Theoretische Grundlagen der Informatik



Ähnliche Dokumente
Informatik III - WS07/08

Rekursiv aufzählbare Sprachen

Theoretische Grundlagen der Informatik

Übungsblatt 6. Vorlesung Theoretische Grundlagen der Informatik im WS 17/18

Theoretische Grundlagen der Informatik. Vorlesung am 17. Januar INSTITUT FÜR THEORETISCHE INFORMATIK

Kapitel: Die Chomsky Hierarchie. Die Chomsky Hierarchie 1 / 14

Übungsblatt 6. Vorlesung Theoretische Grundlagen der Informatik im WS 18/19

Theoretische Informatik I

Theoretische Grundlagen der Informatik

1 Varianten von Turingmaschinen

Theoretische Grundlagen der Informatik. Vorlesung am 8. Januar INSTITUT FÜR THEORETISCHE INFORMATIK

Das Halteproblem für Turingmaschinen

Theoretische Grundlagen der Informatik

Theoretische Grundlagen der Informatik

Vorlesung Theoretische Informatik (Info III)

Theoretische Informatik. Grammatiken. Grammatiken. Grammatiken. Rainer Schrader. 9. Juli 2009

Grammatiken und die Chomsky-Hierarchie

Zusammenfassung. Endliche Sprachen. Fazit zu endlichen Automaten. Teil 4: Grammatiken und Syntaxanalyse

8. Turingmaschinen und kontextsensitive Sprachen

Endliche Sprachen. Folgerung: Alle endlichen Sprachen sind regulär. Beweis: Sei L={w 1,,w n } Σ*. Dann ist w 1 +L+w n ein regulärer Ausdruck für

Umformung NTM DTM. Charakterisierung rek. aufz. Spr. Chomsky-3-Grammatiken (T5.3) Chomsky-0-Grammatik Rek. Aufz.

Theoretische Grundlagen der Informatik

Formale Sprachen. Script, Kapitel 4. Grammatiken

Aufgabe Mögliche Punkte Erreichte Punkte a b c d Σ a b c d Σ x1 13

Kapitel IV Formale Sprachen und Grammatiken

1. Klausur zur Vorlesung Informatik III Wintersemester 2003/2004. Mit Lösung!

Musterlösung Informatik-III-Nachklausur

Lösung zur Klausur. Grundlagen der Theoretischen Informatik im WiSe 2003/2004

Hauptklausur zur Vorlesung Theoretische Grundlagen der Informatik Wintersemester 2011/2012

Satz 90 Sei A = (Q, Σ, δ, q 0, F ) ein DFA. Der Zeitaufwand des obigen Minimalisierungsalgorithmus ist O( Q 2 Σ ).

Abschluss gegen Substitution. Wiederholung. Beispiel. Abschluss gegen Substitution

Aufgabe Mögliche Punkte Erreichte Punkte a b c d Σ a b c d Σ x1 12

Sei Σ ein endliches Alphabet. Eine Sprache L Σ ist genau dann regulär, wenn sie von einem regulären Ausdruck beschrieben werden kann.

Formale Grundlagen der Wirtschaftsinformatik

(Prüfungs-)Aufgaben zu formale Sprachen

Grammatiken. Eine Grammatik G mit Alphabet Σ besteht aus: Variablen V. Startsymbol S V. Kurzschreibweise G = (V, Σ, P, S)

Was bisher geschah Chomsky-Hierarchie für Sprachen: L 0 Menge aller durch (beliebige) Grammatiken beschriebenen Sprachen L 1 Menge aller monotonen

Theoretische Informatik II

Algorithmen und Datenstrukturen I - Exkurs Formale Sprachen -

Reguläre Sprachen. R. Stiebe: Theoretische Informatik für ING-IF und Lehrer,

Automatentheorie und formale Sprachen

Alphabet, formale Sprache

kontextfreie Grammatiken Theoretische Informatik kontextfreie Grammatiken kontextfreie Grammatiken Rainer Schrader 14. Juli 2009 Gliederung

Algorithmen II Vorlesung am

Theoretische Informatik I

Klausur zur Vorlesung Informatik III Wintersemester 2007/2008

Algorithmen und Datenstrukturen I - Exkurs Formale Sprachen -

DisMod-Repetitorium Tag 4

Deterministische und nichtdeterministische Turing-Maschinen, Typ1- und Typ0-Sprachen

2. Klausur zur Vorlesung Theoretische Grundlagen der Informatik Wintersemester 2017/2018

Tutorium 23 Grundbegriffe der Informatik (10. Sitzung)

Klammersprache Definiere

Kontextfreie Sprachen

Sprachanalyse. Fachseminar WS 08/09 Dozent: Prof. Dr. Helmut Weber Referentin: Nadia Douiri

Theorie der Informatik

Theoretische Informatik Mitschrift

11.1 Kontextsensitive und allgemeine Grammatiken

WS06/07 Referentin: Katharina Blinova. Formale Sprachen. Hauptseminar Intelligente Systeme Dozent: Prof. Dr. J. Rolshoven

1. Klausur zur Vorlesung Informatik III Wintersemester 2004/2005

Grundlagen der Theoretischen Informatik

Definition 4 (Operationen auf Sprachen) Beispiel 5. Seien A, B Σ zwei (formale) Sprachen. Konkatenation: AB = {uv ; u A, v B} A + = n 1 An

Automaten und formale Sprachen Klausurvorbereitung

Grundlagen der Informatik II

2. Klausur zur Vorlesung Theoretische Grundlagen der Informatik Wintersemester 2014/2015

Grammatiken. Einführung

Theorie der Informatik. Theorie der Informatik. 6.1 Einführung. 6.2 Alphabete und formale Sprachen. 6.3 Grammatiken. 6.4 Chomsky-Hierarchie

Kontextfreie Sprachen

THIA - Übungsblatt 2.

Theoretische Informatik 2

q 0 q gdw. nicht (q A) (q A) q i+1 q gdw. q i q oder ( a Σ) δ(q, a) i δ(q, a) L = {a n b n : n N} für a, b Σ, a b

Typ-1-Sprachen. Satz 1 (Kuroda ( ) 1964)

Teil 4: Grammatiken und Syntaxanalyse. (Kapitel T5-T7)

Grundlagen der Theoretischen Informatik

5.2 Endliche Automaten

Übungsblatt 7. Vorlesung Theoretische Grundlagen der Informatik im WS 18/19

Speicherplatz-Komplexität 1 / 30

Chomsky-Grammatiken 16. Chomsky-Grammatiken

Abschnitt 5. Grammatiken

Mehrdeutige Grammatiken

Theoretische Grundlagen des Software Engineering

Theoretische Grundlagen der Informatik

2. Klausur zur Vorlesung Informatik III Wintersemester 2004/2005

Grammatiken. Grammatiken sind regelbasierte Kalküle zur Konstruktion von Systemen und Sprachen Überprüfung von Systemen und Sprachen

Übungsblatt 7. Vorlesung Theoretische Grundlagen der Informatik im WS 16/17

Adventure-Problem. Vorlesung Automaten und Formale Sprachen Sommersemester Adventure-Problem

Einführung in Berechenbarkeit, Formale Sprachen und Komplexitätstheorie

Lösungen zur 1. Klausur. Einführung in Berechenbarkeit, formale Sprachen und Komplexitätstheorie

Grundbegriffe der Informatik Tutorium 12

Ausgewählte unentscheidbare Sprachen

Übungsblatt 7. Vorlesung Theoretische Grundlagen der Informatik im WS 16/17

Grundbegriffe. Grammatiken

Theoretische Grundlagen des Software Engineering

I.5. Kontextfreie Sprachen

Vorlesung Automaten und Formale Sprachen Sommersemester Beispielsprachen. Sprachen

Theoretische Grundlagen der Informatik

Algorithmen mit konstantem Platzbedarf: Die Klasse REG

1. Teilklausur zur Vorlesung Grundlagen der Theoretischen Informatik

Theoretische Informatik Mitschrift

Transkript:

Theoretische Grundlagen der Informatik Vorlesung am 10.01.2012 INSTITUT FÜR THEORETISCHE 0 KIT 12.01.2012 Universität des Dorothea Landes Baden-Württemberg Wagner - Theoretische und Grundlagen der Informatik INSTITUT FÜR THEORETISCHE nationales Forschungszentrum in der Helmholtz-Gemeinschaft www.kit.edu

Thema dieses Kapitels Grammatiken sind Regelsysteme, mit denen sich die Wörter einer vorgegebenen Sprache erzeugen lassen 1 12.01.2012 Dorothea Wagner - Theoretische Grundlagen der Informatik INSTITUT FÜR THEORETISCHE

Beispiel 1 Die Sprache aller Graphen G = (V, E), die eine Clique der Größe V 2 enthalten, lässt sich aufbauen durch: 1 Wahl der Zahl n für V 2 Wahl einer Teilmenge der Größe V 2 3 Zugabe aller Kanten zwischen Knoten aus dieser Teilmenge 4 Zugabe weiterer Kanten Dieses Regelsystem ist an drei Stellen nichtdeterministisch: 1, 2 und 4. 2 12.01.2012 Dorothea Wagner - Theoretische Grundlagen der Informatik INSTITUT FÜR THEORETISCHE

Beispiel 2 - Arithmetische Ausdrücke a, a + a und a a sind arithmetische Ausdrücke (a Symbol aus Alphabet). falls A 1 und A 2 arithmetische Ausdrücke sind, so sind auch (A 1 ) + (A 2 ) und (A 1 ) (A 2 ) arithmetische Ausdrücke. Die Klammern sind teilweise überflüssig. 3 12.01.2012 Dorothea Wagner - Theoretische Grundlagen der Informatik INSTITUT FÜR THEORETISCHE

Grammatiken Eine Grammatik G = (Σ, V, S, R) besteht aus vier Komponenten: Endliches Alphabet Σ (auch Terminalalphabet genannt); Endliche Menge V mit V Σ = von Variablen (Nichtterminale) Startsymbol S V ; Endliche Menge von Ableitungsregeln R (Produktionen). Dabei ist eine Ableitungsregel ein Paar (l, r), wobei l (V Σ) + r (V Σ). Wir schreiben oft auch l r. 4 12.01.2012 Dorothea Wagner - Theoretische Grundlagen der Informatik INSTITUT FÜR THEORETISCHE

Bemerkungen Bedeutung Wenn in einem Wort z das Wort l Teilwort von z ist, so darf l durch r in z ersetzt werden. Notation Wir schreiben w z, wenn w durch Anwendung einer Ableitungsregel in z verwandelt wird Wir schreiben w z, wenn w durch eine Anwendung von mehreren Ableitungsregeln in z verwandelt wird. Erzeugte Sprache Die von einer Grammatik G erzeugte Sprache L(G) ist die Menge aller Wörter z Σ, für die S z gilt. 5 12.01.2012 Dorothea Wagner - Theoretische Grundlagen der Informatik INSTITUT FÜR THEORETISCHE

Beispiel Grammatik für die Menge aller arithmetischen Ausdrücke über a. Σ = {(, ), a, +, } V = {S} R : S (S) + (S) S (S) (S) S a S a + a S a a 6 12.01.2012 Dorothea Wagner - Theoretische Grundlagen der Informatik INSTITUT FÜR THEORETISCHE

Die Chomsky Hierarchie Typ 0: Grammatiken ohne weitere Einschränkungen. Typ 1/kontextsensitiv: Grammatiken, ausschließlich mit Ableitungsregeln der Form u v mit u V +, v ((V Σ) \{S}) + und u v, oder S ε Typ 2/kontextfrei: Grammatiken, ausschließlich mit Ableitungsregeln der Form A v mit A V und v (V Σ) Typ 3/rechtslinear: Grammatiken, ausschließlich mit Ableitungsregeln der Form A v mit A V und v = ε oder v = ab mit a Σ, B V 7 12.01.2012 Dorothea Wagner - Theoretische Grundlagen der Informatik INSTITUT FÜR THEORETISCHE

Die Chomsky Hierarchie Typ 1/kontextsensitiv: Grammatiken, ausschließlich mit Ableitungsregeln der Form u v mit u V +, v ((V Σ) \{S}) + und u v, oder S ε Bemerkung: Bei kontextsensitiven Grammatiken kann die Ableitung ABC AXYC erlaubt, aber verboten sein. DBC DXYC 8 12.01.2012 Dorothea Wagner - Theoretische Grundlagen der Informatik INSTITUT FÜR THEORETISCHE

Chomsky-0 Grammatiken und Semientscheidbarkeit Typ 0: Grammatiken ohne weitere Einschränkungen. Satz: Falls L rekursiv aufzählbar (semi-entscheidbar) ist, so gibt es eine Chomsky 0 Grammatik mit L(G) = L. 9 12.01.2012 Dorothea Wagner - Theoretische Grundlagen der Informatik INSTITUT FÜR THEORETISCHE

Chomsky-0 Grammatiken und Semientscheidbarkeit Satz: Falls L rekursiv aufzählbar (semi-entscheidbar) ist, so gibt es eine Chomsky 0 Grammatik mit L(G) = L. Beweis: L rekursiv aufzählbar DTM M, die L akzeptiert. O.B.d.A. habe M genau einen akzeptierenden Endzustand q J O.B.d.A stehen auf dem Band nur Blanks wenn q J erreicht wird q 0 komme nur in der Anfangskonfiguration vor Wir konstruieren eine Grammatik G = (Σ, V = Γ Q {S}, S, R), die die Berechnung von M = (Q, Σ, Γ, s, δ, F) rückwärts durchläuft. 9 12.01.2012 Dorothea Wagner - Theoretische Grundlagen der Informatik INSTITUT FÜR THEORETISCHE

Beweis - Beschreibung der Grammatik G Rückwärtsrechnung Falls δ(q, a) = (q, a, R), dann enthält G die Ableitungsregel a q qa Falls δ(q, a) = (q, a, L), dann enthält G die Ableitungsregel q ba bqa für alle b Γ Falls δ(q, a) = (q, a, N), dann enthält G die Ableitungsregel q a qa 10 12.01.2012 Dorothea Wagner - Theoretische Grundlagen der Informatik INSTITUT FÜR THEORETISCHE

Beweis - Beschreibung der Grammatik G Erzeugung der akzeptierenden Schlusskonfiguration S q J, q J q J, q J q J Rückwärtsrechnung Falls δ(q, a) = (q, a, R), dann enthält G die Ableitungsregel a q qa Falls δ(q, a) = (q, a, L), dann enthält G die Ableitungsregel q ba bqa für alle b Γ Falls δ(q, a) = (q, a, N), dann enthält G die Ableitungsregel q a qa 10 12.01.2012 Dorothea Wagner - Theoretische Grundlagen der Informatik INSTITUT FÜR THEORETISCHE

Beweis - Beschreibung der Grammatik G Rückwärtsrechnung Falls δ(q, a) = (q, a, R), dann enthält G die Ableitungsregel a q qa Falls δ(q, a) = (q, a, L), dann enthält G die Ableitungsregel q ba bqa für alle b Γ Falls δ(q, a) = (q, a, N), dann enthält G die Ableitungsregel q a qa Schlussregeln Transformiere... q 0 w 1... w n... zu w 1... w n q 0 q 0, q 0 a aq 0, q 0 q 0, q 0 ε 10 12.01.2012 Dorothea Wagner - Theoretische Grundlagen der Informatik INSTITUT FÜR THEORETISCHE

Beweis - Zusammenfassung Alle Wörter w L können durch G erzeugt werden, indem die Berechnung von M rückwärts durchlaufen wird. Umgekehrt kann G nur Berechnungen von M rückwärts erzeugen. Daher ist L(G) = L. 11 12.01.2012 Dorothea Wagner - Theoretische Grundlagen der Informatik INSTITUT FÜR THEORETISCHE

Chomsky-0 Grammatiken und Semientscheidbarkeit Typ 0: Grammatiken ohne weitere Einschränkungen. Satz: Die von Typ 0 Grammatiken G erzeugten Sprachen sind rekursiv aufzählbar. 12 12.01.2012 Dorothea Wagner - Theoretische Grundlagen der Informatik INSTITUT FÜR THEORETISCHE

Chomsky-0 Grammatiken und Semientscheidbarkeit Satz: Die von Typ 0 Grammatiken G erzeugten Sprachen sind rekursiv aufzählbar. Beweis: Wir konstruieren zunächst eine NTM M, die L(G) akzeptiert: 1 Schreibe S auf das Band 2 Wähle eine beliebige anwendbare Ableitungsregel aus 3 Vergleiche das erzeugte Wort mit der Eingabe w 4 Bei Gleichheit wird w akzeptiert 5 Ansonsten springe zu Punkt 2 Falls w L(G), so gibt es eine akzeptierende Berechnung. 12 12.01.2012 Dorothea Wagner - Theoretische Grundlagen der Informatik INSTITUT FÜR THEORETISCHE

Chomsky-0 Grammatiken und Semientscheidbarkeit Satz: Die von Typ 0 Grammatiken G erzeugten Sprachen sind rekursiv aufzählbar. Beweis: Gemäß Übungsaufgabe 4, Blatt 4, kann aus der NTM eine DTM konstruiert werden, die dasselbe leistet (Vergleiche auch Übung 3 und Tutorien zu Blatt 4). 12 12.01.2012 Dorothea Wagner - Theoretische Grundlagen der Informatik INSTITUT FÜR THEORETISCHE

Zwischenfazit Die Klasse der rekursiv aufzählbaren Sprachen ist genau die Klasse der von DTMs akzeptierten Sprachen die Klasse der von NTMs akzeptierten Sprachen die Klasse der von Typ 0 Grammatiken erzeugten Sprachen Bemerkung Das Wortproblem für Typ 0 Grammatiken ist unentscheidbar. Als Grundlage für Programmiersprachen sind die Typ 0 Grammatiken also sicherlich zu allgemein. 13 12.01.2012 Dorothea Wagner - Theoretische Grundlagen der Informatik INSTITUT FÜR THEORETISCHE

Chomsky 3 Grammatiken und reguläre Sprachen Typ 3/rechtslinear: Grammatiken, ausschließlich mit Ableitungsregeln der Form A v mit A V und v = ε oder v = ab mit a Σ, B V Satz: Die Klasse der von endlichen Automaten akzeptierten Sprachen ist genau die Klasse der von Chomsky 3 Grammatiken erzeugten Sprachen. 14 12.01.2012 Dorothea Wagner - Theoretische Grundlagen der Informatik INSTITUT FÜR THEORETISCHE

Beweis Zu einem DEA A L = (Q, Σ, δ, q 0, F), gibt es eine Typ-3 Grammatik G L, die L(A L ) erzeugt. 15 12.01.2012 Dorothea Wagner - Theoretische Grundlagen der Informatik INSTITUT FÜR THEORETISCHE

Beweis Zu einem DEA A L = (Q, Σ, δ, q 0, F), gibt es eine Typ-3 Grammatik G L, die L(A L ) erzeugt. G L sei definiert durch: V := Q; S := q 0 ; R enthält die Regel q ε für alle q F q aq, falls δ(q, a) = q. 15 12.01.2012 Dorothea Wagner - Theoretische Grundlagen der Informatik INSTITUT FÜR THEORETISCHE

Beweis Zu einem DEA A L = (Q, Σ, δ, q 0, F), gibt es eine Typ-3 Grammatik G L, die L(A L ) erzeugt. G L sei definiert durch: V := Q; S := q 0 ; R enthält die Regel q ε für alle q F q aq, falls δ(q, a) = q. Für w = w 1... w n durchlaufe A L die Zustände q 0,..., q n Q mit q n F. Dann gilt: q 0 w 1 q 1 w 1 w 2 q 2... wq n w 15 12.01.2012 Dorothea Wagner - Theoretische Grundlagen der Informatik INSTITUT FÜR THEORETISCHE

Beweis Zu einem DEA A L = (Q, Σ, δ, q 0, F), gibt es eine Typ-3 Grammatik G L, die L(A L ) erzeugt. G L sei definiert durch: V := Q; S := q 0 ; R enthält die Regel q ε für alle q F q aq, falls δ(q, a) = q. Außerdem gibt es für alle Ableitungen von G L eine entsprechende akzeptierende Berechnung des endlichen Automatens A L. 15 12.01.2012 Dorothea Wagner - Theoretische Grundlagen der Informatik INSTITUT FÜR THEORETISCHE

Beweis Zu einer Typ-3 Grammatik G L gibt es einen NEA A L := (Q, Σ, δ, q 0, F), der L(G L ) akzeptiert. 16 12.01.2012 Dorothea Wagner - Theoretische Grundlagen der Informatik INSTITUT FÜR THEORETISCHE

Beweis Zu einer Typ-3 Grammatik G L gibt es einen NEA A L := (Q, Σ, δ, q 0, F), der L(G L ) akzeptiert. Q := V ; q 0 := S; F := {A V (A ε) R} δ(a, a) := {B (A ab) R}. 16 12.01.2012 Dorothea Wagner - Theoretische Grundlagen der Informatik INSTITUT FÜR THEORETISCHE

Beweis Zu einer Typ-3 Grammatik G L gibt es einen NEA A L := (Q, Σ, δ, q 0, F), der L(G L ) akzeptiert. Q := V ; q 0 := S; F := {A V (A ε) R} δ(a, a) := {B (A ab) R}. Für w = w 1... w n L hat die Ableitung von w mittels G L das Aussehen: S w 1 A 1 w 1 w 2 A 2... wa n w A L kann bei Eingabe w = w 1... w n folgende Abarbeitung durchlaufen: S w 1 w A 2 w 1 3 w n 1 w A2... A n n 1 An, wobei A n F, also w akzeptiert wird. 16 12.01.2012 Dorothea Wagner - Theoretische Grundlagen der Informatik INSTITUT FÜR THEORETISCHE

Beweis Zu einer Typ-3 Grammatik G L gibt es einen NEA A L := (Q, Σ, δ, q 0, F), der L(G L ) akzeptiert. Q := V ; q 0 := S; F := {A V (A ε) R} δ(a, a) := {B (A ab) R}. Außerdem gibt es für alle akzeptierenden Berechnungen von A L eine entsprechende Ableitung in G L. 16 12.01.2012 Dorothea Wagner - Theoretische Grundlagen der Informatik INSTITUT FÜR THEORETISCHE

Bemerkung Wir wissen, dass die Sprache der korrekten Klammerausdrücke nicht regulär ist. Typ 3 Grammatiken sind also zu einschränkend, um syntaktisch korrekte Programme zu beschreiben. Fazit: Programmiersprachen sollten echt zwischen Typ 0 und Typ 3 angesiedelt sein. 17 12.01.2012 Dorothea Wagner - Theoretische Grundlagen der Informatik INSTITUT FÜR THEORETISCHE

Chomsky 1 Grammatiken bzw. kontextsensitive Sprachen Annahme: Die Eingabe einer Turingmaschine steht auf einem separaten Read-Only-Band. Der Speicherbedarf einer Turingmaschine wird nur anhand des Arbeitsbandes gemessen. DT APE(s(n)) ist die Klasse der Sprachen L, für die es eine DTM mit Platzbedarf s(n) (bei Eingabelänge n) gibt, die L akzeptiert. N T APE(s(n)) ist die Klasse der Sprachen L, für die es eine NTM mit Platzbedarf s(n) (bei Eingabelänge n) gibt, die L akzeptiert. 18 12.01.2012 Dorothea Wagner - Theoretische Grundlagen der Informatik INSTITUT FÜR THEORETISCHE

Chomsky 1 Grammatiken bzw. kontextsensitive Sprachen DT APE(s(n)) ist die Klasse der Sprachen L, für die es eine DTM mit Platzbedarf s(n) (bei Eingabelänge n) gibt, die L akzeptiert. N T APE(s(n)) ist die Klasse der Sprachen L, für die es eine NTM mit Platzbedarf s(n) (bei Eingabelänge n) gibt, die L akzeptiert. Offensichtlich gilt DT APE(s(n)) N T APE(s(n)) Außerdem gilt für alle f (n) θ(n). N T APE(n) = N T APE(f (n)) 18 12.01.2012 Dorothea Wagner - Theoretische Grundlagen der Informatik INSTITUT FÜR THEORETISCHE

Satz Satz: Die Klasse der von Chomsky 1 Grammatiken erzeugten Sprachen stimmt mit der Klasse N T APE(n) überein. Ohne Beweis. 19 12.01.2012 Dorothea Wagner - Theoretische Grundlagen der Informatik INSTITUT FÜR THEORETISCHE

Bemerkung Es ist offen, ob N T APE(n) = DT APE(n) ist. 20 12.01.2012 Dorothea Wagner - Theoretische Grundlagen der Informatik INSTITUT FÜR THEORETISCHE

Wiederholung: Das Problem CLIQUE Eine Clique in einem Graphen G = (V, E) ist eine Menge V V so, dass für alle i, j V, i = j, gilt: {i, j} E. Problem CLIQUE Gegeben: Graph G = (V, E) und ein Parameter K V Frage: Gibt es in G eine Clique der Größe mindestens K? 21 12.01.2012 Dorothea Wagner - Theoretische Grundlagen der Informatik INSTITUT FÜR THEORETISCHE

Satz Satz: Das Cliquen-Problem gehört zu DT APE(n). Gegeben sei G = (V, E) mit V = {1,..., n} und 1 K n. Benutze n-vektor c {0, 1} n mit der Bedeutung für eine Menge C c i = 1 i C Teste für jeden Vektor c {0, 1} n, ob die zugehörige Menge C V eine Clique der Größe K in G ist: Zähle die Einsen in c. Überprüfe für jedes Paar c i, c j mit c i = c j = 1 ob {i, j} E. 22 12.01.2012 Dorothea Wagner - Theoretische Grundlagen der Informatik INSTITUT FÜR THEORETISCHE

Satz Satz: Das Cliquen-Problem gehört zu DT APE(n). Alle Vektoren c {0, 1} n können nacheinander, beginnend mit (0, 0,..., 0), durchgetestet werden, wobei: nach einem positiven Test (G, K ) akzeptiert wird; nach einem negativen Test der Vektor durch seinen lexikalischen Nachfolger überschrieben wird. Dazu wird insgesamt nur linearer Speicherplatz benötigt. 22 12.01.2012 Dorothea Wagner - Theoretische Grundlagen der Informatik INSTITUT FÜR THEORETISCHE

Bemerkung 1 Falls P = N P, kann das Wortproblem für kontextsensitive Grammatiken im allgemeinen nicht in polynomialer Zeit entschieden werden. 23 12.01.2012 Dorothea Wagner - Theoretische Grundlagen der Informatik INSTITUT FÜR THEORETISCHE

Bemerkung 2 Für jede Chomsky 1 Grammatik gibt es eine äquivalente Chomsky 1 Grammatik, bei der alle Regeln folgende Form haben: A C A CD AB CD A a S ε wobei jeweils A, B V, C, D V \{S} und a Σ. 24 12.01.2012 Dorothea Wagner - Theoretische Grundlagen der Informatik INSTITUT FÜR THEORETISCHE

Notation Statt Regeln schreiben wir abkürzend S α und S β S α β 25 12.01.2012 Dorothea Wagner - Theoretische Grundlagen der Informatik INSTITUT FÜR THEORETISCHE

Typ 2 / Kontextfreie Grammatiken Grammatiken, ausschließlich mit Ableitungsregeln der Form A v mit A V und v (V Σ) 26 12.01.2012 Dorothea Wagner - Theoretische Grundlagen der Informatik INSTITUT FÜR THEORETISCHE

Typ 2 Grammatiken: Beispiel 1 Die Sprache L = {0 n 1 n n 1} 27 12.01.2012 Dorothea Wagner - Theoretische Grundlagen der Informatik INSTITUT FÜR THEORETISCHE

Typ 2 Grammatiken: Beispiel 1 Die Sprache L = {0 n 1 n n 1} wird erzeugt durch die Grammatik V = {S} Σ = {0, 1} R = {S 01 0S1}. 27 12.01.2012 Dorothea Wagner - Theoretische Grundlagen der Informatik INSTITUT FÜR THEORETISCHE

Typ 2 Grammatiken: Beispiel 2 Sei L = { w {0, 1} w = w R} die Sprache der Palindrome über {0, 1}. Es gilt: 1 0, 1, ε sind Palindrome 2 falls w Palindrom, so auch 0w0 und 1w1 3 alle Palindrome lassen sich durch endliche viele Anwendungen von (1.) und (2.) erzeugen 28 12.01.2012 Dorothea Wagner - Theoretische Grundlagen der Informatik INSTITUT FÜR THEORETISCHE

Typ 2 Grammatiken: Beispiel 2 Sei L = { w {0, 1} w = w R} die Sprache der Palindrome über {0, 1}. Es gilt: 1 0, 1, ε sind Palindrome 2 falls w Palindrom, so auch 0w0 und 1w1 3 alle Palindrome lassen sich durch endliche viele Anwendungen von (1.) und (2.) erzeugen Zugehörige kontextfreie Grammatik: V = {S} Σ = {0, 1} R = {S ε 0 1, S 0S0 1S1} 28 12.01.2012 Dorothea Wagner - Theoretische Grundlagen der Informatik INSTITUT FÜR THEORETISCHE

Typ 2 Grammatiken: Beispiel 3 Sei L die Sprache aller w {0, 1} + bei denen die Anzahl der Nullen gleich der Anzahl der Einsen ist. 29 12.01.2012 Dorothea Wagner - Theoretische Grundlagen der Informatik INSTITUT FÜR THEORETISCHE

Typ 2 Grammatiken: Beispiel 3 Sei L die Sprache aller w {0, 1} + bei denen die Anzahl der Nullen gleich der Anzahl der Einsen ist. Setze V = {S, A, B} Σ = {0, 1} R = {S 0B 1A, A 0 0S 1AA, B 1 1S 0BB} Durch Induktion über die Länge der durch G erzeugten Wörter lässt sich beweisen, dass L = L(G). 29 12.01.2012 Dorothea Wagner - Theoretische Grundlagen der Informatik INSTITUT FÜR THEORETISCHE