9. Dresdner Verwaltertage Die Verbrauchereigenschaft der Wohnungseigentümergemeinschaft und ihre Auswirkungen auf die Verwalterpraxis



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Transkript:

9. Dresdner Verwaltertage Die Verbrauchereigenschaft der Wohnungseigentümergemeinschaft und ihre Auswirkungen auf die Verwalterpraxis Prof. Dr. Florian Jacoby Dresden, 7. März 2016

Ist eine Gemeinschaft Verbraucher? der Fall des BGH Eine rechtsfähige Gemeinschaft der Wohnungseigentümer schloss mit einem Gasversorger einen Vertrag über die Lieferung von Gas. Der Vertrag enthielt eine Preisanpassungsklausel, nach der sich der Arbeitspreis für Gas entsprechend der Preisentwicklung für leichtes Heizöl ändert. Der BGH hatte bereits entschieden, dass eine solche Klausel zwischen Unternehmern wirksam, aber gegenüber einem Verbraucher unwirksam ist. Was gilt für den Vertrag mit der rechtsfähigen Gemeinschaft der Wohnungseigentümer?

Rechtsfähige Gemeinschaft als Verbraucher 13 BGB: Verbraucher ist jede natürliche Person, die ein Rechtsgeschäft zu Zwecken abschließt, die überwiegend weder ihrer gewerblichen noch ihrer selbständigen beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden können. Problematik: Rechtsfähige Gemeinschaft ist keine natürliche Person (= Mensch)! Aber: - Rechtsfähige Gemeinschaft ist bloßes fremdnütziges Zweckgebilde ( Haftungsschutzschild und dauerhaftes Zuordnungssubjekt ) ohne eigene Identität. - Gemeinschaft darf als dazwischengeschobenes Subjekt aber den den Eigentümern gebührenden Verbraucherschutz nicht vereiteln. - Vgl. auch BGH v. 17.09.2015 - I ZR 228/14 GEMA : Eigentümer leiten die Sendungen an sich selbst weiter. Daher: Anerkennung der Verbrauchereigenschaft der Gemeinschaft über Wortlaut (wie bei GbR). Folie 3

BGH v. 24.3.2015 - VIII ZR 243/13 Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer ist im Interesse des Verbraucherschutzes der in ihr zusammengeschlossenen, nicht gewerblich handelnden natürlichen Personen einem Verbraucher gleichzustellen, wenn - ihr wenigstens ein Verbraucher angehört und - sie ein Rechtsgeschäft zu einem Zweck abschließt, der weder einer gewerblichen noch einer selbständigen beruflichen Tätigkeit dient. Folie 4

Lösung des Falles Die Wohnungseigentümergemeinschaft als Vertragspartnerin des Gaslieferungsvertrags ist einem Verbraucher gleichzustellen. Sie hat daher nach 812 Abs. 1 BGB einen Anspruch auf Rückzahlung im Umfange der Preiserhöhungen, auf die sie während der Vertragslaufzeit des Gaslieferungsvertrags gezahlt hat, obwohl die Erhöhungen nach AGB-Recht unwirksam sind.

Überblick Verbraucherschutz [überwiegend europäisch vorgezeichnet, zuletzt insbesondere Umsetzung der Richtlinie über Verbraucherrechte (2011/83/EU) vom 25.10.2011] Verbraucherwiderruf bei Außergeschäftsraum- und Fernabsatz- ( 312g BGB) sowie Kreditverträgen ( 495 BGB). Informationspflichten ( 312b II, 312d BGB), Spezielle Schutzregelungen bei - AGB-Kontrolle, - Verbrauchsgüterkauf, - Verbraucherdarlehen, - in Planung: Verbraucherbauvertrag. Spezialgesetzlicher Schutz, etwa Preisangabenverordnung. Folie 6

Agenda I. Verbraucherschutz und Vertragslaufzeit II. III. Verbraucherschutz und Darlehen Verbraucherschutz beim Verwaltervertrag 1. Allgemeines 2. Vertragslaufzeit 3. Widerruf von Verwalterverträgen Folie 7

I. Verbraucherschutz und Vertragslaufzeit Frage: Kann ein auf 10 Jahre ausgelegter Wärmemessdienstvertrag von der WEG vor Ablauf der vertraglichen Fest- oder Mindestlaufzeit gekündigt werden, da die WEG als Verbraucher durch Formularvertrag nicht länger als 2 Jahre gebunden werden kann.

Deckelung der Vertragslaufzeit Antwort: LG Karlsruhe v. 14.4.2015-8 O 144/14, ZMR 2015, 817: Ja, eine Kündigung ist (sofort, vor Ablauf von zwei Jahren) möglich, weil die Laufzeitregelung insgesamt unwirksam ist! Gesetz: 309 Klauselverbote ohne Wertungsmöglichkeit Auch soweit eine Abweichung von den gesetzlichen Vorschriften zulässig ist, ist in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam. 9. (Laufzeit bei Dauerschuldverhältnissen) bei einem Vertragsverhältnis, das die regelmäßige Lieferung von Waren oder die regelmäßige Erbringung von Dienst- oder Werkleistungen durch den Verwender zum Gegenstand hat, a) eine den anderen Vertragsteil länger als zwei Jahre bindende Laufzeit des Vertrags. Bei Contracting anders wegen 32 AVBFernwärmeVO (bis 10 Jahre).

II. Verbraucherschutz und Darlehen BGH - der Fall: Pforzheimer Wohnungseigentümer beschließen die Durchführung einer Fassadensanierung mit förderfähiger Wärmedämmung. Um die mit ca. 2.000.000 EUR veranschlagten Kosten zu finanzieren, beschließen sie - die Aufnahme eines KfW-Förderkredits, dessen Zinssatz sich zum damaligen Zeitpunkt auf 0% belief, in Höhe von ca. 1.320.000 EUR mit einer Laufzeit von 10 Jahren sowie - die Finanzierung des restlichen Betrages von ca. 900.000 EUR durch Rückgriff auf die Instandhaltungsrückstellung. Wohnungseigentümerin K geht gegen den Kreditbeschluss vor.

BGH v. 25.09.2015 - V ZR 244/14 Eine Kreditaufnahme durch die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer ist nicht nur in besonders gelagerten Ausnahmefällen möglich. Eine mehrheitlich beschlossene Kreditaufnahme muss nicht zwingend eine Option für die Eigentümer enthalten, die Finanzierung selbst zu übernehmen und den auf sie entfallenden Kreditanteil als Sonderumlage zur Reduzierung des Darlehensbetrages einzuzahlen. Bei einem Darlehen lässt sich aber das Risiko des Ausfalls einzelner Wohnungseigentümer nur sehr begrenzt abschätzen. Angesichts dieses Haftungsrisikos ist bei der Entscheidung über die Finanzierung einer Maßnahme durch ein hohes langfristiges Darlehen Zurückhaltung geboten. Zu fordern ist eine sorgfältige Abwägung aller relevanten Umstände des Einzelfalls unter Berücksichtigung der allseitigen Interessen der betroffenen Wohnungseigentümer. Dabei kommt es wesentlich auf den Zweck des Darlehens an, wobei in erster Linie an Instandhaltungs- bzw. Modernisierungsmaßnahmen zu denken ist; je dringlicher eine Maßnahme ist desto eher treten andere Nachteile einer Finanzierung durch Darlehen bei der Abwägung zurück.

BGH v. 25.09.2015 - V ZR 244/14 Die Beschlussfassung über die Aufnahme eines Darlehens muss (in formeller Hinsicht) folgenden Anforderungen genügen: - Angaben über die zu finanzierende Maßnahme, - die Höhe des Darlehens, - dessen Laufzeit, - die Höhe des Zinssatzes bzw. des nicht zu überschreitenden Zinssatzes enthalten und erkennen lassen, ob die Tilgungsraten so angelegt sind, dass der Kredit am Ende der Laufzeit getilgt ist. Ferner muss vor der Beschlussfassung wegen des in die Zukunft verlagerten Risikos der Zahlungsunfähigkeit einzelner Wohnungseigentümer die im Innenverhältnis bestehende Nachschusspflicht der Wohnungseigentümer Gegenstand der Erörterung in der Wohnungseigentümerversammlung gewesen sein. Dies ist in der Niederschrift zu dokumentieren.

Vergleich 492 BGB (1) Die Unterrichtung vor Vertragsschluss muss folgende Informationen enthalten: 1. den Namen und die Anschrift des Darlehensgebers, 2. die Art des Darlehens, 3. den effektiven Jahreszins, 4. den Nettodarlehensbetrag, 5. den Sollzinssatz, 6. die Vertragslaufzeit, 7. Betrag, Zahl und Fälligkeit der einzelnen Teilzahlungen, 8. den Gesamtbetrag, 9. die Auszahlungsbedingungen, 10. alle sonstigen Kosten, ( ) 11. den Verzugszinssatz ( ), 12. einen Warnhinweis zu den Folgen ausbleibender Zahlungen, 13. das Bestehen oder Nichtbestehen eines Widerrufsrechts, 14. das Recht des Darlehensnehmers, das Darlehen vorzeitig zurückzuzahlen,

III. Verbraucherschutz und Verwaltervertrag Verwalter Bestellung in ein privates Amt (durch Beschluss der Wohnungseigentümer) Anstellung (= Verwaltervertrag; Vertragspartner des Verwalters ist die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer ) Organ der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer gesetzlicher Vertreter der Wohnungseigentümer Folie 14

BGH v. 27.2.2015 V ZR 114/14 Die Bestellung des Verwalters entspricht grundsätzlich nur dann ordnungsmäßiger Verwaltung, wenn in derselben Eigentümerversammlung, in der die Bestellung erfolgt, auch die Eckpunkte des abzuschließenden Verwaltervertrags (Laufzeit und Vergütung) in wesentlichen Umrissen geregelt werden; hiervon kann nur unter besonderen Umständen übergangsweise abgewichen werden. Folie 15

1. Verbraucherschutz allgemein 1 Abs. 1 S. 1 Preisangabenverordnung lautet: Wer Letztverbrauchern gewerbs- oder geschäftsmäßig oder regelmäßig in sonstiger Weise Waren oder Leistungen anbietet oder als Anbieter von Waren oder Leistungen gegenüber Letztverbrauchern unter Angabe von Preisen wirbt, hat die Preise anzugeben, die einschließlich der Umsatzsteuer und sonstiger Preisbestandteile zu zahlen sind (Endpreise). LG München v. 5.8.2010-36 S 19282/09: Ist in den allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Verwaltervertrages vorgesehen, dass bei notwendigen Reparaturen bis zu 10.000 DM kein ansonsten grundsätzlich notwendiger Eigentümerbeschluss gefasst werden muss, so ist diese Klausel nichtig, da sie zu einer unangemessenen Benachteiligung der Wohnungseigentümer entgegen den Grundsätzen von Treu und Glauben führt. Nach Verwaltervertrag erhält der Verwalter für die Abhaltung jeder weiteren Eigentümerversammlung eine Sondervergütung. OLG München v. 20.3.2008-34 Wx 46/07 erklärt Bestimmung für unwirksam wegen unangemessener Benachteiligung, 307 Abs.1 BGB, weil kein Ausschluss der Sondervergütung für weitere Versammlungen, die auf Verwalterverschulden beruhen. Folie 16

2. BGH zur Laufzeit und AGB 309 BGB: Auch soweit eine Abweichung von den gesetzlichen Vorschriften zulässig ist, ist in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam 9. bei einem Vertragsverhältnis, das die regelmäßige Lieferung von Waren oder die regelmäßige Erbringung von Dienst- oder Werkleistungen durch den Verwender zum Gegenstand hat, a) eine den anderen Vertragsteil länger als zwei Jahre bindende Laufzeit des Vertrags BGH v. 20.6.2002 V ZB 39/01 (zur Vorgängerregelung des AGBG): Aus 26 Abs. 1 S. 2 WEG folgt auch eine Begrenzung der Laufzeit des von der Verwalterbestellung zu unterscheidenden Verwaltervertrags auf höchstens fünf Jahre. Ist die Laufzeit des Verwaltervertrags in einem Formularvertrag vereinbart, so findet zwar 307 BGB, wegen der vorrangigen Sonderregelung in 26 Abs. 1 S. 2 WEG nicht aber das Klauselverbot des 309 Nr. 9 lit. a BGB Anwendung. Danach kann grundsätzlich auch in Allgemeinen Geschäftsbedingungen für Verwalterverträge eine Laufzeit von mehr als zwei Jahren (bis zur Höchstgrenze von fünf Jahren) wirksam vereinbart werden. Folie 17

3. Widerruf: Horrorszenario? Die Eigentümerversammlung wird einer öffentlichen Lokalität durchgeführt. Die Eigentümer beschließen die Bestellung von V zum Verwalter für fünf Jahre. Es wird auch der Verwaltervertrag gleich vor Ort zwischen V und dem Beiratsvorsitzenden, ermächtigt durch einen weiteren Beschluss der Eigentümerversammlung, unterschrieben. V nimmt seine Arbeit auf. Als nach einem Dreivierteljahr V die Anlage infolge großen Einsatzes im Griff hat, erhält er ein Schreiben, mit dem die Wohnungseigentümergemeinschaft den Verwaltervertrag widerruft. Das Honorar für die letzten neun Monate soll er zurückzahlen. Folie 18

Anwendbarkeit des Widerrufsrechts Grundsätzlich sind die Regelungen über das Verbraucherwiderrufsrecht anwendbar, weil - der Verwalter Unternehmer, - die rechtsfähige Gemeinschaft Verbraucher ist. Es gilt keine Ausnahme, weil der Vertrag spezifische Belastungen enthalten kann, insbesondere hinsichtlich Vergütung und Laufzeit, für die Verbraucherschutz angemessen ist. Folie 19

Voraussetzungen des Widerrufsrechts Widerrufsrecht, 312g BGB: - Außergeschäftsraumverträge werden nach 312b BGB u.a. bei gleichzeitiger körperlicher Anwesenheit des Verbrauchers und des Unternehmers an einem Ort geschlossen, der kein Geschäftsraum des Unternehmers ist. - 312c Abs.1: Fernabsatzverträge setzen für den Fernabsatz organisiertes Vertriebs- oder Dienstleistungssystem voraus. Frist, 355 Abs. 2, 356 Abs. 3 BGB - 14 Tage nach ordnungsgemäßer Belehrung, die gegenüber Vertreter erfolgen kann. - Maximalfrist beträgt ein Jahr plus 14 Tage. Folie 20

Folgen des Widerrufs 357 Abs. 8 BGB: Widerruft der Verbraucher einen Vertrag über die Erbringung von Dienstleistungen [ ], so schuldet der Verbraucher dem Unternehmer Wertersatz für die bis zum Widerruf erbrachte Leistung, wenn der Verbraucher von dem Unternehmer ausdrücklich verlangt hat, dass dieser mit der Leistung vor Ablauf der Widerrufsfrist beginnt. Der Anspruch aus Satz 1 besteht nur, wenn der Unternehmer den Verbraucher nach Artikel 246a 1 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 und 3 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche ordnungsgemäß informiert hat. Bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen besteht der Anspruch nach Satz 1 nur dann, wenn der Verbraucher sein Verlangen nach Satz 1 auf einem dauerhaften Datenträger übermittelt hat. Bei der Berechnung des Wertersatzes ist der vereinbarte Gesamtpreis zu Grunde zu legen. Ist der vereinbarte Gesamtpreis unverhältnismäßig hoch, ist der Wertersatz auf der Grundlage des Marktwerts der erbrachten Leistung zu berechnen. Anspruch des Verwalters - auf übliche Vergütung folgt schon aus nicht widerrufbarer Bestellung, - deren Wirkung auch 358 BGB nicht ausschließen will. Folie 21

Folgerungen zum Widerruf Die rechtsfähige Gemeinschaft genießt als Vertragspartnerin grundsätzlich Verbraucherschutz. Der Verbraucherschutz gilt auch für den Verwaltervertrag. Dieser Schutz kann sich auch auf die Widerrufsrechte erstrecken. Beim Verwaltervertrag kann das Widerrufsrecht des Außergeschäftsraumvertrags greifen, wenn der Vertrag außerhalb der Geschäftsräume des Verwalters geschlossen wird. Ein Widerrufsrecht greift nicht, wenn der Vertrag im Geschäftsraum des Verwalters oder unter Abwesenden (Brief, E- Mail) geschlossen wird. Der wirksame Widerruf beendet den Vertrag, lässt aber den Anspruch des Verwalters auf amtsangemessene Vergütung aus der Bestellung unberührt. Folie 22

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Prof. Dr. Florian Jacoby Direktor der Forschungsstelle für Immobilienrecht, Universität Bielefeld Universitätsstr. 25, 33615 Bielefeld florian.jacoby@uni-bielefeld.de www.jura.uni-bielefeld.de/fir/