Geschäftsführer und Inhaber ambulanter Pflegedienste



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Transkript:

Mit den entscheidenden Kennzahlen den Pflegedienst steuern Bilanz regeln liquide bleiben Die Finanzkrise hat die Pflegedienste erreicht. Auslöser ist die Finanzierung und hier speziell die Fremd finanzierung z. B. durch Bankkredite. Pflegedienste sollten jetzt ihre Unternehmensfinanzierung neu ausrichten, um sich unabhängiger von den Banken zu machen. So bewerten und beeinflussen Sie die Messgrößen Eigenkapital und Liquidität Ihr Einstieg in das Finanzcontrolling. Von Rainer Berg Geschäftsführer und Inhaber ambulanter Pflegedienste sollten die finanziellen Zusammenhänge des Pflegedienstes kennen, um neue Finanzierungsziele zu definieren und diese zu überwachen und zu steuern. Dabei sind einige wenige Finanzierungsregeln zu beachten: 1. Eigenkapital(-quote), 2. Liquiditätsregeln, 3. fristengerechte Finanzierung, 4. Cashflow-Betrachtungen. Am Anfang stehen die Bestandsaufnahme und die Analyse: y Ausgangsdaten (z. B. die Bilanz zum 31. Dezember 2008/1. Januar 2009), y Ist-Situation (Kennzahlen bilden, z. B. EK-Quote), y Ziel definieren (z. B. Verbesserung der EK-Quote auf 30 Prozent), Foto: Susanne El-Nawab y den Weg beschreiben (z. B. Umschuldung von Krediten), y Maßnahmen einleiten (Bankgespräche führen), yfinanzcontrolling (z. B. monatliche bzw. quartalsweise Kontrolle und ggf. Anpassung der Ziele und Maßnahmen). Der Prozess einer optimierten Unternehmensfinanzierung kann Jahre dauern. Nicht den Mut verlieren! Der Anfang muss gemacht werden, sonst wird das Ziel nie erreicht. Die Bewertung der Finanz- und Ertragswelt voneinander trennen Die finanziellen und die (ertrags-)wirtschaftlichen Bewertungen und Aussagen sind zunächst voneinander zu trennen. Ein Pflegedienst lebt danach sowohl in einer Ertragswelt als auch in einer Finanzwelt. Die Beurteilung des Pflegedienstes in der Ertragswelt ist gekennzeichnet durch Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen gemessen in z. B. Personalkostenquoten (Personalkosten in Prozent bezogen auf den Umsatz) und Betriebsergebnis (Gewinn/ Verlust). In der Finanzwelt wird danach gefragt, ob das Unternehmen z. B. über ausreichende Liquidität und Eigenkapital verfügt. Es kann sein, dass ein Unternehmen ausreichende Gewinne macht, aber ein finanzielles Problem hat. Ohne ausreichende Ertragskraft (Gewinne) lassen sich finanzielle Probleme allerdings mittel- und langfristig nicht lösen. An dieser Stelle ist die Schnittstelle zwischen Wirtschaftlichkeit und Unternehmensfinanzierung angesiedelt: eine unzureichende Ertragkraft verschlechtert in der Regel die Finanzierungskraft, eine gute Ertragskraft kann die finanzielle Situation verbessern. Ausgangsdaten: Die finanzielle Situation eines Pflegedienstes lässt sich am besten anhand einer Bilanz darstellen (siehe Abbildung 1). Die Bilanz ist nichts anderes als eine Inventur (Bestandsaufnahme) von Vermögenswerten und Schulden. Die Differenz aus Vermögen und Schulden ist das Eigenkapital (aus Finanzierungssicht die Eigenfinanzierung). 24_ Juni 2009_Häusliche Pflege

Positionen der Bilanz:.. Abbildung 1: Finanzielle Situation/vereinfachtes Beispiel y Anlagevermögen: Gegenstän- Bilanz zum 1. Januar 2009 de, die dem Betrieb auf längere Zeit zur Verfügung stehen (z. B. der Fuhrpark, Büroeinrichtung, Anlagevermögen (AV) 60 Eigenkapital (EK) 32 EDV usw.), Einrichtung 12 langfristiges Fremdkapital (LFK) y Umlaufvermögen: Gegenstände, Hardware 8 langfr. Bankverbindlichkeiten die dem Betrieb nur kurzfristig Software 4 zur Verfügung stehen (Forderungen Pkw 36 gegenüber Kranken- Umlaufvermögen (UV) 171 kurzfristiges Fremdkapital (KFK) 159 kassen, positive Bankbestände, Forderungen an Kassen 160 Rückstellungen 20 Kassenbestand usw.), sonstige Forderungen 10 kurzfr. Bankverbindlichkeiten 100 y langfristige Verbindlichkeiten: Kassenbestand 1 sonstige Verbindlichkeiten 39 mit einer Laufzeit von mehr als einem Jahr (insbesondere Bilanzsumme (BS) 231 Bilanzsumme (BS) 231 Kreditverpflichtungen, nicht die Raten für das laufende Jahr), y kurzfristige Verbindlichkeiten (mit einer Fälligkeit bis zu einem Jahr, oft innerhalb von vier Wochen fällig): Kreditverpflichtungen (hier die Raten für das laufende Jahr), Kontokorrentverpflichtungen, Nettolöhne, Lohnsteuer usw., y Rückstellungen: Kostenverpflichtungen aus einem Zeitraum vor dem Bilanzstichtag (Inventurzeitpunkt hier: 1. Januar 2009), für die noch keine konkrete Abrechnung/Rechnung zum Stichtag vorlag (z. B. Beitragsabrechnung zur Berufsgenossenschaft, Rechnung Maßnahmen zur Verbesserung der EK-Quote (siehe Abbildung 2): y weniger Geld abschöpfen (z. B. durch Privatentnahmen/Gewinnausschüttungen) als Überschüsse (Gewinne) erwirtschaften, y (Privat-)Einlagen tätigen, y Gesellschafter (mit Geld) aufnehmen, y eine Unternehmensrechtsform wählen, die wenig Steuern kostet (GmbH: 15 Prozent Körperschaftsteuer). des Steuerberaters für den Jahresabschluss, Überhänge aus Urlaubsansprüchen und Überstunden usw.), y Eigenkapital: Differenz aus Vermögen (231 TEuro) und Schulden (Fremdfinanzierung -199 TEuro). Bewertung des Eigenkapitals: den Pflegedienst auf Dauer stabilisieren Das Eigenkapital (EK) zeigt die Eigenfinanzierungskraft. Das EK soll das Unternehmen auf Dauer finanziell stabilisieren. Es ist daher auch in die langfristige Finanzierungsregel eingebunden. Ist das EK zu gering, so ist es in einer Ertragskrise (z. B. verursacht durch Umsatzeinbrüche) schnell aufgebraucht. Das Unternehmen ist auf Kreditgeber angewiesen, die wiede rum in der Krise in der Regel keine Finanzmittel (Geld) zur Verfügung stellen der Teufelskreis ist eröffnet. Der Insolvenz (früher Konkurs-)Tatbestand (die Überschuldung und/oder Zahlungsunfähigkeit) ist schnell erreicht/erfüllt... Problem & Lösung Problem: Der Erfolg eines Pflegedienstes hängt von vielen Faktoren ab. Ein entscheidender Faktor ist neben der Entwicklung neuer Geschäftsfelder die Finanzierung. Lösung: Geschäftsführer und Inhaber ambulanter Pflegedienste sollten jederzeit einen Einblick in die Ertrags-, Vermögens- und Finanzlage haben. Das Wissen über die finanziellen Zusammenhänge hilft, wichtige unternehmerische Entscheidungen gegebenenfalls auch mit einem Berater zu treffen. Weitere Erklärung zur EK-Entwicklung: y Gewinne erhöhen das EK, y Verluste vermindern das EK, y Einlagen (nicht aus den Betriebsmitteln) erhöhen das EK, y Entnahmen (Entzug von Finanzen aus dem Betrieb) vermindern das EK. Daraus folgt, dass die Entnahmen (ggf. verrechnet mit den Einlagen) niedriger sein sollten als der Gewinn. So wird Eigenkapital aufgebaut! Entsprechendes gilt für den umgekehrten Fall. Bewertung der Liquidität: zwei Ansätze sind zu unterscheiden Die Liquiditätskennzahl eines Pflegedienstes sagt etwas darüber aus, ob er seinen Zahlungsverpflichtungen termingerecht nachkommen kann und ob ausreichende Reserven für kurzfristige Wirtschaftlichkeitseinbrüche (Gewinne gehen zurück, Verluste entstehen) vorhanden sind. Diese Kennzahl wird oft als die wichtigste eingestuft. In der Fachliteratur werden unterschiedlichste Liquiditätsgrade (Berechnungen) dargestellt. Für die Praxis des Pflegedienstes sind zwei Ansätze zu unterscheiden (siehe Abbildung 3): 1. Liquidität 1. Grades (Barliquidität). L1 stellt alle sofort (tagesaktuell) zur Verfügung stehende Mittel bzw. sofort fällige Gelder dar. 2. Liquidität 2. Grades (fällige Beträge bis zu einem Jahr). L2 bezieht alle in den nächsten Monaten (bester Betrachtungszeitraum: drei Monate) fälligen Forderungen und Verbindlichkeiten mit ein. Die Finanzierung des Pflegedienstes optimieren Häusliche Pflege_Juni 2009 _25

.. Abbildung 2: Formel für Eigenkapitalquote Eigenkapital 32 Bilanzsumme 231 13,85 % zumindest 25-30 % Auswertung der Formel: quartalsmäßig, monatlich möglich Finanzkennzahlen regelmäßig kontrollieren y Schlussfolgerung zum Beispiel in Abbildung 3: Trotz der schlechten Kennzahl zu L1 kann der Pflegedienst seinen Verpflichtungen (theoretisch) termingerecht nachkommen (L2). In der Praxis wird der geringe Überschuss (12 000 Euro) allerdings zu gering bemessen sein. Es ist zu bedenken, dass die Fälligkeiten auch innerhalb der kurzfristigen Betrachtung unterschiedlich sind (so werden die Lohnzahlungen in der Regel vor dem Zahlungseingang durch die Krankenkassen liegen). Die Kennzahl zur L2 ist in jedem Fall die wichtigere. Sollte diese negativ sein (kleiner eins, in absoluter Zahl ausgedrückt: negativ) kann der Pflegedienst seinen Zahlungsverpflichtungen nicht termingerecht nachkommen und ist zumindest insolvenzgefährdet. Maßnahmen für die Verbesserung der Liquidität: y Forderungsmanagement straffen (z. B. früher die offenen Beträge anmahnen), y Umschuldungen mit Tilgungsanteil vornehmen (siehe Beispiel unten), y Termine der Daueraufträge verschieben, y Verlagerung der Lohnzahlungstermine nach hinten, y Nutzung von Factoring (Forderungsabtretung gegen Vorabauszahlung). y Beispiel: Umschuldung (erste Überlegung) Sachverhalt: Der Kontostand des Pflegedienstes schwankt zwischen minus 60 000 und minus 130 000 Euro. In Höhe von 60 000 Euro hat sich ein Dauerkredit eingeschlichen. In dieser Höhe könnte/sollte aus zumindest zwei Gründen eine Umschuldung erfolgen (siehe Abbildung 4, Seite 27): y Der Kontokorrentkredit (KK) ist erheblich teurer als ein Tilgungskredit. y Durch die Umschuldung wird die L1 verbessert, wenn der Kontokorrentrahmen beibehalten wird bzw. in ausreichender Höhe bestehen bleibt. y Vorsicht! Banken schlagen das Umschuldungsmodell gern vor, um selbst mittel- und langfristig aus dem Kreditarrangement auszusteigen. Dabei werden oft Ratenzahlungen vereinbart, die durch den laufenden Betrieb nicht geleistet werden können. Zusätzlich wird der KK-Rahmen um den gleichen Betrag vermindert, für den ein Kredit im Rahmen der Umschuldung ausgezahlt wird. Hier wird eine Zwangsentschuldung eingeleitet, die in der (Raten-)Höhe vom Pflegedienst nicht oder nur schwer zu finanzieren ist. Es gilt also, das richtige Maß zu finden. Hierzu könnte ein Finanzplan und/oder ein Liquiditätsplan aufgestellt werden, der den möglichen Kapitaldienst (Rate für Darlehenstilgung und Zinsanteil) nachweist. Finanzierungsregel: langfristige Investitionen langfristig finanzieren Die Finanzierungsregeln (siehe Abbildung 5) besagen, dass langfristige Investitionen (z. B. Kauf von Pkw, Einrichtung, EDV usw.) langfristig zu finanzieren sind und eben nicht aus den liquiden Mitteln (siehe Liquiditätsformel) bezahlt werden sollten. Letzteres würde bedeuten, dass die Liquidität (insbesondere L1) des Pflegedienstes geschwächt würde und die Gelder z. B. nicht für Sachkosten (laufende Betriebsausgaben) zur Verfügung stünden. Im Umkehrschluss besagt die Regel, dass das kurzfristige Vermögen (in unserem Beispiel Forderungen gegenüber Kassen) kurzfristig finanziert werden könnte. Mögliche Maßnahmen: y Nachfinanzierung des Anlagevermögens, indem kurzfristige liquide Mittel im Austausch zur Verfügung gestellt werden, y Leasen des Anlagevermögens statt Kreditfinanzierung, y Aufbau von Eigenkapital (siehe oben)... Abbildung 3: Liquiditätsgrade Liquidität 1. Grades Liquide Mittel (Kasse, Bank) 1 sofort (mögliche) fällige Gelder 100 0,01 bzw. -99 absolut Liquidität 2. Grades Forderungen + liquide Mittel 160 + 10 + 1 kurzfristige Verbindlichkeiten 100 + 39 + 20 1,08 bzw. 12 absolut (zumindest 1, besser 1,5) Auswertung: monatlich im Rahmen der Betriebswirtschaftlichen Auswertungen (BWA) 26_ Juni 2009_Häusliche Pflege

.. Abbildung 4: Entwicklung des Kontostandes 0-20 - -60-80 -100-120 -1 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 Monatstage Kontostand vor Umschuldung Kontostand nach Umschuldung Goldene Bilanzregel: auch Teile des Umlaufvermögens langfristig finanzieren Ergänzend zur 2. Finanzierungsregel gehen die Überlegungen bei der Goldenen Bilanzregel (siehe Abbildung 6) zur stabilen Finanzierung des Vermögens einen Schritt weiter. Hintergrund der Überlegung ist, auch Teile des Umlaufvermögens langfristig zu finanzieren. Lehrbuchmäßig wird die Formel insbesondere auf Warenbestände (diese müssen in der Tat über längere Zeiträume vorgehalten werden) gerichtet. Pflegedienste müssen die Forderungen gegenüber Krankenkassen in die Regel mit einbeziehen. Dabei geht man von dem Ziel aus, dass zumindest Teile (1/2) dieser Forderungen langfristig zu finanzieren sind. y Faustformel: Der Minuskontostand des Kontokorrentkredites sollte maximal 50 Prozent der Forderungen aus Leistungen ausmachen. Bezogen auf das Beispiel dürfte dieser maximal minus 80 000 Euro (1/2 von 160 000) sein. Maßnahmen: yumschuldung kurzfristiger Kredite in ein langfristiges Darlehen (siehe Beispiel unten), y Eigenkapitalbildung. y Beispiel: Umschuldung (erweiterte Überlegung zu oben) Verfolgen wir das Beispiel zu oben (Umschuldung) weiter: 60 000 Euro werden in einen Kredit mit einer Laufzeit von sechs Jahren umgeschuldet. Die Bilanzen entwickeln sich wie in Abbildung 7 dargestellt. Durch Umschuldung wird Eigenkapital gebildet? Nein und Ja! Die Tilgung des Kredites über 60 000 Euro.. Abbildung 5: Finanzierungsregeln 1. Formel: kurzfristige Finanzierung Umlaufvermögen 171 kurzfristiges Fremdkapital 159 1,08 bzw. 12 absolut Auswertung: im Quartal und/oder jährlich (dann aber zeitnah Jan./Feb.) 2. Formel: langfristige Finanzierung Anlagevermögen 60 Eigenkapital + langfr. Fremdkapital 32 + 0,83 bzw. -12 absolut sollte kleiner 1 sein Auswertung: im Quartal und/oder jährlich (dann aber zeitnah Jan./Feb.).. Abbildung 6: Goldene Bilanzregel 3. Formel: Goldene Bilanzregel 1/2 Umlaufvermögen * + Anlagevermögen 80 + 60 langfristige Finanzierung 32 + 1,94 bzw. -68 absolut sollte kleiner 1 sein * soweit sich dieses auf Forderungen gegenüber Kassen bezieht Auswertung: im Quartal und/oder jährlich Häusliche Pflege_Juni 2009 _27

.. Abb. 8: Cashflow (Finanzmittelüberschuss) Rainer Berg, Geschäftsführer von Berg Unternehmensberatung und Steuerberatungsgesellschaft mbh in Berlin wurde aus erwirtschafteten Gewinnen/Überschüssen gezahlt. Das bedeutet, eine Entschuldung aus eigener Kraft gelingt nur bei entsprechender wirtschaftlicher Betriebsführung (mit Überschüssen)! Im Ergebnis wird dann tatsächlich zusätzliches Eigenkapital gebildet. Hinter dem System der Umschuldung steht in der Tat auch eine psychologische Komponente. Durch die vereinbarte Ratenzahlung erfolgt eine gesteuerte Entschuldung. Kleine Raten spürt der Betrieb nicht und in dieser Höhe stehen auch keine Mittel für andere Ausgaben oder Gewinnverwendung (z. B. Entnahmen) zur Verfügung. Wie schon angesprochen: Auf das richtige Maß kommt es an. Die Ratenvereinbarung sollte langfristig angelegt und (aus den Betriebsergebnissen) bezahlbar sein. Cashflow-Betrachtungen: Abschreibungen sind Wertverzehr des Anlagevermögens Aus der buchmäßigen Gewinn- und Verlustrechnung (G+V) ergibt sich ein (Buch-)Gewinn. Inwieweit Bilanz zum 1. Januar 2010 (vor Umschuldung) Anlagevermögen 60 Eigenkapital 32 199 159 nach Umschuldung Anlagevermögen 60 Eigenkapital 32 199 100 99 Jahresüberschuss/-fehlbetrag (Ergebnis der Gewinn- und Verlustrechnung) + auszahlungsunwirksame Aufwendungen (z. B. Abschreibungen) einzahlungsunwirksame Erträge (z. B. Auflösung Rückstellung) Cashflow.. Abbildung 7: Beispiel Umschuldung Bilanz zum 31. Dezember 2015 Anlagevermögen 60 Eigenkapital 92 139 99 dieser zu tatsächlichen Finanzzuflüssen (letztlich in Geld) führt, soll der Cashflow (CF) zeigen. Dabei ist zu bedenken, dass (fast) alle Erträge und Aufwendungen finanziell (geldmäßig) zu- bzw. abfließen. Eine Ausnahme bilden z. B. die Abschreibungen. Diese sind der Wertverzehr des Anlagevermögens. y Beispiel: 12 000 Euro Anschaffungskosten für einen Pkw, Nutzungsdauer sechs Jahre ergibt eine Abschreibung pro Jahr von 2 000 Euro. Die Buchung der Abschreibung in der G+V ist ein Aufwand (vermindert also den Gewinn bzw. erhöht den Verlust), ein Geldabfluss ist mit dieser Buchung allerdings nicht verbunden. Um den CF zu berechnen (siehe Abbildung 8), muss bei diesem Beispiel also lediglich das Ergebnis aus der G+V um die Abschreibung korrigiert werden. Cashflow kann eingesetzt werden: y zur Schuldentilgung (Tilgungszahlungen an die Bank), y zur Finanzierung von Investitionen, y für den Aufbau von Rücklagen und Reserven, y für Entnahmen, Gewinnausschüttungen usw. Kennzahlen anhand der Betriebswirtschaftlichen Auswertung berechnen Die Finanzkennzahlen sollten regelmäßig kontrolliert werden, um rechtzeitig gegensteuern zu können. Zu den einzelnen Kennzahlen wurden bereits Vorgaben gemacht. In der Praxis hat es sich bewährt, diese anhand der monatlichen Betriebswirtschaftlichen Auswertungen (BWA) und anhand von Zwischenbilanzen (zum 31. März, 30. Juni, 30. September) zu berechnen. Was für Geschäftsführer von Kapitalgesellschaften (z. B. GmbH) eine gesetzliche Vorgabe ist, sollte für den Inhaber von Pflegediensten eine Selbstverständlichkeit sein: Jederzeit einen Einblick in die Ertrags-, Vermögens- und Finanzlage haben. Hierauf aufbauend werden unternehmerische Entscheidungen getroffen. Speziell im finanziellen Bereich sind diese langfristig angelegt und bedürfen einer Planung und Steuerung.y yz Mehr zum Thema Mehr zu den Themen alternative Einzelfinanzierung (z. B. Kreditfinanzierung oder Leasing) und Unternehmens finanzierung (u. a. Rechtsformwahl, Mezzaninedarlehen) lesen Sie in kommenden Ausgaben von HÄUSLICHE PFLEGE. Kontakt zum Autor: info@bus-stb-gmbh.de 28_ Juni 2009_Häusliche Pflege Vincentz Network GmbH & Co. KG, Plathnerstr. 4c, 30175 Hannover