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Transkript:

NEWSLETTER BREIHOLDT & VOSCHERAU, Büschstr.12, 20354 Hamburg Ausgabe: 05/2007 Seniorenresidenz: Können die Wohnungseigentümer zum Abschluss eines langfristigen Betreuungsvertrags verpflichtet werden? (BGH, Urt. v. 13.10.2006 V ZR 289/05) Sachverhalt: In einer Wohnungseigentumsanlage dürfen die Wohnungen laut Teilungserklärung nur von betreuungsbedürftigen Personen genutzt werden ( Seniorenresidenz ). Jeder Wohnungseigentümer ist verpflichtet, mit einem bestimmten Betreuungsunternehmen einen langfristigen Vertrag abzuschließen, der nur aus besonderen Gründen (z.b. bei einer schweren Pflichtverletzung des Pflegedienstes) gekündigt werden darf. 1997 erwirbt ein Eigentümer eine Wohnung und schließt den vorgeschriebenen Betreuungsvertrag ab. Anfang 2000 kündigt er den Vertrag. Das Betreuungsunternehmen weist die ordentliche Kündigung zurück und klagt auf Zahlung der vertraglich vereinbarten Vergütung in Höhe von monatlich rd. 130. Was sagt das Gericht? Die Regelung der Teilungserklärung, die zum Abschluss des langfristigen Betreuungsvertrags zwingt, ist nach Auffassung des BGH unwirksam. Zwar ist die Pflicht zum Abschluss eines Betreuungsvertrags grundsätzlich zulässig. Das Maß des Zulässigen ist aber überschritten, wenn die Wohnungseigentümer einen Vertrag mit einer Laufzeit von mehr als zwei Jahren abschließen müssen. Dies gilt umso mehr, wenn weder der einzelne Wohnungseigentümer noch die Wohnungseigentümergemeinschaft die Möglichkeit haben, die konkrete Ausgestaltung des Vertrages zu beeinflussen. In einem solchen Fall benachteiligt der Abschlusszwang die Wohnungseigentümer in unangemessener Weise. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf die hohe persönliche Bedeutung, die gerade Betreuungsleistungen haben. Praxishinweis: Grundsätzlich kann die Teilungserklärung also zum Abschluss bestimmter Verträge verpflichten. Häufigster (und regelmäßig unkritischer) Fall: die Verwalterverträge! Der Maßstab für die Abgrenzung der zulässigen Langfristverträge

von den unzulässigen ist die unangemessene Benachteiligung. Die Vertragslaufzeit von zwei Jahren muss dabei nicht die Obergrenze sein: Im Einzelfall ist auch eine längere Mindestlaufzeit möglich. Dies ist zum Beispiel dann der Fall, wenn der beauftragte Unternehmer zunächst einiges investieren muss und deshalb auf eine längerfristige Amortisationszeit angewiesen ist: Beispiele sind: Wärmeversorgungsvertrag zwischen Wärmelieferant und Einzeleigentümer, Saunaund Wellnessbetreiber. Außerdem wird die Beurteilung dann milder, wenn die Vertragskonditionen nicht vom Bauträger vorgegeben, sondern von der Eigentümergemeinschaft im Einzelnen ausgehandelt wurden. Betriebskostenabrechnung: Wann ist die Verteilung nach Fläche für den Gewerberaummieter unbillig? (Kammergericht, U. v. 24.07.2006 8 U 224/05) Sachverhalt: Es geht um ein Miethaus, in dem sich neben diversen Wohnungen auch vier Gewerbeeinheiten befinden: ein türkischer Imbiss, ein Internet-Café, eine Arztpraxis und eine Rechtsanwaltskanzlei. Der Rechtsanwalt lehnt es ab, die Nachforderungsbeträge aus den Betriebskostenabrechnungen der Jahre 2000 bis 2002 zu zahlen. Er meint, der Flächenmaßstab, den der Vermieter verwendet hat, sei unbillig. Generell müssten die Betriebskosten getrennt nach Wohn- und Geschäftsraumflächen erfassen. Auch innerhalb der Nutzergruppe Gewerbemieter müssten die erheblich höheren Wasserverbräuche der anderen Gewerbemieter vorweg erfasst und verteilt werden. Was sagt das Gericht? Der Vermieter setzt sich durch. Das Kammergericht hat schon Bedenken, ob ein Gewerberaummieter überhaupt einen Vorwegabzug verlangen kann. Die BGH-Rechtsprechung zum Vorwegabzug sollte ja eigentlich die Wohnraummieter davor schützen, die höheren Kosten der Gewerbeeinheiten tragen zu müssen, nicht umgekehrt. Das Gericht meint aber, dass diese Frage hier offen bleiben kann. Denn im konkreten Fall wäre der Kostenverteilungsschlüssel Fläche nur dann unbillig, wenn der Rechtsanwalt dazu nicht nur generelle Bedenken artikuliert, sondern die einzelnen Betriebskostenarten benannt hätte, bei denen die flächenbezogene Verteilung zu unbilligen Verteilungsergebnissen führt. Das gilt auch für die Verteilung innerhalb der Nutzergruppe Gewerbemieter. Auch hier hätte er genau darlegen müssen, dass die Mitmieter bei bestimmten Kostenarten einen höheren Verbrauch haben bzw. höhere Kosten verursachen. Insbesondere zweifelt

das Gericht, dass ein türkischer Imbiss, ein Internet-Café und eine Arztpraxis einen spezifisch höheren Wasserverbrauch als eine Anwaltskanzlei haben. Praxishinweis: Auch wenn der Rechtsanwalt in diesem Fall seine Einwände nicht genau genug belegt hat, war seine Kritik zumindest im Hinblick auf den höheren Verbrauch der Wohnungsmieter nicht ganz abwegig. Insbesondere der Wasserverbrauch kann bei Wohnungsnutzung um ein Vielfaches höher sein als bei der Gewerbenutzung, insbesondere der Büronutzung. Üblicherweise schätzt man den Wasserverbrauch bei Büros auf 25 Liter/Tag pro Angestellter, bei einer Vollkomfortwohnung auf 125 Liter/Tag pro Person. Die einheitliche Verteilung der Betriebskosten nach Fläche kann also auch den Büromieter unbillig belasten. Eine BGH-Entscheidung zu dieser Frage gibt es noch nicht. Der Vermieter tut daher gut daran, den Verteilungskonflikt wenigstens bei den Wasserkosten zu vermeiden: durch klare Umlagevereinbarung, oder noch besser: durch Einbau von Wasserzählern. Verwaltervertrag: Darf die Eigentümergemeinschaft den Verwaltungsbeirat ermächtigen, den Verwaltervertrag abzuschließen? (OLG Düsseldorf, Beschl. v. 30.5.2006 - I-3 Wx 51/06) Sachverhalt: In der Eigentümerversammlung soll ein neuer Verwalter gewählt werden. Der Kandidat legt den Eigentümern einen Formular-Verwaltervertrag vor. Die Versammlung bestellt den Verwalter durch Mehrheitsbeschluss, der auch die Vertragslaufzeit und das Grundhonorar nennt. Die Eigentümer ermächtigen zudem den Verwaltungsbeirat durch Mehrheitsbeschluss, den vorgeschlagenen Verwaltervertrag für die Gemeinschaft abzuschließen. Der Verwaltungsbeirat unterzeichnet noch während der Versammlung den Verwaltervertrag. Ein Eigentümer ist mit der Verwalterwahl nicht einverstanden. Da er dagegen aber keine rechtliche Handhabe hat, versucht er es durch die Hintertür : Er ficht den Beschluss über die Bevollmächtigung zum Vertragsschluss an. Wenn dieser nämlich für ungültig erklärt würde, wäre kein wirksamer Vertrag geschlossen, so dass man wenigsten die Vertragsbedingungen noch einmal neu aushandeln könnte. Was sagt das Gericht? Laut OLG Düsseldorf durften die Eigentümer den Verwaltungsbeirat zum Abschluss des Verwaltungsvertrages bevollmächtigen. Zwar gehören das Aushandeln und der Abschluss des Verwaltervertrages zu den ureigensten Aufgaben der Eigentümerversammlung. Diese Kompetenz kann aber

auch ausnahmsweise durch Mehrheitsbeschluss dem Verwaltungsbeirat übertragen werden. Wichtig ist dann aber, dass die Kernkompetenz bei den Eigentümern verbleibt. Sie müssen über Vertragsdauer, Grundvergütung und die wesentlichen Eckdaten des Vertrags entschieden haben. Das war hier aber der Fall. Denn der Beirat war nur ermächtigt, auf der Basis des angebotenen Formularvertrags einen Vertrag abzuschließen. Praxishinweis: Delegationsbeschlüsse nennt man die Beschlüsse, die den Verwaltungsbeirat bevollmächtigen, umfangreiche Verträge im Detail auszuhandeln. Sie sind in der Praxis häufig. Das gilt insbesondere bei größeren Gemeinschaften. Wenn die Gemeinschaftsordnung keine entsprechende Kompetenz vorsieht, ist zumindest beim Verwaltervertrag große Vorsicht geboten. Zweckmäßig ist es in solchen Fällen, über das Verhandlungsergebnis von den Eigentümern noch einmal abstimmen zu lassen. Auf diese Weise vermeidet der Beirat das Risiko, dass er ohne ausreichende Vertretungsmacht handelt. Sachversicherungen: Ist die sog. Mehrwertsteuerklausel in den Versicherungsbedingungen wirksam? (BGH, U. v. 24.5.2006 IV ZR 263/03 ) Sachverhalt: Ein Fahrzeug wird durch einen Unfall beschädigt. Der Wiederbeschaffungswert des Wagens beträgt 32.000,00. Obwohl eine Reparatur möglich wäre, verkauft der Halter den unreparierten Wagen für 12.000 und kauft sich ein neues Fahrzeug. Dann verlangt er von seiner Kasko-Versicherung den Ersatz des Schadens. Der Versicherer kürzt die von einem Sachverständigen geschätzten Reparaturkosten i.h.v. 20.000 brutto um die Mehrwertsteuer von 3.200 und zahlt an den Versicherungsnehmer nur 16.800. Begründet wird dies mit den vereinbarten Kasko- Versicherungs-bedingungen (AKB). Dort heißt es unter 13 II. zur Überschrift Wiederherstellung des Fahrzeugs : Die Mehrwertsteuer ersetzt der Versicherer nur, wenn der Versicherungsnehmer diese tatsächlich gezahlt hat. Der Versicherungsnehmer klagt ohne Erfolg gegen den Versicherer. Im Anschluss daran verlangt ein Verbraucherschutzverein von dem Versicherer, diese Mehrwertsteuerklausel künftig nicht mehr zu verwenden. Was sagt das Gericht? Er gibt dem Verbraucherschutzverein Recht! Die Mehrwertsteuerklausel ist unverständlich und deshalb unwirksam. Es kommt darauf an, ob ein durchschnittlicher, aufmerksamer Versicherungsnehmer die Klausel

richtig verstehen kann. Die Mehrwertsteuerklausel kann ein juristischer Laie aber auf zweierlei Weise verstehen: 1. Die tatsächlich gezahlte Mehrwertsteuer wird ersetzt, gleichgültig ob sie bei einer Reparatur oder wie hier bei der Ersatzbeschaffung anfällt. 2. Es wird nur die Mehrwertsteuer ersetzt, die für die Reparatur bezahlt wird. Juristisch richtig ist die zweite Auslegung. Aber das kann der Laie nicht erkennen. Er kann deshalb nicht selbst beurteilen, ob eine Reparatur oder eine Neuanschaffung günstiger ist. Das zeigt der hier zugrunde liegende Fall ganz anschaulich: Der Versicherte erleidet einen Schaden von 20.000 (Wiederbeschaffungswert von 32.000 abzüglich des Restwerts von 12.000 ). Er erwartet eine Versicherungsleistung in Höhe der geschätzten Reparaturkosten von 20.000 brutto. Mit dem Abzug der Mehrwertsteuer rechnet er nicht, weil er ja auch bei Anschaffung des Ersatzfahrzeugs Mehrwertsteuer gezahlt hat. Praxishinweis: Die Entscheidung hat Bedeutung weit über die Kaskoversicherung hinaus. Die Bedingungen der meisten anderen Sachversicherungen (z.b. VHB der Hausratversicherung) enthalten ähnliche Mehrwertsteuerklauseln. Wer eine solche Klausel in seinem Vertrag findet, kann sich im Schadensfall gegenüber der Versicherung auf die neue BGH-Entscheidung berufen und verlangen, dass die Mehrwertsteuer erstattet wird.