Dekubitusrisikoeinschätzung und -prophylaxe stationär und ambulant



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Transkript:

Dekubitusrisikoeinschätzung und -prophylaxe stationär und ambulant 1

Dekubitusrisikoerfassung: WARUM? Dekubiti sind ein relativ häufiges Problem Dekubiti sind gefährlich, schmerzhaft (z.b. Infekte) Dekubiti verursachen grosse Kosten! Die beste und billigste Massnahme ist die Prävention: D.h. Wir müssen Patienten die gefährdet sind erfassen und schützen. 2

Projektziele Jeder Pflegeempfänger (PE) der als dekubitusgefährdet eingestuft wird, erhält eine Prophylaxe, die die Entstehung eines Dekubitus verhindern soll. Einschätzung des Dekubitusrisiko, sowie Erfassung, Behandlung und Dokumentation eines Dekubitus sind einheitlich und gut verständlich. Mitarbeiter verfügen über detailliertes Wissen und können Patienten und Angehörige beraten und miteinbeziehen 3

Risikogruppen: Spital: alle Patienten ausser ambulante Patienten, Wöchnerinnen, Säuglinge und Kinder bis zum erfüllten 16.Lebensjahr werden innert der ersten 24h, dann am 3. Hostpitalisierungstag und dann alle 7 Tage und oder bei interdisziplinär festgestellten Veränderungen eingeschätzt. Chürabetriebe: alle Heimbewohner werden initial innert 48h und dann monatlich und/oder bei interdisziplinär festgestellten Veränderungen von ihren Bezugspersonen eingeschätzt. 4 Spitex: ausgeschlossen sind: Wöchnerinnen und Säuglinge, Klienten mit isolierten und zeitlich begrenzten therapeutischen Leistungen (wie Verabreichung von Augentropfen, nur Medikamente richten u.a.m.), Klienten mit isolierten hauswirtschaftlichen Leistungen, Klienten, die eine Bedarfsabklärung oder Risikoeinschätzung ablehnen. Alle anderen werden überprüft.

Durchführung im Spital: Dipl. Pflegefachfrau führt die Einschätzung mit Hilfe der erweiterten Norton Skala durch, die Ersteinschätzung wird zudem von ärztlicher Seite miterfasst Risiko bei Nortonscore von 23 und weniger und/oder PE mit Zusatzfaktoren Einleiten von Maßnahmen zur Dekubitusprophylaxe hinsichtlich der eruierten Risikofaktoren Information des PE und der Angehörigen mittels der Broschüren Algorhythmus 5

Beurteilung, Klassifikation u. Dokumentation von chronischen Wunden Fallbeispiel: männlich, 81 J.; PaVk bds., Diabetes Typ II mit Polyneuropathie, Angiopathie (Micro- und Macro); CVI III; Linker Unterschenkel, circuläres Ulkus cruris Exsudationsphase (Entzündungsphase) - Vasodilatation Blutgerinnung - Zellmigration - Entfernung vorhandener Bakterien, Zelltrümmer und Schmutzpartikel Immunabwehr 01.02. Ziel: Entfernung von avitalem Gewebe (Débridement) und Unterstützung der Reinigungsphase. 6 Merkmale der Wunde: - viel Exsudat - Geruch - Beläge - evtl. Infektzeichen Exsudat- und ggf. Infektmanagement

Beurteilung, Klassifikation u. Dokumentation von chronischen Wunden Übergang zur Proliferationsphase 28.02 7

Beurteilung, Klassifikation u. Dokumentation von chronischen Wunden Proliferationsphase (Granulation) - Bildung von Granulationsgewebe sehr verletzungsanfällig - Bildung neuer Blutgefässe (Angiogenese) - Neues Bindegewebe entsteht (Fibroblastenproliferation) 22.03 Ziel: Optimales Milieu für das Zellwachstum schaffen und Schutz des sich bildenden Gewebes. Merkmale der Wunde: - feucht glänzende, körnige Oberfläche -leicht blutend 8 schonende Verbandswechsel, längere Intervalle

Beurteilung, Klassifikation u. Dokumentation von chronischen Wunden Reparationsphase (Epithelisierung) Granulationsgewebe wandelt sich in Narbengewebe um; Wundkontraktion erfolgt vom Wundrand ausgehend bilden sich Epithelzellen die Funktion der Haut wird weitgehend wieder hergestellt Hautanhangsgebilde: Talg- und Schweissdrüsen, sowie Melanozyten fehlen 9 Narbe hat nach 1 Jahr bis zu 80% der Elastizität Ziel: Förderung der Zellwanderung und Zellteilung von Hautzellen sowie Schutz des neuen Epithels. Merkmale der Wunde: - Wunde ist rosa - nur noch oberflächig offen - wenig Exsudat - sehr empfindlich lange VW Intervalle, Narbenpflege

Beurteilung, Klassifikation u. Dokumentation von chronischen Wunden 10 Die Wundbeurteilung findet immer nach der Reinigung statt. Sie umfasst die Beurteilung: des alten Verbandes in Bezug auf Exsudatmanagement, Schmerz und Tragekomfort für den PE nach URGE Prinzip = WundUmgebung, WundRand, WundGrund, WundExsudat von Wundgrösse: gemessen wird nur der Wundgrund (die längste, die breiteste und die tiefste Stelle; Orientierung an der Körperachse des Menschen) von Schmerzen: vor, während und nach dem Verbandswechsel anhand der VAS Skala

Beurteilung, Klassifikation u. Dokumentation von chronischen Wunden Die Fotodokumetation ist grundsätzlich ein MUSS und hat folgende Funktion: Sicherung der Behandlungsqualität Nachvollziehbarkeit der Massnahmen Juristische Absicherung Fotografiert wird: bei jedem Erstkontakt alle 14 Tage bei Veränderung der Wunde bei Austritt bzw. bei Abschluss der Behandlung 11 Vor der Aufnahme sollte das Einverständnis des Klienten bzw. den betreuenden Angehörigen eingeholt und in der Dokumentation festgehalten werden. Jedes Foto muss dem jeweiligen Klienten eindeutig zuzuordnen sein. Dazu werden Einmalpapierlineale verwendet, die mit Name + Geburtsdatum von PE, Erstellungsdatum und Lokalisation der Wunde (z.b. US re distal) beschriftet sind. Fotos werden grundsätzlich nach der Wundreinigung gemacht.

Wundreinigung = alle Massnahmen zur Beseitigung von Nekrosen, Detritus, Fremdkörper, Verschmutzung, Verbandsreste, Mikroorganismen und deren Stoffwechselprodukte. Reinigung ist ein absolutes MUSS für die Förderung der Wundheilung und für die Wundbettvorbereitung Ziel ist - die Keimreduktion - es einen Überblick über die Wundverhältnisse schaffen - es ein optimales Wundmilieu für Granulation und nicht für die Keime zu schaffen 12

Man unterscheidet: Mechanische Reinigung (Vorsicht in der Granulationsphase): mit chirurgischer Pinzette, sterilen Kompressen, steriler Lösung; möglichst viel Nekrose und Fibrin entfernen (CAVE: Schmerzen und Blutung bei oral antikoagulierten Patienten). Nass- Trocken- Phase (Atraumatische Reinigung) mit Ringer- Lactate, NaCl 0.9%. Spülungen: Lösung auf Körpertemperatur oder zumindest Zimmertemperatur erwärmen, mit Knopfkanüle, ohne Druck. Debridement: chirurgisch (wenn möglich 1. Wahl), autolytisch, enzymatisch oder biologisch. 13

Moderne Wundauflagen Das verwendete Verbandsmaterial muss den Wundverhältnissen angepasst sein und: für ein feuchtes Wundmilieu sorgen den Gasaustausch gewährleisten überschüssiges Wundsekret aufnehmen keine Fasern oder andere Fremdstoffe abgeben für Thermoregulation sorgen undurchlässig für Mikroorganismen sein sich atraumatisch entfernen lassen die Wundruhe in der Granulationsphase gewährleisten und das empfindliche, neugebildete Epithel schützen 14

Moderne Wundauflagen 15 Hydrogel (z.b. Varihesive Hydrogel) zur Rehydrierung, Aktivierung der Zellaktivität, Autolyse, zur Aufnahme von Abfallprodukten und Exsudat für zu trockene Wunden, fixiert mit Hydrofaser, Alginat oder Hydrokolloid (Kosten/Nutzen bedenken weil man Alginat/Hydrofaser auch mit Ringer benetzen kann ) kann mit Hyalograngranulat zu Brei vermischt werden bei sehr hartnäckigen, andauernden Fibrinbelägen (nur bis zum Wundrandniveau auffüllen ) braucht immer einen Sekundärverband, Wechsel spätestens wenn dieser undicht wird angebrauchte Tube muss aus hygienischen Gründen verworfen werden besteht zu 60-90% aus Wasser kann Nekrosen und Beläge durch Abgabe von Feuchtigkeit schonend (aber langsam) aufweichen Verweildauer: bis zu 3 Tagen auf nekrotischen Belägen, bei sauberen, granulierenden Wunden bis zu 7 Tagen

Moderne Wundauflagen 16 Alginat (z.b. Kaltostat) für nässende, leicht nekrotische, stark belegte und infizierte Wunden; chronische Wunden: Dekubitus, Ulzera; akute Wunden: Riss- und Schürfwunden, oberflächige Verbrennungen, Spalthautentnahmestellen auf die Wundgrösse zuschneiden, direkt auf den Wundgrund legen blutstillende Wirkung bleibt formstabil und lässt sich rückstandsfrei entfernen saugt in alle Richtungen, daher Risiko von Mazeration Wundrandschutz braucht einen Sekundärverband kann bis zum 19fachen des Eigengewichts an Exsudat aufnehmen geliert beim Kontakt mit Wundexsudat kann bis zu 7 Tagen belassen werden; bei infizierten Wunden tgl. VW

Moderne Wundauflagen 17 Hydrofaser (Aquacel) mäßig bis stark exsudierende Wunden in der Exsudations- und Granulationsphase (kann das 30fache vom Eigengewicht aufnehmen) kann bei infizierten Wunden eingesetzt werden, jedoch ohne Okklusion bei trockenen oder wenig feuchten Wunden unbedingt benetzen (NaCl 0.9%, Ringerlactat) soll 1/3 über den Wundrand reichen ist weich und einfach anwendbar, darf zugeschnitten werden braucht einen geeigneten, feuchtigkeitshaltenden Sekundärverband verwandelt sich bei der Exsudataufnahme in ein transparentes Gel, bleibt solange stabil bis die Fasern übersättigt sind, dann VW nötig gewährleistet einen Mazerationsschutz der Wundumgebung durch vertikale Aufnahme vom Wundexsudat (aber kein Ionenaustausch wie beim Alginat) schafft ein feuchtes Wundmilieu und wirkt dadurch beruhigend, atraumatischer VW bis zu 7tägige Verweildauer (Wundruhe gewährleistet)

Moderne Wundauflagen Schaumstoff (z.b. PolyMem*, Tegaderm Foam) mässig bis stark exsudierende Wunden schliessen das Wundsekret ein, erhalten ein feuchtes Milieu saugt Flüssigkeiten auf wie ein Schwamm (Saugwirkung auch unter Kompression) Expandieren durch Sekretaufnahme kann bis 7 Tage belassen werden gibt es von allen Firmen mit oder ohne Haftrand und in Spezialformen 18 Es gibt Schaumstoffe zur reinen Absorption (können als Sekundärverbände genutzt werden) und solche mit Silber, Analgetika oder anderen Zusätzen (müssen direkten Kontakt mit dem Wundgrund haben). Alle Schaumstoffe (ausser Tamponaden und Wundfüller) haben eine äussere Folienbeschichtung die die Abdampfungsrate vorgibt. Deshalb dürfen Non-Adhesive Schaumstoffe nur an den Rändern mit Folie fixiert werden.

Moderne Wundauflagen PolyMem Schaumstoff mit Wirkstoffen: F68 (Tensid), Glycerol, Maissstärke-Superabsorber reinigt die Wunde kontinuierlich, verklebt nicht mit dem Wundgrund, entstaut Wundumgebung, wirkt schmerzreduzierend, ermöglicht atraumatische VW, kann unter Kompression angewendet werden beim Verbandswechsel ist lt. Herstellerangaben keine Reinigung (spülen, abwischen) nötig. Beläge und Nekrosen lösen sich ohne Debridement. Ausnahme: Stark verschmutzte oder infizierte Wunde. keine Gels oder andere Wundreiniger kombinieren aufgrund der Wirkungsweise von PolyMem (Ausschwemmen des Wundödems) ist in der Anfangsphase der Behandlung mit einer erhöhten Exsudatmenge zu rechnen ( häufiger Verbandwechsel und/oder Sekundärverband verwenden) 19

Moderne Wundauflagen Silberprodukte (z.b. Aquacel Ag, PolyMem silver) geeignet für Infektionen, bei infektgefährdete Wunden (z.b.: Diabetes oder PaVK, Fisteln, Abszess, Verbrennungen 1. und 2. Grades (oberflächig), Hautablederungen, Hauttransplantations- und Spalthautentnahmestellen) Silberionen werden durch Aufnahme von Wundsekret (Na+ Ionen) aktiviert d.h. bei trockenen Wunden Silberprodukte immer anfeuchten damit sie wirken können Silberionen sind antimikrobiell wirksam minimieren, neutralisieren Gerüche Graufärbung bei einzelnen Produkten Teure Produkte (bei hohen Wecheslintervallen Kosten/Nutzen abwägen) grundsätzlich bei infizierten Wunden tgl. VW, als Prophylaxe bis zu 7 Tagen belassen 20

Moderne Wundauflagen 21 Hydrokolloide (z.b. Varhesive E) für granulierende und epithelisierende Wunden geeignet; beeinflussen die Narbenbildung (schöneres ästhetisches Ergebnis) sollte den Wundrand mind. 3cm überragen, Wechsel nötig sobald das Exsudat über den Wundrand hinaus wandert (Blase unter dem Verband) nicht verwenden bei Infektion, Ekzem und PaVK ab Grad2 Vorsicht beim Entfernen (sonst reißt man das neu gebildete Epithel mit): nur abrollen, kein zupfen evtl. vorher anwärmen mit der flachen Hand Nassphase nach Entfernen des Verbandes mind. 15min mit Ringer oder NaCl 0.9% um die Gelreste (satthaftend, klebend) zu entfernen bilden bei Kontakt mit dem Wundexsudat ein gelbes, übelriechendes Gel (kein Eiter!!) haben eine begrenzte Aufnahmekapazität halten Feuchtigkeit zurück weil sie sehr dicht okkludieren Verweildauer: in der Granulationsphase 3-4 Tage, Epithelisation bis zu 7 Tagen

Moderne Wundauflagen Folien selbstklebende Polyurethan-Folie bakteriendicht, wasserdicht, atmungsaktiv äußerst elastisch und anpassungsfähig zum fixieren von Wundfüllern (z.b. Aquacel, Alginat ) sorgen für ein feuchtes Wundklima okklusive Verbände bei Infektionen und PAVK ab Grad 2 nur unter ärztl. Aufsicht und VW tgl. durchführen Vorsicht bei vorbeschädigter Haut (Pergamenthaut) bessere Haftung der Folienverbände wenn diese dachziegelartig angebracht werden (also in Streifen), den Verband beim Anlegen nicht dehnen (Spannungsblasen) Folie lösen: an einer Ecke und dann durch Überdehnung sorgfältig ablösen Gibt es unsteril oder steril 22

Moderne Wundauflagen Distanzgitter (z.b. Jelonet, Adaptic touch) Geeignet für traumatische oder chirurgische Wunden, Hautentnahmestellen, Verbrennungen 1. und 2. Grades, Wunden mit Hautverlust, Abschürfungen, Risswunden Primäre Wundkontaktschicht bei Versorgung trockener - stark exsudierender Wunden unterschiedlicher Tiefe (v.a. bei VAC Therapie) Benötigt einen Sekundärverband atraumatisch gegenüber der Wunde und der Umgebungshaut, minimiert Schmerzen Exsudat kann in den Sekundärverband ungehindert abfliessen (einlagig verwenden!!!) kann mehrere Tage auf der Wunde verbleiben 23

Moderne Wundauflagen Varidase N (enzymatisches Debridement) Verflüssigung von Blutgerinnseln und Eiter bei infizierten Wunden und Geschwüren jeder Ursache kann gelegentliches Brennen oder Schmerzen im Wundgebiet verursachen Verminderung der Aktivität bei gleichzeitiger Anwendung mit Antibiotika und Antiseptika Gelgemisch nach Anbruch im Kühlschrank 1 Woche, bei Raumtemp. nur 24h haltbar Verbandswechsel 2x tgl. empfohlen empfohlene Anwendung 1-2 Wochen (Ausnahme Ulzera bis zu 4 Wochen) enthält Enzyme zur Wundreinigung: Streptokinase: löst Fibrin und Nekrosen in Wunden und Körperhöhlen, ist dabei angewiesen auf ausreichend Exsudat Streptodornase: verflüssigt eitrige Beläge 24

Moderne Wundauflagen 25 Wundrandschutz: Cavilon: schützt gesunde sowie geschädigte Haut vor Klebestoffen und Feuchtigkeit, nicht bei infizierten Hautstellen, alkoholfrei und brennt nicht auf irritierter Haut. Wichtig: mind. 30sek. trocknen lassen. Creme: nur bei intakter Haut. Spray, Lolly: auch bei oberflächig lädierter Haut Bepanthen Plus Creme: enthält ein Antiseptikum (daher nicht mit anderen Antiseptika gleichzeitig verwenden), Wunden aller Art mit Infektionsgefahr, wie Schürfungen, Schnittund Kratzwunden, Schrunden, Verbrennungen; Hautentzündungen; chronische Wunden, wie Ulcus cruris, Dekubitus; ZincCream: Schutz von besonders stark beanspruchter und irritierter Haut. Schutz vor Mazeration in der Wundumgebung, Abdunstung möglich; 1x tgl. oder bei VW auf gereinigte und trockene Haut eine dünne Schicht auftragen; Schutzfilm hält über mehrere Tage, solange der Film weiss ist, ist der Schutz intakt Aquacel: über den Wundrand lappend eignet es sich auch als Mazerationsschutz (Kosten/Nutzen bedenken)

Moderne Wundauflagen Lokalanästhetika (z.b. EMLA, Lidocain) 1% Lidocainlösung: Lokalanästhesie vor mechanischer Wundreinigung von Ulcus cruris getränkte Umschläge mit Folie okkludieren und 20-40 min. einwirken lassen. nach dem Entfernen des Umschlages hält die lokale Wirkung ca. 20-40 Minuten an CAVE: schnelle Absorption und Nebenwirkungen beachten Vorteil zum EMLA: hinterlässt keine Rückstände in der Wunde 26 Emla Creme oder Patch: (Lidocain und Prilocain) Lokalanästhesie vor mechanischer Wundreinigung von Ulcus cruris nach Behandlung gute Wundreinigung Vorsicht bei Patienten mit schwerer Leberinsuffizienz Creme in dicker Schicht auftragen und mit Folie okkludieren (min.30min) die Dauer der effektiven Hautanästhesie beträgt mind. 1h (positiv für die Nachschmerzen ) max. 1 Tube Emla (= 5g) verwenden, 2-3x die Woche (max. 10x insgesamt) kleine Hautreaktionen wie z.b. Rötung, Blässe, Ödeme möglich zu Beginn der Therapie brennen, jucken oder Wärmegefühl möglich

Moderne Wundauflagen Richtlinien: (können per Mail weitergeleitet werden) - Leitfaden zur Wundpflege - Aseptischer Verbandswechsel - Septischer Verbandswechsel - Fotodokumentation - Verbandswechsel chronischer Wunden - Produktliste 27

Quellen Dr. Med. Menche N, Juli 2007, Pflege Heute, 4. Auflage; URBAN & FISCHER: München Kirschnick O., 2003, Pflegetechniken von A-Z, 2. Auflage; Georg Thieme Verlag: Stuttgart Seidel B., August 2010, Projektarbeit: Wie versorge ich eine Wunde modern, feucht und phasengerecht?; Weiterbildung Wundmanager 2010, Ausbildungszentrum West für Gesundheitsberufe in Innsbruck Probst W, Vasel-Biergans A, 2010, Wundmanagement, 2. Auflage; Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbh http://www.medizinfo.de/wundmanagement/pfwechsel.htm