Strukturqualität eine gute Alternative? Weder Evidenz noch Finanzierung Qualitätstag der Krankenhäuser am 09. Mai 2014 in Berlin Dr. med. Andrea Bronner, MBA Geschäftsführende Direktorin Vivantes Klinikum im Friedrichshain
Vivantes - größter kommunaler Krankenhauskonzern Deutschlands Strukturdaten 2012 9 Klinkstandorte; incl. 2 Komfortkliniken 5.454 Betten / TK-Plätze 200.000 stationäre Patienten * 289.000 ambulante Patienten Anteile an stationärer Versorgung in Berlin ca. 30 % Somatik ca. 50 % Psychiatrie Vollkräfte: ca. 10. 462 davon Ärzte: ca. 1. 542 VK davon Pflege: ca. 3.750 VK Umsatz gesamt: ca. 865 Mio. davon Umsatz Kliniken: 746,9 Mio. 12 Medizinische Versorgungszentren 47 Zulassungen; 19 Fachrichtungen Forum für Senioren: 13 Pflegeeinrichtungen; 2 Seniorenwohnhäuser 1 Hospitz 1 Ambulante Rehabilitation 1 Entwöhnung 1 Ambulante Krankenpflege Vivantes international * Patientenangaben exklusive Entwöhnung -2-
Vivantes Klinikum im Friedrichshain - Das Krankenhaus der Maximalversorgung im Herzen Berlins 24 Fachabteilungen und Institute zahlreiche Zentren und Schwerpunkte, darunter Überregionales Traumazentrum 925 Betten an 2 Standorten Landsberger Allee Prenzlauer Berg (Fröbelstr.) ca. 100.000 Patienten im Jahr, davon ca. 43.000 stationär und fast 60.000 ambulant ca. 2.500 Geburten/Jahr 1.350 Mitarbeiter, darunter ca. 350 Ärzte und 650 Pflegekräfte Umsatz (TEUR) 2012 161.31 Umfassende medizinische Großgeräteausstattung Ct, MRT PET-CT, Spect CT Linksherzkatheterplatz Kindercampus mit Perinatalzentrum Level 1, Kinderintensiv, Kinderrettungsstelle, div. Subspezialisierungen und KiJuPsych Zentrum für Gefäßmedizin Zertifizierte Wundklinik Zentrum für Hämophilie und Hämostasiologie (Bluterkrankheit, Blutgerinnungsstörungen) Neurovaskuläres Zentrum, Neurochirurgie, Neuropädiatrie Stroke Unit (Schlaganfallakutversorgung) Hörzentrum mit Schwerpunkt Cochlea Implantation Wirbelsäulenzentrum Zentrum für Endoprothetik Tumorzentrum Mitte Zentrum für hyperbare Sauerstofftherapie und Tauchmedizin Aeromedical Center (Flugmedizin) Ambulante und stationäre Dialyse -3-
Was ist Qualität? Qualität ist der Grad der Übereinstimmung zwischen definiertem SOLL und erreichtem IST eines Produktes, einer Struktur oder einer Dienstleistung -4-
Wer beurteilt die Qualität? SOLL-Definition durch Experten bzw. "Interne :. Mediziner. Pflegekräfte. Experten der Versorgungsdienste (Technik, Einkauf, Logistik usw.) SOLL-Definition durch Laien bzw. "Externe :. Patienten. Angehörige. Einweiser. Kostenträger. Politik und Kooperationspartner -5-
Was ist Qualität? Strukturqualität bezieht sich auf die Rahmenbedingungen eines Gesundheitsangebotes, also z.b. auf die personelle, technische oder finanzielle Ausstattung Prozess + Strukturqualität = Ergebnisqualität Das Ergebnis zählt! -6-
QS bei Vivantes - Systematische Umsetzung seit 2001-7-
QS bei Vivantes - Themenschwerpunkte - Ressourcenverbrauch Was Wie Aufwand BQS- / AQUA-Verfahren Datenerfassung, Optimierung der Datenqualität, Datenlieferungen, Ergebnisdaten-Analyse und - Bearbeitung, Strukturierter Dialog usw. > 3,9 VK p.a. Qualitätsberichterstattung Datenerfassung, Datenlieferung (8 Berichte in 2 > 0,9 VK p.a. Versionen), Datenlayout, Wirkungskontrolle usw. QS Hämotherapie Standortaudits, Handbuchpflege, Aktenanalyse usw. > 0,1 VK p.a. usw. usw. usw. Patientenbefragung Beschwerdemanagement Projektarbeit usw. Externe Verfahren Datenerfassung, Freitextanalyse, Ergebnisberechnung, Ergebnisdatenbearbeitung Sofortreaktion und Eingangsbestätigung, Unterstützung der Klinikantwort, Terminkontrolle, Verbesserungsaktivitäten usw. QM Audits, QM Handbuch, Zertifizierungsberatung, Patientenarmbänder, Befragungssoftware, OP- Checkliste, 4QD Qualitätskliniken.de, Analyse Besonderer Vorkommnisse, Aktionsbündnis Patientensicherheit, Projektberatung vor Ort, CIRS usw. Interne Verfahren > 0,9 VK p.a. > 1,8 VK p.a. bis hier noch verfügbare Ressourcen > 800.000,- EURO p.a. -8-
Kosten für Qualitätssicherung Es wird geschätzt, dass sich ab dem Jahr 2013 die entstehenden Bürokratiekosten für die Krankenhäuser durch die Qualitätsberichte jährlich um 3,1 Millionen. Euro erhöhen -9-
QS bei Vivantes - Pflicht oder Kür? QB 2010 11,8% 35,1% Interne Verfahren und Projekte Externe Verfahren (ohne QB) 53,0% -10-
QS bei Vivantes - Fokus Patientensicherheit Klinisches Risikomanagement Patientenbefragung Beschwerdemanagement Besondere Vorkommnisse Beinahefehlermeldesystem Zertifizierung Patientensicherheit durch die DEKRA in 2013-11-
Statement 1 Der QS-Zuschlag, der seit 2004 nahezu unverändert geblieben ist, deckt nicht annähernd die für QS-Maßnahmen in den Krankenhäusern anfallenden Kosten -12-
Anforderungen Strukturqualität Bundesministerium für Gesundheit Gemeinsamer Bundesausschuss Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) ist das oberste Beschlussgremium der gemeinsamen Selbstverwaltung der Ärzte, Zahnärzte, Psychotherapeuten, Krankenhäuser und Krankenkassen in Deutschland. Er bestimmt in Form von Richtlinien den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) für mehr als 70 Millionen Versicherte und legt damit fest, welche Leistungen der medizinischen Versorgung von der GKV erstattet werden. Darüber hinaus beschließt der G-BA Maßnahmen der Qualitätssicherung für den ambulanten und stationären Bereich des Gesundheitswesens. (Quelle: Internet) -13-
Anforderungen Strukturqualität Beispiele von Anforderungen des G-BA zur Qualitätssicherung: Vereinbarung gemäß 137 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 SGB V über die grundsätzlichen Anforderungen an ein einrichtungsinternes Qualitätsmanagement für nach 108 SGB V zugelassene Krankenhäuser, in der Fassung vom 21. Juni 2005 Bekanntmachung eines Beschlusses des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Neuaufnahme eines Anhangs zur Anlage 1 der Vereinbarung über Maßnahmen zur Qualitätssicherung der Versorgung von Früh- und Neugeborenen QNeu-RL Vom 19. Februar 2009 Mindestmengenregelungen Mindestmengenregelung gemäß 137 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SGB V Fassung vom: 21.03.2006 BAnz. Nr. 143 (S. 5389) vom 02.08.2006 Letzte Änderung: 04.12.2013 BAnz AT 18.12.2013 B5 In Kraft getreten am: 01.01.2014 Zuständig: Unterausschuss Qualitätssicherung -14-
Statement 2 Die Bundesärztekammer kritisiert die willkürliche Festlegung von Mindestmengen für bestimmte Krankenhausleistungen. Systematische Überprüfung der Ergebnisqualität in Abhängigkeit der Anzahl durchgeführter Eingriffe? (eines Standortes? Oder eines Operateurs?) Wer hat welche Interessen? -15-
Sicherung und Steuerung der Anforderungen im Konzern Vivantes Stichwort Volltitel Definition - ICD Definition - OPS Budgetrelevanz Nachweis verfahren AVK HUK KAU KFH KHD KNK KSP WBK Vertragsärzte MVZ Bemerkung Mindestmengen Vereinbarung des Gemeinsamen Bundesausschusses gemäß 137 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 SGB V für nach 108 SGB V zugelassene Krankenhäuser (Mindestmengenvereinbarung) --- x x Darstellung im Externen Qualitätsbericht x x x x x x x x ------ BAA Richtlinie über Maßnahmen zur Qualitätssicherung für die stationäre Versorgung bei der Indikation Bauchaortenaneurysma x x x Konformitätserklär ung (Unterschrift von GD, ÄD, PD) x x x x --- x --- --- --- --- Kinder- Onkologie Vereinbarung über Maßnahmen zur Qualitätssicherung für die stationäre Versorgung von Kindern und Jugendlichen mit hämato-onkologischen Krankheiten x --- x Checkliste (Unterschrift von GD, ÄD, PD) --- --- --- --- --- --- --- --- --- --- -16-
Anforderungen Strukturqualität Vielfältig je nach Klinik unterschiedlich Zertifizierte Zentren besondere Anforderungen Notwendigkeit zur Abwägung von Aufwand und Nutzen Können wir uns dieses medizinische Angebot als Klinik leisten? Was sagt der Versorgungsauftrag für die Berliner Bevölkerung? -17-
Statement 3 Neuere Studienergebnisse zeigten, dass die Mortalitätsrate Frühgeborener nicht linear mit der steigenden Zahl behandelter Kinder sinkt. -18-
Anforderungen Strukturqualität Beispiel Neonatologiezentrum Level 1 - Erste Fassung 20.09.2005 - Erste revidierte Fassung 20.08.2009 - Zweite revidierte Fassung 20.06.2013 Inkrafttreten 01.01.2014, Übergangsfristen Qualitätssicherungsrichtlinie für Früh und Reifgeborene Zuweisungs- und Aufnahmekriterien Anforderungen an Struktur- Prozess und Ergebnisqualität -19-
Anforderungen Strukturqualität Beispiel Neonatologiezentrum Level 1 - Anbindung an strukturierte entwicklungsneurologische Nachsorge (SPZ) - Ab 30.06.2014 - Psychosoziale Betreuung stationär (1,5 VK pro 100 Aufn.<1500g) - Psychosoziale Nachsorge (ggf. Vernetzung mit vorh. Einrichtungen) - 40% Fachweiterbildung Pädiatrische Intensivpflege (2 jährige Ausbildung, schwierig zu bekommen) Übergang bis 31.12.2016 - mind. 5 J. Erfahrung - Ab 01.01.2017 - mindestens 1,0 Pflegekraft pro intensivpflichtigem FG - mindestens 0,5 Pflegekraft pro Kind bei Intensivüberwachung (Definition der British Association of Perinatal Medicine von 2011) -20-
Beispiel Neonatologiezentrum Level 1, Situation im KFH Strukturdaten: - 16 Neointensivbetten - ca. 40 VK Pflege (42 geplant, aber 2 unbesetzt) - ca. 9 VK Ärzte In 2013: Versorgung von ca. 450 Kindern pro Jahr auf Station Versorgung Kreissaal Neugeborenen Notarztsystem U- Untersuchungen -21-
Beispiel Neonatologiezentrum Level 1, Situation im KFH Behandlung von 68 Kindern unter 1500 Gramm - davon 50 Kinder unter 1250 Gramm - davon 34 Kinder unter 1000 Gramm Liegedauer 26-28 Woche: ca. 60 Tage Liegedauer 24-26 Woche: ca. 80-100Tage -22-
Anforderungen Strukturqualität Neonatologiezentrum Level 1, KFH G-BA Beschluss: Notwendigkeit zur Einstellung von 13 Pflegekräften Notwendigkeit Aufbau 1 VK Psychologie - Ca. 770.000 Mehrkosten pro Jahr - Keine Mehrerlöse - Verbesserung der Ergebnisqualität? -23-
Anforderungen Strukturqualität Neonatologiezentrum Level 1 - Keine verbesserte Ergebnisqualität bisher messbar - Verweildauer - Hirnblutungen - Retinopathien - Entwicklungsneurologische Nachuntersuchung - Infektionen - Mortalität - Zufriedenheit der Eltern gefühlt höher - Hygiene zentrales Thema mit eigenen Auswertungen -24-
Anforderungen Strukturqualität Neonatologiezentrum Level 1 - Kalkulationsgrundlage INEK? - Nur 21er Datensatz - Erfassung von nur ca. 10% aller Krankenhäuser - Vorgegebener Personalschlüssel evidenzbasiert? - Ausbildungsgrad evidenzbasiert? - Finanzierung der Mehrkosten? - Katalogeffekt? - Evaluation der Ergebnisqualität? -25-
Statement 4 Die Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin sieht einen finanziellen Mehrbedarf von 15-20% zur Sicherstellung einer angemessenen Finanzierung von Kinderkliniken -26-
Anforderungen Strukturqualität Neonatologiezentrum Level 1 Weiterentwicklung der Strukturqualität jenseits der G-BA Vorgaben entsprechend der Bedürfnisse unserer Klinik in 2014 Konzept Bereichspflege: Pflege bleibt über die Versorgungsstufen hinweg beim Kind -27-
Statement 5 Qualität kann nicht nur gefordert werden Qualität muss auch etwas wert sein und entsprechend bezahlt werden -28-
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit -29-