Vermögensverteilung in Österreich und der EU

Ähnliche Dokumente
Zum Mythos der Chancengleichheit: Reichtum und Armut in Österreich

Interpretationen zur Household Finance and Consumption Survey des Eurosystems 2014

FORSCHUNGSTELEGRAMM 10/2013

FACT SHEET VERMÖGENSVERTEILUNG UNTERSTÜTZENDE INFORMATIONEN ZUR SORA-UMFRAGE ZUM THEMA UNGLEICHHEIT

Private Haushalte und ihre Finanzen (PHF)

Ein Haus, eine Firma, aber kaum Cash

Keine eindeutige Wahrheit

Vermögensungleichheit in Deutschland

Aktuelle Trends der Vermögensungleichheit in Deutschland.

Vermögensverteilung im Euroraum und in Österreich: Die HFCS Daten

POLICY BRIEF STELLUNGNAHME

VERMÖGEN NACH GESCHLECHT

Vermögen: Auf die Rente kommt es an

Vermögensverteilung und V-Besteuerung: Best Practice in Europa? Prof. Dr. Christian Keuschnigg Karl-Renner-Institut, 15.

VERMÖGEN & VERMÖGENSBESTEUERUNG IN ÖSTERREICH. Zahlen & Fakten

Die Mythen des Reichtums Warum Ungleichheit unsere Gesellschaft gefährdet

Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt.

Antwort. Deutscher Bundestag Drucksache 19/5018. der Bundesregierung

UNGLEICHHEIT IN DEUTSCHLAND URSACHEN UND FOLGEN

Finanzkrise: Ursachen, Folgen, Politik

Armuts- und Reichtumsbericht für Österreich KURZGEFASST

Verteilung in Österreich Einkommen-Vermögen-Steuern

Sozial- und Wirtschaftsstatistik aktuell AK Wien

Finanzkrise, Sozialstaat und Wirtschaftspolitik

Pressekonferenz Mittwoch, 8. November 2017, 11 Uhr Arbeiterkammer Linz

GROSSVERMÖGEN HÖHER BESTEUERN

Neue Rahmenbedingungen für das Wohneigentum

Ungleiche Vermögensverteilung: Anmerkungen aus wirtschafts- und sozialpolitischer Perspektive

DATEN & FAKTEN REICHTUM NUR FÜR EINE KLEINE MINDERHEIT. ooe.arbeiterkammer.at. Stand: Oktober 2016

Mythen des Reichtums Warum Ungleichheit unsere Gesellschaft gefährdet

WIE (UN-)GERECHT IST REICHTUM?

Der Household Finance and Consumption Survey des Eurosystems: Konzeption und Ergebnisse der ersten Erhebungswelle 2010

Pressekonferenz, 5. September 2016, Berlin Gerechtigkeit und Verteilung in Deutschland ein Faktencheck. Materialien zum Statement

Vermögensteuer versus Ertragsteuer

Wien: Eine reiche Stadt wächst

France, Germany and EMU: The conflict that has to be addressed Prof. Dr. Heiner Flassbeck

Länderunterschiede in der Vermögensungleichheit in Europa

OESTERREICHISCHE NATIONALBANK EUROSYSTEM KONJUNKTUR AKTUELL. Berichte und Analysen zur wirtschaftlichen Lage. März Stabilität und Sicherheit.

Die Lehren aus der Finanzkrise

Plan B. Wie es gelingen kann, dass sich immer mehr Menschen mit eigenem Vermögen für die Lösung gesellschaftlicher Aufgaben engagieren

Die wirtschaftliche Situation von Erwerbstätigen und Personen im Ruhestand

Economic Risk. Wirtschaftliche Ungleichheit und soziale Mobilität. Thorsten Vogel Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät Humboldt-Universität zu Berlin

Ungleichheit und wirtschaftliche Instabilität

Die neue Welt der niedrigen Zinsen

Reiche immer reicher?

Besitzt 1 Prozent der Bevölkerung 40 Prozent des Vermögens?

Was heißt hier arm? Armut & Armutsbekämpfung in Österreich

Zum Einstieg: TmU

Anlagebarometer Weltspartag Bank Austria Market Research

Private Haushalte und ihre Finanzen (PHF) Pressegespräch zu den Ergebnissen der Panelstudie

Nur wer wählt, zählt? Vortrag & Diskussion im Rahmen der Osnabrücker Ermutigung. Armin Schäfer

Steuerreform: Makroökonomische und verteilungspolitische Perspektive

GELDVERMÖGEN UND SCHULDEN DER HAUSHALTE IN DEUTSCHLAND

WOHLSTAND OHNE WACHSTUM Auswirkungen einer langandauernden Wachstumsschwäche auf den Arbeitsmarkt

Die neue Attraktivität von Wohneigentum im Spannungsfeld von Nachfrage, Niedrigzins und Regulatorik

Bestimmungsgründe staatlicher Umverteilung

Analysen. Dezember UrlaubsEuro Winter Kaufkraft des Euro im Ausland. Bank Austria Economics and Market Analysis

Zahlen Daten Fakten zum 1. Mai 2013

Abstract: Soziale Ungleichheit und Armut aus Geschlechterperspektive

Xplicit Urlaubseuro Winter 2007 Kaufkraft des Euro im Ausland

Gerecht verteilen Wohlstand sichern. Fakten zur Vermögensverteilung

Financial Stability Report 25

Soziologisches Institut, Lehrstuhl Prof. Dr. Jörg Rössel FS Proseminar zur soziologischen Forschung:

Was heißt hier arm? Armut & Armutsbekämpfung in Österreich

You can t always get what you want? Die Umsetzung der politischen Präferenzen von Arm und Reich durch den Bundestag

Divergierende Geldpolitik: Folgen von Negativzinsen und Zinswende für die Finanzmärkte

Soziale Ungleichheit in Deutschland Wirklichkeit und Wahrnehmung

Bürger der Europäische Union

Sprengt Italien den Euro in die Luft?

Materialien zu Wirtschaft und Gesellschaft

Im Fokus: Privathaushalte in Deutschland

Herausforderungen der Verteilungspolitik

Direktinvestitionen USA im Fokus

11418/J. vom (XXV.GP) Anfrage. der Abgeordneten Bruno Rossmann, Freundinnen und Freunde an den Bundesminister für Finanzen BEGRÜNDUNG

Verteilungstendenzen im Kapitalismus

Messung und Interpretation der makroökonomischen Verteilung. 19. November 2018 / Michael Grömling

Höchste Zeit für Steuergerechtigkeit

Wachstum und Verteilung

AUSWIRKUNG DER EINKOMMENSUNGLEICHHEIT AUF DAS LEBENSERWERBSEINKOMMEN

Daten zu ausgewählten Versicherungsmärkten

Zu schlimm, um wahr zu sein

Ökonomische Ungleichheit und Mobilität in Deutschland: Fakten und Trends

Das Sparverhalten der ÖsterreicherInnen 2018

Die neue Attraktivität von Wohneigentum im Spannungsfeld von Nachfrage, Niedrigzins und Regulatorik

Was Stifterinnen und Stifter bewegt. Neue Studie zum Engagement deutscher Stifterinnen und Stifter

Die Studie zur wirtschaftlichen Lage privater Haushalte (PHF)

ZUM ZUSAMMENHANG VON KINDERARMUT UND BILDUNG

WIFO Werbeklimaindex. Erhebungszeitraum Oktober 2016

Familiale Transmission sozialer Ungleichheit in der zweiten Lebenshälfte: Erbschaften und Vermögensungleichheit

Was ist gerecht im Kontext der Eurokrise? Budapester Gespräche September 2014 Europa nach der Wahl

Soziales ARMUT UND SOZIALE AUSGRENZUNG. Kein Randphänomen

Politische Bildung im Grätzel. Verein Mitten in Hernals Gschwandnergasse Wien Web: Mail:

Arbeitslosigkeit nach der Finanz- und Wirtschaftskrise (Teil 1)

Begutachtete Artikel. Nicht-begutachtete Artikel & Working Papers

Wirtschaft, Arbeit, Sozialpolitik. Brennpunkte der Wirtschaftsethik. Institut für Christliche Sozialwissenschaften Universität Münster

Die Finanzkrise beschert praktisch jedem zweiten Österreicher finanzielle Einbußen. Trotzdem wird fleißig gespart hauptsächlich für den Notgroschen.

REICHTUM IN DEUTSCHLAND

Einkommensverteilung 5 Die Verteilung der Einkommen in der Welt

Gute Arbeit: Basis für ein sicheres Sozialsystem

Stiftungen im Drei-Sektor-Modell

Transkript:

Vermögensverteilung in Österreich und der EU GPA-djp Betriebsräte-Konferenz 04.04.2013 Martin Schürz Private Meinung des Vortragenden - 1 -

Gliederung 1) Ergebnisse für Österreich (www.hfcs.at) 2) Ergebnisse für Euroraum (z.t. unveröffentlicht; Deutschland, Spanien, Frankreich, Italien) 3) Schlussfolgerungen - 2 -

Persönliche Erfahrungen nach 10 Jahren als Vermögensforscher Grenzen freiwilliger Haushaltserhebungen Vermögensdaten: Menschen nehmen stets Bezug auf eigene Erfahrungen Reichtum: ungeliebtes Wort bei Vermögenden; größeres Tabu als Armut; wird stets aus gesellschaftlichen Zusammenhängen gelöst Pauschalierungen: kleine Häuselbauer, kleine Sparer, die Reichen Kaum gesellschaftliche Relationierungen: Distanz zwischen Unten und Oben, Mangel - Überfluss - 3 -

Was ist Vermögen? - 4 -

Wofür braucht man Vermögen? - 5 -

Vermögen der Reichen Ersparnisse der Armen Superadditum des Reichtums (Georg Simmel 1900) Vermögen der Vermögenden vermag etwas -> Soziale Kontakte, Macht intergenerationale Komponente; vielfältige Zusammensetzung des Vermögens Einkommen: primär Arbeitseinkommen: Ersparnisse der ärmeren Bevölkerungsschicht: für Urlaub oder Notgroschen; Sparbücher mit kleinen Einlagen Vermögensungleichheit: bedeutsame soziale Ungleichheitsdimension: Ungleichheit von früher (arme/reiche Eltern) und Ungleichheit später (Bildungserfolg/Einkommen) - 6 -

Woher kommt Vermögen? - 7 -

Ergebnisse zur Vermögensverteilung In Österreich - 8 -

Wo liegen Sie mit ihrem Vermögen in der Verteilung in Österreich? - 9 -

Grafik 3 Mediane und Mittelwerte des Nettovermögens nach Nettovermögensdezilen in Euro 1.800.000 1.600.000 1.400.000 1.200.000 1.000.000 800.000 600.000 400.000 200.000 0-200.000 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 Median Mittelwert Quelle: HFCS Austria 2010, OeNB. Nettovermögensdezile - 10 -

Grafik 4 Verteilung des Bruttovermögens % 100 90 "Top 5%" "Vermögende" 5 15 80 "obere Mitte" 45 70 60 30 50 "untere Hälfte" 40 29 30 20 10 50 22 0 0-50 51-80 81-95 96-100 Quelle: HFCS Austria 2010, OeNB. Anteil der Haushalte - 11-4 Anteil am Bruttovermögen

- 12 -

Beispiel eines vermögendes Haushalts Ehepaar mit Kind; Vater: 52 Jahre, Akademiker, beide Elternteile berufstätig Sachvermögen: 501.000 Finanzvermögen: 19.000 Verschuldung: 228.000 Erbschaft: 200.000 Bruttojahreseinkommen: 84.000 Kommentare der Befragten : Reichtum ist ein schwammiger Begriff; was ist Vermögen?; wenn man Schulden hat; ist alles relativ (Quelle: HFCS Austria 2010) - 13 -

Beispiel eines armen Haushalts Pensionistenpaar: Frau 69 Jahre, Lehre, Wien Sachvermögen: 0 ; Mieter: 45m 2 Finanzvermögen: 1.000 Unbesicherte Schulden: 500 Erbschaft: keine Bruttojahreseinkommen: 22.600 Kommentare der Befragten: mit dem Euro ist die Armut gestiegen; Umzug in Pensionistenheim nicht finanzierbar (Quelle: HFCS Austria 2010) - 14 -

Veranschaulichung der Vermögensverteilung in Ö Riesen und Zwerge: Annahme Median des Vermögens (76.000 ) entspricht Körperhöhe von 1m 70 cm 10. Perzentil: 2,2cm 99. Perzentil: 72 m Eklatante Unterschiede: Herr A. mit einem Vermögen von 400 Mio. in der Trendliste der 100 Reichsten: hat so viel wie das untere Drittel der Haushalte insgesamt - 15 -

Ergebnisse im Euroraum (noch nicht von der EZB veröffentlicht) - 16 -

- 17 -

- 18 -

Mediale Debatte in Deutschland Sind wir nicht die Reichsten? Die Zeit, 27.3.2013 Spanier ein Drittel reicher als die Deutschen FAZ 21.3.2013-19 -

Schlussfolgerungen - 20 -

Bewertung von Ungleichheit? 4. Deutscher Armuts- und Reichtumsbericht 2013: sehr ungleiche Verteilung der Privatvermögen sehr ungleich?: Gesellschaftliche Bewertungsfragen Individuelles Ungerechtigkeitsempfinden Gesellschaft unterschätzt Ungleichheit IWF-Chefin Lagarde 2013: Excessive inequality is corrosive to growth; it is corrosive to society http://www.imf.org/external/np/speeches/2013/012313.htm: I believe that the economics profession and the policy community have downplayed inequality for too long. Now all of us including the IMF have a better understanding that a more equal distribution of income allows for more economic stability, more sustained economic growth, and healthier societies with stronger bonds of cohesion and trust. The research reaffirms this finding. - 21 -

Wen betrifft das ÖGB-Modell? Vorgeschlagene Freibetrag: 700.000 Euro Wie viele wären betroffen? HFCS: vermögendsten 7% der Haushalte Sozio-ökonomische Charakteristika der Betroffenen: mehr Selbstständige, Landwirte, bessere Ausbildung - 22 -

Wie kommt man zu Vermögen? (1) Ersparnisse (2) Erbschaften, Schenkungen - 23 -

Sparmöglichkeiten (hypothetisches Beispiel) Szenario 1 Szenario 2 Szenario 3 P25 Median P75 Nettojahreseinkommen 1970 5.360 9.339 12.918 Nettojahreseinkommen 2010 9.188 18.366 26.368 Sparquote 6% 8% 12% Sparzins 4% 4% 4% Ersparnisse mit 30 4.775 11.094 23.018 Ersparnisse mit 40 12.116 28.148 58.403 Ersparnisse mit 50 23.773 55.475 115.217 Ersparnisse mit 65 50.384 120.244 251.118-24 -

Vermögende erben häufiger Anteil der Haushalte in denen bereits geerbt wurde über Nettovermögensdezile Prozent 80,0 70,0 60,0 50,0 40,0 30,0 20,0 10,0 0,0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 Anteil der Erbenhaushalte Quelle: HFCS Austria 2010, OeNB. - 25 -

Medianerbschaftswerte der Erbenhaushalte nach Nettovermögensdezile EUR 350.000 300.000 250.000 200.000 150.000 100.000 50.000 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 Einfacher Wert Gegenwartswert Nettovermögensdezile Quelle: HFCS Austria 2010, OeNB. - 26 -

Mediananteil der Erbschaftswerte (Gegenwartswerte) am Bruttovermögen nach Nettovermögens Percent 400 350 300 250 200 150 100 50 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 Nettovermögensdezile Quelle: HFCS Austria 2010, OeNB. - 27 -

Von wem erben die Haushalte? 1,6 25,9 2,8 10,7 6,6 7,6 Großeltern mütterlicherseits Großelten väterlicherseits Vater Mutter Partner Sonstige Verwandte Sonstige 44,8 Quelle: HFCS Austria 2010, OeNB. - 28 -

Schlussbemerkungen Vermögenskonzentration ist ein zentrales HFCS-Ergebnis informierte Vermögenssteuerdebatte benötigt Daten: Reichtum weiterhin nicht erforscht Debatte zum gesellschaftlich gewünschten Abstand zwischen Arm und Reich ist notwendig Vermögenskonzentration: mit Leistungsunterschieden begründbar? Chancengleichheit bei einem Gini-koeffizienten von 0,76? Vergessen der unteren Hälfte: Anteil der Anteilslosen? - 29 -

ANHANG - 30 -

Weiterführende Literatur Fakten zur Vermögensverteilung in Österreich www.bmask.gv.at/cms/site/attachments/3/7/2/.../abschnitt_13.pdf Wiener Reichtumsbericht: http://www.wien.gv.at/gesundheit/einrichtungen/planung/pdf/rei chtumsbericht-2012.pdf HFCS-Ergebnisse und Methodik: www.hfcs.at - 31 -

- 32 -