Zahlen, Daten, Fakten Diabetes mellitus in Deutschland



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Transkript:

Zahlen, Daten, Fakten Diabetes mellitus in Deutschland Teresa Tamayo German Diabetes Center Institute of Biometrics and Epidemiology Düsseldorf teresa.tamayo@ddz.uni-duesseldorf.de

Zahlen, Daten, Fakten Diabetes mellitus in Deutschland Diabetesprävalenz und Inzidenz Komplikationen Präventionsmöglichkeiten

Schätzungen des IDF Diabetes Atlas Prävalenz im Vergleich (%) Diabetesprävalenz in Deutschland: IDF Atlas 2011: 8% IDF Atlas 2009: 12% (2011: Niederlande: 7.3%)

Typ-1-Diabetes Prävalenz im Alter von 0-14 Jahren 0,14% Im Alter von 15-19 Jahren 0,29% männl. Jugendliche, 0,26% weibl. Jugendliche Deutschlandweit 30.400 Anteil im Erwachsenenalter: Ca. 5% an allen Diabetesfällen, (DEGS1: 1,1%) Rosenbauer, Stahl, 2010

Bekannter Typ-2-Diabetes mellitus

Diabetesprävalenz Datenquellen Studien zum bekannten Typ-2-Diabetes mellitus in Deutschland Studie Jahr Prävalenz Alter N Studiendesign DEGS 1 2012 7,2% 18-79 7116 DIAB-CORE 1997-2004 8.6%* 45-74 15.071 Populationsbasiert Survey populationsbasiert Meta-Analyse AOK-Hessen 2004 7,9%* 18+ 56.250 Versichtertendaten TK-D 2008 5.5%* 0+ 5.4 Mio. Versichtertendaten GEMCAS 2005 11,1%* 18+ 35.869 Praxisbasiert *standardisiert auf Deutsche Bevölkerung

Inzidenz des Typ 2 Diabetes Alterseffekte Altersspezifische Typ-2-DM Inzidenz TK-Versicherte 2006-2008 N=5,4 Mio Zwei ambulante oder eine stationäre Diabetesdiagnose N=5.4 Millionen durchgehend Versicherte Wilke T et al DMW 2013

Diabetesdiagnose Leitlinien (DDG) Diabetes Prädiabetes kein Diabetes

Unbekannter Diabetes Datenquellen Studie Jahr Prävalenz Alter N Studiendesign DEGS 1 2012 7,2% K-DM 2.1% U-DM 18-79 7116 Population-based Survey, HbA1c KORA (S4) 1999-2001 8,7%* K-DM 8,2%* U-DM 55-75 1.353 Population-based Regional, FPG, OGTT KORA (F4) 2006 2008 2,2% K-DM 2.0% U-DM 35-59 1.653 Population-based, Regional, FPG, OGTT GEMCAS 2005 11,1%* K-DM 0.9% U-DM 18+ 35.869 Practice-based, by physician exam. *Standardisiert auf Deutsche Bevölkerung, K-DM= bekannter, selbstberichteter Typ-2-Diabetes mellitus, U-DM= unbekannter, neu diagnostizierter Typ-2-Diabetes mellitus (FPG /OGTT)

Regionale Unterschiede bekannter Diabetes Prävalenz des bekannten Diabetes in Deutschland nach Region The DIAB-CORE consortium (Alter 45-74) TK-Versicherte (alle Altersgruppen) Schätzung gesamt: DIAB-CORE: 4.9 5.4 6.3 Berlin 5.4 8.6% (Alter 45-74) Standardized 31.12.2007 5.9 5.5 4.9 7.1 7.9 6.8 8.2 TK-Data: 5.5% (alle Altersgruppen) Standardized 31.12.2008 7.0 4.9 5.2 9.1% (Alter 45-74) Ergebnisse in % (95%KI), standardisiert auf Deutsche Bevölkerung 31.12.2007 Schipf et al. 2012 Ergebnisse in %, Wilke et al. 2013

Soziale Deprivation als Erklärung für regionale Unterschiede? Anwendung des Index of multiple deprivation für Deutschland (GIMD) Maier et al. 2012 Maier et al. 2011

Regionale Unterschiede der Diabetesprävalenz: Mögliche Ursachen Gesundheitsversorgung (z.b. Stadt-Land) Freizeit- und Sportmöglichkeiten Zugang zu Parks und Grünflächen Regionales Ernährungsmuster, -Angebot Alkoholkonsum Umweltfaktoren: Luftqualität (Straßenverkehr) Lärmbelastung, Stress Armut, Arbeitslosigkeit

Trends Bevölkerung 18-79 Jahre: 3.3 Millionen (vor 10 Jahren) 4.6 Million (heute) 38% Anstieg 14% durch Alterung der Bevölkerung Heidemann et al. 2013

Prozent Prozent Trends für Übergewicht und Adipositas Abb. 2 Altersspezifische Trends Abb.1 Übergewicht und Adipositas bei Männern und Frauen Mensink et al. 2013

Mortalität Alter Verlust an Lebensjahren durch Diabetes Männer Frauen 50 Jahre 5.8 Jahre 6.5 Jahre 60 Jahre 4.5 Jahre 4.5 Jahre Emerging Risk Factors Collaboration, NEJM 2011 60% vaskuläre, 40% nichtvaskuläre Todesfälle (darunter 10% durch Krebs)

Emerging Risk Factors Collaboration, NEJM 2011 Nichtvaskuläre Todesursachen

Mortalität beim Prädiabetes und unbekannten Diabetes KORA S4/F4 (1999-2001; N=1,466, Follow-up: 8.8 years) N n Mortalitäts-rate* (pro 1000 PJ) Hazard-ratio** NGT 875 79 10.5 (8.3 13.1) 1 IFG or IGT 348 39 10.5 (7.7 14.4) 1.1 (0.8 1.7) Unbekannter Diabetes Bekannter Diabetes 91 25 33.1 (21.9 49.9) 2.4 (1.5 3.9) 152 37 28.8 (20.6 40.2) 2.4 (1.6 3.8) * Adjustiert für Alter und Geschlecht ** Adjustiert für Alter, Geschlecht, BMI, HDL-Cholesterin, Blutdruck, Diabetes der Eltern, Rauchen, Alkoholkonsum, körperliche Aktivität, früherer Herzinfarkt oder Schlaganfall Kowall, Rathmann, et al. 2011

Komplikationen des Diabetes Complication RR (95%CI) diabetes vs. no diabetes Database CV-event (CHD) Women: 3.5 (2.7-4.5) Men: 2.1 (1.8-2.3) Myocardinfarkt Women: 6.4 (5.4-7.6) Men: 3.3 (2.7-4.0) Erblindung Women: 2.2 (1.3-3.8) Men: 2.7 (1.6-4.5) Amputation Women: 5.7 (4.3-7.6) Men: 8.8 (7.3-10.7) Huxley et al. BMJ 2006 Review Icks et al. 2009, Monica/KORA Genz et al. 2010 Baden-Württemberg Icks et al. 2009, Krankenkassendaten End stage renal disease Men: 12.7 (10.5-15.4) Brancati et al. 1997, MRFIT, USA End stage renal disease Women: 8.0 (4.7-13.5) Men: 7.9 (5.9-10.8) Icks et al. 2011, Praxisbasierte Daten (regional) MRFIT: Multiple Risk Factor Intervention Trial

Versorgungstrend Erblindungen und Amputationen Genz J, et al. (2010) Icks A, et al. (2009) Krankenkassen, u. Krankenhausdaten

Prävention und Diabetesrisiko Studie Characteristika Intervention RRR vs. Kontrolle Da Qing, China (1997) N= 577 mit Übergewicht PA, diet, PA+diet 6 Jahre: RRR: 46% PA, RRR: 42% PA+Diät, RRR: 31% Diät DPS, Finnish Diabetes Prevention Study (2001) DPP, Diabetes Prevention Programme, USA (2001) IDPP, Indian Diabetes Prevention Programme (2006) N=522; Adipositas oder IGT+Übergewicht N=1073 Metformin, N=1082 Placebo; N=1079 Lifestyle; Übergewicht N=531, IGT, Control, Diet, PA, Weight change Control, lifestyle change/ Metformin/ lifestyle+metformin Control/lifestyle/ Metformin RRR: 58% (4 Jahre) RRR: 43% (7 Jahre) 5 Jahre: RRR: 58% Lifestyle, RRR: 31% metformin 10 Jahre: RRR: 34% Lifestyle, RRR: 18% Metformin 30 Monate: RRR: 28.5% lifestyle; RRR: 26.4% Metformin RRR= Relative Riskoreduktion

Sekundäre Prävention Ist Remission möglich? Look AHEAD (USA) Probanden mit Typ-2-Diabetes N=2262, Diabetes Support und Edukation (DSE) N=2241 Intensive Lifestyle Intervention (ILI) Remission im 4. Jahr: ILI: 3.4% (2.6%-4.2%) DSE: 0.4% (0.1%-0.7%)

Vielen Dank! (Prä-) Diabetes-Prävalenz-Projekte im Kompetenznetz Diabetes mellitus Das Kompetenznetz Diabetes mellitus wird unterstützt vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) Helmholtz Zentrum München, Neuherberg Dr. Michaela Schunk, Werner Maier, PD Dr. Christa Meisinger, PD Dr. Barbara Thorand, Prof. Annette Peters German Diabetes Center, Düsseldorf PD Dr. Wolfgang Rathmann PD Dr. Christian Herder Ernst-Moritz-Arndt University of Greifswald Christine Krabbe, Sabine Schipf, Prof. Henry Völzke