Jahre von den Banken zu erhaten sind. Da jedoch die Schweiz im Rahmen eines Amtshifeersuchens nicht mitwirkt, wenn edigich der Verdacht besteht, dass ein Bürger eine Steuerhinterziehung nach deutschem Recht begangen hat, sondern nur bei einem Anfangsverdacht eines sog. Schweizer Abgabenbetrugs tätig werden würde 2, würde ein eventuees Amtshifeersuchen abgeehnt werden 3. Auch die Schweizer Banken auf Auskunft in Anspruch zu nehmen, hift nicht weiter, da diese sich in diesen Fäen auf ihr Bankgeheimnis 4 berufen 5. Sebst gegenüber Beratern und Bevomächtigten eines Bankkunden verweisen Schweizer Banken auf ihr Bankgeheimnis und teien mit, dass sie edigich gegenüber dem Bankkunden sebst auf dessen schriftiche Anforderungen Auskünfte erteien. Schießich untersagt Art. 27 Abs. 2 der DBA-Schweiz-Informationskause bezügich des Bankgeheimnisses jeden Austausch von Informationen und steht damit der Weitergabe bankgeschützter Daten entgegen 6. Damit beibt nur der Weg, dass der Steuerpfichtige sebst die Schweizer Bank anschreibt und um Auskunft nachsucht, nämich Sadenbestätigungen und Erträgnisbescheinigungen dort anfordert. Voständigkeitsbescheinigungen erteien die Schweizer Banken im Regefa nicht. Das Geiche git sinngemäß auch für Luxemburg 7. Macht aso ein Steuerpfichtiger, nachdem das Ermittungsverfahren gegen ihn eingeeitet ist, von seinem Schweigerecht 8 Gebrauch, akzeptieren dies die Steuerfahndungsdienststeen im Ergebnis nicht. Forma hat zwar der Steuerpfichtige as Beschudigter wie jeder Beschudigte auch das Recht zu schweigen 9. Der Beschudigte muss sich weder sebst beasten noch muss er an seiner eigenen Überführung sebst aktiv mitwirken 10. Hier wird mit überhöhten (Straf-)Schätzungen gedroht und fragiche Versprechungen gemacht, dass nur beim Reden aes besser iefe oder unrichtige Beehrungen erteit, etwa dahin, dass die Einschatung eines Verteidigers nur Ged koste und dieses herausgeworfenes sei, dass sowieso der Fa kar wäre etc.... Die Steuerfahndungsdienststeen akzeptieren das Recht, sich durch Schweigen zu verteidigen im Ergebnis nicht. Denn sie behaupten in derartigen Fäen, dass sie dann steuerich den Steuerpfichtigen schätzen würden, 162 AO. Sie verweisen hier insoweit auf 393 Abs. 1 S. 1 AO, AnwB 2/2003 Aufsätze wonach das Besteuerungsverfahren und das Steuerstrafverfahren eigenen Regen fogen, nämich das Besteuerungsverfahren den steuerrechtichen Regen und das Steuerstrafverfahren den strafrechtichen bzw. strafprozessuaen Regen. Dies wird gestützt durch eine äußerst fragwürdige Rechtsprechung des BFH 11. Denn so richtig der Gesetzgeber in 393 Abs. 1 S. 1 AO formuierte, dass das Besteuerungsrecht den steuerrechtichen Regen fogt und das Steuerstrafrecht den steuerstrafrechtichen Regen fogen so, führt dies bei der Ausegung, die der BFH und auch die Fahndungsstee der Regeung des 393 Abs. 1 S. 1 AO geben, dazu, dass steueriche Strafschätzungen erstet werden, wenn der Steuerpfichtige schweigt, die so hohe Steuerschuden entstehen assen, sodass dem Steuerpfichtigen Hören und Sehen vergeht. Der Steuerpfichtige, der sich aso vöig ega auf sein Schweigerecht im Steuerstraf- 1 Lammerding/Hackenbroch, Steuerstrafrecht, 7. Aufage, S. 114. 2 Gemäß Art.24 Abs. 1 IRSV (zum IRSG ergangene Verordnung über internationae Rechtshife in Strafsachen vom 24.2.1982, SR 351.11) bestimmt sich der Begriff des Abgabenbetrugs im Sinne des Art. 3 Abs. 3 IRSG nach dem geich autenden Tatbestand innerhab des schweizerische Bundesgesetzes über das Verwatungsstrafrecht vom 22.3.1974 (Art. 14 Abs. 2 VStR, SR 313.0): Bewirkt der Täter durch sein argistiges Verhaten, dass dem Gemeinwesen unrechtmäßig und in einem erhebichen Betrag eine Abgabe, ein Betrag oder eine andere Leistung vorenthaten oder dass es sonst am Vermögen geschädigt wird, so ist die Strafe Gefängnis bis zu einem Jahr oder Buße bis zu 30.000 Franken. Der Abgabenbetrug stet demnach aso eine quaifizierte Form der einfachen Steuerhinterziehung nach schweizerischem Recht dar. Vg. auch Nobe, Schweizerisches Finanzmarktrecht, 12 Rdnr. 55 ff. 3 Spriege/Wiese, Theorie und Praxis der Rechtshifegewährung durch die Schweiz bei Fiskadeikten, wistra 2000, 409, 410; Seemann, Die schweizerische Rechtshife in Strafsachen und der Abgabenbetrug, NJW 1998, 732, 733; Dreßer, Rechts- und Amtshife in Steuerangeegenheiten durch die Schweiz, StBp, 1986, Tei I S. 193 ff, Tei II S. 217 ff, Tei III S. 241 ff. 4 In Art. 47 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die Banken und Sparkassen heißt es in der Schweiz wie fogt wörtich: Wer ein Geheimnis offenbart, dass ihm in seiner Eigenschaft as Organ, Angesteter, Beauftragter, Liquidator oder Kommisäre einer Bank, as Beobachter der Bankenkommission, as Organ oder Angesteter einer anerkannten Revisionsstee anvertraut worden ist oder dass er in dieser Eigenschaft wahrgenommen hat, wer zu einer sochen Veretzung des Berufsgeheimnisses zu vereiten sucht, wird mit Gefängnis bis zu sechs Monaten oder mit Buße bis zu 50.000 Franken bestraft. Vorbehaten beibt aber, wie ein Abs. 4 des Art. 47 ausdrückt, die eidgenössischen und kantonaen Bestimmungen über die Zeugnispficht und über die Auskunftspficht gegenüber einer Behörde. Aein hieraus ässt sich bereits erkennen, dass das Schweizer Bankgeheimnis für Behörden unter Umständen auch für ausändische keine unüberwindbare Hürde darstet, vg. Götzenberger, Diskrete Gedanagen, S. 80. 5 Nach Ansicht des Bundesgerichts hat das Bankgeheimnis keinen besonders hohen Steenwert, was mit dem Verhätnismäßigkeitsprinzip und internationaen Verpfichtungen begründet wird: Dem Bankgeheimnis kommt nicht der Rang eines geschriebenen oder ungeschriebenen verfassungsmäßigen Rechtes zu, sodass es bei Koision mit anderen Interessen stets den Vorrang beanspruchen könnte. Viemehr handet es sich um eine gesetziche Norm, die gegebenenfas gegenüber staatsvertragichen Verpfichtungen der Schweiz zurückzutreten hat (...). Art. 1 Abs. 2 IRSG gebietet den Behörden, weche das Gesetz anzuwenden haben, den Hoheitsrechten, der Sicherheit, der öffentichen Ordnung oder anderen wesentichen Interessen der Schweiz Rechnung zu tragen. Zu diesen wesentichen Interessen der Schweiz kann der Schutz des Bankgeheimnisses nur unter bestimmten Voraussetzungen zähen. Es muss sich bei der von einem um Rechtshife ersuchenden Staat verangten Auskunft um eine soche handen, deren Preisgabe das Bankgeheimnis geradezu aushöhen oder die der ganzen schweizerischen Wirtschaft schaden zufügen würde. Hingegen wird es sich nie um wesentiche Interessen der Schweiz handen, wenn die Rechtshife nur dazu führt, eine Auskunft nur über die Bankbeziehungen einiger weniger inoder ausändischer Kunden zu erteien, vg. BGE 115, Ib 83, zitiert bei Nobe, Schweizerisches Finanzmarktrecht, 12 F Rdnr. 67. 6 Götzenberger, Schwarzgedanage in der Praxis, 6. Aufage, S. 380; Becker/ Höppner/Grother/Kruppen, DBA-Kommentar, Losebattsammung, Stand: 7. ErgLief., Okt. 2000, DBA-Schweiz, Art. 27 Rdnr. 5. 7 Dreßer, Gewinn- und Vermögensveragerungen in Niedrigsteueränder und ihre steueriche Überprüfung, 3. Aufage, S. 86; 7 Götzenberger, Schwarzgedanage in der Praxis, 6. Aufage, S. 158 ff. 8 Bornheim, vom Wert des Schweigens, PStR 1999, 111. 9 BGH, Urtei vom 14.6.1960, 1 StR 683/59, BGHSt. 14, 358, 364; BGH, Beschuss vom 14.5.1974, 1 StR 366/73, BGHSt. 25, 325, 331; Keinknecht/Meyer-Goßner, StPO-Kommentar, 45. Aufage, 136 Rdnr. 7 m. w. N. 10 Günther, Die Schweigebefugnis des Tatverdächtigen in Straf- und Bußgedverfahren aus verfassungsrechticher Sicht, GA 1978, 193; Haas, Vernehmung, Aussage des Beschudigten und vernehmungsähniche Situationen, GA 1995, 230; Keinknecht/Meyer-Goßner, StPO-Kommentar, 45. Aufage, 136 Rdnr. 7 m. w. N. 11 BFH, Beschuss vom 19.9.2001, XI B 6/01, BStB. 2002 II, 4, stak 02 NR. 49, LEX inform 0573456.

AnwB 2/2003 71 Aufsätze verfahren beruft, verhät sich korrekt, da aus seinem Schweigen steuerstrafrechtich keine für ihn nachteiigen Schüsse gezogen werden dürfen 12, aerdings wird er durch eine vöig überzogene (steueriche) Schätzung wirtschaftich fertig gemacht 13. Ob in diesem Fa Schätzungen zuässig sind, bezweifet zu Recht Joecks 14. Natürich geben die Finanzverwatung und die Gerichte nicht zu, dass es sich um erdrossende Strafschätzungen handet und feixen, der Steuerpfichtige könne ja die Unteragen voregen. Der Steuerpfichtige hat damit die Chance, wenn er sich strafprozessua korrekt verhät und auf sein Schweigerecht besteht, dass er wirtschaftich ruiniert wird. Verzichtet er auf das ihm zustehende Recht zu schweigen, muss er sich sebst beasten was einen karen Verstoß gegen den strafprozessuaen Grundsatz nemo tenetur se ipsum accusare 15 (= niemand muss sich sebst beasten, 136, 243 Abs. 4 StPO) darstet, und die Unteragen aus z. B. Luxemburg oder Schweiz voregen, sodass er sich sebst strafrechtich beastet und steuerich nur in der Höhe veranagt wird, die sich aus den Erträgnisaufsteungen und Sadenbestätigungen aus der Schweiz oder aus Luxemburg ergeben. Im Ergebnis steht damit dieser Steuerpfichtige schechter im Steuerstrafverfahren as jeder andere Beschudigte in seinem Strafverfahren. Denn während in aen anderen Verfahren geich wie schwer der Vorwurf wiegt sebst bei Kapitaverbrechen es akzeptiert wird, dass der Beschudigte zum Vorwurf schweigt, wird im Steuerstrafrecht durch abwegig hohe Strafschätzungen der Steuerpfichtige, der von seinem Schweigerecht Gebrauch macht, wirtschaftich fertig gemacht. Die Finanzverwatung bestreitet in derartigen Fäen stets, dass sie rechtswidrige Strafschätzungen vorgenommen habe und behauptet, gerade diese Schätzung sei noch keine rechtswidrige Strafschätzung und im Übrigen könne der Steuerpfichtige ja die Unteragen voregen, wenn hier zu hoch geschätzt wurde. Sie beginnt einfach beispiesweise in dem Zeitpunkt, in dem der beschudigte Steuerpfichtige erstmas ins Berufseben eintrat, schätzt dessen Einnahmen hoch und geht von einer enormen Sparquote aus. Unter Berücksichtigung von Zins und Zinseszins assen sich im Laufe von 20, 30 oder 40 Berufsjahren hier probemos Kapitaansammungen von mehreren Miionen DM hochrechnen. Beispie 1: Der Steuerpfichtige S ist im Jahr 1999 59 Jahre at. Er ist mit 21 Jahren in den eterichen Betrieb eingetreten und hat diesen mit 31 Jahren übernommen. Man schätzt einen Anfangsverdienst 1961 von 2.500 DM monatich bei nur 12 Gehätern und steigert diesen bis zuetzt auf einen Gewinn von rund 374 TDM. Hieraus schätzt die Steuerfahndung eine Sparquote von 25% jährich und eine Verzinsung von 8% p. a. und fogende Kapitaentwickung 16 : VZ 19 EstG 15 EStG Summe p. a. Sparquote, 25% Vermögenssaden, kumuiert Erträge, 20 EStG 8 % p. a. 1961 30.000 30.000 7.500,00 DM 7.500,00 DM 600,00 DM 1962 31.000 31.000 7.750,00 DM 15.850,00 DM 1.268,00 DM 1963 32.000 32.000 8.000,00 DM 24.518,00 DM 1.961,44 DM 1964 33.000 33.000 8.250,00 DM 33.461,44 DM 2.676,92 DM 1965 34.000 34.000 8.500,00 DM 42.676,92 DM 3.414,15 DM 1965 35.000 35.000 8.750,00 DM 52.164,15 DM 4.173,13 DM 1966 36.000 36.000 9.000,00 DM 61.923,13 DM 4.953,85 DM 1967 37.000 37.000 9.250,00 DM 71.953,85 DM 5.756,31 DM 1968 38.000 38.000 9.500,00 DM 82.256,31 DM 6.580,50 DM 1969 39.000 39.000 9.750,00 DM 92.830,50 DM 7.426,44 DM 1970 40.000 100.000 140.000 35.000,00 DM 128.676,44 DM 10.294,12 DM 1971 160.000 160.000 40.000,00 DM 171.544,12 DM 13.723,53 DM 1972 160.000 160.000 40.000,00 DM 214.973,53 DM 17.197,88 DM 1973 170.000 170.000 42.500,00 DM 260.947,88 DM 20.875,83 DM 1974 170.000 170.000 42.500,00 DM 307.125,83 DM 24.570,07 DM 1975 170.000 170.000 42.500,00 DM 353.320,07 DM 28.265,61 DM VZ 19 EstG 15 EStG Summe p. a. Sparquote, 25% Vermögenssaden, kumuiert Erträge, 20 EStG 8 % p. a. 1976 180.000 180.000 45.000,00 DM 402.015,61 DM 32.161,25 DM 1977 180.000 180.000 45.000,00 DM 450.911,25 DM 36.072,90 DM 1978 180.000 180.000 45.000,00 DM 499.822,90 DM 39.985,83 DM 1979 190.000 190.000 47.500,00 DM 551.235,83 DM 44.098,87 DM 1980 190.000 190.000 47.500,00 DM 602.848,87 DM 48.227,91 DM 1981 190.000 190.000 47.500,00 DM 654.477,91 DM 52.358,23 DM 1982 200.000 200.000 50.000,00 DM 708.608,23 DM 56.688,66 DM 1983 200.000 200.000 50.000,00 DM 762.938,66 DM 61.035,09 DM 1984 200.000 200.000 50.000,00 DM 817.285,09 DM 65.382,81 DM 1985 210.000 210.000 52.500,00 DM 874.132,81 DM 69.930,62 DM 1986 210.000 210.000 52.500,00 DM 931.180,62 DM 74.494,45 DM 1987 210.000 210.000 52.500,00 DM 988.244,45 DM 79.059,56 DM 1988 220.000 220.000 55.000,00 DM 1.047.809,56 DM 83.824,76 DM 1989 220.000 220.000 55.000,00 DM 1.107.574,76 DM 88.605,98 DM 1990 220.000 220.000 55.000,00 DM 1.167.355,98 DM 93.388,48 DM 1991 257.480 257.480 64.370,00 DM 1.236.508,48 DM 98.920,68 DM 1992 249.133 249.133 62.283,25 DM 1.304.323,93 DM 104.345,91 DM 1993 237.078 237.078 59.269,50 DM 1.369.018,66 DM 109.521,49 DM 1994 289.560 289.560 72.390,00 DM 1.446.584,24 DM 115.726,74 DM 1995 319.032 319.032 79.758,00 DM 1.532.547,49 DM 122.603,80 DM 1996 299.087 299.087 74.771,75 DM 1.614.196,30 DM 129.135,70 DM 1997 364.090 364.090 91.022,50 DM 1.711.750,70 DM 136.940,06 DM 1998 335.007 335.007 83.751,75 DM 1.803.306,81 DM 144.264,54 DM 1999 374.008 374.008 93.502,00 DM 1.904.133,29 DM 152.330,66 DM Derartig überzogene Schätzungen erdrossen wirtschaftich den Steuerpfichtigen. Zwar ist hier edigich eine Sparquote von 25% vor Steuern und Zinserträge pro Jahr in Höhe von 8 % geschätzt worden. Beides ist jedoch schon unreaistisch hoch. Man versuche einma 25% seines Bruttojahreseinkommens vor Steuern und dies auch noch jährich zu sparen! Dies wird woh kaum jemandem geingen. Auch eine durchschnittiche Verzinsung von 8% pro Jahr zu erzieen, ist nicht mögich. Denn typischerweise wird eine Kapitaanage gespittet in Festged, Rentenpapiere, Aktien, ggf. God, sodass eine durchschnittiche Verzinsung des gesamten Kapitavermögens mit durchschnittich 8% p. a. sebst in Hochzinsphasen nicht darstebar ist. Hier hift es auch wenig, darauf zu verweisen, dass die Finanzbehörden nicht bewusst zu hoch schätzen dürfen, um den Steuerpfichtigen zu bestrafen 17, da die Finanzverwatung am oberen Rand dessen schätzen darf, was sie für mögich hät und darüber hinaus noch einen Sicherheitszuschag hinzusetzen darf 18. Dies erdrosset, wie gezeigt, den Steuerpfichtigen. Die Rechtsprechung segnet soche Erdrosseungen mit dem Hinweis auf die sogar erhöhten Mitwirkungspfichten nach 90Abs.2AOab 19. Damit wird das nemo-tenetur-prinzip ausgehöht 20. 12 Joecks, Praxis des Steuerstrafrechts, S. 149. 13 Joecks, Praxis des Steuerstrafrechts, S. 149. 14 Joecks, Praxis des Steuerstrafrechts, S. 108, 109. 15 Mösbauer, Steuerstraf- und Steuerordnungswidrigkeitenrecht, S. 146, 147; KK-Pfeiffer, St PO, 4. A., Ein. Rdnr. 29d; Reiss, Besteuerungsverfahren und Strafverfahren, 1987, S. 171 ff.; Seip in Wannemacher, Steuerstrafrecht, 4. A., Rdnr. 2424. 16 Z. B. Steufa Wetzar 1603 B AB 6 1541/00 und 6 1051/01 VII/Bi. 17 RFH, Urtei vom 5.6.1935, VI A 71/34, RStB. 1935, 898; BFH, Urtei vom 9.3.1967, IV 184/63, BStB. 1967 III, 349; BFH, Urtei vom 31.8.1967, V 241/64, BStB. 1967 III, 686; Rüsken in Kein, AO-Kommentar, 7. Aufage, 162 Rdnr. 36. 18 BFH, Urtei vom 26.10.1994, X R 114/92, BFH/NV 1995, 373. Sicherheitszuschäge sind aerdings strafrechtiche nicht brauchbar: Kürzinger in Wannemacher, Steuerstrafrecht, 4. A., Rdnr. 276 sie dokumentieren edigich die Unsicherheit der gesamten Schätzung und dies genügt nicht für die für eine Verurteiung erforderiche Gewissheit eines Gerichts, Kürzinger in Wannemacher, aao, Rdnr. 277, Dörn, Schätzung im Steuerstraf- und im Besteuerungsverfahren, wistra 1993, 1, 5. 19 Söhn in HHSP, 90 Rdnr. 65 ff.; Uterhark in Schwarz, AO, 90 Rdnr. 17. 20 Joecks, Praxis des Steuerstrafrechts, S. 108.

72 Die Mitwirkungspfichten gehen jedoch nur bis zur Grenze des Zumutbaren 21. Die Sebstbeastung im Strafverfahren ist dem Beschudigten aber nicht zumutbar 22. Die Grenze der Zumutbarkeit wird in sochen Erpressungssituationen durch staatiche Gewat überschritten. Damit ist der Verhätnismäßigkeitsgrundsatz und das Übermaßverbot veretzt. Die Grenze normgemäßen Verhatens und der Pfichtenanforderung verkennt der BFH, indem er in seiner Entscheidung vom 19.9.2001 23 die Existenz eines Steuerstrafverfahrens gegen den Beschudigten einfach ausbendet. Es ist auch etztich kein gangbarer Weg seitens der Finanzverwatung und der Finanzrechtsprechung darauf zu verweisen, dass es sich (angebich) im Einzefa um keine Strafschätzungen handen so, da die Schätzungsergebnisse noch mögich sind. Was mögich ist und was nicht, was nahe iegend ist und was nicht, ässt sich so nicht abgrenzen von einer Strafschätzung. Wo beginnt die Strafschätzung wo hört eine reaistische Schätzung auf? Beide Seiten die Verwatung sowie der Mandant nehmen das Recht für sich in Anspruch und die Verwatung behauptet stets, ihre Schätzung sei keine Strafschätzung (auch wenn sie dies ist) und der Steuerpfichtige behauptet das Gegentei. Die Richtigkeit der einen oder anderen Aussage ässt sich jedoch nicht ohne die Mitwirkung des beschudigten Steuerpfichtigen kären. Daher kann die Verwatung nicht beide Verfahren geichzeitig betreiben, um dem Beschudigten in dieser Zwickmühe einen Verzicht seines Schweigerechts abzunötigen oder aber ihn wirtschaftich zu ruinieren. Damit verkennt der BFH in seiner Entscheidung vom 19.9.2001 die Grundsätze des Übermaßverbots und der Verhätnismäßigkeit, die sich aus dem Rechtsstaatsprinzip abeiten 24. Die erweiterte Mitwirkungspficht des 90 Abs. 2 AO bei Ausandssachverhaten git im Steuerstrafverfahrensrecht nicht 25. Eine Veretzung dieser Vorschrift kann mithin im Strafverfahren keine Schätzung rechtfertigen 26. Nichts anderes kann im Besteuerungsverfahren geten, Art. 20 Abs. 3 GG, soange das Strafverfahren noch nicht abgeschossen ist. Denn aes andere würde zu einer Pficht zur strafrechtichen Sebstbeastung führen. Damit muss das Besteuerungsverfahren soange ruhen, bis dass Steuerstrafverfahren rechtskräftig abgeschossen ist, oder die im Besteuerungsverfahren gemachten Angaben müssen anaog 97 InsO unverwertbar für das Steuerstrafverfahren beiben. Um hier eine Umgehung des 97 InsO zu vermeiden spricht viees für die Bejahung eines Verfahrenshindernisses im Steuerstrafverfahren, wenn sich der Beschudigte auf Aufforderung der Finanzverwatung zur Sache steuerich äußert. Während die Finanzverwatung in Schätzungsfäen zu Sicherheitszuschägen neigt, berücksichtigen die Strafverfogungsbehörden und -gerichte oft Sicherheitsabschäge um die Beweisastverteiung im Steuerstrafverfahren und den Grundsatz in dubio pro reo angemessen zu berücksichtigen 27. Soche Abschäge sprechen jedoch gerade für die Unsicherheit socher Schätzungen: Sie beegen den Mange im Hinbick auf die erforderiche strafrechtiche Feststeung der hinterzogenen Steuern 28. Beispie 2: Die Steuerfahndung hat edigich einen Entwurf einer Gründungsurkunde einer Stiftung Liechtensteinischen Rechts von einem gefeuertem Mitarbeiter einer Liechtensteiner Anwatskanzei zugespiet erhaten. Ob die Stiftung tatsächich gegründet wurde, ist der Steuerfahndung unbekannt. Da die iechtensteinischen Stiftungen 29 nach deutschem Recht nicht as Stiftungen anerkannt werden 30, rechnet die Steufa Kapita und Erträge dem Steuerpfichtigen zu. Da dieser sich nicht äußert, schätzt die Steufa ein Anfangsvermögen zum Gründungszeitpunkt von mindestens 3 Mio. DM 31 und AnwB 2/2003 Aufsätze ässt durch eine Kumuation mit hohen Erträgen das Kapita rasch in den etzen 10 Jahren auf über 6 Mio. DM anschween 32. Dass die Mindestanage nicht 3 Mio. DM für eine Stiftung, sondern 500.000 DM waren, vernachässigt die Steufa bei ihrer Strafschätzung und behauptet schicht fasch, die Mindestanagegröße bei Stiftungen hätte bei 3 Mio. DM geegen. Dass zudem eine Diversifizierung bei jeder Anage sinnvo ist und so z. B. ein Antei auf God, ein Tei in Form von Festged, ein Tei in Rentenpapieren und ein Tei in konservativen und vieeicht ein Tei in spekuativen Aktienwerten angeegt wird, übersieht dabei die Steufa. Stattdessen egt sie bei ihren Strafschätzungen einen einheitichen Fantasiezinssatz für den gesamten Kapitastamm oberhab reaistischer Zinssätze für festverzinsiche Wertpapiere zu Grunde, deren Zinsertrag im Vergeich zu anderen Anagesegmenten am höchsten ist und sich von den anderen Anageformen, die teiweise keine Rendite ausweisen (God, z. T. Aktien, insbes. spekuative Aktien) oder einen geringen Renditesatz haben (Festgeder, konservative Aktien) sich sowieso schon deutich abhebt 33. Es hift sehr wenig, wenn man sich die Rechtsprechung des BFH zu den Schätzungen vor Augen hät, dass die Schätzungen keine Strafschätzungen sein dürfen und die Finanzbehörde nicht schechthin den für den Steuerpfichtigen ungünstigsten Fa untersteen darf, sondern von einem Sachverhat ausgehen muss, der nach ihrer Überzeugung dem wahren Sachverhat am nächsten kommt 34. Denn die Zuschäge, die die Finanzverwatung vornehmen darf, soen dem Zie dienen, der tatsächich entstandenen Steuer mögichst nahe zu kommen. Da jedoch anzunehmen ist, dass ein Steuerpfichtiger, der seine Mitwirkungspfichten schudhaft veretzt, etwas zu verbergen hat, dürfen die Unsicherheitszuschäge umso höher sein, je stärker das Ver- 21 Söhn in HHSP, 90 Rdnr. 23 ff. m. w. N. 22 Probematisch u. a. Joecks in Franzen/Gast/Joecks, Steuerstrafrecht, 5. Aufage, 393 Rdnr. 30: 393 I 2 verbietet nicht bei Verweigerung der Mitwirkung die Besteuerungsgrundagen zu schätzen... unzuässig ist es jedoch, eine besonders nachteiige Schätzung nur deshab vorzunehmen, wei der StPf. die Mitwirkung verweigert. Die These von Joecks kingt ganz nett ist jedoch in der Praxis nicht brauchbar, wei genau über die Frage, ob schon eine unzuässige Strafschätzung voriegt oder noch eine steuerich zuässige Schätzung voriegt Streit entbrennt und der Streit hierüber etztendich in der Praxis nicht vernünftig ösbar ist, da beide Seiten für sich die Richtigkeit ihrer Argumente und ihrer Aussagen zur Wirksamkeit bzw. Unwirksamkeit der Schätzung in Anspruch nehmen. Mit diesen o. a. zitierten theoretischen Abgrenzungen kann daher die Verfahrenswirkichkeit nicht eben. 23 BFH, Beschuss vom 19.9.2001, XI B 6/01, BStB. 2002 II, 4. 24 KK-Pfeiffer, StPO, 4. A., Ein. Rdnr. 30. 25 BGH, Urtei vom 13.10.1994, 5 StR 134/94, wistra 1995, 67; Streck, Steuerfahndung, 3. Aufage, Rdnr. 960. 26 Streck, Steuerfahndung, 3. Aufage, Rdnr. 960. 27 Streck, Steuerfahndung, 3. Aufage, Rdnr. 961. 28 Stypmann, Methoden zur Feststeung der Steuerverkürzung, wistra 1983, 97. 29 Doggart, Steuerparadiese, S. 267 f.; Dreßer, Gewinn- und Vermögensveragerungen in Niedrigsteueränder und ihre steueriche Überprüfung, 3. Aufage, S. 68; Kottke, Schwarzged was tun?, S. 236 ff. 30 BFH, Urtei vom 25.4.2001, II R 14/98 BFH/NV 2001, 1458; Jüicher, Zurechnung von Erträgen und Vermögen einer Ausandsstiftung nach 15 AStG, PrIStB 2002, 8; Dannecker, Steuerhinterziehung im internationaen Wirtschaftsverkehr, S. 111 f. 31 In Wahrheit betrug die Mindestanagegrenze für iechtensteinische Geseschaften 1 Mio. SFR, vg. www.jungewet.de. Rügemer berichtet sogar von Mindestanagegrenzen von nur 250 TDM für iechtensteinische Stiftungen, vg. www.epd.de. Wie die Steufa hier auf eine Mindestanagegrenze von 3 Mio DM kommt ist nicht nachvoziehbar. Geichwoh behauptet sie eine entsprechende Mindestanagegrenze und schätzt Kapita und Erträge im Wege der rund 3 bis 12-fachen Überhöhung zur tatsächichen Mindestanagegrenze, wobei noch nicht einma nachgewiesen ist, dass eine Stiftung iechtensteinischen Rechts überhaupt gegründet wurde. Und das so keine Strafschätzung sein? Da hift es nicht, wenn Kohmann schreibt: Bei der Schätzung hat die Finanzbehörde ae Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind ( 162 Abs. 1 Satz 2 AO). Dies kann sich im Ergebnis auch zum Nachtei des Steuerpfichtigen auswirken (...) Da der nachässige nicht besser weg kommen so as der ehriche Steuerbürger, kann sich fehende Sachaufkärung in gewissen Grenzen (...) zu Ungunsten des ersteren auswirken, wobei auch der Grad des Verschudens des Steuerpfichtigen berücksichtigt werden kann (...), Kohmann, Steuerstrafrecht, 393 Rdnr. 31. 32 Steufa Bochum, 5382/2000/7646-1. 33 Steufa Bochum, 5382/2000/7646-1. 34 BFH, Urtei vom 31.8.1967, V 241/64, BStB. 1967 III, 686; BFH, Urtei vom 8.11.1984, IV R 33/82, BStB. 1985 II, 352.

AnwB 2/2003 73 Aufsätze schuden zu werten ist, das dem Steuerpfichtigen zur Last fät 35. Aus seinem Verhaten dürfen dann ungünstige, aber noch mögiche Schüsse gezogen werden 36. Insoweit muss natürich die Gesamtschau bezügich des Verhatens des Steuerpfichtigen, nämich das Verständnis dafür, dass er seine strafprozessuaen Rechte getend macht, dazu führen, dass man ihm steuerich nicht schudhaft eine Mitwirkungspfichtveretzung vorwirft. Denn der Steuerpfichtige, der sich rechtmäßig steuerstrafrechtich auf sein Schweigen beruft, kann schecht steuerich schudhaft oder rechtswidrig handen. Der BFH verkennt genau diesen Zusammenhang in der insoweit äußerst fragwürdigen Entscheidung vom 19.9.2001 37. So richtig die Kernaussage in 393 Abs. 1 S. 1 AO ist, dass das Besteuerungsverfahren den steuerrechtichen Regen fogt und das steuerstrafrechtiche Verfahren den strafrechtichen und strafprozessuaen Regen fogt, so probematisch ist die Umsetzung, wenn dem Steuerpfichtigen in diesem Fa einfach gesagt wird, dass wenn er nicht mitwirkt, Schätzungen nach 162 Abs. 1 AO vorgenommen werden und diese Schätzungen inkusive mögicher Zuschätzungen am oberen Rand dessen vorgenommen werden, was rechnerisch überhaupt mögich ist 38. Denn die Mögichkeiten des Steuerverfahrens dürfen nicht genutzt werden, um die Strafverfogung zu ermögichen 39. Rüping hat die Ausnutzung der Vorteie des Steuersystems zum Nachtei des Steuerstrafverfahrens as rechtsmissbräuchiches dysfunktionaes Verhaten der Verwatung bezeichnet 40. Die Steuerfahndungsdienststeen wissen auch im Regefa, dass die Schätzungen praxisfremd und wetfremd sind. Denn die von ihnen zu Grunde geegten Sparquoten sind vieeicht rechnerisch theoretisch mögich, jedoch nicht reaistisch. Wir haben auch bei aen Mandanten, bei denen derartige Verfahren vorgenommen wurden, nicht feststeen können, dass derartige Sparquoten und Erträge, wie von der Steuerfahndung geschätzt, auch nur habwegs reaistisch sind. Dem Steuerpfichtigen wird jedoch der Garaus gemacht, indem ihm von der Fahndung wie auch vom Veranagungsbezirk sowie auch von den Finanzgerichten sehr höhnisch und akonisch entgegengehaten wird, dass die Schätzungsergebnisse in dieser Höhe theoretisch mögich sind und das Finanzamt nach der ständigen BFH-Rechtsprechung bei Schätzungen auch am oberen Rand dessen, was vorstebar ist, schätzen darf und sogar darüber hinaus noch Zuschätzungen vornehmen darf 41. Denn der unehriche Steuerpfichtige so nicht besser gestet werden, as der ehriche Steuerpfichtige 42. So gesehen muss sich dieser gebeutete Steuerpfichtige noch anhören, dass die Schätzungen vieeicht nach Auffassung des Richters gar nicht so schimm sind und das Finanzamt noch vie höher hätte schätzen können, wei er ansonsten ja woh voregen würde. Nach Auffassung von Lammerding/Hackenbroch so das Strafverfahrensrecht keinen Vorrang gegenüber der steuerichen Verfahrensordnung genießen 43. Dem ist nicht zu fogen, da andernfas der Steuerpfichtige durch die steueriche Drucksituation zur Sebstbeastung gezwungen wird und damit strafprozessuae rechtsstaatiche Mindestgarantien außer Kraft gesetzt werden 44. Das was im gesamten Strafrecht git, kann nicht im Steuerstrafrecht außer Kraft gesetzt werden. Mit der abstrusen Argumentation, dass der Steuerpfichtige, wei er woh immer noch nicht vorege, woh ganz gut wegkomme mit dieser Schätzung und in Wahrheit Erträge und Saden noch vie höher seien, beässt man die vöig überzogenen Schätzungen, wei keine konkreten Zahen vorgeegt wurden. Aternativschätzungen werden nicht akzeptiert. Nur die Vorage der Beege würde akzeptiert werden. Damit würde sich der Beschudigte jedoch strafrechtich sebst beasten und Grundsätzen wie in dubio pro reo 45 oder Sicherheitsabschäge, die auch aus dem Strafrecht vorzunehmen sind, wären der Weg verbaut. Damit würde sich der Steuerpfichtige de facto sebst beasten. Sebst wenn in einem Strafverfahren Abschäge vorgenommen werden und nicht die astronomisch hohen Zahen der Finanzverwatung in voer Höhe übernommen werden, iegt im Ergebnis in dem Vorgehen der Verwatung, das die Rechtsprechung deckt, eine Zwickmühe vor, die der Situation der 136, 136a StPO, der verbotenen Drohung 46, geicht. Hier hift nur eine Regeung anaog 92 Abs. 1 InsO, wonach der Schudner dem Insovenzverwater aes sagen muss, aber ein strafrechtiches Verwertungsverbot fogt oder ein Aussetzen des Besteuerungsverfahrens, bis das Steuerstrafverfahren rechtskräftig abgeschossen ist, 363 Abs. 1 AO 47. Die Finanzämter, sowie auch die Rechtsprechung, insbesondere der BFH verkennen vöig, dass derartige Schätzungsmethoden den Steuerpfichtigen wirtschaftich entweder erdrossen oder aber ihn zwingen, auf seine strafprozessuaen Schweigerechte zu verzichten 48. Im Ergebnis aufen derartige Strafschätzungen auf Nötigungsbzw. Erpressungssituationen des Inhats hinaus, dass der Steuerpfichtige hier auf Grund der ihn wirtschaftich erdrossenden Zahen genötigt wird, auf sein Schweigerecht zu verzichten und die Unteragen von der Bank aus der z. B. Schweiz vorzuegen. Dieses Procedere ist rechtswidrig. Der BFH hat in seiner Entscheidung vom 19.9.2001 49 diese strafprozessuae Probematik überhaupt nicht erkannt. Er hat es sich vie zu einfach gemacht, indem er einfach auf die Trennung des Besteuerungsverfahrens und des Strafverfahrens nach 393 Abs. 1 S. 1 AO abstete und dann eben nur noch die steueriche Seite im Bick behiet, ohne den Gesamtfa im Bick zu haben. Die ansonsten grundsätzich bestehenden Schätzungsmögichkeiten nach 162 AO dürfen dann, wenn der Steuerpfichtige sich auf sein strafprozessuaes Grundrecht zu Schweigen beruft, nicht gegen ihn 35 Frotscher in Schwarz, AO-Kommentar, 162 Rdnr. 29. 36 BFH, Urtei vom 13.1.1961, VI 129/60 U, BStB. 1961 III, 144; BFH, Urtei vom 9.3.1967, IV 184/63, BStB. 1967 III, 349; BFH, Urtei vom 1.10.1992, IV R 34/90, BStB. 1993 II, 259. 37 BFH, Beschuss vom 19.9.2001, XI B 6/01, BStB. 2002 II, 4. 38 BFH, Urtei vom 26.10.1994, X R 114/92, BFH/NV 1995, 373; Trzaskaik in HHSp., 162 AO Rdnr. 39; Frotscher in Schwarz, 162 AO Rdnr. 29. 39 Streck in Kohmann, Strafverfogung und Strafverteidigung im Steuerstrafrecht, S. 236. 40 Rüping, Steuerfahndung im Rechtsstaat, DStZ 1980, 180. 41 Vg. BFH, Urtei vom 26.4.1983, VIII R 38/82, BStB. 1983 II, 618; BFH, Urtei vom 18.12.1984, VIII R 195/82, BStB. 1986 II, 226; Frotscher in Schwarz, 162 AO Rdnr. 29. 42 Lammerding/Hackenbroch, Steuerstrafrecht, 7. Aufage, S. 116; Rengier, Aushöhung der Schweigebefugnis des auch steuerich beangten Beschudigten durch nachteiige Schätzung der Besteuerungsgrundagen, BB 1985, 720. 43 Lammerding/Hackenbroch, Steuerstrafrecht, Urtei vom 23.12.1980, VII R 92/79, 7. Aufage, S. 115, 116; BFH, Zur Zwittersteung der Finanzbehörde: BFH, BStB 1981 II, 349. 44 Streck, Steuerfahndung, 3. Aufage, Rdnr. 306, 456 ff., 463 ff. 45 Lammerding/Hackenbroch, Steuerstrafrecht, 7. Aufage, S. 115. 46 Roga in Rudophi, SK-StPO, 136a Rdnr. 60: Die Drohung wird übereinstimmend definiert as (bewusstes) Inaussichtsteen eines Nachteis (einer den Betroffenen nachteiigen Maßnahme ) auf dessen Eintritt der Drohende Einfuss zu haben behauptet, vg. KK-Boujong, StPO, 136a Rdnr. 30; LR-Hanack, StPO, 136 Rdnr. 48; Eisenberg, Das Beweisrecht der StPO, 2. Aufage, Rdnr. 681 ff.; Burkhard/Ader, Betriebsprüfung und Steuerfahndungsprüfung, 208 Rdnr. 30. 47 Ebenso: Bornheim/Birkenstock, Steuerfahndung Steuerstrafverteidigung, S. 111. 48 Ebenso von Brie, Effektive Strafverteidigung versus intensive Steuerfahndung, StraFo 2002, 37, 41. 49 BFH, Beschuss vom 19.9.2001, XI B 6/01, BStB. 2002 II, 4.

74 zu seinen Lasten eingesetzt werden. Hierin iegt ein Missbrauch staaticher Gewat, wenn Besteuerungsverfahren und Steuerstrafverfahren gegen einen beschudigten Steuerpfichtigen geichzeitig betrieben werden. Da der Steuerpfichtige dadurch zur Sebstbeastung genötigt wird, wenn er nicht wirtschaftich ruiniert sein wi 50. Setzt sich diese katastrophae Entscheidung des BFH in eine ständige Rechtsprechungsinie um, hat der Steuerpfichtige nur noch die Chance, sich entweder strafrechtich sebst zu beasten und damit auf eine echte Strafverteidigung zu verzichten oder aber sich wirtschaftich ruinieren zu assen. Was dies noch mit einem Rechtsstaat zu tun hat, in dem strafprozessuae Verfahrensgarantien geten soen, ist nicht ersichtich. 2. Hauptsache, der Mandant redet Schägt die Steuerfahndung zu, ist es das Wichtigste für die Steuerfahndung, den Beschudigten zum Reden zu bringen. In den ersten paar Minuten der Fahndungsdurchsuchung sind die Steuerfahnder sowieso aeine mit dem Mandanten. Die Fahnder warten i. d. R. auch nicht mit der Durchsuchung, bis der Verteidiger erscheint. Denn sie dürfen schon mit der Durchsuchung beginnen, wenn der Verteidiger noch nicht anwesend ist 51. Der Beschudigte, der sich hier sechs, acht, zehn oder mehr Fahndern ausgesetzt sieht, meist eingeschüchtert ob der staatichen Gewat und Übermacht ist, braucht starke Nerven und ein starkes Stehvermögen, dem psychoogischen Druck der Fahnder standzuhaten, sowie die rechtiche Kenntnis, dass er sich schweigend verteidigen darf und sich hieraus keine Nachteie für ihn ergeben dürfen. Psychisch eiden viee Mandanten noch Wochen und Monate nach der Fahndungsdurchsuchung durch den Eindruck der Steuerfahndung: Der Spruch my home is my caste greift auf einma nicht mehr: Das private Wohnhaus, teiweise gesichert wie eine Schutzburg mit Aarmanage und vergitterten Fenstern, ist auf einma gegenüber den Fahndern durchässig wie ein sperrangeweit offen stehendes Scheunentor 52. Die emotionaen Gefühsregungen bei dem beschudigten Steuerpfichtigen sind woh ähnich, wie bei einem Hauseigentümer, der sich mehreren Einbrechern gerade gegenübersieht und nur auf Grund deren Übermacht hifos dem weiteren Vorgehen zusehen muss. In derartigen Situationen versuchen Fahnder häufig, den Beschudigten zum Reden zu bringen. In den Fahndungsteams gibt es zumeist einen guten Poizisten und einen bösen Poizisten. Der eine versucht es mit gutem Zureden, der andere mit Druck, wenn der erste keinen Erfog hat. Während die übrigen Fahnder das Haus auf den Kopf steen und der Steuerpfichtige seine ohnmächtige Steung erkennt, sich schutzos ausgeiefert sieht, bearbeitet ihn dieses Team, mit dem Zie ihn zum Reden zu bringen. Die Steuerfahndung weiß, dass soange der beschudigte Steuerpfichtige noch nicht anwatich beraten ist, am ehesten die Chance besteht, dass dieser etwas zum Vorwurf sagt. Sebstverständich wird sodann geich ein Protoko gefertigt, das der beschudigte Steuerpfichtige unterschreibt, wenn es einem Geständnis geichkommt, ansonsten wird jedenfas spätestens nach Beendigung der Durchsuchung ein Gedächtnisprotoko durch die Fahnder über eventuee Ansatzpunkte weiterer Ermittungsmaßnahmen, die der Steuerpfichtige ggf. offenbarte, gefertigt. Je mehr der Steuerpfichtige in diesem Moment sagt, umso weniger hat er später die Chance, sich durch Schweigen zu verteidigen. Legt der beschudigte Steuerpfichtige in diesem Moment auch noch Unteragen vor, hot er etwa aus einem Versteck die schwarze Buchführung oder die Luxemburg- AnwB 2/2003 Aufsätze Beege, reduziert sich die Strafverteidigung auf eine reine Strafzumessungsverteidigung, wenn sich nicht die Unverwertbarkeit der Aussagen bzw. Beege auf Grund von Beweiserhebungs 53, Beweismethoden 54, Beweismitte 55 oder Beweisverwertungsverboten 56 erreichen ässt. Die Fahnder nutzen hierbei die häufig anzutreffende menschiche Mentaität aus, dass sich die meisten, die mit einem Vorwurf konfrontiert werden, sich sofort redend verteidigen woen. Verstricken sie sich dann auch noch in Widersprüche, zieht sich die Schinge immer enger zu. Werden ihnen dann die Widersprüche vorgehaten, geben die meisten auf, da sie keinen sinnvoen Ausweg mehr sehen. Das Verangen vieer Steuerpfichtiger, einen Anwat anzurufen, wird teiweise schicht nicht zugeassen. Derartige Teefonbockaden, in denen der Beschudigte zu Beginn oder nur irgendwann während er Durchsuchung seinen Verteidiger konsutieren wi, sind schicht rechtswidrig 57.Was zäht, ist jedoch der Fahndungserfog. Die Beamten sind jedoch auch zahenmäßig in der Überzah, sodass dann teiweise bestritten wird, dass der Beschudigte überhaupt seinen Anwat anrufen wote und Ähniches mehr. Hier hift dem Beschudigten nur, ae Aussagen zu verweigern und kar darauf zu bestehen, dass er seinen Verteidiger anrufen darf. Zweifen die Steuerfahndungsbeamten daran, dass der Verteidiger angerufen werden so, können sie sebst die Teefonnummer aus dem Teefonbuch oder vom Briefbogen oder Visitenkarten des Verteidigers abesen und den Verteidiger anrufen und so überprüfen, ob sich das Anwatsbüro medet oder nicht. Sodann haben die Steuerfahndungsbeamten dem Beschudigten es zu ermögichen, ungestört und aeine mit dem Verteidiger zu teefonieren. Sie dürfen aso weder das Teefon aut schaten, noch sonst irgendwie mithören, was zwischen dem Beschudigten und dem Verteidiger besprochen wird. Sie haben insoweit das Zimmer zu verassen und müssen die Vertrauichkeit des Wortwechses zwischen Beschudigtem und Verteidiger akzeptieren. Wenn Fuchtgefahr besteht, kann der Raum so abgesichert werden, dass ein Fiehen des Beschudigten aus dem Raum, von dem aus er teefoniert, verhindert werden kann. Geichwoh kann er in Ruhe seinen Verteidiger konsutieren und ihn bitten, zu der Fahndungsdurchsuchung hinzuzukommen. Die einzig richtige Vorgehensweise für den Verteidiger ist es in diesem Moment, kurz mit dem Fahndungseiter die Sache zu besprechen und sodann schnestmögich zu dem Fahndungsort hinzuzustoßen. Hier bietet es sich an, mit mögichst vieen Verteidigern bzw. entsprechend vieen Zeugen aus dem Büro des Verteidigers anzureisen wie Fahnder vor Ort sind. Insoweit soten mögichst pro Fahn- 50 Rüping, Steuerfahndung im Rechtsstaat, DStZ 1980, 180. 51 Burhoff, Handbuch für das strafrechtiche Ermittungsverfahren, 2. A., Rdnr. 276. 52 Burkhard: Fahndungssituation: Durchsuchung beim Beschudigten, Stbg 1998, 310. 53 Burhoff, Handbuch für das strafrechtiche Ermittungsverfahren, 2. A., Rdnr. 226a. 54 Das Beweismethodenverbot untersagt eine bestimmte Art und Weise der Beweisgewinnung, aso die Erzwingung von Aussagen durch Täuschung, Drohung oder die zwangsweise Verabreichung von Brechmitte, vg. OLG Frankfurt/M., Urtei vom 11.10.1996, 1 Ss 28/96, NJW 1997, 1647; Burhoff, Handbuch für das strafrechtiche Ermittungsverfahren, 2. A., Rdnr. 226. 55 Das Beweismitteverbot verbietet es, ein bestimmte Beweismitte zu benutzen, aso z. B. den Zeugen, der von seinem berufichen oder persönichen Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch macht, vg. Burhoff, Handbuch für das strafrechtiche Ermittungsverfahren, 2. A., Rdnr. 226. 56 Streck in Kohmann; Strafverfogung und Strafverteidigung im Steuerstrafrecht, S. 229; Eisenberg, Das Beweisrecht der StPO, 2. A., Rdnr. 356; Keinknecht/Meyer-Goßner, StPO-Kommentar, 45. A., Ein. Rdnr. 55; Burhoff, Handbuch für das strafrechtiche Ermittungsverfahren, 2. A., Rdnr. 226. 57 Burhoff, Handbuch für das strafrechtiche Ermittungsverfahren, 2. A., Rdnr. 307.

AnwB 2/2003 75 Aufsätze der ein Mitgied aus dem Büro des Verteidigers kommen, das mit sochen Fahndungssituationen und den Rechten und Pfichten der Fahnder bzw. auch den Rechten und Pfichten des Beschudigten vertraut ist. Den Interessen der Steuerfahndung kommt entgegen, dass sich manche Beschudigte bei ihrer Story sebst überschätzen und gauben, dass diese Überzeugungskraft hätte. Schne zusammengebastete Erkärungsversuche haben jedoch kurze Füße. Die Beschudigten soten nie unterschätzen, dass die Fahnder vor einer Fahndungsdurchsuchung i. d. R. ihre Hausaufgaben gemacht haben und kritisch die Verdachtsmomente zusammengetragen haben. Dazu gehört unter anderem auch ein Bick in die Besteuerungsakten und die dort gemachten Angaben der etzten Jahre. Im Zweifesfa kennen sich die Fahnder besser in den einzenen Veranagungszeiträumen und erkärten Beträgen aus, as der Steuerpfichtige sebst. Sebst wenn der Steuerpfichtige hier die Wahrheit sagen wi und sich nur im Jahr irrt oder bei den Beträgen irrt oder sonst irgendwie in seiner Aussage verheddert, wirkt dies nicht gerade überzeugend. Im Zweifesfa wi man ihm auch gar nicht gauben und Teie seiner Aussagen werden as widersprüchich angesehen und zum Anass für neue weitere Ermittungen genommen. Häufig wird das Redebedürfnis des Steuerpfichtigen dadurch gefördert, dass dieser irrig gaubt, man könne mit der Steuerfahndung quasi verhanden, wie mit einem Geschäftspartner, wei ihm doch scheinbar nette Leute gegenüberstehen. Gerade mit den väterichen Typen oder Freundestypen, aso den guten Poizisten, beginnt dann der unberatene und naive Steuerpfichtige ein Gespräch und gaubt, dass damit die Fahndungsdurchsuchung asbad beendet sei. Weit gefeht! Und schießich ist in den meisten von uns das Gefüh tief verwurzet, wenn man aes nur ehrich gestehen würde, sei aes bad wieder gut und die Steuerfahndung würde das Verfahren einsteen. Ein Gefüh, das seine Wurzen in Kindheitserebnissen und in unserer Erziehung hat. So mag hier die Kindheitserinnerung aufkeimen, wie der Junge beim Fußbaspieen die Gasscheibe zerschießt und dies danach angstvo der Mutter gesteht. Sie streicht ihrem Sohn über die Haare, nimmt ihn in die Arme und tröstet ihn: Hauptsache du warst ehrich, so wird aes wieder gut. Die Strafverfoger sind jedoch keine Mütter: Sie streichen dem Steuersünder nicht über die Haare und beenden insbesondere bei einem Geständnis auch nicht das Verfahren wenn die Summen groß genug sind, nehmen sie ihn aenfas unter Bejahung der Fuchtgefahr wie einst in die Arme und sodann mit in die Justizvozugsanstat 58. Insoweit ässt sich aus Verteidigersicht nur kar sagen, dass das Geständnis das Beste und beeindruckendste Beweismitte gegen den Geständigen, aso gegen den Steuerpfichtigen ist 59. Vor dem Hintergrund, dass die Strafe im Steuerstrafrecht sich zunächst einma nach der Höhe der hinterzogenen Steuern richtet und jede Mark, die vom Steuerpfichtigen mehr gestanden wird, damit die eigene Strafe nach oben treibt, muss dem aussagebereiten oder geständnisbereiten Beschudigten an dieser Stee kar gesagt werden, dass man sich sebst karer und schneer woh kaum einer sicheren Bestrafung oder einer sicheren Haft entgegenbefördern kann, as durch ein (spontanes) Reden gegenüber der Steuerfahndung oder anderen Strafverfogungsdienststeen. 3. Mürbemachen des Mandanten Die Steuerfahndungsdienststeen machen den Mandanten im Laufe der Zeit mürbe und nutzen das meist recht hohe Ater der Mandanten und deren schwachen Nerven aus. Häufig sind die Steuerhinterziehungsmandanten 50 Jahre und äter, stehen am Ende des Berufsebens oder sind schon in Ruhestand, in Pension. Die Nerven sind nicht mehr die besten, am Ende des Berufsebens oder schon ausgeschieden, sehnen sich die meisten nach einem friedichen Lebensabend ohne Stress, Aufregung und erst Recht ohne (Steuer-)Strafverfahren. Die nervichen Beastungen durch eine harte Strafverteidigung, die wirtschaftichen Ängste vor unbekannten bzw. nicht genau bekannten hohen Steuernachforderungen und die ungewisse Aussicht auf einen wie auch immer gearteten Ausgang eines Steuerstrafverfahrens sind für viee Mandanten nur eine schwer verdauiche Kost. Häufig ist daher in Beratungsgesprächen der Wunsch zu hören, dass das Strafverfahren bzw. das Besteuerungsverfahren asbad abgeschossen werden soen. Dies ist jedoch nur dann mögich, wenn aes gestanden wird und ae Unteragen vorgeegt werden. Nur in derartigen Fäen ist ein schneer Abschuss mögich. Schne bedeutet hierbei etwa den Zeitraum eines Jahres. Mauert der Mandant oder wird gar um Verwertungsverbote gekämpft oder steuerich wie strafrechtich gekämpft, ist eine Verfahrensdauer von drei bis sieben Jahre keine Setenheit. Der Wunsch des Mandanten, ein mögichst niedriges steueriches Ergebnis sowie ein mögichst niedriges steuerstrafrechtiches Ergebnis in mögichst kurzer Zeit zu erzieen, ist zwar menschich verständich, in der Praxis jedoch unmögich. Damit git der Grundsatz, dass Strafverteidigung Kampf bedeutet 60 und steuerich wie steuerstrafrechtich hier nichts zugestanden werden kann 61. Nur dann ässt sich ein habwegs akzeptabes steuerstrafrechtiches Ergebnis erringen. Nur dann, wenn der Verteidiger auf die Getendmachung sämticher Schutzrechte für den Beschudigten verzichtet und etwa gefundene Verwertungsverbote nicht aufgreift, kann der Mandant in absehbarer Zeit (etwa einem Jahr) das Verfahren hinter sich assen und Ruhe haben und erkauft sich in diesen Fäen damit seine Ruhe. Mit Recht oder Gerechtigkeit hat dies natürich wenig zu tun. Es ist woh eher eine Frage der Nerven des Mandanten. Genau dies weiß die Steuerfahndung und immer wieder in einem Verfahren sei es zu Beginn oder zwischendurch wird dieses Thema probematisiert. Gut gemeinte Empfehungen der Fahnder an den Berater, dieses Probem des angdauernden Verfahrens und der Mögichkeit des kurzfristigen Abschusses, wenn die Unteragen vorgeegt werden, mit dem Mandanten doch einma zu erörtern, da er doch bestimmt einma Ruhe haben möchte, zeigen nur azu genau, dass hier verdeckt damit gedroht wird, den Mandanten nicht in Frieden zu assen, soange dieser sich wehrt. Das Sebstverständnis, dass in einer Strafverteidigung natürich Beweisverwertungsverbote getend gemacht werden oder sonstige Schutzrechte für den Mandanten durchgesetzt werden, feht der Steuerfahndung vöig. Teiweise wird jedoch das Mürbemachen nicht nur über den Berater oder die ange Verfahrensdauer versucht, son- 58 Ebenso: Streck, Die Steuerfahndung, 3. Aufage, Rdnr. 487. 59 Streck, Die Steuerfahndung, 3. A., Rdnr. 487. 60 Dahs, Handbuch des Strafverteidigers, 6. Aufage, Rdnr. 1; Bornheim/Birkenstock, Steuerfahndung, Steuerstrafverteidigung, S. 62, 108. 61 In einem streitigen Verfahren dürfen daher keine Bescheide bestandskräftig werden, da anderenfas die Strafverfogungsbehörden auf die bestandskräftigen Bescheide verweisen und hierin eine Art Geständnis sehen: Warum sote ein Steuerpfichtiger Bescheide bestandskräftig werden assen, wenn er sie materie-rechtich für fasch hät? Dass hier natürich Missverständnisse zwischen Berater und Mandant, einfache Büro-Fristversehen oder einfach nur eine andere Einschätzung hinsichtich der Erfogsaussichten voriegen können, wird dabei gerne übersehen.