HOTELMARKT DEUTSCHLAND 2016

Ähnliche Dokumente
HOTELMARKT DEUTSCHLAND 2016

Distributionstrends in der deutschen Hotellerie

ÖRV-Frühjahrskongress Die ultimative Frage?

Studie Hotelvertrieb in Deutschland

So geht Direktverkauf heute: Verkaufsstrategien für den digitalen Gast

Die Macht der Buchungsportale

Meta Search für die Hotellerie Chancen und Risiken für Privathotels. Martin Birchmeier

Haifischbecken Online-Vertrieb. Status Quo und Zukunftsperspektiven. Uwe Frers Online Travel Entrepreneur

Die Macht der Buchungsportale

Roland Schegg Prof. HES-SO Valais-Wallis

Projekttreffen in Belarus (Minsk, Nesvich, Brest, Pinsk)

Fachverband Hotellerie. Hotellerie im Umbruch - Digitale Distribution

Mehr Homepagebuchungen, weniger Provisionen Die Bausteine für einen erfolgreichen Online-Vertrieb

Webinar: Internet-Reiseportale. Prof. Dr. Christian Buer Michael Buller

Online-Vertrieb in der Schweizer Hotellerie auch im Krisenjahr 2009 auf ungebrochenem Wachstumskurs

Hans-Uwe L. Köhler (Hrsg.) Die besten Ideen für erfolgreiches Verkaufen

Elektronischer Vertrieb in der Schweizer Hotellerie

Schweizer Hotellerie und Internet 2008

e-marketing Hotel-Marketing im «Google-Zeitalter» Sandro Berger Rebag Data AG

Vom digitalen Interessenten zum realen Gast. Wer nicht kaufbar ist, wird nicht gekauft. Gabriele Schulze zu Gast in der Alpenregion Bludenz

Dürfen wir uns zunächst vorstellen?

Regionales Online-Marketing

Verwandeln Sie Reisende in Gäste

Graubünden Ferien. Channel-Manager für Unterkünfte

Graubünden Ferien. Channel Management Service

Brennpunkt etourism 2009

Mehr Auslastung & Gewinn. Weniger Portal-Provisionen. Chancen auf mehr provisionsfreie Direktbuchungen durch eigene AkBonen

Bonner Management Forum No. 25 Digitale Geschäftsmodelle Unternehmen erfinden sich neu!

Komplettlösung. für Hotel-Direktvertrieb und Online-Marketing. Mehr Direktbuchungen Mehr Unabhängigkeit von Hotelportalen

Travel Flash Report. Winter 2017/2018

Webinar 2: Grundlagen Digitales Marketing. Copyright 2015, ReachLocal, Inc.

Schönbrunner Tourismusgespräche. E-Marketing Strategien für die Hotellerie

Herzlich Willkommen. Messe ISS GUT! 7. November Hotellerie und Gastronomievertrieb 3.0: Ihr Weg zur besseren Auslastung

Expertenbeitrag: Wachstumsmotor Online-Marktplatz. Viele Käufer gezielt erreichen.

Aktionsplan für Hoteliers um Marktanteile aus den OTAs zurück zu gewinnen

PREISE FÜR GEWINNER Passt die Verkaufsstrategie von gestern für Gäste von heute? ÖHV-profit. days 2016

SOCIAL MEDIA IM HANDEL

Buchungstrends im Tourismus und ihre Auswirkungen auf die Vermarktung der FeWo. 1. Walliser Ferienwohnungstag

Online-Marketing mit dynamic commerce. Mehr Performance für Ihren b2c- und b2b-webshop!

Ungebrochenes Wachstum der Online-Buchungsportale

Buchungstrends im Tourismus und ihre Auswirkungen auf die Vermarktung der FeWo. 1. Walliser Ferienwohnungstag

Die Zukunft von Destinationsmanagementsystemen Dr. Markus Schröcksnadel

ONLINEMARKETING: Digitale (R)Evolution - verändert alles...?

XML-basierter Austausch von Hoteldaten

Management Summary. Ergebnisse der 8. Studie. B2B und Social Media Wie verändert sich die Nutzung der Kanäle?

esome Preis-Index Q1/2017

Digitaler Zimmerverkauf ein Ausblick Schladming, 18. Januar 2012

Connecting Global Competence B2B Online Marketing mit TrustedTargeting

Graubünden Ferien. Google AdWords SEA

Social Media 2016 Chancen und Herausforderungen. Heute ist die Utopie vom Vormittag die Wirklichkeit vom Nachmittag.

Trends im Online Marketing und Vertrieb

esome Preis-Index Q3/2017

Customer Journey Folgen Sie Ihrer Zielgruppe: Sonderanalyse der AGOF exklusiv auf der ITB 2013

Von der Pauschalreise zum E-Tourismus: Wie die Digitalisierung die Touristikbranche verändert

Distribution in der Schweizer Hotellerie: Online Reiseplattformen gewinnen 2010 weiter Marktanteile

Woher kommen Online Buchungen? Indirekte und direkte Absatzwege nutzen! Das Eine tun ohne das Andere zu lassen! oberhauser.com 4

IHA-Hotelkonjunkturbarometer Sommer 2011

Die B2B-Anbietersuche im Netz Erfahrungen und Ausblick

IHA-Hotelkonjunkturbarometer Sommer 2010

Online-Buchung. in der Region Ostbayern. Tourismusverband Ostbayern, Regensburg

Online Reisebüro Content

MILLIONEN INTERNATIONALE B2B- ENTSCHEIDER AUF KNOPFDRUCK. TRUSTEDTARGETING.

Mit Google Adwords mehr Direktbuchungen generieren

Agenda. Chancen nutzen und neue Gäste gewinnen Informationen zur Onlinebuchung. I. Der Gast von heute Erwartungen und Buchungsverhalten

Bestpreisklausel des Hotelportals Booking ist ebenfalls kartellrechtswidrig. Hotelzimmervermittlung über Internetportale

Content Marketing & Google PADERBORN 04_07_2016

Marken. Überblick zu Marken und Markenentwicklungen in der Hotellerie. Prof. Stephan Gerhard. CEO / Geschäftsführer TREUGAST Solutions Group

Buchungs- und Reiseverhalten der Schweizer Bevölkerung

Facebook & Instagram Preis Index Q1/2016

ebusiness Barometer Sigmaringen

Zukunftsthesen zur Customer Journey Zentralschweizer Tourismustag

SdHotel Consulting di Santagapita Daniel Via Stranghe Brennero (BZ) Italia mobile fax mail:

Für starkes Marketing.

Erfolgreiche Gastgeber-Homepage. Wie Hotels, Ferienwohnungen & Restaurants online neue Gäste gewinnen

DIE MACHT DER ONLINE-BEWERTUNGEN

Empowering Marketing Performance MULTICHANNEL CONTENT MANAGEMENT UND PUBLISHING

Fachverband Hotellerie. Checkliste zur Stärkung des Direktvertriebs

HRS Hotelpreisradar: Positive Entwicklung im ersten Quartal

Buchungs- und Reiseverhalten der Schweizer Bevölkerung

Buchungs- und Reiseverhalten der Schweizer Bevölkerung

Checkliste Informations- und Buchungsphase

teltarif.de Reise: Ideales Umfeld zur Bewerbung von Produkten aus der Reise- und Touristikbranche

'All-in-One Elektronischer Vertrieb, Reservierungen und Online-Marketing Revolutioniert das Hotelgewerbe durch fortschrittliche Technologie und

Vertriebspolitische Überlegungen für die Zukunft

Handwerk goes Digital

Das Online Lifestyle-Magazin

VERPASSEN SIE NIE WIEDER EINE BEWERTUNG

' %

Online Marketing im Tourismus

Prof. Dr. Wolfgang Fuchs Studiengangsleiter Tourismus, Hotellerie und Gastronomie II Hotel und Gastronomiemanagement

Schlüsselfertig ins Internet

Was bedeutet der Begriff:

' %

Reality Check Struktur der Hotel Online Vermarktungsportale in Deutschland

Online-Buchung als Chance für kleine und große Betriebe

Transkript:

HOTELMARKT DEUTSCHLAND 2016 IHA-Umschlag-2016.qxp_Layout 1 24.03.16 08:25 Seite 1 Hotelverband Deutschland (IHA) e.v. Am Weidendamm 1A 10117 Berlin Telefon: 030/59 00 99 690 Telefax: 030/59 00 99 699 E-Mail: office@hotellerie.de Internet: www.hotellerie.de HOTELMARKT DEUTSCHLAND 2016

Impressum Herausgeber Hotelverband Deutschland (IHA) e.v. Am Weidendamm 1A 10117 Berlin Telefon: 030 / 59 00 99 690 Telefax: 030 / 59 00 99 699 E-Mail: office@hotellerie.de Verleger IHA-Service GmbH Kronprinzenstraße 37 53173 Bonn Telefon: 0228 / 92 39 29-0 Telefax: 0228 / 92 39 29-9 E-Mail: info@iha-service.de Verfasser Tobias Warnecke, Referent Hotelverband Deutschland (IHA) e.v. E-Mail: warnecke@hotellerie.de Wir bedanken uns für die Mitarbeit bei: Hartwig Bohne, hpc hospitality.people.consulting Martina Fidlschuster, Hotour GmbH Anett Gregorius, Boardinghouse Consulting Dr. Dieter Hasse, Robert Wissmath, Roland Schwecke, Dicon Marketing- und Beratungsgesellschaft mbh Lukas Hochedlinger und Kay Strobl, Christie & Co. GmbH Karl-Heinz Kreuzig, BBG-CONSULTING GmbH Jochen Oehler, progros Einkaufsgesellschaft Andreas Rohde, Tophotelprojects GmbH Prof. Dr. Dr. habil. Jörg Soller, Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin Gestaltung pantamedia communications GmbH, Berlin Titelbild Hotel Europäischer Hof Heidelberg Hotel Europäischer Hof Heidelberg / Dr. Caroline von Kretschmann Berlin, im April 2016 Die Vervielfältigung, der Verleih sowie jede sonstige Form der Verbreitung oder Veröffentlichung auch auszugsweise bedarf der ausdrücklichen, vorherigen Zustimmung des Hotelverbandes Deutschland (IHA) e.v. oder der IHA-Service GmbH. IMPRESSUM HOTELMARKT DEUTSCHLAND 2016

Inhalt 1. Editorial.............................. 3 2. Executive Summary.................... 4 3. Konjunktur............................ 10 3.1 Gesamtwirtschaft................... 12 3.2 Tourismus......................... 14 3.3 Gastgewerbe....................... 17 3.4 Hotellerie......................... 19 4. Angebot.............................. 38 4.1 Betriebsstrukturen.................. 40 4.2 Kapazitäten........................ 42 4.3 Hotelneubau, Hotelanbau, Hotelumbau 48 4.4 Investitionen....................... 55 4.5 Insolvenzen........................ 56 5. Nachfrage............................. 58 5.1 Ankünfte.......................... 60 5.2 Übernachtungen.................... 61 5.3 Zimmer- und Bettenauslastung....... 63 5.4 Incoming.......................... 66 5.5 Aufenthaltsdauer................... 71 6. Marktsegmente........................ 72 6.1 Markttrends....................... 74 6.2 Ferienhotels....................... 83 6.3 Stadthotels........................ 92 6.4 Geschäftsreisehotels................ 98 6.5 Tagungs- und Kongresshotels......... 101 6.6 Serviced Apartments................ 104 6.7 Private Kurzzeit Vermietungen........ 110 6.8 Budgethotels...................... 118 6.9 Hostels........................... 126 6.10 Lifestyle-, Design-, Boutiqueund Themenhotels.................. 129 6.11 Grand- und Luxushotels............. 139 6.12 Patientenhotels / Pflegehotels........ 141 6.13 Best Agers........................ 145 6.14 Familienhotels..................... 151 6.15 Wellnesshotels..................... 153 7. Betriebsergebnisse...................... 162 7.1 Grundlage......................... 164 7.2 Landhotel......................... 165 7.3 Vollhotel.......................... 166 7.4 Hotel garni/ Pension / Bed & Breakfast / Budget Hotel...................... 167 7.5 Großhotellerie..................... 168 7.6 Kontenrahmen..................... 169 8. Arbeitsmarkt.......................... 172 8.1 Erfolgsfaktor Mitarbeiter............ 174 8.2 Der Arbeitsmarkt im Wandel......... 175 8.3 Fokus Mindestlohn.................. 176 8.4 Fokus Berufsausbildung.............. 178 8.5 Herausforderungen im Personalmanagement............. 180 8.6 Arbeitgebermarketing............... 180 8.7 Mitarbeitergewinnung............... 185 8.8 Herausforderung Nachwuchsförderung. 186 8.9 Mitarbeiterbindung und entwicklung. 188 9. Nachhaltigkeit......................... 190 9.1 Neue Gästeperspektiven............. 194 9.2. Nachhaltigkeit in der deutschen Hotellerie........... 198 9.3 Zertifizierungsmöglichkeiten......... 205 9.4 Benchmarks....................... 214 9.5 KfW-Energieeffizienzprogramm und KfW-Umweltprogramm.......... 218 10. Markenhotellerie....................... 220 10.1 Betreiberformen.................... 222 HOTELMARKT DEUTSCHLAND 2016 INHALT 1

Inhalt 10.2 Hotelgesellschaften und -gruppen..... 226 10.3 Marktanteile....................... 238 10.4 Erfolgsfaktoren der Markenhotellerie... 243 11. Marketing............................. 246 11.1 Online-Marketing................... 248 11.2 Distribution........................ 250 11.3 Online-Buchungsportale............. 254 11.4 Suchmaschinen.................... 265 11.5 Mobile Medien..................... 270 11.6 Social Media....................... 275 11.7 Bewertungsportale.................. 277 11.8 Direktvertrieb...................... 283 11.9 Digitalisierung..................... 287 12. Klassifizierung......................... 294 12.1 Deutsche Hotelklassifizierung......... 296 12.2 Deutsche Klassifizierung für Gästehäuser, Gasthöfe und Pensionen.. 305 12.3 Hotelstars Union.................... 309 13. Qualitätsmanagement.................. 312 13.1 DIN EN ISO 9001................... 315 13.2 Servicequalität Deutschland.......... 317 13.3 Ludwig-Erhard-Preis................ 319 13.4 EFQM European Excellence Award (EEA) 319 13.5 European Hospitality Quality (EHQ).... 321 14. Hotelimmobilie........................ 324 14.1 Spezialimmobilie................... 326 14.2 Vorgehensweise und Ablauf der Bewertung..................... 326 14.3 Transaktionen...................... 333 14.4 Risiken............................ 335 14.5 Kennziffern........................ 336 15. Finanzierung........................... 338 15.1 Die Finanzierung von Hotelimmobilien. 340 15.2 Unternehmensnachfolge und Finanzierung................... 348 15.3 Förderprogramme................... 352 16. Einkauf 2.0............................ 354 16.1 7 Milliarden Euro Einkaufsvolumen.... 356 16.2 Supply Chain Management der strategische Ansatz.............. 359 16.3 Unterstützung durch Einkaufsgesellschaften und Beratungsunternehmen.. 369 16.4 Top-Trends im Einkaufsmanagement der Hotellerie...................... 371 17. Branchenpolitik........................ 372 17.1 Mehrwertsteuer.................... 374 17.2 Bettensteuern...................... 378 17.3 Rundfunkfinanzierung............... 380 17.4 Pauschalreiserichtlinie............... 383 17.5 Urheberrecht...................... 384 17.6 Zahlungssysteme................... 387 17.7 Melderecht........................ 391 17.8 Datenschutz....................... 391 17.9 Baurecht.......................... 393 18. Tabellenverzeichnis..................... 394 19. Abbildungsverzeichnis.................. 397 20. Quellenverzeichnis..................... 402 21. Internetquellen........................ 412 2 INHALT HOTELMARKT DEUTSCHLAND 2016

01 Die Hotellerie in Deutschland befindet sich weiter auf Wachstumskurs. Die Zahl der Übernachtungen in Hotels, Gasthöfen und Pensionen kletterte im vergangenen Jahr um 3,4 Prozent auf gut 272 Millionen. Damit meldet die Branche das sechste Rekordjahr in Folge. Besonders erfreulich: die anhaltende Beliebtheit des Reiselandes Deutschland bei den inter nationalen Gästen. Die heimische Hotellerie ist bestens aufgestellt und gehört bei Produktqualität, Serviceangebot und Preis-Leistungs-Verhältnis zur Weltspitze. Doch diese erfreulichen Kennziffern sind noch kein Garant für positive wirtschaftliche Betriebs - ergebnisse. Sorge und Unruhe sind branchenweit spürbar. Mehr Bürokratie, erdrückende Marktpraktiken im Online-Vertrieb und zunehmend unfaire Wettbewerbsbedingungen tragen ihren Teil zum Stimmungsbild der Branche bei. Auch die Herausforderungen bei der Integration von Flüchtlingen und die Gefahren durch den internationalen Terrorismus beschäftigen die Branche. In unserem Branchenreport Hotelmarkt Deutschland analysieren wir Prozesse, Strategien und Strukturen des heimischen Hotelmarktes in komprimierter Form. Der Branchenreport 2016 ist der zeitnahe und profunde Indikator des Branchengeschehens. Unser Anspruch ist es, verfügbare Daten aus den unterschiedlichsten Quellen so aufzubereiten, dass ein einheitliches Branchenbild entsteht. Nur so lassen sich frühzeitig belastbare Trends erkennen und aussagekräftige Zeitvergleiche anstellen. Wir erhielten erneut Unterstützung externer Experten zu den Themen Benchmarking, Investitionsverhalten, Marketing, Einkaufsmanagement, Marktsegmente und Finanzierung. Hierfür danken wir besonders unseren Preferred Partnern Christie & Co., progros Einkaufsgesellschaft, MKG Hospitality und der HOTOUR Hotel Consulting, sowie der Beratungsgesellschaft DICON, der BBG-Consulting, dem Informationsdienstleister TOPHOTELPROJECTS und den Experten um Prof. Dr. Dr. habil. Jörg Soller und Dr. Dieter Hasse. Der Branchenreport Hotelmarkt Deutschland 2016 des Hotelverbandes Deutschland (IHA) wurde Ende März 2016 abgeschlossen und erscheint in bereits fünfzehnter Auflage. Berlin, im März 2016 EDITORIAL Fritz G. Dreesen Vorsitzender Hotelverband Deutschland (IHA) HOTELMARKT DEUTSCHLAND 2016 EDITORIAL 3

Stefan Rajewski - Fotolia.com 246 MARKETING HOTELMARKT DEUTSCHLAND 2016

MARKETING. HOTELMARKT DEUTSCHLAND 2016 MARKETING 247

11. Marketing Die Grundmaxime des Marketings ist die Befriedigung von Kundenbedürfnissen, die mit dem Unternehmenserfolg in einer symbiotischen Gemeinschaft leben. 1 Auch in der Hotellerie ist Marketing die unternehmerische Grundhaltung, die alle betrieblichen Prozesse auf den Markt ausrichtet. Das Hotelmarketing weist zum üblichen Konsumgütermarketing allerdings deutliche Unterschiede auf, die in den Besonderheiten der Hotelleistung begründet sind. Die Immaterialität der Hotelleistung bewirkt beispielsweise, dass das Hotelprodukt stark erklärungsbedürftig ist. Die Nicht- Transportfähigkeit der Hotelleistung hat zur Folge, dass der Nachfrager motiviert werden muss, das Produkt (Hotel) selbständig aufzusuchen. Des Weiteren ist eine Hotelleistung meistens mit anderen Leistungen verbunden, die wiederum von anderen Leistungsträgern (z.b. Reiseveranstaltern) oder öffentlichen Trägern erbracht werden. Dadurch steht das Hotelmarketing oft in Abhängigkeit zu anderen Leistungsträgern. Dem Hotelprodukt ist eine starke Individualität und daraus folgend eine vergleichsweise geringe Standardisierbarkeit immanent. Ferner ist ein Hotelbetrieb aufgrund der nicht gegebenen Lagerfähigkeit des Hotelproduktes Übernachtung und seiner Saisonalität, einer labilen Nachfrage und damit einem hohen Absatzrisiko ausgesetzt. 2 Aus diesen Besonderheiten resultieren spezielle Herausforderungen für das Hotelmarketing. In Zeiten eines intensiven Verdrängungswettbewerbes und des Auftretens neuer Kommunikations- und Distributionskanäle muss der Einsatz der Instrumente des klassischen Marketingmixes, der 4 P s Product, Place, Price, Promotion, einer besonders sorgfältigen Überprüfung unterzogen werden. Eine Ausweitung des systematischen Marketingdenkens und -handels wird dabei für die Hotellerie immer wichtiger. 1 Vgl. Schrand, A./Schlieper, T. (2004), S.211. 2 Vgl. Henschel, U. K. (2008), S. 350 ff. 11.1 Online-Marketing Dem Internet kommt eine immer größere Relevanz als Informations- und Transaktionsmedium im Zusammenhang mit Hotel- und Reisebuchungen zu. Dieser Umstand macht es zu einem der wichtigsten Marketing- und Vertriebskanäle für Hotels und Unternehmen aus der Touristikindustrie, die dadurch potenzielle Kunden unmittelbar im Entscheidungsprozess ansprechen und so Kaufimpulse setzen können. Immer wichtiger wird dabei die mobile Internetnutzung. Die Ergebnisse der Arbeitsgemeinschaft Online-Forschung e.v. (AGOF) zeigen, dass sowohl das stationäre als auch das mobile Internet vielversprechende Kundenpotenziale für die Reise und Touristikbranche 3 bietet. Während sich die Online-Potenziale als Folge der nahezu vollständigen Etablierung des Online-Kanals in der Bevölkerung auf einem relativ stabilen Niveau bewegen, haben die Mobile-Potenziale parallel zum rasanten Anstieg der mobilen Internetnutzung deutlich zugenommen. Bei den absoluten Werten liegen die Online-Potenziale derzeit zwar noch durchgängig vor den Mobile- Potenzialen, beim Produktinteresse weisen die über das mobile Internet erreichbaren Zielgruppen prozentual gesehen aber schon einen fast so hohen Anteil wie die stationären User auf. Angesichts der wachsenden Digitalisierung der Lebenswelten der Verbraucher ist für die Zukunft mit einer weiteren Annäherung der Online- und Mobile-Potenziale bei allen betrachteten Tätigkeiten zu rechnen. 4 Die Potenzialdarstellung in Tabelle 71 macht deutlich, dass eine digitale Präsenz und werbliche Aktivitäten für Unternehmen aus der Reise- und Touristikbranche sehr effektiv sind, weil sie damit den Dialog mit bestehenden Kunden intensivieren und gleichzeitig neue Zielgruppen erschließen können. Für diese spielt das Internet, egal ob stationär oder mobil genutzt, eine wichtige Rolle in der Orientierungs- 3 Die Untersuchung der AGOF facts & figures Reise & Touristik basiert auf den Produkten: Flugtickets, Bahntickets, Hotels für Urlaubs- oder Geschäftsreisen, Mietwagen, Urlaubsreisen und auch Last-Minute-Reisen. 4 Vgl. Arbeitsgemeinschaft Online-Forschung e.v. (AGOF) (2015a). 248 MARKETING HOTELMARKT DEUTSCHLAND 2016

Tab. 71: Potentialdarstellung für die Reise und Touristikbranche im Internet Produktinteresse Produktinfos im Internet gesucht Podukt im Internet gekauft Online-Potenziele 36,36 Mio. UU 68,9% 43,09 Mio. UU 81,6% 30,15 Mio. UU 57,1% Mobile-Potenziale 22,95 Mio. UU 67,0% 14,95 Mio. UU 43,6% 6,53 Mio. UU 19,1% UU = Unique User. Werte basieren auf den Produkten: Flugtickets, Bahntickets, Hotels für Urlaubs- oder Geschäftsreisen, Mietwagen, Urlaubsreisen sowie Last-Minute-Reisen. Quelle: AGOF facts & figures Reise & Touristik Q1/2015 / internet facts 2014-12 / Basis: 101.454 Fälle (Internetnutzer ab 14 Jahren letzte 3 Monate),mobile facts 2014-IV / Basis: 53.983 Fälle (Mobile Internetnutzer letzte 3 Monate). und Entscheidungsphase rund um die Reiseplanung. Online Werbung oder Mobile Advertising können damit nicht nur wichtige Orientierungshilfen geben, sondern auch entscheidende Impulse für die spätere Buchung setzen. Interaktive Kundenkommunikation wird angesichts der zunehmenden Digitalisierung der Lebenswelten der Verbraucher immer wichtiger, denn der stationäre oder mobile Zugriff auf das Internet ist für Konsumenten zur Selbstverständlichkeit geworden. Dabei werden die Grenzen zwischen Online und Mobile zukünftig mehr und mehr verschwimmen, weil die Konsumenten angesichts der ihnen zur Verfügung stehenden Gerätevielfalt (stationärer PC, Laptop, Tablet, Smartphone) einfach den zu ihrer jeweiligen Nutzungssituation passenden Zugriff wählen. Umso wichtiger ist es, frühzeitig eine Multi-Plattform-Strategie für eine Marke und den dazugehörigen Zielgruppendialog aufzubauen. In Kombination mit den digital erzielbaren Kontaktfrequenzen können Unternehmen der Reise und Touristikbranche im Netz einen umfassenden Kundendialog aufbauen und ihre Produkte im Internet als effektive Wegbereiter für die spätere Reisebuchung präsentieren und mit entsprechenden Buchungstools eine komplette Online Abwicklung ermöglichen. Mit einer intelligenten crossdigitalen Ausspielung von Kampagnen über alle digitalen Kanäle hinweg lassen sich die optimalen Kontaktpunkte finden, zusätzliche Reichweite generieren und Werbebotschaften vertiefen. 5 5 Vgl. Arbeitsgemeinschaft Online-Forschung e.v. (AGOF) (2015a). Nach aktuellen Erhebungen der AGOF informieren sich durchschnittlich 53,2% der Internetnutzer online über Hotels für ihre Urlaubs- und Geschäftsreisen. Beachtliche 33,9% buchen ihre Hotelübernachtungen auch im Internet. 6 Damit erreichen Hotels innerhalb der touristischen Produktpalette den höchsten Buchungswert im Internet, noch vor Urlaubsund Last-Minute-Reisen (31,0%), Bahn- (27,6%) oder Flugtickets (28,5%). Generell lässt sich innerhalb der letzten Jahre über alle touristischen Produktgruppen hinweg ein deutlicher Trend hin zu Buchungen über das Internet feststellen (siehe Abb. 107).. Im Online-Marketing wird es zukünftig primär darum gehen, eine gemeinsame Welt und ein gemeinsames Verständnis für das Hotel und seine Gäste zu schaffen. Eine Vielzahl an Hotels ist immer noch damit beschäftigt, den Gästen bei der Befriedigung ihrer wirtschaftlichen Bedürfnisse zu helfen und nicht bei den sozialen. Im Online-Marketing geht es vor allem darum eine Beziehung zu den Gästen auf- und auszubauen und sich zu vernetzen. Ziel ist dabei die Kosten zu senken, die Zahlungsbereitschaft zu stärken und ein gemeinsames Verständnis zu entwickeln. Es sollte zudem davon Abstand genommen werden, das Online-Marketing ausschließlich der Marktkommunikation zuzuordnen. In der Vergangenheit haben sich Geschäftsmodelle entwickelt, bei denen das Internet das Produkt selbst darstellt. Beispiele dafür wären Wikipedia, Facebook, e-bay 6 Vgl. Arbeitsgemeinschaft Online-Forschung e.v. (AGOF) (2016a). HOTELMARKT DEUTSCHLAND 2016 MARKETING 249

Abb. 107: Online-Informationssuche und Online-Kauf von einzelnen Reise-/Touristikprodukten (November 2015) Hotels für Urlaubs- und Geschäftsreisen Urlaubsreisen und auch Last-Minute-Reisen 53,2% 33,9% 55,5% 31,0% Online-Info Online-Info und -Kauf Flugtickets Bahntickets 44,2% 28,5% 44,5% 26,7% 0 20 40 60 Basis: Internetnutzer ab 14 Jahren / Internetnutzer der letzten 3 Monate; Zu welchen der folgenden Produkte haben Sie schon einmal Informationen im Internet gesucht?, Haben Sie in den letzten 12 Monaten folgende Produkte über das Internet gekauft? Quelle: Arbeitsgemeinschaft Online-Forschung e.v. (AGOF) (2016a), Stand: November 2015. und Amazon. Der Internetauftritt eines Hotels ist daher nicht nur eine Kommunikationsmaßnahme, sondern ein Produkt, das vermarktet werden muss. Oberstes Ziel ist es nicht mehr nur, den potentiellen Gast zum Kauf zu animieren, sondern das Hotel gewinnbringend (bereichernd) in die Welt des Kunden einzubringen. Online-Marketing sollte dabei nicht als eine völlig neue Form des Marketings verstanden werden. Die klassischen Werkzeuge (Marketing Mix) wie Produkt-, Preis-, Distributions- und Kommunikationspolitik haben nach wie vor ihre Gültigkeit. Sie erfahren jedoch durch das Internet eine neue Anwendung. Online-Marketing bietet zahlreiche Optionen. Einige Maßnahmen sind direkt mit finanziellem Aufwand verbunden, wie z.b. Pay-per-Click-Kampagnen (CPC), Bannerwerbung oder Business Listings auf Bewertungsplattformen. Social Media-Kanäle, wie z.b. Facebook, Twitter, Foursquare oder YouTube, sind hingegen prinzipiell kostenfrei. Durch den mit ihnen verbundenen Personalaufwand durch Betreuung und Pflege der Kanäle sind diese dennoch mit Kosten verbunden. Auch innerhalb des Online-Marketings gibt es in der Gewichtung der einzelnen Maßnahmen Unterschiede, die von betrieblichen Faktoren wie Größe, Standort, Strategie, Zielgruppe oder Stammgäste-Anteil abhängen. Stadt- und Ferienhotels, Budget- und Designhotels, Individual- und Kettenhotels haben alle sehr unterschiedliche Rahmenbedingungen hinsichtlich ihrer finanziellen und zeitlichen Ressourcen. Unabhängig von Größe und Standort des Hotels gilt jedoch generell, dass durch Online-Marketing vorrangig ein Ziel verfolgt werden sollte: größere Unabhängigkeit von Buchungsplattformen durch mehr direkte Buchungen. 11.2 Distribution Da die Hotelleistung physisch nicht distribuierbar ist, wird die optimale Auswahl der Absatzwege und organe zur Hauptaufgabe der Distributionspolitik im Hotel. 7 In den letzten Jahrzehnten hat die Distributionspolitik innerhalb der Hotellerie durch den Wandel vom Verkäufermarkt zum Käufermarkt, der durch erhöhte Wettbewerbsintensität und zunehmende Angebotsüberhänge gekennzeichnet ist, stark an Bedeutung gewonnen. 8 7 Vgl. Henschel, U. K. (2008), S. 415. 8 Vgl. Schrand, A./Grimmelsmann, A. (2004), S. 255. 250 MARKETING HOTELMARKT DEUTSCHLAND 2016

Abb. 108: Online & Offline Buchungen der Individualhotellerie in Deutschland, 2013 2017 Total Online Total Offline in Mrd. US$ 10.000 8.000 6.000 4.000 2.000 0 Urlaubsreiseintensität, Internetzugang, 2013 Internetzugang 2014 zur Urlaubsbuchung in%. Basis: 2015 Deutschsprachige Wohnbevölkerung 2016 ab 14 Jahre. Werte für 2013: 2017RA 2014 face-to-face, Werte für 2025:FUR Trendstudie Urlaubsreisen 2025. Quelle: Phocuswright s European Online Travel Overview Eleventh Edition (preliminary), 2015-2017 projected. Das Distributionssystem bildet heute ein zentrales Erfolgspotential des Unternehmens, da ein massiver Marketingund Vertriebsdruck nur über geeignete Distributionskanäle und partner erzielt werden kann. Außerdem werden die Leistungen durch die Konsumenten nicht nur aufgrund der Produktqualität im engeren Sinne bewertet, sondern auch durch die Qualität der verschiedenen Absatzkanäle (z.b. Beratung, Kundendienst). 9 So können Unternehmen, die ihre Absatzkanäle mit Sorgfalt und Bedacht wählen, klare Wettbewerbsvorteile erreichen. Die Gestaltung des Distributionssystems ist für das Unternehmen eine sensible Aufgabe, weil die Wahl der Distributionskanäle einen wesentlichen Einfluss auf alle anderen Marketingentscheidungen des Unternehmens hat. 10 Somit ist die Gestaltung des Absatzkanalsystems eines Hotelunternehmens eine Entscheidung von strategischer Relevanz, da der zukünftige Unternehmenserfolg von der Effizienz und Leistungsfähigkeit des gewählten Distributionssystems ebenso abhängt wie der Grad an unternehmerischer Freiheit, wenn beispielsweise Distributionsentscheidungen strukturelle Abhängigkeiten erzeugen. 11 Vor allem die Online-Distribution gewinnt für die Hotellerie immer mehr an Bedeutung. Laut einer Studie von Phocuswright and h2c werden im Jahr 2017 in Europa 39% aller Buchungen online erfolgen. In den USA wird der Anteil der Online-Buchungen im Jahr 2017 sogar bei 44% liegen. 12 Vor diesem Hintergrund führten die Hotelverbände in Europa unter dem Dach von HOTREC Hospitality Europe in Zusammenarbeit mit dem Institut für Tourismus der Fachhochschule Westschweiz Wallis im März und April 2016 zum zweiten Mal eine europaweite Online-Umfrage unter Hotels durch. Diese Umfrage aktualisiert die Befragung aus dem Jahr 2014. Ziel der Befragung ist es, die Entwicklungstendenzen der wichtigsten Distributionskanäle aufzuzeigen, Marktanteile zu ermitteln und in einem Gesamtkontext zu analysieren. 9 Vgl. Gardini, M. (2009), S. 346. 10 Vgl. Kotler, P./Bliemel, F. (2001), S. 1073. 11 Vgl. Gardini, M. (2009), S. 349. 12 Vgl. Phocuswright und h2c (2015). HOTELMARKT DEUTSCHLAND 2016 MARKETING 251

Bis zum Stichtag 23. März 2016 haben bereits 697 Hotels aus Deutschland an der Umfrage teilgenommen und Daten für das Jahr 2015 geliefert. Die ersten Zwischenergebnisse werden im weiteren Verlauf vorgestellt. Dabei handelt es sich noch nicht um die finalen Endergebnisse, da die Befragung zum Zeitpunkt des Redaktionsschlusses noch andauerte. Booking Engine (IBE) auf der Hotelwebsite gebucht werden, im Jahr 2015 sogar nur bei 5,5%. Allerdings stieg der Anteil der ketten- und kooperationseigenen Computer Reservierungs Systeme (CRS) von 0,4% im Jahr 2013 auf 3,5% im Jahr 2015. Hier zeigt sich, dass die Bemühungen der Hotelketten und Kooperationen im Bereich Online-Direktvertrieb langsam Früchte tragen. 16 Die provisorische Auswertung der Ergebnisse zeigt, dass das Telefon im Jahr 2015 von den Online-Buchungsportalen als stärkster Buchungskanal abgelöst worden ist. Wurden im Jahr 2013 noch 26 % der Übernachtungen in Deutschen Hotels per Telefon gebucht, fiel der Anteil im Jahr 2015 rapide auf 20,9% ab 13 Die Online-Buchungsportale konnten ihren Anteil am Distributionsmix hingen von 20,9% im Jahr 2013 auf 24,6% im Jahr 2015 steigern und sind somit der bedeutendste Buchungskanal für die Hotellerie in Deutschland geworden. 14 Der Anteil der Übernachtungen, die per E-Mail im Hotel reserviert bzw. gebucht werden lag 2013 bei 15,5 %. Für das Jahr 2015 wurde eine leichte Steigerung auf 16,5% gemessen. Rechnet man die Übernachtungen, die über ein in die Website integriertes Reservierungsformular (ohne sofortige Verfügbarkeitsprüfung) eingehen, hinzu (5,1%), kommt man für das Jahr 2015 auf einen Gesamtanteil von 21,6% der Übernachtungen, die per E-Mail reserviert bzw. gebucht werden. Im Jahr 2013 lag dieser Wert bei 21,0 % und hält sich somit relativ stabil mit leicht wachsender Tendenz. Die Übernachtungen, die direkt über die hoteleigene Website in Echtzeit gebucht wurden, lagen 2013 bei einem Anteil von 8,1 % und sank im Jahr 2015 auf einen Wert von 6,0%. 15 Betrachtet man nur die Individualhotellerie liegt der Anteil der Übernachtungen, die in Echtzeit über eine Internet 13 Vgl. Institut für Tourismus, Fachhochschule Westschweiz Wallis (HES- SO Wallis) (2014) und (2016). 14 Vgl. ebenda. 15 Vgl. ebenda. Dennoch belegen diese Werte die enorme Abhängigkeit der Hotellerie von externen Buchungsplattformen. Diese Abhängigkeit wird sich in Zukunft noch verstärken, wenn man bedenkt, dass der Anteil der Online-Buchungen in den nächsten Jahren weiter sehr stark - zu Lasten der Offline- Buchungen - steigen wird. Zudem nimmt trotz der steigenden Bedeutung des Online-Hotelverkaufs die Zahl relevanter Marktteilnehmer im Online-Reisemarkt signifikant ab und die Märkte weisen Tendenzen zumindest enger Oligopole auf. Beim Vertrieb über klassische touristische Partner lagen Reiseveranstalter, Reisebüros und Wholesaler im Jahr 2015 bei einem Anteil von 6,2% und konnten gegenüber 2013 eine leichte Steigerung verzeichnen (5,5% in 2013). Auch der Anteil der Globalen Distributionssysteme (GDS) stieg von 2,6% im Jahr 2013 auf 3,1% im Jahr 2015 an. Event- und Konferenzveranstalter hielten ihren Anteil mit 4,6% im Jahr 2015 im vergleich zum Jahr 2013 relativ konstant (4,8% in 2013). 17 Auch die Tourismusorganisationen bleiben 2015 mit einem Anteil von 1,1% relativ konstant, wenn auch auf niedrigem Niveau. Bei diesen Zahlen ist allerdings zu berücksichtigen, dass auch die touristischen Partner Hotelbuchungen über elektronische Systeme im Hotel absetzen, welche nicht immer eindeutig und differenziert den jeweiligen Kanälen zugeordnet werden können. 18 16 Vgl. ebenda. 17 Vgl. ebenda. 18 Vgl. ebenda. 252 MARKETING HOTELMARKT DEUTSCHLAND 2016

Tab. 72: Vertriebskanäle der Hotels in Deutschland im Jahr 2013 und 2015*11 Nr. Vertriebskanal Anteil 2015 in % Anteil 2013 in % 1 Telefon 20,9 26,2 2 Online-Buchungsportale 24,6 20,9 3 E-Mail 16,5 15,5 4 Echtzeitbuchungen auf der eigenen Website 6,0 8,1 5 Reservierungsformular (eigene Website) 5,1 5,5 6 Reiseveranstalter / Reisebüros / Wholesaler 6,2 5,5 7 Event- und Konferenzveranstalter 4,6 4,8 8 Walk-ins (ohne Reservierung) 4,0 4,3 9 Brief/Fax 3,6 4,1 10 Globale Distributionssysteme (GDS) 3,1 2,6 11 Tourismusorganisationen 1,1 1,2 12 Hotelketten- und Kooperationen mit CRS 3,5 0,4 13 Social Media Plattformen 0,2 0,2 14 Sonstige Kanäle 0,6 0,7 Gesamt 100,0 100,0 Quelle: Institut für Tourismus, Fachhochschule Westschweiz Wallis (HES-SO Wallis) (2014) und (2016). *Zwischenergebnisse Buchungen über Social Media Plattformen (Facebook, Google+, Twitter) spielten mit einem Anteil von 0,2 % der Gesamtbuchungen (noch) keine relevante Rolle. 19 Angesichts der Vielzahl und der Geschwindigkeit der Veränderung der Vertriebsmöglichkeiten ist die Steuerung der Konditionen in den jeweiligen Kanälen zu einer der komplexesten Aufgaben des Hotelmanagements geworden. Das Hotel läuft schnell Gefahr, die Kontrolle darüber zu verlieren, welche Gästegruppe zu welchen Konditionen im Hotel Buchungen vornimmt. Dadurch kann die Qualität der Kundenbeziehungen beeinträchtigt und letztlich die Steuerung des Betriebsergebnisses erschwert werden. Das Internet ermöglicht es dem Gast, sich innerhalb von wenigen Sekunden einen aktuellen Überblick über die Preisund Angebotssituation eines bestimmten Hotelmarktes zu verschaffen. Umso deutlicher werden dem Gast aber auch die Folgen einer unsystematischen und damit möglicherweise inkonsequenten Preis- und Angebotspolitik in den einzelnen Distributionskanälen vor Augen geführt. 19 Vgl. ebenda. HOTELMARKT DEUTSCHLAND 2016 MARKETING 253

Abb. 109: Vertriebskanäle der Hotels in Deutschland im Jahr 2013 und 2015* Telefon Online-Buchungsportale E-Mail Echtzeitbuchung auf eigener Website Reservierungsformular (Website) Reiseveranstalter/Reisebüro Event- und Konferenz-Veranstalter Walk-ins Brief/Fax Globale Distributionssysteme - GDS Lokale und regionale Tourismusorg./Verbände Hotelketten und -kooperationen mit CRS Social Media Sonstige Vertriebskanäle 26,2% / 20,9% 20,9% / 24,6% 15,5% / 16,5% 8,1% / 6,0% 5,5% / 5,1% 5,5% / 6,2% 4,8% / 4,6% 4,3% / 4,0% 4,1% / 3,6% 2,6% / 3,1% 1,2% / 1,1% 0,4% / 3,5% 0,2% / 0,2% 0,7% / 0,6% 2013 2015* 0 10 20 30 Quelle: Institut für Tourismus, Fachhochschule Westschweiz Wallis (HES-SO Wallis) (2014) und (2016) *Zwischenergebnisse 11.3 Online-Buchungsportale Den Online-Buchungsportalen (OTA) fällt angesichts der enormen Marktmacht und der von ihnen ausgehenden Transparenz eine Schlüsselrolle für das gesamte Online-Marketing der Hotellerie zu. Nach den vorläufigen Ergebnissen der unter dem Dach von HOTREC und in Zusammenarbeit mit dem Institut für Tourismus der Fachhochschule Westschweiz Wallis durchgeführten europaweiten Online-Umfrage unter Hotels ist die Priceline Gruppe mit einem Marktanteil von 46,6% auch im Jahr 2015 unangefochtener Marktführer im Bereich der Online-Buchungsportale in Deutschland (Booking.com 46,4%/Agoda 0,2%). 20 Auf Platz zwei in Deutschland folgt die HRS Gruppe mit einem Marktanteil von 35,2% (HRS 29,1% / Hotel.de 6,1%), wobei in der mehrjährigen Tendenz Booking.com Marktanteile gewinnt und die HRS Gruppe Marktanteile verliert. 21 Mit insgesamt 12,1% entfällt der Rest des Marktes weitgehend auf Portale, die zu Expedia gehören (Expedia, Hotel.com, Venere, Orbitz Travel). Die Übrigen in Deutschland operierenden OTAs halten gemeinsam einen Marktanteil von 6,1%. 22 Da es sich bei den hier relevanten OTA-Märkten um nationale Märkte handelt, existieren keine pan-europäischen Erhebungen bzw. Erkenntnisse die Marktanteile der OTA betreffend. Insgesamt bietet sich aber nach der Einschätzung des IHA auch in den anderen europäischen Ländern ein vergleichbares Bild: Booking.com und Expedia sind fast überall mit signifikanten Marktanteilen vertreten. Hinzu kommen ggf. 1-2 rein nationale OTA. Es ist davon auszugehen, dass in den nächsten Jahren eine weitere Marktbereinigung und Konsolidierung stattfinden wird. 20 Vgl. Institut für Tourismus, Fachhochschule Westschweiz Wallis (HES- SO Wallis) (2014) und (2016). 21 Vgl. ebenda. 22 Vgl. ebenda. 254 MARKETING HOTELMARKT DEUTSCHLAND 2016

Abb. 110: Online-Buchungsplattformen als Vertriebskanäle der Hotels in Deutschland in den Jahren 2013 und 2015* Priceline Booking.com Agoda 41,8% / 46,6% 41,6% / 46,4% 0,2% / 0,2% HRS Gruppe HRS.de Hotel.de 41,5% / 35,2% 31,1% / 29,1% 10,4% / 6,1% Expedia 5,8% / 11,1% Expedia Hotels.com Venere 8,3% / 12,1% 1,0% / 0,7% 1,1% / 0,2% Orbitz Travel 0,4% / 0,1% Sonstige 8,3% / 6,1% 2013 2015* 0 20 40 60 Quelle: Institut für Tourismus, Fachhochschule Westschweiz Wallis (HES-SO Wallis) (2014) und (2016). *Zwischenergebnisse Die beherrschende Marktstellung der beiden Online-Giganten Priceline (Mutterfirma von Booking.com) und Expedia spiegelt sich auch in deren Geschäftszahlen und Zukäufen wider. Priceline steigerte im Jahr 2015 mit seinen Portalen Booking.com, Priceline, Kayak, Agoda, Rentalcars und Open Tab. 73 Online-Hotelbuchungsplattformen als Vertriebskanäle der Hotels in Deutschland im Jahr 2015* Table seinen vermittelten Umsatz um 10,4% auf 55,5 Mrd. US Dollar. Der Gewinn stieg um 13% auf 8,6 Mrd. US Dollar. Die Ausgaben für den Bereich Online-Marketing beliefen sich auf 2,8 Mrd. US Dollar. 23 Die mit Abstand stärkste Marke der Priceline-Gruppe ist Booking.com. Im Februar 2016 waren insgesamt 850.000 Unterkünfte (Hotels, Ferienwohnungen, Apartments, etc.) über die Plattform buchbar. Das größte Wachstum erzielt Booking.com 46,6% 35,2% 46,4% Booking.com 0,2% Agoda 29,1% HRS 6,1% Hotel.de 11,1% Expedia 12,1% 0,2% Venere 0,7% Hotels.com 0,1% Orbitz Travel 6,1% 6,1% Sonstige Plattformen Quelle: HES - SO Wallis (2016). *Zwischenergebnisse Illustration: Stefan Dimitrov 23 Vgl. Priceline Group Inc. (2016). HOTELMARKT DEUTSCHLAND 2016 MARKETING 255

aktuell im Bereich der Ferienwohnungen, Villas und Apartments. Hier stieg die Zahl der Angebote im letzten Jahr auf über 390.000 Angebote. 24 Booking.com sieht gerade im Bereich der Ferienwohnungen und -häuser ein großes Wachstumspotential. Hier tritt Booking.com klar in Wettbewerb zu Peer-to-Peer-Portalen wie Airbnb, Wimdu oder 9flatsm aber auch der HRS Gruppe mit HRS Holidays. Zudem hat Priceline sein Angebot um weitere Dienste erweitert. Im Sommer 2014 wurde beispielsweise das Reservierungsportal Open Table für 2,6 Mrd. US Dollar übernommen. Auch im Hotel B2B-Bereich erweiterte Booking.com sein Angebot, um Hotels noch stärker an sich zu binden. So kaufte das Unternehmen im Jahr 2014 die Hotel-Software Firmen Buuteeq und Hotel Ninjas und entwickelte auf Basis der eingekauften Technologie das neue Produkt Booking Suites, ein Content Management System für Hotels zum Erstellen eigener Websites für Hotels. Zudem baut die Priceline Gruppe durch den Kauf der Firma Rocketmiles auch das eigene Loyalty-Programm aus. Booking.com Nutzer können dadurch zukünftig für Hotelbuchungen Bonusmeilen bei Airlines bekommen. Im März 2016 stellte Booking.com eine neue, weiterentwickelte Version des RateManagers von Booking Suites vor. Kern der neuen RateManager-Plattform bilden Prognosemodelle, die mittels maschinellen Lernens die kontinuierlichen Buchungsmuster analysieren. Dabei werden zugleich Saisonalität, spezielle Events und Wettbewerberpreise einbezogen. Anhand aggregierter Nachfragedaten und ergänzender Variablen bestimmt der RateManager dann die geeignetsten Raten für das Hotel. des Portals Travelocity, eines der meistgenutzten Reiseportale in Nordamerika, verkündet. Bisheriger Eigentümer von Travelocity war seit 2002 Sabre, das eines der drei führenden Computerreservierungssysteme (CRS) Sabre, Travelport und Amadeus betreibt. Sabre will sich auf sein Kerngeschäft konzentrieren und hat sich deshalb für den Verkauf von Travelocity an Expedia entschieden, da die Firmen bereits im Jahr 2013 eine enge Zusammenarbeit vereinbart hatten. Ein weiterer Zukauf wurde im Februar 2015 bekannt. Expedia übernahm den Konkurrenten Orbitz Worldwide für rund 1,3 Mrd. Euro. Mit der Übernahme erweiterte Expedia sein Portfolio um weitere bekannte Marken wie Cheap Tickets, Ebookers oder Hotel Club sowie B2B-Brands. Im November 2015 teilte Expedia zudem die Übernahme des Online-Vermittlers von Ferienwohnungen Homeaway für 3,6 Mrd. Euro mit. Homeaway ist in Deutschland vor allem durch die Marke FeWo-direkt bekannt. Die Übernahme soll im ersten Quartal 2016 abgeschlossen werden. Die oben beschriebenen Entwicklungen belegen nachdrücklich, dass trotz der steigenden Bedeutung des Online-Hotelverkaufs die Zahl relevanter Marktteilnehmer im Online- Reisemarkt signifikant abnimmt und die Märkte Tendenzen zu engeren Oligopolen aufweisen. Die Dominanz der großen Portale führt europa- und weltweit zu dem, was HRS und hotel.de im deutschsprachigen Raum bereits zu Beginn des Jahres 2012 vollzogen: Zu steigenden Provisionen und für die Hotellerie massiv nachteiligen Geschäftsbedingungen. Zuletzt wurde dies durch die Erhöhung der Provisionen von 12% auf 15% bei dem von Expedia übernommenen Buchungsportal Wotif in Australien über Nacht eindrucksvoll belegt. 25 Expedia erweitert sein Angebot ebenfalls enorm, setzt dabei aber weniger auf organisches Wachstum wie Booking.com, sondern verstärkt auf Zukäufe von Wettbewerbern. Nach dem Kauf der Metasuchmaschine Trivago in 2013 folgte die Übernahme des australischen Buchungsportals Wotif im Jahr 2014. Im Januar 2015 wurde die komplette Übernahme 24 Vgl. ebenda. Hand in Hand damit wurden sog. Preferred- oder Accelerator Programme für Hotels gestartet. Hier zeigen die Anbieter parallel zum originären Suchergebnis auch bezahlte Suchanzeigen oder Werbefenster oder es wird den Hotels eine bevorzugte Listung bei den Suchresultaten versprochen. Diese Vorteile können die Hoteliers durch das Zahlen einer 25 Vgl. The Sydney Morning Herald (2015). 256 MARKETING HOTELMARKT DEUTSCHLAND 2016

höheren Kommission erkaufen, so dass Kommissionen zwischen 18% bis 35% faktisch keine Seltenheit mehr sind. Expedia erklärte Mitte Februar 2016, in verschiedenen Märkten ein solches Auktionsmodell zu testen. Über das Accelerator genannte Programm können Hotels hervorgehobene Platzierungen ersteigern, um vergleichbar wie bei Google Adwords in den Suchergebnislisten von Expedia-Portalen wie Expedia.com und Hotels.com besser sichtbar zu werden. Vorreiter ist Expedia mit diesem Auktionsmodell nicht, von dem sich das US-Unternehmen mittelfristig höhere Einnahmen verspricht. Wettbewerber Booking.com setzt schon seit einiger Zeit auf ein ähnliches Verfahren, auch die HRS- Gruppe bietet Hotels Möglichkeiten sich durch das Zahlen einer höheren Kommission bevorzugt zu präsentieren. Solche Programme können vor allem dort greifen, wo wenigen Marktteilnehmern auf der Portalseite sehr viele kleine und mittlere Anbieter auf der Angebotsseite gegenüberstehen. Die oligopolistischen Abhängigkeiten verführen den Marktstärkeren dann dazu, mit allen Mitteln die Zahlungsbereitschaft der Gegenseite für ihn optimal auszubeuten. Auch der Verbraucher wird sicher nicht von einer solchen Versteigerung des Platzes an der Sonne profitieren. Die Nutzer erwarten, dass dem Ranking auf der Portalseite objektive Kriterien wie Zimmerpreis, Lage, Hotelsterne oder Bewertungen zugrunde liegen. Es wird sich zeigen, ob die Nutzer die Mechanik des Wettbietens um die oberen Listenplätze durchschauen und dem Portal weiterhin vertrauen oder ob sie das Buchungsportal wechseln oder verstärkt auf die Direktbuchung beim Hotel setzen. die Zusammenarbeit mit Hotelportalen und Drittanbietern eine unabwendbare Notwendigkeit geworden, doch so wichtig externe Mittler beim Hotelverkauf auch sind: Die Hoheit über das eigene Produkt, die Konditionen und die eigenen Preise muss beim Hotel liegen. Obwohl dieses allgemeine Marktprinzip eine Selbstverständlichkeit sein sollte, verliert eine steigende Anzahl an Hotels die Kontrolle über ihr ureigenes Produkt als Konsequenz des steigenden Drucks seitens ihrer Vertriebspartner. Es gilt heute mehr denn je, die Distribution strategisch zu managen und den richtigen Mix aus eigenem und fremdem Vertrieb zu finden. Unfaire Marktbedingungen Die Untersagung der Meistbegünstigungsklauseln von HRS durch das Bundeskartellamt in Deutschland im Dezember 2013 hat ein Schlaglicht auf die überragende Bedeutung der Online-Portale für die deutsche, aber auch für die europäische Hotellerie insgesamt geworfen. Mit seinem Beschluss hat das deutsche Bundeskartellamt die Forderung von HRS (online wie offline) nach den immer besten Preisen, Verfügbarkeiten und Konditionen seiner Hotelpartner als eindeutigen Verstoß gegen deutsches und europäisches Kartellrecht untersagt. HRS darf seit dem 1. März 2014 solche Meistbegünstigungs- oder Bestpreisklauseln in Verträgen mit Hotels in Deutschland nicht mehr anwenden. HRS legte gegen die Untersagungsverfügung des Bun- Im Zuge dieser Entwicklung sehen sich die atomistisch strukturierten Beherbergungsmärkte in Europa, die nach wie vor von kleinen und mittleren Betriebsgrößen geprägt werden, auf dem Gebiet der digitalen Distribution, der Online-Bewertungen und der Metasuchmaschinen oftmals mit einem Marktverhalten konfrontiert, das immer mehr Hoteliers als unausgeglichen und unfair erachten. Für die Hotellerie ist Bundeskartellamt HOTELMARKT DEUTSCHLAND 2016 MARKETING 257

deskartellamtes Beschwerde beim Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf ein. Der Hotelverband Deutschland (IHA) nahm als Beigeladener des Verfahrens an den Verhandlungen teil. Am 09. Januar 2015 wies der 1. Kartellsenat des OLG Düsseldorf die Beschwerde von HRS gegen die Abstellungsverfügung des Bundeskartellamtes zu seinen Meistbegünstigungsklauseln vollumfänglich ab. Dies war ein enorm wichtiger Baustein zur Wiedererlangung der unternehmerischen Entscheidungsfreiheit für die Hotellerie. Bereits am 30. März 2015 teilte das Bundeskartellamt Booking.com seine wettbewerblichen Bedenken gegen die fortgesetzte Anwendung der damals noch weiter gefassten Bestpreisklauseln in Verträgen mit Hotels in Deutschland mit. Diese Maßnahme war erforderlich, weil das Hotelbuchungsportal trotz der Bestätigung der Abstellungsverfügung des Bundeskartellamtes durch das Oberlandesgericht Düsseldorf im Parallelverfahren gegen HRS weiterhin an umfassenden Paritätsklauseln festhielt. Nach der Bestätigung der Untersagung der Paritätsklauseln von HRS durch das OLG Düsseldorf setzte das Bundeskartellamt seine Ermittlungen gegen die anderen beiden großen Hotelbuchungsportale, Booking.com und Expedia, fort. Am 22. Dezember 2015 untersagte das Bundeskartellamt dem Buchungsportal Booking.com die erst im Juli 2015 eingeführten engeren Paritätsklauseln in den AGB und sonstigen Vereinbarungen. Der deutsche und europäische Marktführer unter den Online-Buchungsportalen darf damit sowohl weite, als auch enge Paritätsklauseln gegenüber seinen Hotelpartnern in Deutschland nicht mehr anwenden. Booking.com hat die beanstandeten Klauseln seiner AGB und Preferred Partner-Vereinbarungen daraufhin außer Kraft gesetzt. Gegen die Entscheidung hat Booking.com zwischenzeitlich beim OLG Düsseldorf einen Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung nach gem. 65 Abs. (3) Satz 3 GWB eingereicht sowie Beschwerde gegen die Abstellungsverfügung des Bundeskartellamtes eingelegt. Der Hotelverband Deutschland (IHA) begrüßt das konsequente und umfassende Einschreiten des Bundeskartellamtes außerordentlich und sieht sich durch den Beschluss in seiner Rechtsauffassung vollumfänglich bestärkt. Auch die modifizierten Paritätsklauseln sind mit geltendem Kartellrecht nicht vereinbar und benachteiligen Hoteliers und Verbraucher gleichermaßen. Die IHA hatte mit einer entsprechenden Anzeige gegen das Buchungsportal im Herbst 2013 das nun amtlicherseits abgeschlossene Verfahren ausgelöst. Auf Druck zahlreicher Wettbewerbsbehörden in Europa bot Booking.com schließlich an, die Bestpreisklauseln in seinen AGB formal etwas zu lockern. Die vorgeschlagenen Selbstverpflichtungen der Priceline-Tochter sahen vor, die Paritätsklausel nicht mehr in Bezug auf andere Vertriebsportale einzufordern. Auch Verfügbarkeits- und Konditionenparitätsforderungen wollte Booking.com vorgeblich aufgeben. Die Online-Vertriebskanäle der Hotels sollten nach Auffassung des Buchungsportals allerdings weiterhin den Paritätsklauseln unterliegen, so dass der Hotelier auf seiner eigenen Website keine besseren Konditionen bieten dürfe als bei Booking.com. Das Hotel hätte dort sogar nicht einmal über günstigere Preise auf direkten Buchungskanälen informieren können. Die deutsche sowie die europäische Hotellerie weigerte sich seit Bekanntwerden der Deals zu ihren Lasten, solche Einschränkungen ihrer unternehmerischen Freiheit bei der Gestaltung von Preisen und Konditionen zu akzeptieren und sich ausgerechnet vom marktführenden Online-Buchungsportal bei der Wahl der Kommunikationskanäle auf Medien des 20. Jahrhunderts wie Telefon, Telefax oder Brief beschränken zu lassen. Es ist sehr zu begrüßen, dass das deutsche Bundeskartellamt mit seiner Entscheidung anders als die Wettbewerbsbehörden in Frankreich, Italien oder Schweden die von Booking.com angebotenen Deals zurecht als gänzlich unzureichend zurückgewiesen hat. Mit dem Beschluss sollte nun das Ende des Paritätenregimes in Deutschland für alle 258 MARKETING HOTELMARKT DEUTSCHLAND 2016

Portale eingeläutet sein. Das ist für die Hotellerie ein wichtiger Schritt zur Wiedererlangung der unternehmerischen Entscheidungsfreiheit und wird für faireren Wettbewerb in der immer wichtiger werdenden Online-Distribution sorgen. Hotels sollten sich klar von Kartellordnungswidrigkeit distanzieren und sich bei ihrer Entscheidung, welcher Preis auf welchem Kanal verlangt werden soll, ausschließlich von ihren eigenen, autonomen, betriebswirtschaftlichen und strategischen Überlegungen leiten lassen. Und auch in Frankreich hat sich das Blatt mit der Annahme des so genannte Loi Macron durch die Nationalversammlung am 9. Juli 2015 gewendet. Das Gesetz enthält unter anderem ein Verbot von Ratenparitätsklauseln in den Verträgen zwischen Hoteliers und Online-Buchungsportalen (OTA) und klassifiziert solche Vertragsbeziehungen rechtlich als Vertretungsmandat ( mandate contrat ). Dies ist die erste explizite Entscheidung eines Gesetzgebers in Europa, Ratenparitätsklauseln in Verträgen generell zu verbieten. Sie bringt Hoteliers in Frankreich die unternehmerische Freiheit zurück, ihren Gästen die Konditionen- und Buchungsvorteile zu gewähren, die sie für angemessen erachten. Frankreich ist damit neben Deutschland das zweite Land, in dem Ratenparitätsklauseln in den Verträgen der OTA verboten worden sind. Die Untersagungsverfügung des Bundeskartellamtes gegen die Meistbegünstigungsklauseln von Booking.com und HRS und ein weiter konsequentes Vorgehen gegen enge und weite Paritätsklauseln von Expedia in Deutschland, sowie das gesetzliche Verbot jedweder Paritätsklauseln zwischen OTAs und Hotels in Frankreich sind ohne Zweifel wichtige Befreiungsschläge für die Hotellerie. Zumindest in Deutschland und Frankreich sind Hoteliers nun wieder frei in ihrer Entscheidung, welche Rate und vielleicht noch wichtiger welche Verfügbarkeit sowie welche Konditionen wann, wem und auf welchem Vertriebskanal angeboten werden. Auch wenn Booking.com und Expedia derzeit noch mit allen Mitteln versuchen, ihre engen Paritätsklauseln in Europa durchzusetzen, stellen sich die Buchungsportale faktisch schon auf die Ära nach dem Fall der Ratenparität ein. Sie legen derzeit offensichtlich Programme auf, mit denen sie ihrerseits die selbst verlangte Ratenparität unterlaufen (können). So werden beispielsweise Buchungsanreize in Form von Gutscheincodes gezielt an Buchungskunden übermittelt. Den Rabatt des Gutscheins trägt das Buchungsportal. Hierbei sollen die Hotels eine vom Buchungsportal übermittelte Kreditkarte mit dem Gutscheinbetrag belasten und dem Gast den Restbetrag in Rechnung stellen. Man könnte dies auch als Abwerbung statt Werbung bezeichnen. Nebenbei trägt das Hotel für die Abwicklung der aufgespaltenen Rechnung zusätzlich auch noch den administrativen Mehraufwand. Andere Online-Buchungsportale holen in ihren Online-Hotelverwaltungen von Hotels die Erlaubnis ein, auf eigene Kosten eine Ermäßigung der vom Hotel angegebenen Zimmerpreise anzubieten. Auch technisch werden die Online- Buchungsplattformen weiter aufrüsten, damit sie die Ratenvielfalt insbesondere der konventionellen Offline-Vertriebskanäle auch im Internet abbilden können. Eine weitere unfaire aber leider weit verbreitete Praxis der Buchungsportale ist das sog. Brand Bidding, bei dem die Portale den Hotelnamen als Keyword für Werbung bei Google nutzen und so Gäste, die bereits nach einem konkreten Hotelnamen suchen, auf ihre eigenen Portalseiten umlenken. Statt also direkt auf die Website des Hotels zu kommen, gelangt der potentielle Gast auf die Seite eines Buchungsoder Vergleichsportales. Bucht dieser Gast das gesuchte Hotel nun über das Portal, fallen für das Hotel Provisionszahlungen an. Die Buchungsportale nehmen dem Hotel also erst durch das Brand Bidding einen potentiellen Gast weg und verkaufen ihn anschließend teuer zurück. Zudem treibt das Brand Bidding der Portale auch die Keyword-Preise für den Hotelmarkennamen bei Google in die Höhe. Der Hotelverband Deutschland (IHA) kämpft schon lange gegen diese Methoden der Portale, die mit den Hotelnamen in Suchma- HOTELMARKT DEUTSCHLAND 2016 MARKETING 259

des Namens- und Markenrechts soll dabei für alle Beteiligten höchste Priorität genießen. 27 Quelle: www.google.de, Brand Bidding am Beispiel des Rheinhotel Dreesen schinen ihre eigenen Buchungsportale bewerben oder mit den Hotelnamen Fake-Internet-Adressen anlegen, die auf externe Buchungsmaschinen verlinken. Es stellt sich die grundsätzliche Frage, warum die Hotellerie in der großen Masse diesen für sie negativen Wirkmechanismen der Online-Distribution nichts entgegenzusetzen gehabt hat und in den letzten Jahren immer einseitigere Buchungskonditionen zu ihren Lasten einreißen ließ? Die Ursache liegt zumindest in Europa in den Marktverhältnissen begründet, wo ein immer enger werdendes Oligopol auf der Anbieterseite einem kleinteilig strukturierten Hotelmarkt gegenübersteht. In der Folge greifen unfaire Marktpraktiken um sich, gegen die sich das einzelne Hotel kaum noch wehren kann. In der Volkswirtschaftslehre ist dieser Effekt auch als Gefangenendilemma bekannt. Dass sich die Hotellerie durchaus erfolgreich gegen Brand Bidding und andere unfaire Praktiken im Online-Marketing zur Wehr setzen kann, zeigte die Upstalsboom-Gruppe. Der Anbieter von Hotels und Ferienwohnungen erwirkte nach eigenen Angaben zahlreiche Unterlassungserklärungen sowie gerichtliche Verfügungen gegen Online-Buchungs- und Preisvergleichsportale. Durch den Klau von Domains (Domaingrabbing) und die unerlaubte Nutzung von Markennamen in Suchmaschinen (Brand Bidding) ist der Unternehmensgruppe nach eigenen Angaben in den vergangenen Jahren ein Gesamtschaden im mittleren bis höheren sechsstelligen Bereich zugefügt worden. Durch die gerichtliche Unterbindung des Missbrauchs des Markennamens Upstalsboom konnten allein die Klickkosten in Suchmaschinen wie Google oder Yahoo! im Jahresmittel um insgesamt rund 40.000 Euro gesenkt werden. 26 Durch regelmäßige automatisierte Suchläufe werden nun die entsprechenden Suchmaschinen durchforstet, um eine widerrechtliche Nutzung des Markennamens Upstalsboom im Internet aufzuspüren und entsprechend zu verfolgen. Gleichzeitig betont die Unternehmensgruppe, dass sie auch zukünftig mit seriösen Buchungsportalen zusammenarbeite, dies erfolgt aber auf Basis einer fairen Partnerschaft und klaren vertraglichen Vereinbarungen. Die Achtung Die Hotellerie muss ein vitales Interesse daran haben, Monopolbildung in den immer stärker zusammenwachsenden Märkten der Buchungsmittler, Bewertungsanbieter und Suchmaschinen zu verhindern. Hierfür müssen die Markteintrittsschwellen für Dritte wie Agenturen, App-Entwickler, Buchungsdienstleister, Channel Manager, Online-Händler, Suchmaschinen, branchenfremde Ideenschmieden und viele denkbare weitere Marktteilnehmer so niedrig wie möglich gehalten werden. So kann realer und latenter Wettbewerbsdruck durch Alternativen erzeugt werden, der dem Abschöpfen von Monopolrenten nachhaltig vorbeugt. Da bereits mehr als ein Drittel der Hotelzimmer in Europa online gebucht werden, sind faire Praktiken im Online-Vertrieb von elementarer Bedeutung für die Hotellerie, aber ebenso für die Gäste. Aus diesem Grund veröffentlichte HOTREC, der europäische Dachverband der Hotels, Restaurants und Cafés, bereits im Oktober 2014 eine aktualisierte und erweiterte Version seiner seit dem Jahr 2010 bestehenden Benchmarks fairer Praktiken in der Online-Distribution. Aus Sicht des Verbrauchers sind sich Online-Buchungsportale (Online Travel Agents OTA), Internet-Bewertungsseiten und (Meta-) Suchmaschinen in den letzten Jahren immer 26 Vgl. Upstalsboom Hotel + Freizeit GmbH & Co. KG (2013). 27 Vgl. ebenda. 260 MARKETING HOTELMARKT DEUTSCHLAND 2016