Referentenentwurf eines Gesetzes über Leistungsverbesserungen in der gesetzlichen Rentenversicherung (RV-Leistungsverbesserungsgesetz)



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Transkript:

Bundesleitung Friedrichstraße 169/170 D-10117 Berlin dbb beamtenbund und tarifunion Friedrichstraße 169/170 10117 Berlin Telefon 030.40 81-40 Telefax 030.40 81-4999 post@dbb.de www.dbb.de An die Landesbünde und Mitgliedsgewerkschaften des dbb beamtenbund und tarifunion - je besonders - 17. Januar 2014 GB 4 Cz/os Durchwahl: - 53 01 Info-Nr.: 3/2014 Referentenentwurf eines Gesetzes über Leistungsverbesserungen in der gesetzlichen Rentenversicherung (RV-Leistungsverbesserungsgesetz) Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, das Bundesministerium für Arbeit und Soziales hat dem dbb den innerhalb der Bundesregierung noch nicht abgestimmten Referentenentwurf des o.g. Gesetzes übersandt und dem dbb die Gelegenheit gegeben, dazu Stellung zu nehmen.

2 Mit diesem Gesetz sollen die im Koalitionsvertrag vereinbarten rentenrechtlichen Verbesserungen, für die ein Inkrafttreten zum 1. Juli 2014 angekündigt wurde, umgesetzt werden. Es handelt sich hierbei um die abschlagsfreie Rente mit 63 Jahren, die Ausweitung der anrechenbaren Kindererziehungszeiten für vor 1992 geborene Kinder ( Mütterrente ), Verbesserungen bei den Erwerbsminderungsrenten sowie die Anpassung der jährlichen Aufwendungen für Leistungen zur Teilhabe an die demografische Entwicklung (Anhebung des Reha-Deckels). Zu den Regelungen im Einzelnen: Rente für besonders langjährig Versicherte mit 63 Durch die vorgesehene Sonderregelung wird die mit dem RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz eingeführte Altersrente für besonders langjährig Versicherte vorübergehend ausgeweitet. Besonders langjährig Versicherte können dadurch bereits vor Erreichen der Regelaltersgrenze ab Vollendung des 63. Lebensjahres eine abschlagsfreie Altersrente beziehen. Voraussetzung hierfür sind 45 Jahre an Pflichtbeiträgen aus Beschäftigung, selbständiger Tätigkeit und Pflege sowie Zeiten der Kindererziehung bis zum zehnten Lebensjahr des Kindes. Besondere Härten aufgrund kurzzeitiger, arbeitslosigkeitsbedingter Unterbrechungen in der Erwerbsbiografie sollen vermieden werden, indem Zeiten, in denen Arbeitslosengeld bezogen wurde, für den Anspruch berücksichtigt werden. Das heißt, auch Leistungen bei Arbeitslosigkeit, bei beruflicher Weiterbildung, bei Kurzarbeit oder Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers können dazu beitragen, die Voraussetzungen für die abschlagsfreie Rente ab 63 zu erfüllen. Dagegen nicht berücksichtigt werden Zeiten des Bezugs von Arbeitslosenhilfe und Arbeitslosengeld II. Der im Zusammenhang mit der Anhebung der Regelaltersgrenze geplante abschlags-

3 freie Rentenzugang ab 63 für Versicherte, die 45 Beitragsjahre erreicht haben, soll deren langjährige Beitragszahlung besonders berücksichtigen. Aus Sicht des dbb können diese Versicherten tatsächlich auf ein erfülltes Berufsleben zurückblicken. Durch das von 63 auf 65 steigende Zugangsalter hat die Regelung Übergangscharakter. Die vorgesehene Berücksichtigung von Kindererziehungszeiten bis zum 10. Lebensjahr des Kindes und Zeiten der Pflege lassen die Wahrscheinlichkeit steigen, dass auch Frauen diese Rente erreichen können, gleichwohl profitieren Männer von ihr in stärkerem Maße. Verbesserung bei den Kindererziehungszeiten für vor 1992 geborene Kinder In Zukunft wird die Erziehungsleistung für alle Mütter und Väter, deren Kinder vor 1992 geboren wurden, in der Rente besser als bisher anerkannt. Die anrechenbaren Kindererziehungszeiten für vor 1992 geborene Kinder werden für diese Eltern um zwölf Monate ausgeweitet. Die Ausweitung der Kindererziehungszeiten von vor 1992 geborenen Kindern auf künftig zwei statt bislang einem Jahr erfüllt jedenfalls teilweise eine langjährige Forderung des dbb. Allerdings schließt sich die Gerechtigkeitslücke hier nur partiell, da für ab 1992 geborene Kinder drei Jahre berücksichtigt werden. Der dbb anerkennt dies als ersten Schritt, bekräftigt jedoch seine Forderung nach einer gänzlichen Beseitigung dieser Ungleichbehandlung von Kindererziehungszeiten zugunsten der Eltern von vor 1992 geborenen Kindern. Die Leistung ist als gesamtgesellschaftliche Aufgabe zudem systemgerecht über Steuern zu finanzieren. Verbesserungen bei den Erwerbsminderungsrenten Der Entwurf sieht vor, dass Menschen mit verminderter Erwerbsfähigkeit besser abgesichert werden sollen. Erwerbsgeminderte werden so gestellt, als ob sie mit ihrem bisherigen durchschnittlichen Einkommen zwei Jahre länger weitergearbeitet hätten. Zudem sollen die letzten vier Jahre vor Eintritt der Erwerbsminderung nicht zählen, wenn sie die Bewertung der Zurechnungszeit verringern. Die von der Koalition geplante verbesserte Absicherung von Erwerbsgeminderten ist zu

4 begrüßen. Der dbb befürwortet die insoweit geplante Verlängerung der Zurechnungszeit bei Erwerbsminderungsrenten um zwei Jahre und die Günstigerprüfung in Bezug auf die letzten vier Jahre vor Eintritt der Erwerbsminderung. Dies umso mehr, als die Ausweitung der Zurechnungszeit in einem Schritt und nicht - wie in vorherigen Referentenentwürfen vorgesehen - stufenweise erfolgen soll. Anpassung des Reha-Budgets an die demografische Entwicklung Die geplante Einführung einer demografischen Komponente im Reha-Budget soll sicherstellen, dass der demografisch bedingte temporäre finanzielle Mehrbedarf bei der Festsetzung der jährlichen Ausgaben für Leistungen zur Teilhabe berücksichtigt wird. Die Demografiekomponente soll hierbei neben der voraussichtlichen Entwicklung der Bruttolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer als gesonderter Faktor berücksichtigt werden. Eventueller Mehrbedarf durch Verbesserung der Qualität der Leistungen zur Teilhabe und ihre Anpassung an die veränderten Arbeitsbedingungen wird im Entwurf derzeit nicht beziffert. Die vorgesehene Ausweitung des Reha-Budgets ist nach Dafürhalten des dbb sinnvoll, wenn die Rentenversicherung Rehabilitation auf einem hohen Niveau betreiben und so dem Grundsatz Reha vor Rente gerecht werden soll. Ausdrücklich zu begrüßen ist, dass das Reha-Budget entgegen bisherigen Planungen nicht erst ab 2017, sondern bereits rückwirkend ab dem 1.1.2014 entsprechend den demografischen Erfordernissen aufgestockt werden soll. Dies entspricht einer Forderung des dbb. Auswirkungen im Beamtenversorgungsrecht Der dbb ist sich bewusst, dass Regelungen in der gesetzlichen Rentenversicherung aufgrund der tatsächlichen, rechtlichen und strukturellen Unterschiede hinsichtlich gesichertem Personenkreis, Berechnungsgrundlagen, Leistungsinhalt aber auch Gesetzgebungskompetenz grundsätzlich nicht unmittelbar und direkt in die eigenständige Beamtenversorgung übertragen werden können. Es bedarf vielmehr immer eines sachlichen Grundes für eine Übertragung von Veränderungen in der gesetzlichen Rentenversicherung auf die Beamtenversorgung; gleichzeitig müssen Veränderungen mit den

5 strukturellen Unterschieden der Versorgungssysteme vereinbar sein. Sachlich gleichgelagert ist beispielsweise die verbesserte Berücksichtigung der Kindererziehung von vor 1992 geborenen Kindern. Unabhängig von der Frage des Berufes der Eltern muss aus Gründen der gerechten Anerkennung von gesamtgesellschaftlich wichtigen Zeiten die Verdoppelung der Gewährung von Kindererziehungszeiten für vor 1992 geborene Kinder im Beamtenversorgungsrecht eine Analogie finden. Der Referentenentwurf und die schriftliche Stellungnahme des dbb liegen an. Mit kollegialen Grüßen Dauderstädt Bundesvorsitzender Anlage