Wie wir die Erkenntnisse der Gehirnforschung für mehr Kreativität und innovative Ideen nutzen können.

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Transkript:

Wie wir die Erkenntnisse der Gehirnforschung für mehr Kreativität und innovative Ideen nutzen können. Kreativität und innovative Ideen sind gefragter als je zuvor. Sie sind der Motor der Wirtschaft, Wissenschaft und der Kultur. Sie entscheiden über Erfolg oder Misserfolg. Und immer stärker hängt auch das Überleben eines Unternehmens oder einer Einrichtung von den kreativen Einfällen und innovativen Ideen der Mitarbeiter und Führungskräfte ab. Die richtige Idee zur richtigen Zeit hat schon viele Menschen reich und berühmt gemacht, und viele Unternehmer, Künstler und Wissenschaftler haben es ihren kreativen Einfällen zu verdanken, dass sie erfolgreich geworden sind. Aber wie entstehen kreative und innovative Prozesse? Welche Voraussetzungen müssen dafür erfüllt sein? Welche Rahmenbedingungen fördern oder verhindern kreative Prozesse? Kann man Kreativität trainieren oder ist sie angeboren?

Auf diese und andere Fragen im Hinblick auf Kreativität und innovative Ideen geben uns die jüngsten Erkenntnisse der Gehirnforschung erstaunliche Antworten. Wie entstehen kreative Einfälle? Durch unsere Sinneswahrnehmungen oder durch unsere Erinnerungen werden in den Arealen unseres Gehirns pausenlos Milliarden von elektrischen Impulsen erzeugt. In nur Bruchteilen von Sekunden werden diese analysiert, mit bereits bestehendem Wissen und bestehenden Erfahrungen im Langzeitgedächtnis abgeglichen und vom limbischen System emotional bewertet. Die meisten dieser Vorgänge bleiben uns im Unbewussten verborgen und äussern sich, wenn überhaupt, «nur» in Form eines Bauchgefühls, also einer Intuition. Andere durchdringen die Schwelle zum Bewusstsein und können dann auch sprachlich formuliert werden. Ob unbewusst oder bewusst, für die Entstehung kreativer Einfälle und innovativer Ideen sind unsere Sinneswahrnehmungen, unser gespeichertes Wissen, unsere Erfahrungen und unsere emotionale Bewertung von enormer Bedeutung. Welche Rolle spielt die Intelligenz? Die menschliche Intelligenz gehört zu den am besten erforschten Aspekten im Bereich der Persönlichkeitsmerkmale und lässt sich in Tests sehr gut messen und nachweisen. Was die Wissenschaftler aber erst seit kurzem untersuchen, ist, wie sich die Gehirne von Intelligenten und die Gehirne von weniger Intelligenten unterscheiden.

In verschiedenen Studien konnte mit Hilfe von bildgebenden Verfahren nachgewiesen werden, dass intelligente Menschen die Aktivierung des Gehirns auf wenige und vor allem auf die für die jeweilige Aufgabenstellung notwendigen Areale beschränken können. Weniger intelligente Menschen hingegen müssen mehr Areale ihres Gehirns für die Lösung der gleichen Aufgaben aktivieren und verbrauchen dadurch wesentlich mehr Energie, wodurch die Entstehung und Gestaltung von Ideen behindert wird. Kreativität und Intelligenz gehören untrennbar zusammen. Auch dies beweisen viele Tests, in denen nachgewiesen werden konnte, dass der Intelligenzquotient und die Kreativitätsleistungen sehr stark voneinander abhängig sind. Ist Kreativität eine Frage der Persönlichkeit? Bei unserer Geburt ist unser Gehirn mit einem gigantischen Überschuss an neuronalen Verbindungen ausgestattet. Diese Verbindungen werden aber erst wirksam, wenn sie in den ersten Jahren unseres Lebens genutzt werden. Das Entscheidende dabei ist: Je breiter diese Matrix in den frühen Jahren unserer Kindheit entwickelt wurde, desto umfangreicher sind später die Möglichkeiten für neue Verknüpfungen, die sich dann als Kreativität entfalten können. Studien über den Werdegang zum Beispiel von Nobelpreisträgern oder erfolgreichen Unternehmern haben gezeigt, dass wer bereits im Vorschulalter in einer intellektuell stimulierenden Umgebung aufwächst, bessere Chancen, kreative Leistungen zu erbringen.

Ein weiterer sehr wichtiger Faktor für die Kreativität ist neben der frühkindlichen Prägung Art und Umfang von Erlebnissen und Erfahrungen. Bei einer Studie, die bereits in den 1990er-Jahren mit Geigern der Berliner Hochschule der Künste durchgeführt wurde, zeigte sich, dass die Studenten, die mit dem Geigenspielen am frühsten angefangen hatten, auch die Besten waren. Im Alter von 20 Jahren verfügten einige der Studenten bereits über 10.000 Stunden Erfahrung mit der Geige. Unsere Persönlichkeit ist daher das Ergebnis aus genetischer Veranlagung, vorgeburtlicher und frühkindlicher Prägung und der Summe unserer Erlebnisse und Erfahrungen. Was grenzt unsere Kreativität ein? Unser Gehirn geht davon aus, dass es nicht notwendig ist, die Welt permanent neu zu entdecken. Vielmehr geht es davon aus, dass alles kontinuierlich und homogen abläuft, und daran hat es sich seit vielen tausend Jahren der Evolution gewöhnt. Wir sprechen daher von dem «Ökonomieprinzip des Gehirns». Dieses Ökonomieprinzip hat aber erhebliche Nachteile, wenn es um kreative Prozesse geht. Tritt etwas Neues oder etwas Unerwartetes auf, ist unser Gehirn bei der Informationsverarbeitung schnell überfordert. Das Ökonomiegesetz des Gehirns ist daher der grösste Feind der Kreativität, denn wenn man kreativ sein will, muss man die gewohnten Wege und Grenzen überschreiten. Was stört unsere Kreativität? Neue Technologien, die steigende Informationsflut, die Folgen der Globalisierung und ständige Veränderungsprozesse sind nur einige Faktoren, die unser Gehirn bewältigen und verarbeiten muss.

Dies gelingt nicht nur immer weniger Menschen, die dann als Folge an Stress leiden, sondern es schmälert auch die Produktivität und Kreativität. Eine gesunde Portion Stress ist zwar gut für unser Gehirn, aber übertreibt man es, kann daraus schnell ein Burnout oder eine Depression werden. Der bekannte Psychotherapeut Allen Elkin formulierte es einmal so: «Stress ist wie eine Violinsaite. Ohne Spannung entsteht keine Musik. Wird die Saite aber zu sehr gespannt, reisst sie.» Kann man Kreativität lernen? Der britische Mediziner und Buchautor de Bono sagte einmal: «Kreativität ist nichts Mysteriöses, das als Talent manchen gegeben ist. Kreativität kann man lernen. Es geht dabei um Asymmetrien in den Gedankengängen und um unerwartete Wendungen. So gesehen funktioniert Kreativität wie Humor.» Geniale Ideen entstehen also nicht nur in wenigen Superhirnen, sondern auch in durchschnittlichen Gehirnen, was sich auch seit wenigen Jahren mit modernen Diagnostikmethoden wie zum Beispiel der Positronen-Emissions-Tomographie nachweisen lässt. Voraussetzung für die Entstehung von genialen Ideen ist allerdings, dass man begeistert ist. Fehlt es an Begeisterung, passiert im Gehirn nichts. Begeisterungsfähigkeit ist also sehr wichtig, und wem es gelingt, sich bis ins hohe Alter für Neues zu begeistern, der bleibt nicht nur jung im Gehirn, sondern kann sich auch ohne Probleme in der Zukunft zurechtfinden. Und noch eine gute Nachricht aus der Gehirnforschung: Unser Gehirn verfügt über eine fast grenzenlose Speicherkapazität für neues Wissen und neue Fähigkeiten.