Ziel des Gesetzgebers war und ist



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Transkript:

Gesellschaftsrechtliche Beteiligungsmodelle Zusammenarbeit von HNO-Ärzten und Hörakustikern auf dem Prüfstand Bereits seit 2009, als im Zuge des Gesetzes zur Weiterentwicklung der Organisationsstrukturen der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV- OrgWG), der 128 SGB V neu eingeführt wurde, steht die Zusammenarbeit zwischen niedergelassenen (HNO-)Ärzten und Leistungserbringern wie Hörgeräteakustikern unter besonderer Beobachtung. Ziel des Gesetzgebers war und ist es, jedwede im Zusammenhang mit der Warenabgabe getätigte»unzulässige Zuwendung«zu unterbinden (BT-Drs. 16/10609, S. 58). Das GKV- OrgWG kann zurückblickend nur als Anfangspunkt betrachtet werden; seither wurde das Beziehungsgeflecht zwischen Ärzteschaft und Leistungserbringern regulatorisch stetig verschärft. Den vorläufigen Schlusspunkt des gesetzgeberischen Handelns in dem Zusammenhang stellt das zum 1.1.2012 in Kraft getretene Versorgungsstrukturgesetz (GKV-VStG) dar, in dem nunmehr auch die Beteiligung von Ärzten an Unternehmen von Leistungserbringern auf den Prüfstand gestellt wird. Nachfolgend soll aufgezeigt werden, ob, und falls ja, unter welchen Voraussetzungen sich HNO-Ärzte an gesellschaftsrechtlichen Modellen von beziehungsweise mit Hörgeräteakustikern beteiligen dürfen. Neben der Regelung des 128 SGB V wird dabei auch auf die berufsrechtlichen Vorgaben eingegangen. Schließlich wird ein Überblick über die aus dem Sozialund Strafrecht resultierenden Rechtsfolgen bei etwaigen unzulässigen gesellschaftsrechtlichen Beteiligungen gegeben. 128 SGB V als Ausgangspunkt 128 SGB V regelt verschiedene Grundkonstellationen, die nach der Vorstellung des Gesetzgebers unzulässig sind. Hierzu gehört insbesondere die Versorgung aus einem unzulässigen Depot gemäß Abs. 1, die Gewährung unzulässiger Zuwendungen und wirtschaftlicher Vorteile im Sinne des Abs. 2 und die Einbeziehung verschiedener Gesundheitsdienstleister bei der Versorgung mit Leistungen nach 31 und 116 b SGB V. 128 Abs. 2 SGB V Bei der Prüfung der Zulässigkeit von gesellschaftsrechtlichen Beteiligungsmodellen von HNO-Ärzten und Hörgeräteakustikern geht es im Kern um die Frage einer Gewährung von unzulässigen Zuwendungen und wirtschaftlichen Vorteilen. Demzufolge ist Beurteilungsmaßstab 128 Abs. 2 SGB V, dessen Regelungsbereich verkürzt als»zuwendungsverbot«bezeichnet wird. Die Regelung hatte bis Anfang des Jahres folgenden Wortlaut (verkürzt):» 128 Unzulässige Zusammenarbeit zwischen Leistungserbringern und Vertragsärzten (2) Leistungserbringer dürfen Vertragsärzte sowie Ärzte in Krankenhäusern und anderen medizinischen Einrichtungen nicht gegen Entgelt oder Gewährung sonstiger wirtschaftlicher Vorteile an der Durchführung der Versorgung mit Hilfsmitteln beteiligen oder solche Zuwendungen im Zusammenhang mit der Verordnung von Hilfsmitteln gewähren. ( ) Wirtschaftliche Vorteile im Sinne des Satzes 1 sind auch die unentgeltliche oder verbilligte Überlassung von Geräten und Materialien und Durchführung von Schulungsmaßnahmen sowie die Gestellung von Räumlichkeiten oder Personal oder die Beteiligung an den Kosten hierfür.«aus dem Wortlaut der Norm folgt, dass für die Weitergabe, Steuerung oder andere Formen der Vermittlung von Verordnungen an einen konkreten Leistungserbringer keine wirtschaftlichen Vorteile gewährt werden dürfen. Hierzu gehören nicht nur die direkte Zahlung von Geld, wie zum Beispiel über Rückvergütungen, sondern auch andere unentgeltliche Vorteile. Dies kann die Gestellung von Räumlichkeiten oder Personal oder die Beteiligung an den Kosten hierfür sein, (Foto: GaToR-GFX / fotolia.com) 28 Hörakustik 7/2012

wie es zum Beispiel in 128 Abs. 2 SGB V ausdrücklich heißt. Hierbei ist zu beachten, dass die beispielhaft genannten Fälle (zum Beispiel Gestellung von Räumlichkeiten) keine abschließende Aufzählung darstellen (» sind auch «). Nach dem Willen des Gesetzgebers sollen Vertragsärzte grundsätzlich unbeeinflusst von eigenen finanziellen Interessen über die Verordnung von Hilfsmitteln entscheiden. Aus diesem Grund sind nach 128 Abs. 2 S. 1, 2. Alt. SGB V sämtliche Zuwendungen von Leistungserbringern an Vertragsärzte untersagt, die mit der Verordnung von Hilfsmitteln in Zusammenhang stehen (BT-Drs. 16/10609, S. 58). Verschärfung durch das GKV-Versorgungsstrukturgesetz Mit dem am 1.1.2012 in Kraft getretenen GKV-VStG hat der Gesetzgeber nunmehr den in 128 Abs. 2 Satz 3 SGB V aufgeführten drei Regelbeispielen eines»wirtschaftlichen Vorteils«ein viertes Regelbeispiel hinzugefügt. Seither hat die Regelung folgenden Wortlaut:»Unzulässige Zuwendungen im Sinne des Satzes 1 sind auch die unentgeltliche oder verbilligte Überlassung von Geräten oder Materialien und Durchführung von Schulungsmaßnahmen, die Gestellung von Räumlichkeiten oder Personal oder die Beteiligung an den Kosten hierfür sowie Einkünfte aus Beteiligungen an Unternehmen von Leistungserbringern, die Vertragsärzte durch ihr Verordnungs- oder Zuweisungsverhalten selbst maßgeblich beeinflussen.«auch die Einkünfte eines (HNO-) Arztes, die dieser aus Beteiligungen an Unternehmen von Leistungserbringern erzielt, werden nunmehr als wirtschaftlicher Vorteil im Sinne des 128 SGB V qualifiziert, soweit der beteiligte Arzt diese Einkünfte durch sein Verordnungs- oder Zuweisungsverhalten maßgeblich beeinflusst. Ausweislich der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 17/6906, S. 85) soll mit der Änderung verhindert werden, dass Vertragsärzte und -ärztinnen das Zuwendungsverbot durch Beteiligung an Unternehmen von Leistungserbringern im Hilfsmittelbereich umgehen. Dabei hat der Gesetzgeber jedoch an seiner bisherigen Grundstruktur festgehalten, wonach die Zuwendung, das heißt die als»sonstiger wirtschaftlicher Vorteil«zu qualifizierenden Einkünfte des Arztes aus einer Beteiligung an einem Unternehmen eines Leistungserbringers, nicht per se unzulässig ist. Die Unzulässigkeit entsteht erst dann, wenn dem Wortlaut des 128 Abs. 2 Satz 1 SGB V folgend die Zuwendung»im Zusammenhang mit der Verordnung von Hilfsmitteln«steht. Darstellung anhand eines praktischen Beispiels Unter Berücksichtigung der vorausgehenden Ausführungen ergibt sich, dass die nachfolgend exemplarisch geschilderte in der Praxis zum Teil gelebte Konstellation eines gesellschaftsrechtlichen Beteiligungsmodells von HNO-Arzt und Hörgeräteakustiker häufig gegen 128 Abs. 2 SGB V verstoßen dürfte. Ein HNO-Arzt und ein Hörgeräteakustiker gründen gemeinsam eine Gesellschaft in der Rechtsform der GmbH & Co. KG und bringen das Gründungskapital jeweils zu gleichen Teilen ein. Die erzielten Gewinne der Gesellschaft werden dem Beteiligungsverhältnis folgend hälftig an den HNO- Arzt und den Hörgeräteakustiker ausgeschüttet. Der beteiligte HNO-Arzt ist Vertragsarzt im Sinne des 128 Abs. 2 Satz 1 SGB V und demzufolge Adressat der Regelung. Die dem Beteiligungsverhältnis entsprechende und dem HNO- Arzt zufließende Ausschüttung der Gewinne der Gesellschaft stellen Einkünfte aus der Beteiligung an der gemeinsam mit dem Hörgeräteakustiker gegründeten GmbH & Co. KG dar, die der HNO-Arzt durch sein Verordnungsund Zuweisungsverhalten zugunsten des Hörgeräteakustikers maßgeblich beeinflussen wird. Dem HNO-Arzt wird demzufolge ein wirtschaftlicher Vor - teil hier die Gewinnausschüttung gewährt, die im Zusammenhang mit der Verordnung von Hilfsmitteln durch diesen steht. Demzufolge ist insoweit ein Verstoß gegen 128 Abs. 2 SGB V zu bejahen. Auch wenn die Gesetzesbegründung des GKV-VStG hierzu nichts sagt, muss davon ausgegangen werden, dass der Gesetzgeber bei der Neufassung des 128 Abs. 2 SGB V im Rahmen des GKV-VStG insbesondere das soeben beschriebene gesellschaftsrechtliche Beteiligungsmodell im Auge hatte, als er das weitere Regelbeispiel einer unzulässigen Zuwendung in 128 Abs. 2 Satz 3 SGB V aufnahm. Ein anderes Ergebnis ergäbe sich im Übrigen auch dann nicht, wenn die Beteiligungsverhältnisse des HNO-Arztes an der Gesellschaft»verschleiert«würden, das heißt der HNO-Arzt selbst in dem Gesellschaftsvertrag nicht genannt wäre, sondern seine Beteiligung über einen außenstehenden Dritten abgewickelt würde. Maßgeblich ist allein die Frage, ob dem HNO-Arzt im Ergebnis eine Zuwendung aus der gesellschaftsrechtlichen Beteiligung zufließt, die er durch sein Verordnungsverhalten selbst beeinflusst hat. Dies ist auch unter Einbindung eines außenstehenden Dritten in jedem Fall zu bejahen, da die Einkünfte schon allein auf der steuerrechtlichen Seite nicht dem Dritten, sondern dem HNO-Arzt zuzurechnen sind. Bei der Einbindung des außenstehenden Dritten handelt es sich daher lediglich um einen Versuch, das gesetzlich normierte Verbot zu umgehen, was im Endeffekt sogar zur zivilrechtlichen Nichtigkeit der zugrundeliegenden gesellschaftsrechtlichen Vereinbarung führen kann. Zu beachten ist insofern, dass es sich bei 128 Abs. 2 SGB V um ein gesetzliches Verbot im Sinne des 134 BGB handelt. Verträge, die gegen das gesetzliche Verbot verstoßen, sind gemäß 134 BGB nichtig. Zwischenfazit Anzeige Die vorstehenden Ausführungen zeigen, dass aufgrund der gesetzgeberischen Intention jede Form der Korruption im Gesundheitsmarkt zu un- Hörakustik 7/2012 29

terbinden und keine formale, sondern eine funktionale Betrachtung eines jeden Sachverhaltes geboten ist. Insoweit werden sich insbesondere die Gerichte daran orientieren, ob ein Arzt im Endeffekt durch sein Verordnungsverhalten die ihm in welcher Form auch immer zufließenden Einkünfte beeinflusst. HNO-Ärzten und Hörgeräteakustikern kann somit nur empfohlen werden, etwaige bestehende Beteiligungsmodelle im Hinblick auf die Regelung in 128 Abs. 2 SGB V zu überprüfen. Dies vor allem auch vor dem Hintergrund, dass die Rechtsbeziehungen zwischen den Beteiligten bei der Erbringung von Leistungen nach dem SGB V schon seit Längerem nicht nur im Fokus des Gesetzgebers, sondern auch in der öffentlichen Diskussion sowie im Interesse der Strafverfolgungsbehörden stehen. Berufsrecht der (HNO-)Ärzte Auch nach dem Berufsrecht ist es Ärzten seit jeher nicht gestattet, für die Zuweisung von Patientinnen und Patienten oder Untersuchungsmaterial ein Entgelt oder andere Vorteile sich versprechen oder gewähren zu lassen oder selbst zu versprechen oder zu gewähren. In Entsprechung zu 128 Abs. 2 SGB V geht es auch hier um das Verbot der Gewährung von Vorteilen im Zusammenhang mit der Verordnung von Hilfsmitteln. Die Beteiligung eines Arztes an Unternehmen von Hilfsmittelleistungserbringern ist ebenfalls am Berufsrecht zu messen, ohne dass dies wie in 128 Abs. 2 Satz 3 SGB V explizit geregelt ist. Dies ergibt sich aus zwei im vergangenen Jahr vom Bundesgerichtshof erlassenen Entscheidungen (BGH, Urteil vom 13.1.2011, Az.: I ZR 111/08 und 112/08 Hörgeräteversorgung II). Nach der Rechtsprechung des BGH ist 31 MBO-Ä bezüglich einer Beteiligung von Ärzten an Unternehmen im Gesundheitswesen streng auszulegen. Demnach können Vorteile im Sinne des 31 MBO-Ä auch Gewinne oder sonstige Einnahmen aus einer gesellschaftsrechtlichen Beteiligung sein. Ob ein gesellschaftsrechtlich an einem Hilfsmittellieferanten beteiligter Arzt gegen das Verweisungsverbot des 31 MBO-Ä verstößt, wenn er Patienten an diesen Anbieter verweist, bestimmt sich danach, ob die Verweisung kausal für einen dem Arzt zufließenden Vorteil ist. Das ist nach Ansicht des BGH jedenfalls dann der Fall, wenn die Gewinnbeteiligung oder sonstigen Vorteile des Arztes unmittelbar von der Zahl seiner Verweisungen oder dem erzielten Umsatz abhängen. Die Unzulässigkeit der Beteiligung kann sich schon aus der Gesamthöhe der dem Arzt zufließenden Vorteile ergeben, sofern diese in spürbarer Weise von seinem eigenen Verweisungsverhalten beeinflusst werden (BGH, Urteil vom 13.1.2011, Az.: I ZR 111/08 und 112/08 Hörgeräteversorgung II). Auch hat der BGH in dieser Entscheidung deutlich gemacht, dass eine mittelbare Beteiligung des Arztes durch Einschaltung eines Treuhänders oder Strohmannes zur Umgehung des 31 MBO-Ä ebenfalls unzulässig ist. Denn»in einem solchen Fall ist die Beteiligung des Arztes nicht anders als eine unmittelbare Beteiligung des Arztes selbst zu bewerten«(bgh, Urteil vom 13.1.2011, Az.: I ZR 111/08 und 112/08 Hörgeräteversorgung II). Rechtsfolgen eines Verstoßes gegen ärztliches Berufsrecht / 128 SGB V Sowohl die in den Heilberufsgesetzen der Länder geregelten, abgestuften Sanktionsmöglichkeiten bei Verstößen gegen ärztliche Berufspflichten (zum Beispiel Abmahnung, Rüge, Verweis), als auch die im SGB V normierten Rechtsfolgen von Verstößen gegen 128 Abs. 2 SGB V wurden in der Vergangenheit als nicht wirkungsvoll genug eingestuft. Demzufolge hat der Gesetzgeber reagiert und mit dem GKV-VStG zum 1.1.2012 nunmehr im Rahmen diverser flankierender Regelungen konkrete Sanktionsmöglichkeiten für den Arzt implementiert. Sozialrechtliche Rechtsfolgen Zunächst wurde mit dem neuen Absatz 5 a in 128 SGB V festgelegt, dass Vertragsärzte, die unzulässige Zuwendungen fordern oder annehmen, gegen ihre vertragsärztlichen Pflichten verstoßen. Diese Regelung nimmt Bezug auf den die vertragsärztliche Versorgung regelnden 73 SGB V. In dieser Norm wurde mit dem GKV-VStG ein neuer Abs. 7 SGB V eingefügt, der unter anderem klarstellt, dass es Vertragsärzten ausdrücklich untersagt ist, für die Zuweisung von Versicherten Geld oder sonstige wirtschaftliche Vorteile sich versprechen oder sich gewähren zu lassen. Diese Vorschrift übernimmt das bereits in 31 MBO-Ä (in der Fassung der Beschlüsse des 114. Deutschen Ärztetages 2011 in Kiel) enthaltene Zuweisungsverbot. Dadurch wird das Zuweisungsverbot gegen Entgelt mit dem neu gefassten 73 Abs. 7 SGB V neben einer berufsrechtlichen Pflicht zur allgemeinen vertragsärztlichen Pflicht nach dem SGB V. Diese Regelung ist im Hinblick auf etwaige gesellschaftsrechtliche Beteiligungsmodelle besonders zu beachten, da bei einem Verstoß gegen vertragsärztliche Pflichten zum einen die Sanktionsmöglichkeiten der Disziplinarordnung greifen, die von der Verwarnung über die Anordnung einer Geldbuße bis zur Anordnung des Ruhens der Zulassung reichen können. Zum anderen besteht nach 95 Abs. 6 SGB V bei gröblicher Verletzung der vertragsärztlichen Pflichten und genau diese wird durch 73 Abs. 7 SGB V für den Fall der fortgesetzten Verstöße gegen 128 Abs. 2 SGB V normiert für den jeweiligen Zulassungsausschuss der Kassenärztlichen Vereinigung die Verpflichtung, die vertragsärztliche Zulassung zu entziehen (»ist zu entziehen«). In einem solchen Fall besteht nach der Zulassungsverordnung für Vertragsärzte ( 27 Ärzte-ZV) für die Landesverbände der Krankenkassen oder die Ersatzkassen sogar die Möglichkeit, die Entziehung durch den Zulassungsausschuss zu beantragen. Insoweit haben es die Krankenkassen mit ihrem eigenen Antragsrecht selbst in der Hand, auf die Entziehung der Zulassung hinzuwirken. Hiermit werden die Krankenkassen in eine starke Position gesetzt, die ihnen anders als vor Inkrafttreten des GKV-VStG eine aktivere Rolle bei der Ahndung von Verstö- 30 Hörakustik 7/2012

ßen gegen 128 Abs. 2 SGB V einräumt, von der sie mit Sicherheit Gebrauch machen werden. Den Vertragsärzten ist insoweit dringend zu empfehlen, ihr Handeln mehr denn je an den gesetzlichen Vorgaben zu orientieren, da die Entziehung der vertragsärztlichen Zulassung in aller Regel faktisch einem»berufsverbot«gleichkommt. Strafrechtliche Rechtsfolgen Hat der HNO-Arzt gegen das in 128 Abs. 2 SGB V normierte Zuwendungsverbot verstoßen, so kann dieses Verhalten gegebenenfalls als Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr gemäß 299 Abs. 1 StGB oder sogar als Vorteilsannahme nach 331 StGB oder Bestechlichkeit nach 332 StGB zu qualifizieren sein. Insoweit kommt eine Strafbarkeit des HNO-Arztes in Betracht, wenn sein Verhalten gleichzeitig als Annehmen eines Vorteils im Gegenzug für eine pflichtwidrige Handlung zu qualifizieren ist. Derzeit (noch) strittig ist die Frage, ob niedergelassene Vertragsärzte bei der Verordnung von Hilfsmitteln als Amtsträger oder Beauftragte der Krankenkassen tätig sind. Diese Frage ist von grundlegender Bedeutung und wurde höchstrichterlich bislang nicht entschieden. Insoweit steht aber in Kürze eine Entscheidung des Großen Senats für Strafsachen beim Bundesgerichtshof an, die Klarheit bringen wird. In dieser geht es genau um die Frage, ob ein Vertragsarzt bei der Verordnung von Hilfsmitteln im Rahmen der Behandlung von GKV-Patienten als Amtsträger gemäß 11 Abs. 1 Nr. 2 c StGB anzusehen ist. Wird diese Frage von dem Großen Senat für Strafsachen beim Bundesgerichtshof bejaht, kann sich der Vertragsarzt wegen Vorteilsannahme beziehungsweise Bestechlichkeit gemäß 331 ff. StGB straf - bar machen. Sollte der Große Senat für Strafsachen beim Bundesgerichtshof diese Frage verneinen, kann als sicher unterstellt werden, dass der Vertragsarzt zumindest als Beauftragter der gesetzlichen Krankenkassen im Sinne des 299 StGB anzusehen ist, sodass eine Strafbarkeit wegen Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr in Betracht kommt. Dies bedeutet, dass bei sogenannten»verdeckten Zuweisungspauschalen«an Ärzte, zu der auch jedwede un zulässige Zuwendung i. S. d. 128 Abs. 2 SGB V zählen dürfte, in jedem Fall eine Strafbarkeit des die Zuwendung annehmenden Arztes in Betracht kommt. Insoweit muss der Arzt, wenn er»nur«als Beauftragter der Krankenkasse angesehen werden sollte, mit einem Strafrahmen von bis zu drei Jahren rechnen. Sollte der Große Senat für Strafsachen beim Bundesgerichtshof den Arzt hingegen sogar als Amtsträger qualifizieren, so läge der Strafrahmen bei bis zu fünf Jahren, in besonders schweren Fällen wie zum Beispiel bei einer fortgesetzten oder gewerbsmäßigen Handlung, sogar bis zu zehn Jahren. Dass der Große Senat für Strafsachen beim Bundesgerichtshof dem Grunde nach eine Strafbarkeit des Vertragsarztes bejahen wird, steht nach Auffassung aller Beobachter außer Frage. Somit muss der HNO-Arzt, der über eine gesellschaftsrechtliche Beteiligung an Unternehmen von Hörgeräteakustikern Erlöse erzielt, die in direktem Zusammenhang mit seiner Verordnungstätigkeit stehen, in jedem Fall mit empfindlichen Haftstrafen rechnen, sollte es zur Anzeige durch die Krankenkasse oder einen Wettbewerber kommen. Insoweit ist auch zu beachten, dass sogar die Wettbewerbsvereine berechtigt sind, einen Strafantrag zu stellen ( 301 Abs. 2 StGB). Bei Amtsträgerdelikten wie der Vorteilsannahme gemäß 331 StGB und Bestechlichkeit gemäß 332 StGB werden die Strafverfolgungsbehörden ohnehin ohne Antrag von Amts wegen tätig. Entsprechendes gilt auch für den Hörgeräteakustiker, der als Vorteilsgewährender oder Bestechender eines Amtsträgers im Sinne des 333 beziehungsweise 334 StGB, jedenfalls aber als Bestechender im geschäftlichen Verkehr im Sinne des 299 Abs. 2 StGB, mit jeweils dem gleichen Strafrahmen zu rechnen hat wie der HNO-Arzt. Im Falle einer gesellschaftsrechtlichen Zusammenarbeit zwischen HNO-Arzt und Hörgeräteakustiker kommt ferner eine mittäterschaftliche Begehung der genannten Straftatbestände in Betracht. Fazit Die Spielräume für gesellschaftsrechtliche Beteiligungen von HNO-Ärzten und Hörgeräteakustikern sind (spätestens) mit dem seit 1.1.2012 in Kraft getretenen GKV-VStG deutlich enger gezogen worden. Indem nunmehr auch Einkünfte aus Beteiligungen an Unter- (Foto: eccolo / fotolia.com) Hörakustik 7/2012 31

Rechtsanwalt Peter Hartmann gründete 1995 eine ausschließlich auf Fragen der Gesundheitswirtschaft spezialisierte Rechtsanwaltskanzlei. Seither ist er als Fachanwalt für Arbeitsrecht und Medizinrecht ausschließlich in der Rechtsberatung von Unternehmen der Gesundheitswirtschaft tätig. Heute leitet er gemeinsam mit Rechtsanwalt Jörg Hackstein die als Hartmann Rechtsanwälte firmierende Kanzlei in Lünen/Dortmund. Dr. Andreas Bombien ist Anwalt der Kanzlei Hartmann Rechtsanwälte. Seine Tätigkeitsschwerpunkte liegen unter anderem in den Bereichen Health Care/Gesundheitswirtschaft, Medizinprodukterecht/Medizinrecht, Recht der gesetzlichen und privaten Kranken- und Pflegeversicherung sowie Vergaberecht im Gesundheitswesen. (Fotos: privat) nehmen von Leistungserbringern, die die Ärzte durch ihr Verordnungs- oder Zuweisungsverhalten selbst beeinflussen können, unzulässige Zuwendungen darstellen, muss allen Beteiligten mehr denn je empfohlen werden, eventuell bestehende oder geplante Beteiligungsmodelle an den gesetzlichen Vorgaben zu messen. Neben der möglichen Verwirklichung von Straftatbeständen müssen sich die Vertragsärzte vergegenwärtigen, dass hierin seit Einführung des GKV-VStG ein konkreter Verstoß gegen ihre vertragsärztlichen Pflichten liegt und sie Gefahr laufen, (auf Initiative der Krankenkassen) ihre vertragsärztliche Zulassung zu verlieren. Rechtsanwalt Dr. Andreas Bombien Rechtsanwalt Peter Hartmann Hartmann Rechtsanwälte, Lünen / Dortmund Weitere Informationen unter www.hartmann-rechtsanwaelte.de 32 Hörakustik 7/2012