STEUERN II GEWERBESTEUER UND KÖRPERSCHAFTSTEUER - 7. Semester - 1
Vorlesungsaufbau Mitschrift (Grundlage für Prüfung) Gesetz, Durchführungsverordnungen und Richtlinien GewStG 1999, zuletzt geändert am 20.12.2001 GewStDV 1991, zuletzt geändert am 19.12.2000 GewStR 1998 Literatur (nebenbei) Lehrbücher zur Gewerbesteuer z.b. Wolf, Cyron. Schaffer Steuerlehre, Verlag moderne Industrie 3. Auflage S. 167-196 Auf Aktualität achten!! Prüfung: Ende 8. Semester (zusammen mit Prof. Dr. Fleischmann) 2
I. Wesen und Bedeutung der GewSt 1. Warum GewSt? Gewerbebetriebe bürden einer Gemeinde zusätzliche Lasten auf und beeinflussen die Infrastruktur. 3
2. Charakter der GewSt a) GewSt ist eine echte Steuer i.s. von 3 Abs. 1 AO; für Steuern gibt es keine Gegenleistung (siehe Kopie Gesetz). b) Gewerbesteuer als Gemeindesteuer 1: Die Gemeinden sind berechtigt, eine GewSt als Gemeindesteuer zu erheben. Die Gemeinden legen den Hebesatz fest. Der Hebesatz ist ein Instrument der Gewerbeansiedlungspolitik. c) Gewerbesteuer als Realsteuer GewSt ist (wie Grundsteuer) eine Realsteuer (Sachsteuer). Besteuert wird nicht die Leistungsfähigkeit einer Person, sondern eine Sache, nämlich der Gewerbebetrieb (Objektsteuer!) 4
3. GewSt als Kostenfaktor und Betriebsausgabe GewSt muss im Preis als Kostenfaktor einkalkuliert und auf den Verbraucher abgewälzt werden. GewSt ist als Betriebssteuer im Rahmen der Gewinnermittlung abzugsfähig. GewSt mindert Einkommen- bzw. Körperschaftsteuer 5
Beispiel: Wie hoch ist der Nettogewinn bei einem ESt / KSt-Satz von z.b. 50% und einem Gewinn vor Steuern von 100? a) Keine GewSt-Pflicht b) GewSt-Belastung 15% c) GewSt-Belastung 20% Lösung: 40 a b c Gewinn vor Steuern 100 100 100 GewSt - 15 20 Gewinn nach GewSt 100 85 80 ESt/KSt 50 42,5 40 Nettogewinn 50 42,5 6
II. Der inländische Gewerbebetrieb als Steuergegenstand Steuergegenstand ist jeder Gewerbebetrieb im Inland, also soweit eine Betriebsstätte ( 12 AO) im Inland unterhalten wird. 7
1. Arten von Gewerbebetrieben Stehender Gewerbebetrieb Reisegewerbebetrieb 2 35 a 2. Formen des Gewerbebetriebes kraft kraft kraft gewerblicher Betätigung Rechtsform wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes 2 I 2 II 2 III natürliche Gewerbebetriebe fiktive Gewerbebetriebe 8
a) Gewerbebetríeb kraft Betätigung ( 2 I ) Ein gewerbliches Unternehmen i. S. des EStG ( 15 II EStG u. A. 8 GewStR ) positive Merkmale Selbständigkeit ( A 11 GewStR u. A 134 EStR ) Nachhaltigkeit ( A 134a EStR ) Gewinnerzielungsabsicht ( A 134 b EStR ) Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr kumuliert negative Merkmale keine Land- und Forstwirtschaft ( A 11 u. 135 EStR ) keine selbständige Tätigkeit nach 18 EStG ( A 1 GewStR u. A 136 EStR) keine Vermögensverwaltung ( A 11 GewStR u. A 13 EStR ) In der ESt-Veranlagung wird die Entscheidung über GewSt-Pflicht getroffen (bzw. gesonderte und einheitliche Feststellung der Einkünfte) 9
b) Gewerbebetrieb kraft Rechtsform ( 2 II ) Die Tätigkeit der Kapitalgesellschaft gilt stets und in vollem Umfang als Gewerbebetrieb; z.b. StB / WP - GmbH Die Tätigkeit der Personengesellschaften ( OHG, KG, GbR ) gilt in vollem Umfang als Gewerbebetrieb, wenn sie auch eine gewerbliche Tätigkeit ausübt oder wenn sie gewerblich geprägt ist; ( 15 III Nr. 1 u. 2 EStG ) GmbH & Co.KG immer Gewerbebetrieb KG, OHG, GbR eine gewerbliche Tätigkeit infiziert alle Tätigkeiten alles gewerbesteuerpflichtig Sonderfall: Arbeitsgemeinschaften 2a GewStG 10
c) Gewerbebetrieb kraft wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes ( 2 III GewStG ) Gewerbliche Tätigkeit der sonstigen juristischen Personen des privaten Rechts und der nicht rechtsfähigen Vereine, soweit sie einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb unterhalten ( A 15 GewStR ) z.b. Kantine, Sportveranstaltung mit bezahlten Spielern eines Vereins 11
III. Steuerpflicht und Steuerbefreiungen 1. Sachliche und persönliche Steuerpflicht a) sachlich: Vorhandensein eines Gewerbebetriebes b) persönlich: Wer ist Steuerschuldner 5 der Unternehmer 2. Beginn der Steuerpflicht a) Einzelgewerbetreibende und Personengesellschaften A 18 b) Kapitalgesellschaften A 18 II c) Wirtschaftliche Geschäftsbetriebe A 18 III 12
3. Erlöschen der Steuerpflicht a) Einzelgewerbetreibende A 19 I u. II b) Kapitalgesellschaften A 19 III c) Wirtschaftliche Geschäftsbetriebe A 19 IV 4. Steuerbefreiungen 3: z. B. Bundesbank etc. 13
IV: Das Grundschema der Gewerbesteuerermittlung 6 : Besteuerungsgrundlage für die Gewerbesteuer ist der Gewerbeertrag Besteuert werden soll der objektivierte Ertrag (Objektsteuercharakter!) Hinzurechnungen und Kürzungen 14
Übersicht Gewerbesteuerermittlung Gewinn ( 7 ) + Hinzurechnungen ( 8 )./. Kürzungen ( 9 ) = Gewerbeertrag./. Gewerbeverlust ( 10a )./. Abrundung auf volle 100 DM ( 11 I )./. Freibetrag ( 11 I ) = Steuerpflichtiger Gewerbeertrag x Steuermesszahl ( 11 II ) 5 % bzw. Staffel (1-5%) = Steuermessbetrag ( 14 ) x Hebesatz ( 16) = Gewerbesteuer 15
V. Der Steuermessbetrag 1. Gewinn nach EStG oder KStG ( 7) Ausgangswert ist der nach dem EStG und KStG ermittelte Gewinn. Eingenständige Ermittlung - keine Bindungswirkung der ESt - oder KSt-Veranlagung. Warum? ESt / KSt: Berücksichtigung aller betrieblichen Vorgänge = Gesamtgewinn GewSt: Nur laufender Gewinn im Inland deshalb: Korrekturen erforderlich, z.b. Vorbereitungshandlungen für Betriebseröffnung (EU, PG) Veräußerungsgewinne Gewinn oder Verlust ausländische Betriebsstätten Einzelheiten: A 38,39 GewStR 16
2. Hinzurechnungen zum Gewinn ( 8) Wenn man Ertragskraft besteuern will, sind Hinzurechnungen erforderlich, denn: Ertragskraft ist alles das, was der Gewerbebetrieb als solcher ( Objekt ), unabhängig von den persönlichen Verhältnissen des Betriebsinhabers und der von ihm gewählten Finanzierungsform objektiv erwirtschaftet. 3. Die wichtigsten Hinzurechnungen a) Dauerschuldzinsen ( 8 Nr. 1 ) für Praxis am Wichtigsten Einzelheiten A 45 u. 46 GewStR seit 1984 erfolgt Hinzurechnung nur mehr zur Hälfte. Dauerschulden langfristiges Fremdkapital 17
aa) spezieller Tatbestand: 8 Nr.1 1. HS Entgelte für Schulden, die wirtschaftlich mit der Gründung oder dem Erwerb des Betriebes (Teilbetriebes) oder eines Anteils am Betrieb oder mit einer Erweiterung oder verbesserung des Betriebes zusammenhängen oder bb) allgemeiner Tatbestand 8 Nr.1 2. HS { die nicht nur vorübergehend der Stärkung des Betriebskapitals dienen 18
Im Fall aa): immer Dauerschuld, unabhängig von der Laufzeit Im Fall bb): zwei Voraussetzungen: Verstärkkung des Betriebskapitals Laufzeit mehr als ein Jahr Sonderfälle: Kontokorrentschuldverhältnisse A45 VII Revolvierende Wechselkredite A45 VIII Ratenkredite (durchschnittl. Laufzeit) A45 III 19
Exkurs: Leasing vermeidet Dauerschuld Für Leasingnehmer GewSt - Vorteil! b) Miet- und Pachtzinsen 8 Nr.7 Die Hälfte der Miet- und Pachtzinsen für die Benutzung der nicht im Grundbesitz stehenden Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die im Eigentum eines anderen stehen und dort nicht der GewSt unterliegen. c) Verlustanteile in- und ausländischer Personengesellschaften 8 Nr. 8 20
4. Kürzungen vom Gewinn 9 Zur Objektivierung des Gewinns erfordlich (siehe V. 2.) 5. Die wichtigsten Kürzungen a) Kürzungen für den Grundbesitz 9 Nr. 1 Da bereits mit Grundsteuer belastet Kürzung 1,2% vom Einheitswert (x 140%) b) Gewinnanteile an Personengesellschaften 9 Nr. 2 Werden bereits bei der Personengesellschaft versteuert: Vermeidung der Doppelbelastung c) Hälfte der Miet- und Pachterträge 9 Nr. 4 analog zur Hinzurechnung nach 8 Nr. 7 21
6. Freibetrag beim Gewerbeertrag ( 11 I ) Personengesellschaften und natürliche Personen: ( 11 I Nr. 1 ) DM 48.000,00 Sonderfälle ( 11 I Nr.2 ) DM 7.500,00 Kapitalgesellschaften ( GmbH, AG etc. ) DM 0,00!! warum? können Geschäftsführer- / Vorstandsgehälter absetzen!! 22
7. Steuermesszahl ( 11 II ) Einzelunternehmen und Personengesellschaften: 11 II Nr. 1 Staffeltarif 1% - 5 % Übrige 11 II Nr. 2 5% Zum Staffeltarif 11 II ( ab 1.1. 1993 gültig ) Für den maßgebenden Gewerbeertrag gilt: für die ersten 24.000,00 1% für die zweiten 24.000,00 2% für die dritten 24.000,00 3% für die vierten 24.000,00 4% für die weiteren Beträge 5% 23
Beispiel: EU Gewerbeertrag DM 104.058,00 Wie hoch ist der Messbetrag nach Gewerbeertrag? Lösung Gewerbeertrag DM 104.058,00 abgerundeter Gewerbeertrag DM 104.000,00 ( auf voll DM 100,00 ) Freibetrag 11 Abs 1 Nr. 1 DM 48.000,00 verbleiben DM 56.000,00 davon 24.000 x 1% = DM 240,00 davon 24.000 x 2% = DM 480,00 davon 8.000 x 3% = DM 240,00 Steuermessbetrag v. Gewerbeertrag DM 960,00 24
VI. Zerlegung Sind mehere Betriebsstätten vorhanden, dann wird der einheitliche Messbetrag auf die einzelnen Gemeinden zerlegt. ( 28 Abs. 1 ) Zerlegungsmaßstab sind die Arbeitslöhne ( 29 ) 25
VII. Steuerfestsetzung Die Feststellung der Besteuerungsgrundlagen sowiefestsetzung und Zerlegungdes einheitlichen Gewerbesteuermessbetrages erfolgt durch das Betriebsfinanzamt. Festsetzung und Erhebung der Gewerbesteuer obliegt der hebeberechtigten Gemeinde. Unter Anwendung des Hebesatzes ( 16 Abs.1 ) wird die Gewerbesteeur mit Gewerbesteuerbescheid festgesetzt. Beispiel: Gewerbesteuerermittlung - siehe gesondertes Blatt - 26
VIII. Exkurs: Anrechnung der Gewerbesteuer auf die Einkommensteuerschuld: Durch 35 Abs 1 EStG u. F. wird die auf gewerbliche Einkünfte entfallende Einkommensteuer um das 1,8-fache des auf den Erhebungszeitraum entfallenden Gewerbesteuermessbetrages gemindert. Bei einer Einkommensteuerbelastung von rd. 50% und einem Hebesatz von 360% erfolgt eine volle Entlastung von der Gewerbesteuer. Gilt für Einzelunternehmen und Personengesellschaften, nicht für Kapitalgesellschaften. 27
Beispiel: Die Schuhfabrik Huber ohg hat ihren Hauptsitz in Landshut und unterhält Betriebsstätten in Stuttgart und Wien. Der für die Einkommensteuer ermittelte Gewinn 2000 beträgt DM 100.000,00, davon entfallen DM 40.000,00 auf die Betriebsstätte in Wien. Für ein langfristiges Darlehen, das das Betriebskapital in Landshut verstärkt hat, sind in 2000 DM 40.000,00 Darlehenszinsen angefallen, die als Betriebsausgabe abgesetzt wurden. Für in Landshut eingesetzte Maschinen, die von der Ehefrau eines Gesellschafters der ohg im Rahmen einer privaten Vermögensverwaltung angemietet wurden, sind DM 30.000 Pachtzinsen angefallen, die ebenfalls gewinnmindernd berücksichtigt wurden. 28
Die Schuhfabrik Huber ohg ist an einer gewerblich tätigen Kommanditgesellschaft in Köln beteiligt. Der auf die ohg entfallende Gewinnanteil 2000 beträgt DM 20.000,00 und ist in dem Gewinn der ohg 2000 enthalten. Der Einheitswert der in Landshut betrieblich genutzten Grundstücke beträgt DM 140.000,00 (incl. Zuschlag 40%). Im Unternehmen sind in 2000 folgende Bruttoarbeitslöhne angefallen: Landshut DM 600.000,00 Stuttgart DM 400.000,00 Wien DM 500.000,00 Der Gewerbesteuerhebesatz in Landshut beträgt für 2000 400%, in Stuttgart 430%. Ermitteln Sie die Gewerbesteuerschuld 2000. 29
Lösung: Skript I. Die ohg unterliegt als stehender Gewerbebetrieb mit ihren Betriebsstätten Inland (Lanshut und Stuttgart) der Gewerbesteuerpflicht. ( 2 Abs.1 GewStG) A. II Da die ohg als Schuhfabrik eine gewerbliche Tätigkeit ausübt, ist sie mit allen Tätigkeiten gewerbesteuerpflichtig ( 2 Abs 1 GewStG, 15 Abs 3 Nr. 1 EStG). Bei der Tätigkeit als Schuhfabrik liegt Selbständigkeit Nachhaltigkeit Gewinnerzielungsabsicht Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr vor, außerdem sind die negativen Abgrenzungsmerkmale nicht erfüllt: keine Land- und Forstwirtschaft keine selbständige Tätigkeit keine Vermögensverwaltung II. 2b II. 2a 30
Steuerschuldner (persönliche Steuerpflicht) ist nach 5 Abs. 1 S. 2 die Gesellschaft. Nach 6 GewStG sind Besteuerungsgrundlagen der Gewerbeertrag III.1 IV II. Ermittlung des Steuermessbetrages Gewinn nach EStG ( 7) V.1 Gesamtgewinn EStG 100.000,00./. Gewinn Ausland./. 40.000,00 60.000,00 Hinzurechnungen Dauerschuldzinsen ( 8 Nr. 1) V. 3a allgemeiner Tatbestand 50% v. 40.000,00 + 20.000,00 Mietzins ( 8 Nr. 7 ) Maschinenmiete 50% v. 30.000,00 + 15.000,00 V. 3b 31
Kürzungen Grundbesitz ( 9 Nr. 2 GewStG) 1.2% von 140.000,00./. 1.680,00 V. 5a Gewinnanteil Personengesellschaften ( 9 Nr.2 GewStG )./. 20.000,00 V. 5b Gewerbeertrag 73.320,00 Abgerundet ( 11 Abs 1 ) 73.300,00 Freibetrag ( 11 Abs 1 Nr. 1)./. 48.000,00 V. 6 Steuerpflichtiger Gewerbeertrag 25.300,00 32
Steuermesszahl DM 24.000,00 x 1% = 240,00 DM 1.300,00 x 2% = 26,00 DM 25.300,00 Messbetrag 266,00 III. Zerlegung Nach 28 I ist zu zerlegen. Maßstab sind nach 29 I die Bruttoarbeitslöhne 33
Bruttolöhne Messbetragsanteil DM DM Landshut 600.000,00 Unternehmerlohn 31 V 50.000,00 650.000,00 164,66 Stuttgart 400.000,00 101,34 1.050.000,00 266,00 IV. Steuerberechnung Landshut DM 164,66 x 400% = DM 658,64 Stuttgart DM 101,34 x 430% = DM 435,76 DM 1.094,40 34