Milz 1, C., Bös 1, K. & Westphal 2, E. Neue Crataegus-Studie zeigt: Lebensqualität und (Herz-)Fitness gehen Hand in Hand Einführung Die Gesundheitskosten in der Bundesrepublik Deutschland betrugen im Jahr 2002 laut Krankheitskostenrechnung des Statistischen Bundesamtes 223,6 Milliarden Euro. Davon wurde jeder sechste Euro für Herz-Kreislauf-Erkrankungen ausgegeben (vgl. DeStatis, 2004). Zu den häufigsten kardiologischen Erkrankungen gehört die chronische Herzinsuffizienz, deren Prävalenz weltweit ansteigend ist. In der Gesamtbevölkerung beträgt sie zwischen 0,2% und 2% (vgl. Hauf, Müller & Roskamm, 2004, S. 325). Charakteristikum der chronischen Herzinsuffizienz ist, dass die Herzleistung nicht mehr ausreicht, um den Organismus mit genügend Blut zu versorgen (vgl. Hauf, Müller & Roskamm, 2004, S. 324). Daraus resultieren verschiedene Kompensationsmechanismen des Körpers (vgl. Bjarnason-Wehrens & Graf, 2006, S. 11). Patienten klagen hauptsächlich über Atemnot, Müdigkeit und periphere Ödeme (vgl. Hauf, Müller & Roskamm, 2004, S. 342f). Dies wirkt sich in den meisten Fällen negativ auf die Lebensqualität der Patienten aus. Genau hier setzt die durchgeführte Studie an: Zentrale Frage war, welchen Einfluss die chronische Herzinsuffizienz (NYHA II) auf die sozialen Kontakte, Mobilität und damit die Lebensqualität der Patienten hat und wie sich die Einnahme des Weißdorn- Spezialetraktes WS 1442 in Kombination mit einem 14-wöchigen Ausdauertraining darauf auswirkt. 1 Institut für Sport und Sportwissenschaft, Universität Karlsruhe (TH) 2 Kardiologische Gemeinschaftsprais Dr. Eva Westphal, Karlsruhe 1
Methodik Es wurde untersucht, inwieweit sich bei Patienten mit chronischer Herzinsuffizienz (NYHA II; Müdigkeit, bereits leichte Einschränkung der Leistungsbreite, Palpitationen) unter einem moderaten Ausdauertraining mit und ohne Crataegus-Spezialetrakt WS 1442 die Lebensqualität veränderte. Die Beobachtung wurde als randomisierte, monozentrische, offene klinische Studie der Phase IV im Parallelgruppendesign durchgeführt. Alle beteiligten Patienten suchten eine Karlsruher kardiologische Gemeinschaftsprais wegen Leistungseinschränkungen im Alltag auf. Insgesamt wurden 133 Personen eingeschlossen und zu einer der beiden Behandlungsgruppen randomisiert. In die Auswertung wurden die Werte von insgesamt 84 Patienten verwendet. Die Stichprobe setzt sich wie folgt zusammen: Tab. 1: Stichprobenverteilung in Abhängigkeit von Alter und BMI sowie Mittelwertsvergleiche zwischen Kontroll- und WS 1442-Gruppe WS 1442 Kontrolle Differenz (%) T-Test 2-seitig, unabhäng.stichproben T df p Alter BMI Gesamt Gesamt 59,07 58,55 0,52 (0,9%) s 5,761 4,855 N 42 42 58,50 57,58 0,92 (1,6%) s 5,665 4,558 N 24 24 59,83 59,83 0 (0%) s 5,963 5,067 N 18 18 27,04 27,39 0,35 (1,3%) s 3,519 3,766 N 42 42 27,85 28,31 0,46 (1,6%) s 3,32 3,658 N 24 24 25,96 26,17 0,21 (0,8%) s 3,574 3,651 N 18 18 -.451 82.653 -.618 46.540.000 34 1.441 82.660.453 46.653.174 34.863 2
Die Kontrollgruppe behielt ihre Standardtherapie und absolvierte ein Ausdauertraining in Form von Walking und Nordic Walking. Die Interventionsgruppe führte das gleiche Training durch, nahm neben ihren bisherigen Medikamenten zusätzlich Crataegus- Spezialetrakt WS 1442 ein (2 1 Filmtablette pro Tag). Die gesamte Studiendauer erstreckte sich von November 2006 bis Mai 2007, die individuelle Studiendauer betrug 14 Wochen. In dieser Zeit trainierten die Patienten einmal wöchentlich unter Anleitung eines ausgebildeten Trainers des Sportinstitutes der Universität Karlsruhe (TH) sowie zusätzlich ein- bis zweimal pro Woche eigenständig (worüber Tagebuch geführt wurde). Die Intensität des Walkingtrainings war leicht bis moderat: Pro Termin zunächst je 30 Minuten Walking, ab der 8. Woche 45 Minuten Nordic Walking. Insgesamt dauerten die angeleiteten Trainingsstunden 90 Minuten. Vor Beginn des Ausdauertrainings (Visite 1) und nach der letzten Trainingseinheit (Visite 3) wurde bei allen Patienten eine Ergospirometrie auf dem Fahrrad mit Laktatdiagnostik durchgeführt. Ermittelt wurden die VO 2 peak und die individuelle anaerobe Laktatschwelle nach Dickhuth sowie nach Mader. Der Hauptzielparameter der Studie - die krankheits- und leistungsspezifische Lebensqualität - wurde vor allem auf der Grundlage des Fragebogens Kansas City Cardiomyopathy Questionnaire (KCCQ) ermittelt (vgl. Faller et al., 2005; Green et al., 2000). Er quantifiziert anhand der individuellen Bewertung verschiedener Aspekte des Alltags durch die Patienten unter anderem die körperlichen Funktionen und Krankheitssymptome sowie deren Einflüsse auf das soziale Verhalten, diverse Aktivitäten des täglichen Lebens und die Lebensqualität. 3
Ergebnisse Der durch die klinische Prüfung zu untersuchende Hauptzielparameter krankheitsspezifischen Lebensqualität wurde mit Hilfe des Kansas City Cardiomyopathy Questionnaire (KCCQ) analysiert (vgl. Faller et al., 2005). Zur Beurteilung der erzielten Effekte durch die Einnahme des Wirkstoffs WS 1442 wurden die beiden Summenskalen Klinische Zusammenfassung und Funktionaler Status herangezogen. Klinische Zusammenfassung (KCCQ) Punktwert 100 95 90 85 80 75 700 +5,5% +8,1% +3,5% +15,6% 88,7 87,7 83,1 84,7 86,8 82,8 82,4 85,7 86,5 80,3 80,6 74,8 Visite 1 Visite 2 Visite 3 Visite 1 Visite 2 Visite 3 (KG=24; WS 1442=24 ) (KG=18; WS 1442=18) KG WS 1442 Abb. 1: Klinische Zusammenfassung in Abhängigkeit des Geschlechts Hinsichtlich der Klinischen Zusammenfassung dazu zählen Fragen zu körperlichen und sozialen Einschränkungen, Symptomschwere und häufigkeit sowie der Lebensqualität - ergeben sich durch die 14-wöchige Intervention in beiden Gruppen signifikant positive Unterschiede von Visite 1 zu Visite 3 (F df=2 =13,16, p=.00, eta 2 =.25). Sowohl das Walkingtraining für sich, als auch die Kombination aus Walkingtraining und der Einnahme von WS 1442 steigert die krankheitsspezifische Lebensqualität der Patienten. Obwohl die Interaktion zwischen Zeit und Gruppe in der Varianzanalyse keine statistische Bedeutsamkeit besitzt (F df=2 =2,23, p=.12, eta 2 =.05), führt die Einnahme des Wirkstoffs tendenziell durchaus zu stärkeren Effekten. Die Patienten der WS 1442- Gruppe (+11,2%, N=42) weisen im Vergleich zur Kontrollgruppe (+4,6%, N=42) einen stärkeren Anstieg der krankheitsspezifischen Lebensqualität auf. Die Ausgangsbedingungen gelten als homogen (T=1,58, df=82, p=.00), dennoch ist das um 9,6% geringere Ausgangsniveau der WS Gruppe auffallend und könnte das Ergebnis mit beeinflusst haben. 4
Funktionaler Status (KCCQ) Punktwert 100 95 90 85 80 75 700 +2,5% +5,7% +4,5% +9,2% 91,1 88,0 90,2 91,5 87,4 86,6 86,9 83,6 86,1 83,1 86,3 79,0 Visite 1 Visite 2 Visite 3 Visite 1 Visite 2 Visite 3 (KG=24; WS 1442=24 ) (KG=18; WS 1442=18) KG WS 1442 Abb. 2: Funktionaler Status in Abhängigkeit des Geschlechts Die Summenskala Funktionaler Status erzielt als Teil der Klinischen Zusammenfassung ähnliche Ergebnisse. Beide Gruppen verbessern den Funktionalen Status von Visite 1 zu Visite 3 signifikant positiv (F df=2 =7,10, p=.001, eta 2 =.15). Dazu zählen Verbesserungen auf der Ebene der körperlichen Einschränkungen (z.b. sich selbst ankleiden, ohne Pause die Treppe hochsteigen, Hausarbeit), der Symptomhäufigkeit (z.b. Häufigkeit von Schwellungen an den Beinen, Ermüdung, Atemnot) sowie der Schwere dieser Symptome. Ausgehend von einem geringeren Ausgangsniveau der WS 1442-Gruppe ist deren prozentuale Verbesserung (+7,1%, N=42) im Gegensatz zur Kontrollgruppe (+3,4%, N=42) von V1 zu V3 etwa doppelt so hoch. Statistisch ist die Wechselwirkung Zeit Gruppe nicht signifikant (F df=2 =1,58, p=.21, eta 2 =.04), die Einnahme von WS 1442 bewirkt jedoch tendenziell einen zusätzlichen positiven Effekt. 5
Fazit Die Herzinsuffizienz besitzt durch die Häufigkeit ihres Auftretens und der schlechten Prognose eine große medizinische und soziale Bedeutung. In Europa führt sie zu etwa einer Million Krankenhausaufenthalten pro Jahr und ist die häufigste Entlassungsdiagnose bei über 65-jährigen Patienten. Der demografische Wandel und das damit verbundene Wachstum der Zahl von über 65-Jährigen lässt einen Anstieg der Krankheitszahlen erwarten (vgl. Hauf, Müller & Roskamm, 2004, S. 324). Aufgrund der Symptome ist die Herzinsuffizienz in den meisten Fällen mit einer verminderten Lebenszufriedenheit verbunden. Deshalb ist es notwendig, den Patienten möglichst optimal zu betreuen, um über die Linderung der Symptome auch eine Verbesserung des Wohlbefindens zu erreichen. Die medikamentöse Behandlung erfolgt in erster Linie durch synthetisch hergestellte Medikamente, die oftmals mit verschiedenen Nebenwirkungen verbunden sind. Durch die Einnahme des Weißdorn-Etraktes WS 1442 lassen sich bezüglich der Steigerung der Lebenszufriedenheit tendenziell zusätzliche Effekte erzielen. Zudem ist die Zufriedenheit und Verträglichkeit mit der Einnahme des Medikaments, die hier nicht eplizit thematisiert wurden, sehr positiv ausgefallen. Die in der Studie gewählte Kombination der medikamentösen Behandlung und eines moderaten Ausdauertrainings hat sich in der Prais als erfolgreich erwiesen. Vor allem die positiven Rückmeldungen der Patienten, die von subjektiven Verbesserungen berichteten, sollten dazu ermuntern, ein solches Modell weiter zu verbreiten. Vor allem durch die Anbindung an die betreuenden Ärzte könnten die herzinsuffizienten Patienten direkt erreicht werden und ihnen eine Möglichkeit geboten werden, ihre Krankheit aktiv zu beeinflussen. 6
Literatur DeStatis (2004). Jeder sechste Euro im Gesundheitswesen für Herz-Kreislauf- Erkrankungen. Pressemitteilung Nr. 288 vom 06.07.2004. Zugriff unter http://www.destatis.de/jetspeed/portal/cms/sites/destatis/internet/de/presse/pm/2 004/07/PD04 288 23631.psml am 09.12.2007 Faller, H., Steinbüchel, T., Schowalter, M., Spertus, J.A., Störk, S. & Angermann, C.E. (2005). Der Kansas City Cardiomyopathy Questionnaire (KCCQ) ein neues krankheitsspezifisches Messinstrument zur Erfassung der Lebensqualität bei chronischer Herzinsuffizienz. Psychometrische Prüfung der deutschen Version. Psychotherapie Psychosomatik - Medizinische Psychologie 55, 200-208. Green, P., Porter, C.B., Bresnahan, D.R. & Spertus, J.A. (2000). Development and evaluation of the Kansas City Cardiomyopathy Questionnaire: a new health status measure for heart failure. Journal of the American College of Cardiology 35, 1245-1255. Hauf, G.F., Müller, C. & Roskamm, H. (2004). Herzinsuffizienz. In H. Roskamm, F.-J. Neumann, D. Kalusche & H.-P. Bestehorn (Hrsg.), Herzkrankheiten. Pathophysiologie, Diagnostik, Therapie. (5. vollst. überarb. Aufl.)(S. 324-366). Berlin & Heidelberg: Springer. Kontakt: Prof. Dr. Klaus Bös Universität Karlsruhe (TH) Institut für Sport und Sportwissenschaft Kaiserstr. 12 76131 Karlsruhe boes@sport.uka.de 7