UNTERNEHMENSSICHERUNG



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Transkript:

UNTERNEHMENSSICHERUNG Krisenfest auf Kurs? Kreativagenturen Gutes Klima in Wiesbaden 17 Gesundheit Wettbewerb der Regionen 18 HESSISCHE WIRTSCHAFT DAS IHK-MAGAZIN AUS DER LANDESHAUPTSTADT FÜR WIESBADEN RHEINGAU-TAUNUS HOCHHEIM 10 2008

Je früher, desto klüger: Vorsorgen mit der privaten Rente der SV. Abgeltungssteuer? Nein Danke! Die SV Ihr Partner für Sicherheit und Vorsorge. Sie finden uns in nahezu jeder Gemeinde in unseren SV Geschäftsstellen und bei unseren Partnern in allen Sparkassen. Was auch passiert : Sparkassen-Finanzgruppe www.sparkassenversicherung.de

EDITORIAL Heuschrecken sind noch das geringste Übel. Denken zumindest diejenigen, deren Unternehmen trotz sorgfältiger Planung und umsichtiger Führung in schwieriges Fahrwasser geraten ist. Aufgrund turbulenter Märkte und des härter werdenden Wettbewerbs ändern sich die Chancen und Risiken für Unternehmen in immer kürzeren Abständen. Schiffbruch ist dann oft nur zu vermeiden, wenn bereits die ersten Anzeichen einer drohenden Unternehmensschieflage erkannt werden und gehandelt wird. Anstatt dem Prinzip Hoffnung zu vertrauen, ist schnelles Handeln erforderlich. Joachim Nolde Hauptgeschäftsführer der IHK Wiesbaden Als Industrie- und Handelskammer bieten wir hier kompetente und vertrauliche Hilfe zur Unternehmenssicherung und stellen auch Kontakte zu weiteren Beratern im Rahmen unseres Netzwerkes her. Auch mancher Finanzinvestor, der zunächst für eine Heuschrecke gehalten wurde, entpuppt sich schließlich als Putzerfisch. Entgegen einer weit verbreiteten Ansicht belegen diverse Studien, dass mit Beteiligungskapital finanzierte Firmen schneller wachsen, überdurchschnittlich mehr Arbeitsplätze schaffen und eine signifikant höhere Rendite erwirtschaften. In dieser Ausgabe der HESSISCHEN WIRTSCHAFT lassen wir einige Berater zu Wort kommen und geben Beispiele für erfolgreiche Unternehmenssanierungen. Aber auch der Staat muss seinen Teil zur Vermeidung von Insolvenzen beitragen, indem er vor allem die steuerlichen Rahmenbedingungen verbessert. Eine vor kurzem vom DIHK verabschiedete Resolution verdeutlicht, dass Deutschland aufgrund der hohen Belastung mit Unternehmensund Einkommensteuern weit hinter seinem Wachstums- und Beschäftigungspotenzial zurück bleibt. Auch die drastische Erhöhung der Mehrwertsteuer zum 1. Januar 2007 war und ist ein großer Fehler. Sie schmälert die Kaufkraft der Konsumenten um mehr als 20 Milliarden Euro pro Jahr und belastet insbesondere den Einzelhandel, die Bauwirtschaft und das Hotel- und Gaststättengewerbe. Die Politik muss deshalb umsteuern. Statt auf Einnahmeverbesserung und Einzelfallbegünstigung muss mehr Wert auf Vereinfachung und Ausgabenbegrenzung ge- IN DER MARKTWIRTSCHAFT SOLLTE SICH DER STAAT AUF DIE FUNK- TIONSFÄHIGKEIT DES WETTBEWERBS KONZENTRIEREN UND SICH MIT legt werden. Wir brauchen Zurückhaltung EINGRIFFEN IN UNTERNEHMENSENTSCHEIDUNGEN ZURÜCKHALTEN bei den Staatsausgaben und mehr Netto für alle. Ein System mit weniger Ausnahmen, niedrigeren Steuersätzen und weniger Bürokratie erhöht die Rechts- und Planungssicherheit und mindert ungerechtfertigte punktuelle Be- oder Entlastungen. Stattdessen wird die Besteuerung der Unternehmen immer mehr von wirtschaftsfremden Lenkungsnormen beeinflusst. Auch die aktuellen Verschlechterungen bei der Gewerbesteuer bedrängen viele Unternehmen, vor allem in innerstädtischen Lagen. Hier müssen zumindest die pauschalen Hinzurechnungen bei Immobilien auf höchstens 35 Prozent abgesenkt werden. Ebenso muss der Reformentwurf der Erbschaftssteuer an entscheidenden Punkten nachgebessert werden, wenn der Königsweg Verzicht nicht gangbar ist. In Summe bleibt zu fordern, dass sich der Staat in einer Marktwirtschaft auf die Funktionsfähigkeit des Wettbewerbs konzentrieren und bei Eingriffen in Unternehmensentscheidungen zurückhaltend sein sollte. HESSISCHE WIRTSCHAFT OKTOBER 2008 3

INHALT BILDUNG 24 Studie zum Fernsehkonsum Jugendlicher INNOVATION UMWELT 25 IHK-Recyclingbörse in neuem Gewand INTERNATIONAL 26 Kommunikation mit arabischen Geschäftspartnern RECHT 28 Umweltzone ist kein Patentrezept UNTERNEHMEN 03 EDITORIAL THEMA: UNTERNEHMENSSICHERUNG 06 Kommentar 07 Karussell der Krisenstadien 08 Förderangebote eine Auswahl 10 Vom Krisen- zum Lösungsmanagement 12 Mentoring-Programm der IHK 13 Die Saniererin ein Erfahrungsbericht 14 Insolvenz als Chance STANDORT 17 Designmetropole Wiesbaden 18 Wettbewerb der Gesundheitsregionen 20 Umbruch im Versicherungsvertrieb STARTHILFE WACHSTUM 21 Nachfolgebörse 22 Wirtschaft und Grippe-Welle ein Interview 23 Gute Karten mit Bridge ein Gründerporträt 29 Unternehmensreport, Jubiläen MENSCHEN 32 Steckbrief Dr. Stefan Fink 38 Im Bilde RUBRIKEN 39 Kompakt 42 Neues aus Berlin und Brüssel 43 Bücher 44 Kultur kuenstlerhaus43 45 Termine IHK-FORUM 46 Serie zur IHK-Wahl 2009 51 IMPRESSUM PR-VERLAGSVERÖFFENTLICHUNG 33 Wirtschaftskraft im Rheingau-Taunus-Kreis und Hochheim 4 HESSISCHE WIRTSCHAFT OKTOBER 2008

17 KREATIVWIRTSCHAFT Access to all areas : Unter diesem Titel öffneten Wiesbadener Kreativagenturen ihre Büros. Blaue Klinkenanhänger ermunterten dazu, durch Ateliers zu spazieren und Arbeiten zu studieren. In Wiesbaden fi nden Kreative einen fruchtbaren Nährboden und machen damit bundesweit von sich reden. 07 THEMA Carola Buch hat es geschafft: Ihr Entsorgungsunternehmen in Oestrich-Winkel ist wieder auf sicherem Kurs. Die junge Unternehmerin berichtet, wie sie den Traditionsbetrieb vor dem Aus rettete. Frühzeitig auf Krisenanzeichen achten, unverzüglich reagieren, das raten alle Experten in ihren Gastbeiträgen. Und sie schreiben auch, wie das gelingen kann. Schließlich bedeutet Krise zunächst einmal nichts anders als entscheidende Wendung. 18 STANDORT Der Wettbewerb im Gesundheitsmarkt ist hart. Nicht nur einzelne Kliniken kämpfen um Patienten, auch ganze Städte und Regionen wollen sich als Gesundheitsstandorte positionieren. Wiesbaden hat dabei eine gute Ausgangsbasis, belegt eine exklusive Studie der IHK Wiesbaden, die nun vollständig veröffentlicht wurde. 22 WACHSTUM Vor den Folgen einer Grippe-Epidemie warnt Dr. Holger Meireis, der Leiter des Wiesbadener Gesundheitsamtes. Die Nähe zum Frankfurter Flughafen erhöhe das Gefahrenpotenzial für Wiesbaden und die Region, wenn eine Grippe-Welle um den Globus rase, wie viele Experten befürchten. HESSISCHE WIRTSCHAFT OKTOBER 2008 5

THEMA UNTERNEHMENSSICHERUNG KRISENFEST AUF KURS KOMMENTAR Michael Schwarz, Geschäftsführer der Bürgschaftsbank Hessen GmbH, Wiesbaden Die Subprime-Krise in den USA hat viele Banken weltweit in einen Strudel gerissen und ihre Bilanzen erheblich belastet. Es dauerte nicht lange und die Sorge machte ES GIBT KEINE KREDITKLEMME IM MITTELSTAND! sich breit, es könne eine Kreditklemme geben, manche Medien berichteten von großer Furcht vor allem um den Mittelstand. Die Bürgschaftsbank Hessen richtet sich an den Mittelstand und ich kann ihnen versichern: Es gibt keine Kreditklemme für den Mittelstand. Viele Berichte anderer Geldinstitute bestätigen dies. Die Bundesbank berichtet bis Juni über steigende Kredite deutscher Institute, die KfW Mittelstandsbank sieht die Vergabe 2008 ebenfalls auf hohem Niveau und die europäische Bankenumfrage EZB ergab einen steigenden Kreditbestand bei deutschen Banken übrigens ganz im Gegensatz zu unseren europäischen Nachbarn, wo kräftig gebremst wird. Auch die hessische Perspektive bestätigt dies: Die Investitionsbank Hessen wächst bei den Gründungs- und Wachstumsfinanzierungen und auch wir von der Bürgschaftsbank verspüren einen positiven Trend bei Großhandel, Einzelhandel und Dienstleistungen. Wir haben auch noch Mittel frei und stehen zu unserem Motto: Ein Erfolg versprechendes Vorhaben soll nicht an fehlenden Sicherheiten scheitern. Heute ist es sogar häufig so, dass Banken um gute Kreditkunden ringen. Und was ist mit den schlechten? Unternehmen mit schwächerer Bonität haben es schwerer, an frisches Kapital zu kommen. Dies wird gerne kritisiert, doch jeder prüfe sich selbst: Welcher Kaufmann schließt schon Geschäfte mit unkalkulierbaren Risiken ab? Ich sehe keinen plausiblen Grund, von Kreditinstituten zu fordern, was gute Kaufleute nie wagen würden. Und für den Fall, dass nur die Sicherheiten fehlen, gibt es ja uns. Seit 1954 fördert die Bürgschaftsbank Hessen als aktive Selbsthilfeeinrichtung der hessischen Wirtschaft Existenzgründungen sowie den wirtschaftlichen Erfolg kleiner und mittlerer Unternehmen durch Ausfallbürgschaften. Träger sind unter anderem die Industrie- und Handelskammern. SPOTS ZUM TITELTHEMA Aktive Unternehmenssicherung Wer sein Unternehmen am Markt behaupten will, muss Fehlentwicklungen erkennen und rechtzeitig gegensteuern. Die IHK Wiesbaden will vor allem kleine und mittlere Unternehmen dazu motivieren, sich frühzeitig mit der Sicherung ihres Betriebs auseinanderzusetzen. Dafür hat sie die Veranstaltungsreihe Aktive Unternehmenssicherung entwickelt, bei der Unternehmer von ihren Erfahrungen berichten und über die Stadien von Fehlentwicklungen informieren. Der nächste Termin ist am Montag, 27. Oktober, 19:30 bis 21 Uhr in der Brentano-Scheune, Hauptstraße 134a, in Oestrich-Winkel. Anmeldungen bei Julia Keiper, Telefon 0611 1500-124 oder per Mail an j.keiper@wiesbaden.ihk.de. IHK-Sprechtage Zur Unternehmenssicherung und Krisenbewältigung bietet die IHK Wiesbaden an jedem ersten Donnerstag im Monat zwischen 15 und 17 Uhr einen Unternehmersprechtag an. Über Finanzierungs- und Beratungsmöglichkeiten können sich Unternehmerinnen und Unternehmer an jedem dritten Donnerstag im Monat zwischen 14 und 17 Uhr beim Sprechtag in der IHK Wiesbaden, Wilhelmstraße 24-26, informieren. Anmeldungen bei Julia Keiper, Telefon 0611 1500-124 oder per Mail an j.keiper@wiesbaden.ihk.de. Mutmacher Die Initiative Mutmacher der Nation stellt krisenerprobte kleine und mittlere Unternehmer ins Rampenlicht, die es geschafft haben, aus einer schwierigen Situation heraus Erfolg zu haben. Initiator des bundesweiten Unternehmerwettbewerbs ist das Telefonverzeichnis Das Örtliche. Bis Ende September wurden drei Bewerber pro Bundesland für den Landessieg nominiert. Die 16 Gewinner nehmen am Deutschland-Finale im November in Berlin teil. www.mutmacher-der-nation.de Sanierungsportal Mögliche Risikofaktoren im eigenen Betrieb können Selbständige und Geschäftsführer kleiner und mittlerer Unternehmen bei einem Online-Check ausloten, der sich beim Sanierungsportal findet. Das Portal ist eine vom Deutschen Institut für angewandtes Insolvenzrecht getragenen Homepage, die auf die Chancen aufmerksam machen soll, die ein Insolvenzverfahren bieten kann. Die Internetseite bietet zudem Informationen zum Krisen- und Insolvenzmanagement, zu Sanierungsplänen und zu Ansprechpartnern. www.sanierungsportal.de 6 HESSISCHE WIRTSCHAFT OKTOBER 2008

THEMA UNTERNEHMENSSICHERUNG KRISENFEST AUF KURS Karussell der Krisenstadien Seit der Mensch begonnen hat, sich wirtschaftlich zu betätigen, ist dies von Aufstieg und Fall begleitet. Krisen sind allgegenwärtig, wobei Krisen, zumindest in der Wirtschaft, fälschlicherweise mit einem Makel behaftet sind. Krise bedeutet zunächst nichts anderes als entscheidende Wendung. Ob diese zur Gesundung führt oder in den Abgrund, hängt von den eingeleiteten Maßnahmen ab. Die Chinesen sollen übrigens dasselbe Schriftzeichen für Krise und Chan- Handlungsspielraum Produkt- und Absatzkrise ce verwenden. Geht man so mit diesem Begriff um, Erfolgskrise kommt es allein darauf an, welche Schlussfolgerungen Kosten gezogen werden. Dazu gehört das frühzeitige Handeln! Es ist erschreckend, dass nicht bewältigte Unternehmenskrisen bei genauer Analyse in nahezu allen Fällen, egal ob bei großen oder kleinen Unternehmen, lange vorher erkennbar waren. In Anlehnung an einen kürzlich vorgelegten Entwurf des Instituts der Wirtschaftsprüfer (IDW) zu den Anforderungen an die Erstellung von Sanierungskonzepten kann man verschiedene Krisenstadien differenzieren, die in der Abbildung verkürzt dargestellt werden. Die beiden Kurven Kosten und Handlungsspielraum zeigen, dass die Kosten der Krisenbewältigung umso höher sind, je später gehandelt wird, während der Handlungsspielraum abnimmt. In der strategischen Krise verlieren der Unternehmer oder das Management das unternehmerische Leitbild, die Ziele und/oder die Zielgruppe aus dem Auge. Es geht um die Wesensart des Unternehmens, also den eigentlichen Unternehmenszweck. Die strategische Krise ist eine dauernde Herausforderung. Wichtige Fragen sind dazu beispielsweise: Was können wir am besten? Was sind die wichtigsten drei Stärken? Wie genau ist unsere Zielgruppe umschrieben? Welche wichtigsten Kernprobleme unserer Kunden lösen wir besser als die Wettbewerber? Was wollen wir erreichen (in einem Jahr, in fünf Jahren, in zehn Jahren)? Für die Zukunft des Unternehmens ist es essenziell, dass diese Fragen nicht nur einmal, sondern regelmäßig, mindestens einmal im Jahr, besprochen und analysiert werden. Viele erfolgreiche Unternehmen machen diese Bestandsaufnahme im Rahmen eines Jahreszielplanes für das Folgejahr bis spätestens Ende des laufenden Geschäftsjahres. In diesem Jahreszielplan werden nicht nur die Antworten auf die Fragen dokumentiert, sondern auch die zahlenmäßigen Ziele, verknüpft mit konkreten Maßnahmen. Mindestens vierteljährlich wird im Rahmen eines Soll/Ist-Vergleiches sichergestellt, dass sich das Unternehmen auf seinem Weg befindet (Controlling). Strategische Krise Liquiditätskrise I n s o l v e n z Die Produkt- und Absatzkrise ist eine Folge der nicht bewältigten strategischen Krise. Die Produkte folgen nicht mehr den Bedürfnissen der Zielgruppe. Es kommt daher zu Sortimentsschwächen, oft stimmt die Qualität nicht mehr mit den Bedürfnissen der Kunden überein oder die Preispolitik entspricht nicht deren Erwartung. Dabei geht es gar nicht darum, möglichst billig anzubieten. Wenn die Strategiekrise nicht erkannt oder nicht konsequent gehandelt wird, kommt es nach der fehlerhaften Produktpolitik unmittelbar zur Erfolgskrise. Während die strategische Krise und die Produkt- und Absatzkrise häufig, mindestens für den externen Leser des Jahresabschlusses, aus den Zahlen kaum erkennbar ist, spiegelt sich die Erfolgskrise auch in den Zahlen des Unternehmens wider. Es kommt zu Nachfragerückgängen und Kostensteigerungen je Einheit durch Unterauslastung. Der Gewinnrückgang ist aus der kurzfristigen Erfolgsrechnung erkennbar. Wird auch jetzt nicht gehandelt, kommt es zum Ausweis von Verlusten und damit zu einer Verminderung des Eigenkapitals. Hier ist der kritische Punkt von Unternehmenskrisen erreicht: Bei fortgeschrittener Erfolgskrise kann nur noch eine umfassende Sanierung das Unternehmen retten. Die Erfolgspotenziale des Unternehmens müssen herausgearbeitet, die Kostenstruktur verbessert und ein klares Zielsystem mit Controlling muss installiert werden. Der Eintritt in die Liquiditätskrise offenbart zugleich auch schwer wiegende unternehmerische Fehler. Denn dieses Krisenstadium bedeutet nichts anderes, als dass nicht gehandelt wurde. Durch die Verluste in der Erfolgskrise ist das Eigenkapital geschwächt, wenn nicht sogar verbraucht. Die Rettung in dieser Phase ist häufig schwierig und manchmal auch gar nicht mehr möglich. Wichtige Maßnahmen sind neben der Neuausrichtung im Rahmen eines umfassenden Sanierungsplans die Zuführung von neuem Eigenkapital oder eigenkapitalähnlicher Mittel. Unternehmenskrisen sind eine dauernde unternehmerische Herausforderung. Die Aufgabe der Verantwortlichen ist es, die Entwicklung rechtzeitig zu erkennen und unverzüglich zu handeln. Text: Uwe Stengert, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater, BRM Steutax GmbH Steuerberatungsgesellschaft, Wiesbaden. u.stengert@brm.eu HESSISCHE WIRTSCHAFT OKTOBER 2008 7

THEMA UNTERNEHMENSSICHERUNG KRISENFEST AUF KURS Vom Check-Up bis zum Unternehmerkredit Ob es um das Sichern zusätzlicher Kredite, um die Analyse des Betriebs oder Krisenberatung geht: Unterstützung nicht erst in der Not gibt es von vielen Seiten, man muss nur wissen, wie und wo. Die HESSISCHE WIRTSCHAFT stellt eine Auswahl des umfangreichen Förderangebots vor. Bürgschaft Wer? Bürgschaftsbank Hessen GmbH In welchem Zeitraum? Ohne zeitliche Begrenzung Was? Ausfallbürgschaften zur Besicherung von zusätzlichen Investitions- und Betriebsmittelkrediten Zu welchem Preis? 1,5 Prozent des Kreditbetrages als einmalige Antragsgebühr, 1,5 Prozent jährlich der verbürgten Summe Ansprechpartner? Über Hausbank an Bürgschaftsbank Hessen GmbH (www.bb-h.de) Check-Up Wer? RKW Hessen GmbH In welchem Zeitraum? Zeitlich unbegrenzt Was? Systematische Analyse aller Unternehmensbereiche unter Einbeziehung ausgesuchter Mitarbeiter, Unterstützung bei der Krisenbewältigung Zu welchem Preis? Unterschiedlicher Eigenanteil (300, 750 oder 1500 Euro, abhängig vom Alter des Unternehmens und der Mitarbeiterzahl) Ansprechpartner? RKW Hessen GmbH (www.rkw-hessen.de) ERP Kapital für Wachstum Wer? KfW Mittelstandsbank In welchem Zeitraum? Unternehmen, die älter als zwei und höchstens fünf Jahre alt sind Was? Maximal 500.000 Euro Finanzierungsanteil bis zu 40 Prozent der Bemessungsgrundlage Zu welchem Preis? Fünf Preisklassen je nach Bonität, gestaffelte Zinssätze unter www.kfw.de Ansprechpartner? Über Hausbank an KfW Mittelstandsbank (www.kfw.de) ERP Kapital für Arbeit und Investitionen Wer? KfW Mittelstandsbank In welchem Zeitraum? Unternehmen, die älter sind als fünf Jahre Was? Maximal vier Millionen Euro, Finanzierungsanteil bis zu 100 Prozent der Bemessungsgrundlage Zu welchem Preis? Sieben Preisklassen je nach Bonität, gestaffelte Zinssätze unter www.kfw.de Ansprechpartner? Über Hausbank an KfW Mittelstandsbank (www.kfw.de) Gründercoaching Deutschland Wer? KfW Beratungsagentur In welchem Zeitraum? Innerhalb von fünf Jahren nach Gründung Was? Coaching- und Beratungsmaßnahmen für alle wirtschaftlichen, finanziellen und organisatorischen Fragestellungen Zu welchem Preis? Förderung von 50 Prozent des Beraterhonorars, bei maximal 800 Euro Honorar, also maximal 400 Euro Förderung je Beratungstag, insgesamt sind maximal 6.000 Euro Beraterhonorar möglich Ansprechpartner? Beantragung über IHK Wiesbaden Gründercoaching Deutschland bei Gründungen aus der Arbeitslosigkeit Wer? KfW Beratungsagentur In welchem Zeitraum? Im ersten Jahr der Selbstständigkeit Was? Leistungsempfänger nach SGB II oder III, Coaching und Beratungsmaßnahmen für alle wirtschaftlichen, finanziellen und organisatorischen Fragestellungen Zu welchem Preis? Förderung von 90 Prozent des Honorars, bei maximal 800 Euro Honorar also maximal 400 Euro je Beratungstag, maximal 4.000 Euro Beraterhonorar Ansprechpartner? Beantragung über IHK Wiesbaden Gründungs- und Wachstumsfinanzierung (GUW) Wer? IBH (Investitionsbank Hessen) In welchem Zeitraum? Ohne zeitliche Begrenzung Was? Finanzierungsanteil bis zu 100 Prozent der Bemessungsgrundlage abhängig vom jeweiligen Verwendungszweck Zu welchem Preis? Sieben Preisklassen je nach Bonität, gestaffelte Zinssätze unter www.ibh-hessen.de Ansprechpartner? Über Hausbank an IBH (www.ibh-hessen.de) Hilfe zur Selbsthilfe Wer? SES Senior Experten Service In welchem Zeitraum? Zeitlich unbegrenzt Was? Hilfe zur Selbsthilfe, Beratung Zu welchem Preis? Projektbearbeitungskosten, Kosten am Einsatzort und Reisekosten Ansprechpartner? IHK Wiesbaden oder SES (www.ses-bonn.de) 8 HESSISCHE WIRTSCHAFT OKTOBER 2008

LANDESHAUPTSTADT Krisenpaket Wer? IHK Wiesbaden In welchem Zeitraum? Zeitlich unbegrenzt Was? Checkheft für Unternehmen, Schwachstellenüberprüfung Zu welchem Preis? Kostenlos Ansprechpartner? IHK Wiesbaden (www.ihk-wiesbaden.de) Wiesbaden Ihr Standort mit Zukunft Mentoring-Programm Wer? IHK Wiesbaden In welchem Zeitraum? Innerhalb von fünf Jahren nach Gründung Was? Kompetenter Rat eines sachverständigen Unternehmers. Nicht für Sanierungsfälle Zu welchem Preis? Ehrenamtlicher und honorarfreier Austausch Ansprechpartner? IHK Wiesbaden (www.ihk-wiesbaden.de) Umsetzungsberatung Wer? RKW Hessen GmbH In welchem Zeitraum? Unternehmen, die älter sind als fünf Jahre Was? Grundlegende Beratung oder zu speziellen Einzelthemen. Unterstützung bei der Krisenbewältigung Zu welchem Preis? Maximal 300 Euro je Beratungstag bei maximal fünf Beratungstagen pro Projekt. Eigenanteil: mindestens 40 Prozent des Honorars, maximal 6.000 Euro innerhalb von drei Jahren Ansprechpartner? RKW Hessen GmbH (www.rkw-hessen.de) Unternehmerkredit Wer? KfW Mittelstandsbank In welchem Zeitraum? Ohne zeitliche Begrenzung Was? Finanzierungsanteil bis zu 100 Prozent der Bemessungsgrundlage, Haftungsfreistellung möglich, nicht für Sanierungsfälle Zu welchem Preis? Aktuelle Zinssätze unter www.kfw.de Ansprechpartner? Über Hausbank an KfW Mittelstandsbank (www.kfw.de) Unternehmenssicherung und Krisenbewältigung Wer? Die Wirtschaftspaten e.v. In welchem Zeitraum? Zeitlich unbegrenzt Was? Hilfe zur Selbsthilfe, Beratung Zu welchem Preis? Honorarfrei, geringe Kosten- oder Förderbeiträge als Aufwandsentschädigung Ansprechpartner? IHK Wiesbaden oder Wirtschaftspaten (www.wirtschaftspaten.de) Wirtschaftsförderung Wiesbaden Eine ganz sichere Verbindung von 8-18 Uhr +49(0) 611 31 31 31 service.wirtschaft@wiesbaden.de Zusammenstellung: Jutta Nitschke, IHK Wiesbaden j.nitschke@wiesbaden.ihk.de Ansprechpartner bei der IHK Wiesbaden: Christian Ritter, Telefon 0611 1500-153, c.ritter@wiesbaden.ihk.de www.wiesbaden.de HESSISCHE WIRTSCHAFT OKTOBER 2008 9

THEMA UNTERNEHMENSSICHERUNG KRISENFEST AUF KURS Jedes Problem ist auch eine Chance Zunehmender Wettbewerb, unsichere Märkte und immer kürzere Innovationszyklen zwingen Unternehmen, sich immer schneller an neue Situationen anzupassen. Mit steigenden Chancen steigen auch die Risiken. Damit daraus keine existenzbedrohende Unternehmenskrise wird, ist es wichtig, die Ursachen frühzeitig zu erkennen und Lösungsmodelle zu entwickeln. Als die Kündigung ihres Mietvertrags kam, fühlten sich die neuen Eigner der Wiesbadener Kaffeerösterei Hepa zunächst einfach überfordert: Das Firmengebäude war frisch renoviert, sie waren noch damit beschäftigt, neue Depots und einen Markt für die traditionsreiche Firma aufzubauen, die sie drei Jahre zuvor von ihrer Tante übernommen hatten, mit 50 Jahre alten Maschinen und einem kleiner werdenden Kundenstamm. Inzwischen haben sie einen neuen Standort am Bahnhof in Wiesbaden Dotzheim gefunden, und im Mai haben sie ihre Filiale in der Kleinen Schwalbacher Straße eröffnet. Die Wirtschaftpaten haben die beiden Inhaber auf diesem Weg unterstützt. FS-C5025N KYOCERA macht Druck. Mit Farbe, die sich rechnet. Entdecken Sie die wirtschaftlichsten Farbdrucker in ihren jeweiligen Klassen. Und Multifunktionsgeräte und Lösungen, für volle Kostenkontrolle. Jetzt bei uns. KYOCERA. RECHNEN SIE MIT UNS. Wie bei Hepa tauchen in vielen Betrieben trotz sorgfältiger Planung und umsichtiger Führung gelegentlich Probleme auf, die ohne qualitative Unterstützung nicht zu lösen sind. Hier bieten die Wirtschaftspaten Hilfe an. Die Mitglieder des Vereins waren in führenden Positionen und in unterschiedlichen Bereichen der Wirtschaft tätig. Sie alle sind aus dem aktiven Berufsleben ausgeschieden und geben ihre in vielen Berufsjahren erworbenen Kenntnisse an Ratsuchende weiter. Bei ihrer Arbeit stellen die Wirtschaftspaten immer wieder fest, dass viele Unternehmensgründer oder Unternehmer eine gute Produktidee oder auch bereits ein gutes Produkt haben. Doch das Produkt muss auf die Straße, es muss verkauft werden. Dies ist eine der wesentlichen Voraussetzungen, um im Wettbewerb langfristig erfolgreich sein zu können. Der wirtschaftliche Erfolg eines Unternehmens hängt nicht nur von niedrigen Kosten, sondern vor allem von den Kunden ab. Kundenzufriedenheit reicht heute nicht mehr aus. Zufrieden heißt befriedigend; und das ist Mittelmaß. Unternehmen sollten eine Kundenbegeisterung anstreben. Und hier stellt sich sofort die Frage, womit man Kunden begeistern kann. Um dem reinen und vor allem ruinösen Preiswettbewerb zu entgehen, braucht man Alleinstellungsmerkmale. Man sollte untersuchen, welche Vorteile man seinen Kunden bieten kann. Manchmal hilft auch eine Erweiterung der Produktpalette oder eine andere Zielgruppe, die dem Unternehmen neue Geschäftsfelder erschließt. Neben dem Vertrieb ist eine gute Innovationsstrategie wichtig für die Unternehmenssicherung. Erfolgreiche Unternehmen etablieren feste Leitfäden für Veränderungsprozesse. Unklare und fehlende Zielvorgaben sind zu einem großen Teil der Grund für den Einstieg in die Insolvenz. Unvorbereitete Unternehmen trifft eine Krise am härtesten. Deshalb ist es wichtig, den Weg vom Krisen- hin zum Lösungsmanagement in Gedanken bereits durchzugehen: Welche Probleme können auftreten, welche Gegenmaßnahmen kann ich ergreifen und welche Aktionspläne muss ich aufstellen? Außerdem muss die Frage gestellt werden, ob es sich um eine operative Krise handelt, oder ob eine falsche oder fehlende Kommunikation der Grund ist. Eine Unternehmenskrise kommt niemals aus heiterem Himmel. Eine Reihe von Schwierigkeiten weisen schon lange vorher auf diese Krise hin. Die Ursachen dafür sind vielfältig. Ähnlich wie bei einem Flugunfall, bei dem eine Reihe von Ereignissen gleichzeitig auftreten, um diese Situation eintreten zu lassen, treten auch bei einer Unternehmenskrise immer mehrere Ursachen gleichzeitig ein. Doch jedes Problem ist auch eine Chance. Eine Krise kann deshalb gleichzeitig auch auch der Anfang für einen neuen Erfolg sein. Kaiser-Friedrich-Ring 61 65185 Wiesbaden Tel: 0611/860-86 info@orgarent.de www.orgarent.de Text: Alfred Korte, Die Wirtschaftspaten e.v. info@wirtschaftspaten.de www.wirtschaftspaten.de A8027_AZ_OMC_Erpresser_FSC5025N_2sp_4c.indd 1 13.03.2008 10:14:47 Uhr 10 HESSISCHE WIRTSCHAFT OKTOBER 2008

Anzeige Absicherung von Rohstoffpreisrisiken wird wichtiger Von Ralf Klinge, Senior-Firmenkundenbetreuer der Deutschen Bank für Wiesbaden und die Region Eine Analyse der Deutschen Bank hat ergeben, dass sich bereits jedes fünfte mittelständische Unternehmen mit Hilfe von Finanzinstrumenten vor Rohstoffpreisrisiken schützt. Schließlich zählen diese Risiken für viele Unternehmen zu den größten Unsicherheitsfaktoren überhaupt. Ein Blick auf das Beispiel Einkaufspreise eines Unternehmens zeigt warum: Wenn die Preise im Einkauf eines Unternehmens steigen, kann das erhebliche Auswirkungen auf die operative Marge haben und somit auf den Gewinn. Das ist regelmäßig dann der Fall, wenn das Unternehmen die Erhöhung nicht vollständig, nur verzögert oder gar nicht an die Kunden weitergeben kann. Untersuchungen der Deutschen Bank haben zudem gezeigt, dass die Frage der Absicherung von beispielsweise Öl- oder Metallpreisen keine Frage der Unternehmensgröße ist. In jedem Unternehmen sollten die eigenen Risikopositionen ermittelt werden. Dazu muss die Gestaltung von Verträgen im Einkauf und Vertrieb analysiert werden. Das Gros der Entscheider befasst sich mit diesem Thema aber noch nicht in ausreichendem Maße. Für mittelständische Unternehmen wird es zukünftig noch wichtiger sein, sich mit Hilfe spezieller Finanzinstrumente gegen Rohstoffpreisrisiken aber auch gegen Währungsrisiken abzusichern. Angesichts der starken Schwankungen in den Rohstoffmärkten sind die wirtschaftlichen Risiken schon bei kleinen Grundvolumina immens. In den vergangenen Monaten haben unsere mittelständischen Kunden zunehmend auf diese Marktentwicklung reagiert und ihre Aktivitäten ausgebaut. Denn der Einsatz von Finanzinstrumenten bietet einen besseren Schutz vor Preisschwankungen als beispielsweise ein überdimensionierter Vorratseinkauf von Rohstoffen. Kontakt E-Mail: ralf.klinge@db.com Unternehmen: Mittelstand Risikontrolle die; mittelständ. : Planungssicherheit für den Mittelstand durch das Erkennen und Beherrschen von Risiken; ermöglicht durch einen erfahrenen Partner. Die Deutsche Bank für den Mittelstand. Die Sprache des Mittelstands sprechen wir seit 138 Jahren. Dank unserer weltweiten Expertise können wir komplexe Risiken, wie Zins-, Währungs-, Rohstoff-, Länder- und Liquiditätsrisiken, frühzeitig identifizieren und darauf reagieren. Mit langfristigen Partnerschaften und durch flexible Finanzierungsinstrumente schaffen wir Planungssicherheit und ermöglichen dem Mittelstand eine stabile Geschäftsentwicklung. Beratung durch Spezialisten, individuell zugeschnittene Finanzierungsinstrumente deshalb vertraut uns der Mittelstand, vom Freiberufler über das Familienunternehmen bis zur Aktiengesellschaft. www.mittelstand.db.com Risikontrolle_185x123.indd 1 18.09.2008 18:10:02 Uhr

THEMA UNTERNEHMENSSICHERUNG KRISENFEST AUF KURS Alte Hasen stehen Jungunternehmern zur Seite Eigentlich war es zunächst nur eine Idee im Brainstorming des Starter- und Mittelstandsauschusses der IHK Wiesbaden: Warum nicht jungen Unternehmern erfahrene ältere Hasen zur Seite stellen, die schon einige Klippen des Unternehmertums erfolgreich umschifft hatten und auch bereit waren, diese Erfahrungen weiterzugeben? Denn niemand kann besser für Unternehmertum einstehen als Unternehmer selbst. Wertvolle Impulse kamen dabei unter anderem MENTORING von Claudia Erben, der Geschäftsführerin der Forum Kiedrich GmbH, dem Mentoren-Netzwerk für innovative und technologieorientierte Unternehmen in Deutschland und von IHK-Vize-Präsident Klaus-Christian Plönzke, selbst Mentor und Business-Angel. Gefunden waren diese hilfsbereiten Unternehmer und Führungskräfte mit langjähriger Managementerfahrung schnell. Aus dem Kreis der IHK-Vollversammlung, der Ausschussmitglieder und der Wirtschaftsjunioren warfen rund fünfzehn Freiwillige ohne Vorurteile und in der Beratung branchenunabhängig ihren Hut in den Ring. Klar war von Anfang an, dass der Austausch ehrenamtlich und honorarfrei erfolgen sollte. Das galt natürlich auch für Aufwendungen wie Fahrt und Telefonkosten. Unternehmerinnen und Unternehmer, die sich als Mentor oder Mentee an dem Programm beteiligen möchten, wenden sich bei der IHK Wiesbaden an Christian Ritter, Telefon 0611 1500-153, c.ritter@wiesbaden.ihk.de Die Zielgruppe war ebenfalls zügig identifiziert: Selbstständige in den ersten fünf Jahren nach der Gründung, die eine oder mehrere konkrete Fragestellungen und Probleme aus dem täglichen Geschäftsleben haben. Denn besonders die ersten fünf Jahre des Geschäftslebens sind entscheidend für die Etablierung im Markt oder das Ausscheiden. Deutlich war auch gleich zu Anfang, dass Unternehmen in der Krise nicht zur Zielgruppe gehören, ebenso wie Personen, die noch in der Gründungsphase stehen oder gar erst überlegen, ob eine Gründung für sie in Frage kommt. Schwieriger war dann schon, diese Zielgruppe auch von ihrem Glück zu überzeugen. Und dieser Nutzen ist für die Mentees im Einzelnen: Hilfe zur Selbsthilfe, die Weitergabe von Erfahrung durch Gespräche, mit einem offenen, kompetenten und unvoreingenommenen Feedback sowie Kontakte und der Zugang zu Netzwerken. Die offenen und intensiv geführten Gespräche mit unserer Mentorin haben uns entscheidende Impulse für die Präsentation bei unserer Zielgruppe gegeben, sagt Mentee Fabian Fauth von Die Kommunikationsabteilung Fauth & Gundlach GmbH. Und auch die Mentoren konnten aus diesen Verbindungen Honig saugen: Die vorher im Stillen geleistete Hilfe wurde publik und auch eine Zugangsmöglichkeit zu interessanten Unternehmen und innovativen Ideen geschaffen. Mittlerweile sind rund 15 Pärchen erfolgreich nach Erfahrungsgebieten und Fragestellungen zusammen geführt, einige Mentees und Mentoren warten noch auf den richtigen Partner. Text: Jutta Nitschke, IHK Wiesbaden j.nitschke@wiesbaden.ihk.de Junge Unternehmer und Gründer brauchen oft nur eine Bestätigung oder eine kurze Beratung für ihre positive Weiterentwicklung. Langjährige Unternehmererfahrung ist die Basis für meine Mentorentätigkeit. Norbert Merz von Isinger+Merz GmbH, Mentor der IHK Wiesbaden Ein Mentoringgespräch ist eine eine hochverdichtete Begegnung und gegenseitiges Einlassen, um in kurzer Zeit die wirkungsvollen Stellenschrauben für die Weiterentwicklung zu finden und zu erleben, wie die Saat aufgeht. Marianne Brandt, Coach & Organisationsberaterin Raum für Entwicklung, Mentorin der IHK Wiesbaden Idealerweise ist ein Mentor ein Sparringspartner, der weiß, wie man den Markt bedient und auf Kunden zugeht und der dem Mentee sein Netzwerk öffnet. Claudia Erben, Forum Kiedrich GmbH, Mentorin der IHK Wiesbaden Mentoren helfen, Scheuklappen, besonders die übliche Branchenbrille, abzulegen, und eine andere, unvoreingenommene Sichtweise einzunehmen Torsten Hornung, Mentor der IHK Wiesbaden 12 HESSISCHE WIRTSCHAFT OKTOBER 2008

Retten Sie Menschen in Not. Zeigen Sie als Unternehmen Ihr soziales Engagement. Überraschen Sie Ihre Kunden und Geschäftspartner mit Ihrem Einsatz für Ärzte ohne Grenzen. Spenden Sie mit dem Verwendungszweck UNTERNEHMEN WEIHNACHTSSPENDE oder informieren Sie sich unter www.aerzte-ohne-grenzen.de/weihnachtsspende und telefonisch unter 030-22 33 77 64. ärzte ohne grenzen e.v. Spendenkonto 97 0 97, Bank für Sozialwirtschaft, BLZ 370 205 00 Foto: Sven Torfinn/laif

THEMA UNTERNEHMENSSICHERUNG KRISENFEST AUF KURS Die Saniererin Das Entsorgungsunternehmen Bender ist seit mehr als 50 Jahren in Oestrich-Winkel verwurzelt. Als der Inhaber, der Sohn des Gründers, im vergangenen Jahr plötzlich starb, war der Betrieb ein Sanierungsfall. Nach vielen Gesprächen und Verhandlungen ist die Sanierung geglückt: Carola Buch führt seit gut einem Jahr die Geschäfte beim Rheingauer Entsorgungsunternehmen Bender. Fotos: Andreas Schlote Bender Da war die Trauer, da war die Scham über die Lage des Unternehmens, da war das Gefühl, sich einfach die Bettdecke über den Kopf ziehen zu wollen und nie wieder aufzustehen. Nach dem Tod ihres Lebensgefährten fühlte sich Carola Buch blockiert. Im ersten Moment weiß man überhaupt nicht, in was für in einer Situation man sich befindet. Aber da waren auch ihre neunjährige Tochter und die Mitarbeiter, denen sie jeden Morgen begegnete. Ihnen musste ich ja auch irgendetwas sagen, die wollten ja auch eine gewisse Planungssicherheit für sich und ihre Familien. Und irgendwann kommt dann der Punkt, an dem man mit aller Sicherheit sagt: Das mach ich jetzt. Bei Carola Buch kam dieser Punkt nach wenigen Tagen. Der Familienbetrieb, den der Vater ihres Lebensgefährten gegründet hatte, musste weiterlaufen. Kunden fragten nach Containern für ihren Abfall, Lieferanten nach Geld, die Banken nach Unterlagen. Das Unternehmen stand vor dem Aus, noch kurz vor seinem Tod hatte ihr Partner Sanierungsgespräche mit den Banken geführt. Die 37-Jährige, die bisher gelegentlich im Büro unterstützt hatte, übernahm die Geschäfte. Sie schrieb den Stammkunden, informierte sie über den Tod ihres Lebensgefährten und ihre Entscheidung, das Unternehmen weiterzuführen. Sie vereinbarte Treffen mit den Lieferanten, sprach mit ihnen offen über die Situation des Betriebs, bat um Vertrauen. Sie fragte beim Steuerberater und bei den Banken nach den Unternehmenszahlen, wollte über weitere Kredite verhandeln. Sie sprach immer wieder mit anderen Beratern. Alle Gespräche führten ins Nichts. Die Bankvollmachten galten nicht über den Tod des Partners hinaus, das Testament war lange Zeit nicht auffindbar. Von Gesetzes wegen war ich nicht handlungsfähig, ich kam einfach nicht mehr weiter. Ob eine Frau in der Entsorgungsbranche bestehen könne? Carola Buch entschloss sich, bei der IHK um Rat zu fragen. Die vermittelte direkt den Kontakt zu einem Wirtschaftspaten, einem früheren Manager, der nun im Ruhestand junge Unternehmen unterstützt. 14 HESSISCHE WIRTSCHAFT OKTOBER 2008

THEMA UNTERNEHMENSSICHERUNG KRISENFEST AUF KURS Hier hatte ich nach den vielen Gesprächen zum ersten Mal das Gefühl: Jetzt geht es wirklich nur um mein Interesse und um das des Nachlasses. Gemeinsam gelang es, einen roten Faden zu spinnen, die nächsten Schritte zu planen, Stärken und Schwächen des Betriebs herauszuarbeiten. Schließlich war der Name des Unternehmens im Rheingau bekannt, schließlich konnte der kleine Betrieb schneller als manch großer Wettbewerber bei den Kunden sein und schneller Angebote unterbreiten. Sie sprachen auch über einen Verkauf des Unternehmens, waren sich jedoch schnell einig, dass das der allerletzte Schritt sein müsse, dass die Verhandlungsbasis kaum schlechter sein könnte. So begann Carola Buch, sich durch Berge von Belegen und Verträgen zu wühlen, die quer über Räume und Schubladen verteilt waren. Tagsüber kümmerte sie sich gemeinsam mit den fünf Mitarbeitern um die Kunden, nachts erstellte sie einen Überblick über Verbindlichkeiten, Forderungen, den Wert der einzelnen Objekte des Betriebs. Neue Termine mit den Banken wurden vereinbart. Doch die blieben skeptisch. Ob eine Frau den Betrieb überhaupt fortführen könne, da die Entsorgungsbranche doch eine typische Männerdomäne sei? Ob sie überhaupt die Qualifikation dafür habe? Carola Buch legte eine Fachkundeprüfung für Entsorgungsunternehmen ab, dokumentierte anhand ihrer Statistiken, wie sie das Unternehmen wieder auf festen Boden bringen wollte, präsentierte ein neues Unternehmenskonzept, das sie zusammen mit dem Wirtschaftspaten erstellt hatte, legte Monat für Monat Umsatzzahlen vor. Sie stellte den Fuhrpark um, verkaufte Bagger und Laster, die selten im Einsatz waren. Sie konzentrierte sich auf das Kerngeschäft, den Containerdienst, und stellte die Abbrucharbeiten ein, die ihr zu risikoreich erschienen. neue Aufträge, viele neue Kunden meldeten sich auf ihre Flugblätter hin. In dem Moment ging es aufwärts. Carola Buch investierte: in neue Fahrzeuge, kleinere Lastwagen, die sich leichter durch die engen Straßen im Rheingau lenken lassen, die keine Maut kosten und weniger verbrauchen. Sie schickte die Mitarbeiter zu Schulungen, schaffte eine neue Software an, die sie täglich über Einnahmen und Ausgaben auf dem Laufenden hält. Inzwischen sind die früheren Verbindlichkeiten alle beglichen, das Unternehmen hat einen Auszubildenden eingestellt, neue Kunden gewonnen und ein neues Produkt entwickelt, den QBig-Bag, einen reißfesten Sack, der einen Kubikmeter Abfall fasst, für Kunden, die keinen Platz haben, einen Container aufzustellen. Die Lieferanten haben dem Betrieb die Treue gehalten. Im Nachhinein sind aus der Not heraus sogar gute Geschäftsbeziehungen gewachsen. Ein Verkauf des Unternehmens ist für Carola Buch kein Thema mehr. Jetzt kann man endlich auch anhand der Zahlen erkennen, dass sich die ganze Arbeit gelohnt hat. Text: Melanie Wilhelm, IHK Wiesbaden m.wilhelm@wiesbaden.ihk.de Inzwischen sind die früheren Verbindlichkeiten alle beglichen Die neue Inhaberin entwarf und kopierte Flugblätter, die sie, unterstützt von Freunden, in die Briefkästen der umliegenden Orte warf. In den Gewerbegebieten ging sie in die Betriebe, sprach mögliche Kunden direkt an. Das war sehr erfolgreich, weil man die Leute gezielt erreicht hat. Zwei von fünf Mitarbeitern habe sie entlassen müssen. Sie verhandelte immer wieder mit Gläubigern, vereinbarte Ratenzahlungen, bat um Geduld. Die meisten zeigten Verständnis, vielen sei sicher auch klar gewesen, dass sie Gefahr liefen, gar kein Geld mehr zu sehen, wenn sie alle Lieferungen komplett einstellten. Teils gelang es der jungen Unternehmerin, Raten und Rechnungen aus dem laufenden Geschäft zu begleichen. Teils streckte die Familie Geld vor, für Benzin, für Versicherungen, für Gehälter. Ein Eintrag bei der Schufa über schleppende Zahlungsmoral blieb nicht aus. Mit solchen Vermerken ist es natürlich schwierig, neue Aufträge zu bekommen. Es dauerte ein halbes Jahr, bis eine Bank den Kredit aufstockte. Zu diesem Zeitpunkt kamen auch HESSISCHE WIRTSCHAFT OKTOBER 2008 15

THEMA UNTERNEHMENSSICHERUNG KRISENFEST AUF KURS Vom bürgerlichen Tod des Kaufmanns Die Insolvenz ist noch immer als der bürgerliche Tod des Kaufmanns gefürchtet. Doch wenn Unternehmen einen Insolvenzantrag stellen, muss das nicht zwangsläufig das Ende bedeuten. Über den Umgang mit einem Thema, das Unternehmen am liebsten wegschieben. Die Zahl der Insolvenzen ist in diesem Jahr in Wiesbaden gestiegen: In der hessischen Landeshauptstadt wurden im ersten Halbjahr 46 Unternehmensinsolvenzen gemeldet. Im Vergleichzeitraum des Vorjahres waren es noch 36. Mit den steigenden Unternehmensinsolvenzen entwickelt sich Wiesbaden gegen den Trend: So gab es in Hessen im ersten Halbjahr 2008 750 Pleiten das entspricht einem Rückgang um 100 Betriebe. In Deutschland insgesamt nahmen die Unternehmensinsolvenzen im Jahresverlauf um 5 Prozent auf 14.400 betroffene Betriebe ab. Allerdings schrumpfen die Rückgänge. Nicht auszuschließen ist, dass sich der Trend der rückläufigen Insolvenzen noch im Laufe dieses Jahres umkehrt oder zumindest zum Erliegen kommt. Insolvenzen kündigen sich in der Regel durch Krisensymptome an. Für Gläubiger wie für Schuldner gilt es daher, diese Symptome rechtzeitig zu erkennen und zu deuten, denn nicht selten gerät ein Gläubiger durch den Zusammenbruch seines Schuldners in den Strudel des eigenen Unternehmenszusammenbruchs. Nur mit Hilfe geeigneter Frühwarnsysteme, die im Übrigen anders als es manch Mittelständler vermutet weder kompliziert noch aufwändig sein müssen, können die Risiken eines Unternehmens rechtzeitig genug erkannt werden. Auch heute noch wird vielfach die Insolvenz als der bürgerliche Tod des Kaufmanns gefürchtet und verleitet gerade in der Krise manche Antragsverpflichteten zu irrationalem Vermeidungsverhalten, obwohl dies für die kaufmännischen Geschäftsführer zu hohen persönlichen und auch strafrechtlich relevanten Risiken führt. Die Insolvenzordnung nennt drei Insolvenzgründe: die Zahlungsunfähigkeit, die Überschuldung und die drohende Zahlungsunfähigkeit. Vielfach unbekannt ist, dass der Geschäftsführer einer GmbH, aber auch einer Personengesellschaft oder eines Vereins, bei Vorliegen des Insolvenzgrundes Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung nur ein maximaler Zeitkorridor von drei Wochen zur Verfügung steht, um einen Insolvenzantrag zu stellen anderenfalls macht er sich wegen Insolvenzverschleppung strafbar. Die Staatsanwaltschaft leitet jedes Jahr gegen mehr als 5.000 Geschäftsführer von GmbHs ein Ermittlungsverfahren ein. Dabei bedeutet die Stellung eines Insolvenzantrages nicht zwangsläufig das Ende eines Unternehmens im Gegenteil: Mit dem so genannten Insolvenzplan bestehen gute Sanierungschancen. Trotzdem wurden zwischen 1999 und 2005 nur rund 800 solcher Verfahren eingeleitet. Das liegt vor allem am unzureichenden Bekanntheitsgrad bei Gläubigern und Unternehmen sowie an Vorbehalten und der geringen Vertrautheit vieler Insolvenzverwalter und Insolvenzgerichte gegenüber diesem Verfahren, fand eine Studie heraus. Besonders drei bestechende Effekte sprechen für eine Sanierung mittels Insolvenzplan: die Befriedigungsquoten für die Gläubiger, die Verfahrensdauer sowie die Arbeitsplatzsicherung. Die gerichtliche Bestätigung eines Insolvenzplanes erfolgte im Schnitt nach anderthalb Jahren und damit schneller als im Regelinsolvenzverfahren. Schließlich konnten etwa drei Fünftel der vor der Insolvenz bestehenden Arbeitsplätze erhalten werden, was bei einer Liquidierung nicht der Fall ist. Insofern ist es begrüßenswert, dass der Insolvenzplan etwa durch die jüngste Insolvenz von SinnLeffers deutlich an Popularität gewinnt. Text: Hooman Nikbakht, Creditreform Wiesbaden, h.nikbakht@wiesbaden.creditreform.de 16 HESSISCHE WIRTSCHAFT OKTOBER 2008

PROFIL STANDORT Designmetropole Wiesbaden Im bundesweiten Vergleich liegen die Creative Industries der hessischen Landeshauptstadt überraschend weit vorn. Designer und Kreativagenturen finden in Wiesbaden offenbar ein besonders gutes Klima für Spitzenleistungen. Damit diese in der Öffentlichkeit besser wahrgenommen werden, haben sich Branchenvertreter und Wirtschaftsförderung zu einer Initiative zusammengeschlossen. Unglaublich, aber wahr: Vor zwei Jahren veröffentlichte das Fachblatt werben & verkaufen eine Rangliste von Deutschlands Städten, bemessen nach ihrem kreativem Agenturpotenzial. Grundlage bildeten die in internationalen Kreativwettbewerben erzielten Auszeichnungen. Wie vermutet führten drei Großstädte (Hamburg, Berlin, Frankfurt) die Liste an. Auf dem vierten Platz fand sich jedoch eine Stadt, die man so weit vorne nicht erwartet hatte: Wiesbaden mit deutlichem Abstand vor München, Düsseldorf und Stuttgart. Und bis heute ist die Bedeutung von Kommunikationsdesign Made in Wiesbaden ungebrochen. Warum existiert gerade hier ein so fruchtbarer Nährboden für Kreativität? Eine mögliche Antwort auf diese Frage findet man auf dem Campus im Medienpark Unter den Eichen : An der Wiesbadener Fachhochschule sichern sich die Designstudenten einen Kreativpreis nach dem anderen. In diesem Jahr hatte der ambitionierte Wiesbadener Fachbereich auch beim GWA Junior Agency Award die besten Ideen und setzte sich gegen die bundesdeutsche Konkurrenz durch. Viele Absolventen der FH bleiben dem Hochschulort treu und gründen ihr Designbüro in Wiesbaden. So entstanden erfolgreiche Kreativagenturen wie Scholz & Volkmer, 3deluxe, Fuenfwerken, Die Firma, Michael Eibes Design und Q. Die führenden Köpfe dieser sechs Unternehmen von denen sich viele aus der Studienzeit kennen setzten sich im Jahr 2006 mit Dr. Helmut Müller zusammen. Der damalige Stadtkämmerer und heutige Oberbürgermeister erkannte die Bedeutung von Design als Wirtschafts- und Standortfaktor. Gemeinsam beriet man, wie die Kompetenz der Designstadt Wiesbaden öffentlich kommuniziert werden kann. Die Kreativen schlugen vor, die Türen ihrer Büros zu öffnen unter dem Titel Access all areas. Mit der Aufschrift Bitte stören! ermunterten blaue Klinkenhänger dazu, durch Ateliers zu spazieren, Gespräche zu führen und Arbeiten zu studieren. ACCESS ALL AREAS Auf 100 Seiten präsentiert ein Magazin Wiesbadener Kreative, die ihre persönlichen Geheimtipps verraten. Es ist kostenlos über die Wirtschaftsförderung erhältlich: Telefon 0611 313131. Während der ersten Aktionstage 2007 blieb man noch weitgehend unter sich. In diesem Jahr beteiligten sich schon über 20 Kreative und Agenturen sowie die Fachhochschule an dem Programm, zu dem auch Veranstaltungen zählen. Zum Eröffnungsevent im Walhalla-Theater, bei dem eine hochkarätig besetzte Podiumsdiskussion über Typografie und der Dokumentarfilm Helvetica zu erleben waren, fanden sich mehr als vierhundert Besucher aus dem gesamten Rhein-Main-Gebiet ein. Viele Mitarbeiter aus Frankfurter Großagenturen, aber auch Designer aus Mainz, Offenbach und Darmstadt waren neugierig auf das, was in Wiesbaden passiert. Highlight der Access all areas - Tage war die SEE-Konferenz von Scholz & Volkmer; diese Veranstaltung mit internationaler Strahlkraft widmet sich neuen Ansätzen zur Visualisierung von Information. Auch hier war das Caligari-Filmtheater bis auf den letzten Platz gefüllt; Referenten wie Designer Ben Fry fesselten das aus allen Teilen Deutschlands und dem europäischen Ausland angereiste Publikum. Die Motive der Unternehmen und Personen, die sich bei Access all areas beteiligen, sind unterschiedlich während einige Agenturen potenzielle Mitarbeiter für sich gewinnen wollen, geht es anderen eher um öffentliche Wahrnehmung oder soziale Kontakte. Detlev Bendel, Stadtrat für Wirtschaft und Förderer der Initiative, hat den Standortvorteil im Auge. Allen gemeinsam ist das Bewusstsein, dass sich in Wiesbaden nicht nur gut leben, sondern auch exzellente Designqualität hervorbringen lässt. Die bedeutende Rolle der Kreativwirtschaft färbt nachhaltig auf Wiesbaden ab die Reputation vieler hier angesiedelter Unternehmen reicht weit über die Landesgrenzen hinaus. Stolz rückt man die eigene Leistungsstärke ins öffentliche Blickfeld: Auch 2009 finden die Aktionstage statt. Infos und Newsletter erhalten Interessierte unter www. aaa-wiesbaden.de. Text: Thilo von Debschitz, Geschäftsführer der Kreativagentur Q, Wiesbaden, tvd@q-home.de HESSISCHE WIRTSCHAFT OKTOBER 2008 17

PROFIL STANDORT Wettbewerb der Gesundheitsregionen Leistungsstarke Anbieter vor Ort sind die Grundlage eines attraktiven Gesundheitsstandortes. Dass Wiesbaden diesbezüglich gut aufgestellt ist, belegen aktuelle Zahlen aus einer exklusiven Studie der IHK Wiesbaden, die jetzt vollständig veröffentlicht wurde (www.ihk-wiesbaden.de, Stichwort Gesundheitsstudie Wiesbaden ). Nun gilt es, vorhandene Strukturen zu nutzen, Potenziale zu heben und den Gesundheitsstandort Wiesbaden auszubauen. Bei der langfristigen Positionierung als Gesundheitsstandort geht es jedoch um mehr: Nur wer es heute schafft, sich im Wettbewerb von Regionen durch ein maßgeschneidertes Gesamtangebot darzustellen und abzuheben, wird auf dem Gesundheitsmarkt der Zukunft eine Rolle spielen. Die untersuchten Städte Wiesbaden, Schlangenbad und Bad Schwalbach stehen ebenso wie andere Städte und Regionen vor der Aufgabe, sich mit einem passenden Angebotspaket innerhalb des nationalen und internationalen Verteilungswettbewerbs der Gesundheitsregionen Marktanteile zu sichern. Positive Ausgangsbasis als Gesundheitsstandort Nach den Ergebnissen der Untersuchung leistet das Gesundheitswesen im Großraum Wiesbaden bereits jetzt einen Beitrag zum Primäreinkommen in Höhe von 9,6 Prozent und übertrifft damit sogar die ebenfalls wirtschaftsstarke Tourismusbranche um mehr als das Doppelte. Rund 1.400 Unternehmen mit über 22.000 Vollzeitbeschäftigten erwirtschaften einen Umsatz von 1,1 Milliarden Euro. (Wir berichteten in der Juni-Ausgabe der HESSISCHEN WIRTSCHAFT). Dass die Gesundheitsbranche für die Zukunft ein enormes Wachstumspotenzial aufweist, kann allgemein auf das zunehmende Gesundheitsbewusstsein der Bevölkerung und die demografische Entwicklung zurückgeführt werden. Dem Gesundheitsmarkt insgesamt wird daher eine hohe Attraktivität bescheinigt. Darüber hinaus weist Wiesbaden einige Besonderheiten auf, die eine gute Ausgangsposition zur Weiterentwicklung und Profilierung des Paradiesgarten? Gesund sollen sie jedenfalls sein, die Äpfel. Abbildung: IHK Gesundheitsstandortes darstellen: 60 Prozent der Befragten beurteilen die Attraktivität des Standorts sehr positiv. Neben dem umfassenden medizinischen Angebot ist einer der Gründe in dem deutlich überdurchschnittlichen Anteil an Selbstzahlern in Wiesbaden zu sehen, dessen Bedeutung weiter wachsen wird. Auch geht aus der Befragung hervor, dass sich der Kostendruck in Zukunft nicht negativ auf den Personalbestand oder die Ersatzinvestitionen auswirken wird. Diese Bewertung gleicht einem Konjunkturbarometer und kann als positive Entwicklungsperspektive für den Standort gewertet werden. Vom Patienten zum mündigen Kunden Das alles ist jedoch zunächst nicht mehr als eine solide Basis. Um nützliche Konsequenzen aus diesen Erkenntnissen zu ziehen, muss sich die Frage anschließen, wie das vorhandene Entwicklungspotenzial genutzt werden soll, welches Produktpaket aus bestehenden und neu zu entwickelnden Angeboten und Kompetenzen geschnürt werden soll. Nur mit einem individuellen, spezifischen Profil wird Wiesbaden als Gesundheitsstandort wahrnehmbar. Dazu ist ein Umdenken erforderlich. Dynamische Prozesse in der Gesundheitsbranche erfordern marktwirtschaftliches Handeln. Eine reine Betrachtung der Kostenseite hilft dabei nicht weiter. Auch die Konkurrenz hat sich verändert. Der Wettbewerb der Zukunft findet nicht mehr zwischen den Krankenhäusern statt, sondern zwischen dem Gesamtangebot der Regionen. Der Patient von heute ist ein autonomer, anspruchsvoller Kunde. Er verlangt ein individuell auf ihn zugeschnittenes Angebot und verfügt über umfassende Informations- und 18 HESSISCHE WIRTSCHAFT OKTOBER 2008

PROFIL STANDORT Vergleichsmöglichkeiten. Wiesbaden wird überlegen müssen, wie sich die Stadt in Zukunft aufstellen will, um sich von der Konkurrenz abzuheben. Der Wettbewerb ist groß und die Aufteilung des Marktes ist längst in Gange. Bei seiner Auswahl wird der Patient in der Regel zunächst die spezielle am Standort vorhandene, medizinische Kompetenz in den Vordergrund stellen. Hier stellt sich die Frage, welchen Nischenmarkt Wiesbaden besetzt. Gleichzeitig muss der Begriff Gesundheit weit ausgelegt werden und von den Akteuren am Gesundheitsmarkt weitergedacht werden, um ein attraktives, schlüssiges Gesamtangebot zu entwickeln. Im Mittelpunkt muss dabei der Patient, der Kunde, der Gast stehen. Er muss in dem Angebot eine Philosophie erkennen, die ihn animiert, sich gezielt für diesen Standort zu entscheiden. Mit Kreativität und Netzwerken zu neuen Angeboten Hier ist die Kreativität der Akteure am Gesundheitsmarkt gefordert. Angefangen zum Beispiel bei einer guten Informationsmöglichkeit per Internet und Telefon, über eine komfortable Anreise, die richtige Hotelauswahl, medizinische Weiterbildung für Mitarbeiter und Endkunden, Wellnessangebote, Tipps zu Einkäufen, Ausgehen, Kultur und Natur vieles ist denkbar. Die Maßstäbe, besonders an die Qualität, sind dabei hoch. Marktattraktivität und Wettbewerbssituation - Gesamtgebiet Attraktivität Markt aktuell Entwicklung Attraktivität 09 aktuelle Konkurrenz-/ Wettbewerbssituation Wiesbaden Trotz sehr starkem Wettbewerb wird der Markt als derzeit und zukünftig attraktiv eingeschätzt. Um die für den Standort passenden Angebotsfunktionen zu identifizieren und zu vermarkten, sind fachübergreifende Kontakte sowohl im medizinischen Kernbereich als auch zu Krankenkassen und anderen Institutionen sowie zu Unternehmen aus Tourismus, Handel oder Dienstleistung wichtig. Wie die Studie zeigt, ist ein solches Verständnis von Netzwerken bislang im Gesundheitswesen noch nicht vorhanden. Der Industrie- und Handelskammer wird diesbezüglich ein wichtiges Handlungsfeld bestätigt, das sie aufgreifen wird. Weitere Ansätze zur Diskussion bieten folgende Erkenntnisse aus der Studie: Bei der Beschaffung von qualifiziertem ärztlichem und nicht ärztlichem Personal weist der Standort einen stark eher hoch 1 = hoch/besser/stark 3= gering/schlechter/schwach unverändert Engpassfaktor auf. Auch wünschen sich viele Befragte eine weitere Stärkung Wiesbadens als Kongressstandort und würden sich sogar dafür einsetzen. Interessant ist außerdem, dass, obwohl Kur im eigentlichen Sinne nicht mehr stattfindet, Wiesbaden von den Befragten weiterhin als Kurstandort wahrgenommen. Es stellt sich die Frage, wie dieser Markenkern als Marketinginstrument genutzt werden kann, um mit der traditionell sowohl mit Wiesbaden, als auch mit Schlangenbad und Bad Schwalbach verbundenen medizinischen Kernkompetenz das Gesamtangebot eines modernen Healthcare-Standorts zu vermitteln. Text: Sabine Köth, IHK Wiesbaden, s.koeth@wiesbaden.ihk.de IHR ZIEL : MEHR ERFOLG Unternehmensleitung ist vielschichtig. Aus Mangel an Zeit oder personellen Ressourcen werden Potenziale häufig nicht genutzt oder notwendige Veränderungen zu spät erkannt. Hier beginnt meine Arbeit: v ORGANISATIONSENTWICKLUNG v PERSONALENTWICKLUNG v AUFBAU GLOBALER NETZWERKE v FINANZIELLE UNTERSTÜTZUNG BEI RESTRUKTURIERUNGSPROZESSEN Im Vordergrund steht dabei die langfristige Sicherung von Unternehmen am Markt. Mit über 20 Jahren Praxis als Unternehmer und Verantwortlicher bei Restrukturierungsprozessen betreue ich heute Unternehmen des produzierenden Gewerbes (50 bis 500 Mitarbeiter) in der Rhein-Main-Region. Weitere, ausführliche Informationen erhalten Sie unter www.matthiascollin.de oder rufen Sie einfach an. UNTERNEHMENSBERATUNG COACHING Rheingaustr. 94 65203 Wiesbaden Tel. 0611 6000-848 www.matthiascollin.de HESSISCHE WIRTSCHAFT OKTOBER 2008 19

PROFIL STANDORT Umbruch im Versicherungsvertrieb Eiserne Verhandlungen: Die Skulpturen bleiben an ihrem Platz, Versicherungsvermittler müssen neue Wege gehen, um am Markt bestehen zu können. Foto: stock.xchng Seit Anfang des Jahres ist das neue Versicherungsvertragsgesetz in Kraft, das ein 100 Jahre altes Gesetz abgelöst hat. Die Neuerungen haben in der Versicherungswirtschaft und besonders im Vertrieb zu Regelungen geführt, die teils erhebliche Umsetzungsschwierigkeiten mit sich brachten. Informations-, Beratungs- und Dokumentationspflichten, Abschlusskostenverteilung und Stornoreserve, Veränderungen bei den Vergütungsmodellen und Offenlegung der Abschluss- und Vertriebskosten: Das sind nur einige Stichworte, die in der Branche für Unsicherheit gesorgt haben. Nicht zuletzt das Thema Honorarberatung erhitzt die Gemüter. Führt dies dazu, dass klassische Vertriebswege neu überdacht werden müssen? Wie sieht die Zukunft der Vertriebswege aus und wie reagieren Versicherer auf die neuen Bedingungen? Durch gravierende Veränderungen in der Prämien- und Produktlandschaft und die immer unübersichtlicher werdende Marktsituation steht der Versicherungsvertrieb vor Umwälzungen, die alles bisher Dagewesene in den Schatten stellen. Alleine durch die Änderung rechtlicher Rahmenbedingungen sind auf die Vermittler in den vergangenen zwei, drei Jahren Neuerungen zugekommen, IHK-VERSICHERUNGS- VERMITTLERFORUM Der Autor referiert beim nächsten Versicherungsvermittlerforum der IHK, das unter der Überschrift steht: Vertriebswege wem gehört die Zukunft. Termin: Dienstag, 21. Oktober, 11 bis 13 Uhr Anmeldung: IHK Wiesbaden, Julia Keiper, Telefon 0611 1500-124, j.keipert@wiesbaden. ihk.de > siehe auch Seite 45 wie sie in den 20 Jahren davor nicht ansatzweise erkennbar waren. Unternehmensfusionen und Übernahmen, das Thema Allfinanz und die komplexer werdende Produktlandschaft bereitet den Vermittlern Kopfzerbrechen auch im Hinblick auf die immer unschärfer werdende Trennung zwischen klassischen Versicherungsprodukten und Bankprodukten. Zweittarife, Internet und Preisdumping sind Entwicklungen, die eine zukunftssichere Prognose kaum noch zulassen. Wer sich heute mit dem Thema Vertriebswege befasst, muss sich zwangsläufig die Frage stellen, ob er allein externe Faktoren für seine Entscheidung heranziehen will oder ob er allein auf seine persönlichen Präferenzen Rücksicht nimmt. Provisionssysteme, Unternehmensnachfolgeregelungen sowie erhöhter Vertriebsdruck sind weitere Parameter, die die Entscheidung keinesfalls erleichtern. In den vergangenen Jahren zeichnet sich bei den Vertriebswegen ein Trend weg vom Einfirmenagenten hin zu freien Vermittlern ab, wobei hier ausdrücklich darauf hingewiesen wird, dass am Markt eine Vielzahl von Konstellationen denkbar ist, die eine Einordnung unter eine der klassischen drei Vertriebswege (Einfirmenagent, Mehrfachagent oder Makler) nicht immer möglich macht. Zu erwähnen sei dabei nur die Tendenz, dass sich Vermittler zusammenschließen oder teils auch gebundene Agenten mit Maklerpools kooperieren, was rechtlich nicht immer zulässig ist. Dies steht jedoch auf einem anderen Blatt. Die Praxis lehrt, dass die Vielfalt der Gestaltungsmöglichkeiten die Rechtswirklichkeit längst überholt hat. Eines scheint jedoch bei allen Studien und aus der Branche bekannten Stellungnahmen erkennbar zu sein: die Tendenz hin zu freien Vermittlern wird zunehmen und die Beratungsqualität wird steigen müssen, um zukünftig am Markt unabhängig vom Vertriebsweg bestehen zu können. Text: Hubertus Münster, Bundesverband der Deutschen Versicherungskaufleute 20 HESSISCHE WIRTSCHAFT OKTOBER 2008