13. Wahlperiode 05. 02. 2003 Antrag der Abg. Christoph Bayer u. a. SPD und Stellungnahme des Ministeriums für Kultus, Jugend und Sport Gemeinschaftskunde/geplanter Fächerverbund Erdkunde, Politik, Wirtschaft (EPW) an allgemein bildenden Gymnasien Antrag Der Landtag wolle beschließen, die Landesregierung zu ersuchen zu berichten, 1. welche Zielsetzung die Landesregierung mit der Zusammenlegung der Fächer Geografie und Gemeinschaftskunde zu EPW verfolgt; 2. in welchem Stundenumfang das Fach EPW unterrichtet werden soll; 3. welche Ausbildung der zukünftige EPW-Lehrer benötigt; 4. wie und von wem der Unterrichtsstoff konkret vermittelt werden soll z. B. Erdkunde Gemeinschaftskunde halbjahresweise getrennt oder ob ein TeamTeaching geplant ist; 5. was mit den fertig ausgebildeten, jedoch noch nicht im Schuldienst befindlichen Gemeinschaftskunde- und Geografielehrerinnen im Hinblick auf eine angestrebte Einstellung passiert (ob z. B. eine externe Nachschulung angeboten wird); 6. wie die aus dem Fachprinzip ergebende wissenschaftspropädeutische Funktion im Hinblick auf die Studierfähigkeit des Faches Gemeinschafts- Eingegangen: 05. 02. 2003 / Ausgegeben: 10. 03. 2003 1
kunde erhalten bleiben soll, wenn es künftig keine autonome Gemeinschaftskunde-Note mehr geben soll. 05. 02. 2003 Bayer, Zeller, Dr. Caroli, Käppeler, Queitsch, Rudolf, Wintruff SPD Begründung Es gibt lediglich in Teilbereichen eine Affinität zwischen den Fächern Geografie und Gemeinschaftskunde. Eine gemeinsame Note kann somit unter fachlichen und pädagogischen Aspekten nicht aussagefähig sein und ist deshalb nicht zu rechtfertigen. Die Schülerinnen und Schüler haben durch die gemeinsame Note keine hinreichende Entscheidungsgrundlage für ihre Kurswahl. Die durch die Oberstufenreform angestrebte Qualitätsverbesserung der gymnasialen Bildung wird so teilweise konterkariert. Stellungnahme Mit Schreiben vom 21. Februar 2003 Nr. 45 6510.20/145 nimmt das Ministerium für Kultus, Jugend und Sport zu dem Antrag wie folgt Stellung: Der Landtag wolle beschließen, die Landesregierung zu ersuchen zu berichten, 1. welche Zielsetzung die Landesregierung mit der Zusammenlegung der Fächer Geografie und Gemeinschaftskunde zu EPW verfolgt; Die Konzeption des Kultusministeriums sieht keine Zusammenlegung der Fächer Erdkunde und Gemeinschaftskunde vor. Die Fächer Erdkunde und Gemeinschaftskunde mit Wirtschaft sind am Gymnasium in den Klassen 5 bis 10 als Teile eines Fächerverbundes konzipiert, der zwar eine enge Verzahnung, aber keine Verschmelzung der beiden Fächer vorsieht. Der Fächerverbund hat das Ziel, fachorientiert-systematisches und fächerübergreifend-integratives Lernen in Einklang zu bringen. Dieses Ziel wird verfolgt, indem die Bildungsstandards im Fächerverbund besonders eng abgestimmt wurden, die Bildungsstandards gemeinsame Leitgedanken und teilweise gemeinsame Kompetenzen und Inhalte umfassen, integrative Module (s. u.) entwickelt wurden und die Kontingentstundentafel Schwerpunktsetzungen im Fächerverbund erlaubt. 2
Für den Fächerverbund ist folgende Struktur geplant: In den Klassen 5 bis 10 erfolgt in einem durchgängig abgestimmten, stufenadäquaten Fachunterricht in den Fächern Gemeinschaftskunde und Erdkunde die Vermittlung von geographischen, politisch-gemeinschaftskundlichen (mit rechtlichen und soziologischen) und wirtschaftlichen Grundkenntnissen und -kompetenzen, die schrittweise ihre fachspezifische Vertiefung erfahren. Die einzelnen Fachbereiche werden je nach schulischer Entscheidung organisatorisch abgestimmt von den jeweiligen Fachlehrkräften in Gemeinschaftskunde bzw. Erdkunde unterrichtet. Wirtschaft ist ein Themenbereich innerhalb des Fächerverbundes, kein eigenständiges Fach. Die Bezeichnung Geographie-Wirtschaft-Gemeinschaftskunde ( GWG ) hat die bisherige Entwurfs-Bezeichnung EPW abgelöst. Für die gymnasiale Kursstufe in den Klassen 11 und 12 bleiben die Fächer Erdkunde und Gemeinschaftskunde erhalten. Zusätzlich wird das Neigungsfach Wirtschaft ab dem kommenden Schuljahr an Versuchsschulen unterrichtet. Sobald eine genügende Zahl von Lehrkräften das Kontaktstudium Wirtschaft absolviert hat, wird ein Neigungskurs Wirtschaft an allen Gymnasien angeboten werden. 2. in welchem Stundenumfang das Fach EPW unterrichtet werden soll; Der Fächerverbund weist gemäß der ab 2004 gültigen Kontingentstundentafel für die Klassen 5 bis 10 insgesamt 14 Jahreswochenstunden aus. 3. welche Ausbildung der zukünftige EPW-Lehrer benötigt; Gemäß den schulischen Anforderungen, die am Fachlehrerprinzip festhalten, werden künftige Lehrkräfte des Fächerverbunds universitär auch weiterhin in den Fächern Geographie und Politikwissenschaft ausgebildet. Die Wissenschaftliche Prüfungsordnung für das Lehramt an Gymnasien vom 13. März 2001 hat den Anteil an wirtschaftlichen Inhalten des Lehramtsstudiums im Fach Politikwissenschaft deutlich erhöht und trägt damit den wirtschaftlichen Anteilen des Gemeinschaftskundeunterrichts in der Mittelstufe Rechnung. Auf Grund der Tatsache, dass alle Fächer des Fächerverbunds künftig jeweils als vierstündiges Neigungsfach in der Oberstufe gewählt werden können, wird angestrebt, den derzeitigen Lehramtsstudiengang Politikwissenschaft durch einen neuen Studiengang zu ersetzen, durch den die wissenschaftliche Befähigung sowohl für das Fach Gemeinschaftskunde, als auch für das Fach Wirtschaft erworben werden kann. Auch die Ausbildung im Vorbereitungsdienst wird im Zuge der derzeitigen Novellierung der Verordnung über den Vorbereitungsdienst und die Zweite Staatsprüfung für die Laufbahn des höheren Schuldienstes an Gymnasien den neuen Entwicklungen in der Schule und der universitären Ausbildung angepasst werden. 3
4. wie und von wem der Unterrichtsstoff konkret vermittelt werden soll z. B. Erdkunde Gemeinschaftskunde halbjahresweise getrennt oder ob ein TeamTeaching geplant ist; Das Fachlehrerprinzip gilt weiterhin, d. h. die Geographie-Anteile im Fächerverbund (bei mindestens einstündigem Jahreswochenunterricht) werden vom Erdkundelehrer unterrichtet. Entsprechendes gilt in Gemeinschaftskunde. Eine Ausnahme stellen Integrative Module (s. u.) dar. Der abgestimmte Fachunterricht liefert die Voraussetzung für die Behandlung fächerübergreifender Themenstellungen im Kontext ihrer gesellschaftlichen, politischen, geographischen und wirtschaftlichen Verflechtungen. Diese Themenstellungen sind Gegenstand integrativer Module, die durchgängig fächerübergreifend angelegt sind. Hier werden den Schülerinnen und Schülern zusätzlich zur Fachsystematik anhand geeigneter Themenfelder wichtige fächerübergreifende Kenntnisse und Einsichten vermittelt. Die Konzeption der Module ist stufenadäquat angelegt und geht davon aus, dass mit zunehmendem Basiswissen der Schülerinnen und Schüler ein höherer Grad an Vernetzungskompetenz erzielt wird. Beim Unterricht der Module wie bei der Umsetzung des Fächerverbundkonzepts insgesamt sind unterschiedliche Verfahrensweisen den Schulen freigestellt (möglich sind auch sowohl Halbjahres- wie Quartalsunterricht oder Teamteaching, aber nicht notwendig). Notwendig ist allein die Erfüllung der Kontingentstundentafel und der Bildungsstandards. Unumgänglich wird eine hinreichende Abstimmung der beteiligten Fachkollegen sein. Bei der Notengebung muss der Grundsatz gelten, dass die unterrichtende Lehrkraft allein die Note erteilen kann und dass die Schülerinnen- bzw. Schülerleistung beim Unterricht der integrativen Module angemessen in die Endnote für Geographie oder Gemeinschaftskunde einfließt. Zur Veranschaulichung kann ein Beispiel dienen: In der 5. Klasse lässt die Kontingentstundentafel zwei Stunden GWG zu. Der Anteil der spezifisch gemeinschaftskundlichen Kompetenzen und Inhalte liegt dabei deutlich unter einer Jahreswochenstunde. Dementsprechend erteilt ein/e Erdkundelehrer/in allein den Unterricht und vergibt die Note. In Klasse 8 sind beispielsweise drei Stunden GWG möglich. Davon könnten zwei Stunden der Vermittlung von Kompetenzen und Inhalten der Gemeinschaftskunde dienen, eine Stunde der Vermittlung von Kompetenzen und Inhalten der Geographie. Das integrative Modul würde in Klasse 5 in der Regel von der Lehrkraft des dortigen Leitfaches Erdkunde (Leitfach in Klasse 5 bis 7) unterrichtet und benotet, in Klasse 8 dann von der Lehrkraft des Leitfaches Gemeinschaftskunde (Leitfach in Klasse 8 bis 10). 5. was mit den fertig ausgebildeten, jedoch noch nicht im Schuldienst befindlichen Gemeinschaftskunde- und Geografielehrerinnen im Hinblick auf eine angestrebte Einstellung passiert (ob z. B. eine externe Nachschulung angeboten wird); Die Lehrerfortbildung erfolgt im Rahmen der regionalen Fortbildungsreihen zu den neuen Bildungsstandards. Dabei werden auch die Konsequenzen für die betroffenen Fächer Erdkunde und Gemeinschaftskunde ausführlich thematisiert. Die Schulung der dafür erforderlichen Multiplikator(inne)n findet derzeit wie in den anderen Fächern auch statt. Im Hinblick auf die beson- 4
deren Anforderungen, die mit der Einführung des Neigungsfaches Wirtschaft einhergehen, wird ein Kontaktstudium Ökonomische Bildung online als einjährige Weiterbildungsmaßnahme angeboten, die bis zum Schuljahr 2006/07 rund 400 Lehrkräfte durchlaufen haben werden. Lehramtsbewerber/innen mit bereits abgeschlossener Ausbildung in den Fächern Gemeinschaftskunde und Erdkunde können im Falle einer Einstellung das genannte Fortbildungsangebot wahrnehmen. Nachschulungen im Vorfeld einer Einstellung sind nicht vorgesehen und auch nicht notwendig. 6. wie die aus dem Fachprinzip ergebende wissenschaftspropädeutische Funktion im Hinblick auf die Studierfähigkeit des Faches Gemeinschaftskunde erhalten bleiben soll, wenn es künftig keine autonome Gemeinschaftskunde-Note mehr geben soll. Eine getrennte Benotung bleibt für die beteiligten Fächer Erdkunde und Gemeinschaftskunde erhalten und damit zugleich die wissenschaftspropädeutische Funktion im Hinblick auf die Studierfähigkeit des Faches Gemeinschaftskunde. Ausnahme: Benotung des Integrativen Moduls (s. o.). Dr. Schavan Ministerin für Kultus, Jugend und Sport 5