IG Metall, VB 07, FB Sozialpolitik Ressort Arbeitsrecht 25. November 2008 Besteuerung der Renten Die Besteuerung von Renten ist Thema vieler Zeitungsartikel. Viele Rentner sind verunsichert. Aus diesem Grund soll nachfolgend versucht werden, etwas Licht in das Dunkel zu bringen, anhand von häufig gestellten Fragen. 1. Warum wurde die Besteuerung von Renten neu geregelt? Die Besteuerung der Renten wurde 2005 durch das Alterseinkünftegesetz neu geregelt. Bis zu diesem Zeitpunkt wurden Beamtenpensionen und Renten aus der gesetzlichen Versicherung unterschiedlich versteuert. Nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts verstößt dies gegen den allgemeinen Gleichheitssatz. Das Gericht gab der Politik den Auftrag, die Rentenbesteuerung neu zu regeln. 2. Das Gesetz ist 2005 in Kraft getreten. Warum ist das Thema jetzt wieder so präsent? Jeder Steuerpflichtige erhält in diesen Tagen eine Steueridentifikationsnummer. Zum Jahreswechsel 2008/2009 sollen dann alle Stellen, die Renten oder vergleichbare Leistungen überweisen, steuerpflichtige Auszahlungen an die Zentrale Zulagenstelle für Altersvermögen (ZAA) melden. Dies war bisher aufgrund von technischen Problemen nicht möglich gewesen. Auch die bisher, in dem Zeitraum ab 2005 gezahlten steuerpflichtigen Renten sollen an die ZAA gemeldet werde. Sind für diesen Zeitraum keine Steuererklärungen abgegeben worden, kann es passieren, dass Steuern nachgezahlt werden müssen. 3. Was ist neu/ was hat sich geändert? In Bezug auf die Besteuerung von Renten hat ein Systemwechsel stattgefunden. Das Prinzip der nachgelagerten Besteuerung ist eingeführt worden. Dies bedeutet, dass die Rentenbeiträge zu den gesetzlichen Rentenversicherungen und ihr gleichgestellte Versicherungen in dem Zeitpunkt, in dem sie gezahlt werden, nicht versteuert werden müssen. Sie sind von der Einkommenssteuer befreit. Erst die Renten, die auf diesen Beiträgen beruhen, müssen bei der Auszahlung versteuert werden. Vergleich mit der alten Regelung: Die Beiträge zu der gesetzlichen Rentenversicherung mussten versteuert werden. Im Gegenzug waren die auf diesen Beträgen beruhenden Renten grundsätzlich steuerfrei. Nur der sogenannte Ertragsteil, d.h. die Zinsen der Rente mussten versteuert werden. 4. Muss ab sofort auf die gesamte Rente Steuern gezahlt werden? Nein. Es gibt eine Übergangsregelung. Entscheidend ist das Kalenderjahr, in welchem die Rente erstmals gezahlt worden ist. Danach bestimmt sich der Anteil der Rente, der versteuert werden muss (vgl. unter 4. in Verbindung mit der Anlage). Erst im Jahr 2040 wird die gesamte Rente besteuert. 1
5. Führt dieser Übergang nicht zu einer doppelten Besteuerung der Rentenbeiträge und der Renten? Bei den jetzigen Rentenzugangsjahrgängen nicht. Diese konnten die Ausgaben für die Altersvorsorge bei den Sonderausgaben von dem zu versteuernden Einkommen abziehen, so dass die Steuerpflicht verringert wurde. Andererseits wird hier die Rente noch nicht voll versteuert. Von der Doppelbesteuerung sind etliche Rentenzugangsjahrgänge ab etwa 2016 betroffen, da die Berücksichtigung der Ausgaben für die Altersvorsorge als Sonderausgaben zurückgefahren wird. Der Anteil der Rente, der versteuert werden muss aber schneller ansteigt. 6. Wie sieht die Übergangsregelung genau aus? Mit Beginn der Rente wird einmalig festgelegt, wie hoch der Betrag der Rente ist, der nicht versteuert werden muss. Dieser Rentenfreibetrag steht dann unabänderlich für die Zukunft fest. Auch zukünftige Rentenerhöhungen haben keinen Einfluss auf ihn. Die Ermittlung des Freibetrags errechnet sich folgendermaßen: Entscheidend ist das Jahr, in welchem erstmals Rente gezahlt wird bzw. wurde. Diesem Jahr ist in der unten angehängten Tabelle ein Prozentsatz zugeordnet. Hieraus ergibt sich, in welcher Höhe das Jahresrenteneinkommen, das der Rentner erstmals für ein Kalenderjahr erhält, versteuert werden muss (sog. Besteuerungsanteil). Der verbleibende Teil der Rente, auf den keine Steuern zu zahlen sind, ist der sogenannte Rentenfreibetrag. Dieser Betrag wird in als Freibetrag eingefroren. Wird nun die Rente erhöht, erhöht sich auch der Besteuerungsanteil. Der Freibetrag bleibt dagegen gleich. Dies bedeutet vereinfacht: zukünftige Rentenerhöhungen sind immer steuerpflichtig. Beispiel: Rentner R erhält für November 2007 erstmals eine Rentenzahlung von monatlich 1000 EUR. Aus der Tabelle ergibt sich für das Jahr 2007 ein Besteuerungsanteil von 54 %. Dies bezieht sich auf das Jahresrenteneinkommen. Da Rentner R im Jahr 2007 nur für 2 Monate Rentenzahlungen erhalten hat, werden diese 54 % auf das erste Jahresrenteneinkommen bezogen, welches er für ein volles Kalenderjahr erhält. Dies ist das Jahresrenteneinkommen für 2008. Auch im Jahr 2008 erhält er eine monatliche Rente in Höhe von 1000 EUR. Dies wäre dann 54% von 12000 EUR. (12 x 1000 EUR). Das ergibt dann einen Betrag in Höhe von 6480 EUR, der für das Jahr 2008 zu versteuern ist. Der Restbetrag in Höhe von 5520 EUR ist der so genannte Freibetrag. Dieser wird nun als Freibetrag eingefroren. Es ist der Betrag, auf den zukünftig keine Steuern gezahlt werden müssen. 7. Die Neuregelung der Rentenbesteuerung erfolgte im Jahr 2005. Was bedeutet dies für Rentner, die bereits vor dem Jahr 2005 Rente bezogen haben? Für diese sogenannten Bestandsrentner (Rentner, die vor 2005 erstmals Renten bezogen haben) wurde festgelegt, dass der Besteuerungsanteil 50 % beträgt. Auch hier gilt wieder, dass die 50 % sich auf das Jahresrenteneinkommen beziehen. Zu Grunde gelegt wird das Jahresrenteneinkommen des Jahres 2005 (so die Finanzämter). Der verbleibende Teil ist der Freibetrag (also die Hälfte des damaligen Jahresrenteneinkommens). Rentenerhöhungen unterfallen dagegen der Steuerpflicht (s.o.). 2
8. Bedeutet dies nun, dass ich von meiner geringen Rente auch noch Steuern zahlen muss? Wichtig ist hier zu unterscheiden: Grundsätzlich unterliegen die Renten im oben dargestellten Sinne der Steuerpflicht. Dies bedeutet aber nicht, dass auch tatsächlich Steuern gezahlt werden müssen. Zu beachten ist hier der sogenannte Grundfreibetrag, der grundsätzlich gilt. Dieser wird jährlich festgelegt. Bis zur Höhe des festgelegten Betrages fällt keine Einkommenssteuer an. Diese Einkommen sind also steuerfrei. Für das Jahr 2008/2009 beträgt der Grundfreibetrag 7664 EUR, für Ehepaare 15329 EUR. Auch für Rentner gelten außerdem Steuerfreibeträge, wie z.b. die Werbungskostenpauschale in Höhe von 102 EUR gemäß 9 a EStG. Dies kann dazu führen, dass im Ergebnis keine Steuern gezahlt werden müssen, weil diese Freibeträge den steuerpflichtigen Teil der Rente sowie etwaige sonstige steuerpflichtige Einkünfte übersteigen. 9. Gibt es auch Renten, die noch steuerfrei sind? Ja. Steuerbefreit ist z.b. die Rente aus der gesetzlichen Unfallversicherung. Die Mehrzahl der Renten ist jedoch steuerpflichtig. 10. Wie bewertet die IG Metall diesen Systemwechsel in der Rentenbesteuerung? Die IG Metall hat gegen das System der nachgelagerten Besteuerung grundsätzlich keine Einwände. Allerdings müssen die damit verbundenen Einbußen im Alter durch eine Erhöhung des Rentnniveaus ausgeglichen werden, damit durch die nachgelagerte Besteuerung Altersarmut nicht noch verschärft wird und die Rentnerinnen und Rentner noch weniger in der Tasche haben als bisher. Auch muss eine Regelung getroffen werden, die bei allen Jahrgängen eine Doppelbesteuerung ausschließt. Über den Ausgleich der Auswirkungen der nachgelagerten Besteuerung hinaus, strebt die IG Metall eine generelle Erneuerung der solidarischen Alterssicherung (vgl. Initiative Für einen Neuen Generationenvertrag ) an. 3
Anlage: Jahr des Rentenbeginns Besteuerungsanteil in Prozent bis 2005 50 2006 52 2007 54 2008 56 2009 58 2010 60 2011 62 2012 64 2013 66 2014 68 2015 70 2016 72 2017 74 2018 76 2019 78 2020 80 2021 81 2022 82 2023 83 2024 84 2025 85 4
Jahr des Rentenbeginns Besteuerungsanteil in Prozent 2026 86 2027 87 2028 88 2029 89 2030 90 2031 91 2032 92 2033 93 2034 94 2035 95 2036 96 2037 97 2038 98 2039 99 ab 2040 100 5