Müdigkeit & Erschöpfung Vorlesung Ambu I Dr. med. Michael Hora B.med.Sc. MBBS(hon) Uni. N.S.W. Facharzt für Allgemeinmedizin Akupunktur Markt Schwaben 1
Universelle menschliche Erfahrung (Physiologisch) 2
Überfiel ihn die Müdigkeit, legte er den Arm auf dem Kopf und schlief ein (Goethe über Schiller) 3
Definition Universelle menschliche Erfahrung (Physiologisch) Befindensstörung vom Patient selbst nicht ausreichend erklärbar,(z.b. durch Schlafmangel) >> starke körperliche, seelische und berufliche Beeinträchtigung Behandlungsschwelle >> Arztbesuch 4
subjektives Empfinden Schlappheit Mangel an Energie Erschöpfung, frühe Ermüdung Einschlafneigung Unlust (emotional) Leistungsfähigkeit (kognitiv) Verhalten (Leistungsknick) 5
Häufigkeit 31% der Bevölkerung geben bei Befragung an manchmal oder häufig an Ermüdungserscheinungen zu leiden Bei 6% bis 10% der Beratungsanlässe beim Hausarzt ist Müdigkeit ein Hauptsymptom Besonders Altergruppe 25-44 J, Frauen häufiger (Kanada Holland) 6
Ursachen Somatische Störungen (Akute oder chronischer Krankheit) Psychiatrische Erkrankungen Assoziation mit seelischen Störungen und psychosozialen Belastungen Umwelteinflüsse Gemeinsame Endstrecke einer Vielzahl von Störungen 7
Somatische Störungen Akute Infekte Anämie, Elektrolytstörung (z.b. Hypokalinämie) Endokrine Störungen (z.b.schilddrüse, Diabetes) Hepatitis Postinfektiös bes. virale Atemwegsinfekte Hypotonie??? Schlafstörungen (zb Schlafapnoe, Restless Legs, Narkolepsie) Medikamente Sucht Chronische somatischer Erkrankung(zB. Rheuma, MS, Chr. Infekt, TB, Niereninsuffizienz, Herzinsuffizienz, COPD...) Malignome 8
Umwelteinflüsse Blei Amalgam Kohlenmonoxid Kohlenwasserstoffe Lärm Feinstaub Mycotoxine Sick Building Syndrome SBS Multiple Chemical Sensitivitiy MCS 9
Prognose Gut: Behandlungsepisode (=Arztbesuche) bei 86% weniger als 4 Wo 4 % mehr als 6 Mo Schlechter bei : schwere lang anhaltende Symptomatik, hohes Alter, chronische Krankheit, somatischer Fixierung, (Somatoforme Störung), psychischer Erkrankung, 10
Vorgehensweise 11
Anamnese Allgemeine Charakteristika (Dauer, Tageszeitlicher Verlauf, Müdigkeit vs. Erschöpfung, Schwäche) Assoziierte Veränderungen und Beeinträchtigungen Somatisch vegetativ (Organsysteme) Schlafanamnese Medikamente Alkohol Nikotin Drogen Eigenanamnese ( z.b. chronische Erkrankungen) Erlebte Anamnese Arbeits-Umweltbelastungen Psychische Störungen (Depression) 12
Anamnese Medikamente Sedativa Antidepressiva Neuroleptika Antihistaminika Antikonvulsiva Analgetika Antihypertensiva andere 13
Psychische Störungen (Anamnese Vertiefung) Depression (Screening-Fragen) Angststörung Psychosen Somatoforme Störungen: wechselnde Symptome, häufige Arztbesuche, exzessive Diagnostik (erlebte Anamnese) 14
Depression I Zwei Screeningfragen in Bezug auf die letzten vier Wochen: Haben Sie sich oft niedergeschlagen / schwermütig / hoffnungslos gefühlt? Sind Sie oft traurig ohne speziellen Grund? Haben Sie wenig Interesse / Freude an Tätigkeiten zur Zeit? Interessieren Sie sich im Gegensatz zu früher nicht mehr für Dinge, die Ihnen bisher Spaß gemacht haben? 15
Depression II Eine Depression liegt vor, wenn mindestens eine der beiden Screeningfragen und insgesamt fünf oder mehr Kriterien bejaht werden. (Folgende Liste) 16
Depression III Eine Frage bejaht, weitere Symptome: Schlafstörungen (zu wenig oder zu viel) Veränderter Appetit oder Gewichtszunahme / Abnahme Negatives Selbstwertgefühl / Minderwertigkeitsgefühl Enttäuschung über sich selbst Versagensängste Konzentrationsschwierigkeiten Vermehrter / verminderter Bewegungsdrang Reizbarkeit Angstzustände Schuldgefühle Libidoverlust Gedanke an Tod oder Selbstmord 17
Angststörung Nervliche Anspannung Ängstlichkeit Gefühl, aus dem seelischen Gleichgewicht zu sein Sorgen über vielerlei Dinge Angstattacken, die fast unfähig machen, der gewohnten Tätigkeit nachzugehen 18
Somatoforme Störungen Als Somatoforme Störungen werden körperliche Beschwerden bezeichnet, die sich nicht oder nicht hinreichend auf eine organische Erkrankung zurückführen lassen. Dabei stehen neben Allgemeinsymptomen wie Müdigkeit und Erschöpfung Schmerzsymptome an vorderster Stelle, gefolgt von Herz-Kreislauf- Beschwerden, Magen-Darm-Beschwerden, sexuellen und pseudoneurologischen Symptomen. (Wikipedia) 19
Körperliche Untersuchung gezielt durch Hinweise in der Anamnese Ganzkörperstatus besonders: RR, Puls, Gewicht(Veränderung), Haut (Blässe, Ikterus), Herz, Lunge, obere Atemwege, Leber, Milz, RF, Lymphknoten, Nervensystem 20
Diagnostik I Gezielt nach Anamnese und Befund Suchdiagnostik (Screening) -BSG CRP -Blutbild -BZ -Urinteststreifen -GGT, Transaminasen, Elektrolyte, Nierenretentionswerte, Calcium -TSH(basal) 21
Diagnostik II 2. Stufe -Mononucleose Serologie -Cortisol -Sono Oberbauch und Schilddrüse, -Rö Thorax, -wenn Anamnese, Befund und Laborscreening unauffällig sind, sind Malignome nicht häufiger als bei nicht müden Praxispatienten 22
Überweisung Definierte zusätzlich Beschwerden (z.b. Diarrhoe > Gastroenterologe Schnarchen > Schlaflabor) Verdacht auf Berufskrankheit Verdacht auf Depressionen zur Bestätigung der Diagnose (nach Vorbereitung des Patienten) 23
Betreuung Mehrere Kontakte für Stufendiagnostik und Verlaufskontrolle, Fragebogen (DEGAM) Körperliche und psychosoziale Ursachen nicht getrennt bearbeiten (gleichzeitig) Wenn Ursache identifizierbar gezielt behandeln (somatisch und psychisch) Folgekontakte, feste Termine, aktives Zuhören abwartendes Offenhalten, Psychosomatische Grundversorgung Aktivierende Maßnahmen, Entspannungsverfahren, Schlafhygiene, Naturheilverfahren 24
Häufige Fehler Pathologische Laborbefunde werden vorschnell als ausreichende Erklärung akzeptiert Zuerst zu intensive körperliche Ursachenforschung -> Erst danach Abklärung des psychosozialen Bereichs -> Dadurch somatische Fixierung Bekannte chronische Erkrankungen werden mit der Müdigkeit vorschnell assoziiert, obwohl eventuell zwei getrennte Krankheitsbilder vorliegen. 25
Zusammenfassung Müdigkeit ist häufig Gemeinsame Endstrecke einer Vielzahl von Störungen wenn Anamnese, Befund und Laborscreening unauffällig sind, sind Malignome nicht häufiger als bei nicht müden Praxispatienten Mehrere Kontakte für Stufendiagnostik und Verlaufskontrolle(Patientenbindung) Gute Prognose 26
ENDE 27
Literatur Allgemeinmedizin und Familienmedizin Michael M. Kochen (Hrsg.) MLP Duale Reihe Leitlinie Müdigkeit DEGAM (deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin) www.uni-duesseldorf.de/awmf/ll/053-002.htm 28