Kapitel 10: Renten und Wohlfahrt Hauptidee: Konsumenten und Produzenten ziehen Vorteile aus der Marktteilnahme, welche Renten genannt werden. Das Wettbewerbsgleichgewicht maximiert unter Umständen die Wohlfahrt.
10.1 Renten Konsumenten kaufen Güter, weil sie sich dadurch besserstellen Die Konsumentenrente eines Käufers misst, um wie viel dieser besser gestellt wird, weil er auf dem Markt Güter kaufen kann Formal: Die Konsumentenrente eines Käufers ist die Differenz zwischen dem maximalen Betrag, den er für den Kauf eines Gutes bereit ist zu zahlen, und dem Betrag, den er tatsächlich zahlt Den maximalen Betrag, den der Konsument für den Kauf eines Gutes bereit ist zu zahlen, kann man an seiner Nachfragekurve ablesen Die Konsumentenrente entspricht der Fläche zwischen der Nachfragekurve des Käufers und der Preisgeraden 2
Beispiel 1 Franziska ist bereit maximal für ein bestimmtes Konzertticket zu bezahlen (Franziskas Nachfrage ist daher für und andernfalls) Sie bezahlt tatsächlich Dann ist ihre Konsumentenrente 3
Beispiel 2 Karl ist bereit für das 1. Bier zu bezahlen, für das 2. Bier,..., für das 8. Bier Ein Bier kostet Karl kauft daher sechs Stück Für diese sechs Biere wären er bereit gewesen zu bezahlen Er bezahlt tatsächlich aber nur Seine Konsumentenrente ist also 4
Karls Konsumentenrente 8 3 Karls Konsumentenrente q 5
Konsumentenrente Meist interessiert uns nur die (gesamte) Konsumentenrente auf einem Markt Diese gleicht der Summe der Konsumentenrenten aller Käufer Diese entspricht der Fläche zwischen der Marktnachfragekurve und der Preisgeraden 6
Konsumentenrente beim Preis Konsumentenrente 7
Produzentenrente Die Produzentenrente einer Firma misst, um wie viel diese besser gestellt wird, weil sie auf dem Markt Güter verkaufen kann Wieder interessiert uns hauptsächlich die (gesamte) Produzentenrente auf einem Markt Diese gleicht der Summe der Produzentenrenten aller Firmen Diese entspricht der Fläche zwischen der Marktangebotskurve und der Preisgeraden 8
Produzentenrente beim Preis Produzentenrente 9
Produzentenrente und Gewinn Beim langfristigen Angebot entspricht die Produzentenrente einer Firma deren Gewinn, d.h. der Differenz zwischen Erlös und Kosten Beim kurzfristigen Angebot entspricht die Produzentenrente nicht dem Gewinn, sondern der Differenz zwischen Erlös und variablen Kosten 10
Preise und Renten Frage: Wie verändern sich die Konsumentenrente und die Produzentenrente mit dem Preis? Antwort: Frage: Welchen Einfluss hat die Preiselastizität der Nachfrage auf die Konsumentenrente? Antwort: 11
10.2 Effizienz Sind Wettbewerbsmärkte effizient, im Sinne das alle lohnenswerten Transaktionen durchgeführt werden? Wir betrachten zuerst einen Markt Kann es auf einem Markt Preise geben, welche die Wohlfahrt (= Konsumentenrente + Produzentenrente) erhöhen? 12
Wohlfahrt beim Gleichgewichtspreis Wohlfahrt Alle lohnenswerten Händel/Transaktionen werden durchgeführt 13
Wohlfahrt bei höherem Preis Wohlfahrt Konsumenten sind bereit für zusätzliche Einheiten des Gutes einen Preis zu bezahlen, welcher über den Grenzkosten liegt Es werden nicht alle lohnenswerten Transaktionen durchgeführt 14
Wohlfahrt bei niedrigerem Preis Wohlfahrt Konsumenten sind bereit für zusätzliche Einheiten des Gutes einen Preis zu bezahlen, welcher über den Grenzkosten liegt Es werden nicht alle lohnenswerten Transaktionen durchgeführt 15
Schlußfolgerungen Ein Wettbewerbsmarkt führt dazu, dass alle Markteilnehmer aus Eigennutz das machen, was die Wohlfahrt der Gesellschaft maximiert Die Orientierung am eigenen Nutzen muss also nicht schlecht sein Genauer gesagt führt ein Wettbewerbsmarkt zu einem effizienten, wohlfahrtsmaximierenden Ergebnis, weil alle lohnenswerten Händel/Transaktionen durchgeführt werden Die Regulierung des Preises auf einem Wettbewerbsmarkt führt zu einem Wohlfahrtsverlust Grund: Es werden nicht alle lohnenswerten Händel/Transaktionen durchgeführt 16
Regulierung und Gruppeninteressen Regulierung kann die Produzentenrente erhöhen (bei Preisen über dem Gleichgewichtspreis) oder die Konsumentenrente erhöhen (bei Preisen unter dem Gleichgewichtspreis) Einzelne Gruppen können daher an einer bestimmten Art der Regulierung des Marktes interessiert sein Beispiele: Lebensmittelproduzenten sind für Mindestpreise Handwerkskammern sind für den Meisterzwang in Handwerksberufen Das Taxigewerbe ist für eine Beschränkung der Anzahl der Taxis 17
10.3 Effizienz im allgemeinen Gleichgewichtsmodell Bisher haben wir die Effizienz auf einem Wettbewerbsmarkt isoliert betrachtet D.h. die Preise auf den anderen Märkten und die Einkommen als gegeben angenommen Im allgemeinen Gleichgewichtsmodell wird untersucht wie sich die Preise und Einkommen simultan auf allen Märkten bilden 18
1. Hauptsatz der Wohlfahrtsökonomik Betrachtet man eine beliebige Anzahl von Wettbewerbsmärkten, wobei die Konsumenten beliebige monotone Präferenzen haben und die Firmen beliebige Technologien Dann ist die Allokation, die aus dem Wettbewerbsgleichgewicht in allen Märkten entsteht, Pareto effizient 19
Anmerkungen I Der Beweis ist relativ komplex (in Vorlesung?) Allokation: Auflistung der Güterbündel, welche jeder Marktteilnehmer konsumiert und jede Firma produziert Pareto Effizienz: Eine Allokation ist Paretoeffizient, wenn es nicht möglich ist (mindestens) ein Individuum besser zu stellen ohne (mindestens) ein anderes Individuum schlechter zu stellen 20
Anmerkungen II Der 1. HSdW wird nach Adam Smith (1723 1790) häufig als unsichtbare Hand des Marktes bezeichnet Der 1. HSdW ist ein zentrales Argument, mit dem Ökonomen Wettbewerbsmärkte verteidigen: Wettbewerbsmärkte sind ein institutioneller Mechanismus, um Ressourcen effizient zu verteilen, auch wenn es Millionen Konsumenten und Güter gibt 21
Informationserfordernisse Wettbewerbsmärkte erreichen Effizienz auf eine einfache Art und Weise: Alles was ein Konsument bzw. eine Firma (über die Knappheit der Resourcen) wissen muss, sind die Preise Ein zentraler Planer, der Effizienz erreichen möchte, muss hingegen die Präferenzen der Marktteilnehmer sowie die Technologien der Firmen kennen und die Macht haben, eine effiziente Allokation zu implementieren 22
2. Hauptsatz der Wohlfahrtsökonomik Bei monotonen und konvexen Präferenzen kann jede Pareto effiziente Allokation als Wettbewerbsgleichgewicht realisiert werden, wenn die Erstausstattung in geeigneter Weise umverteilt wird 23
Anmerkung Der 2.HSdW wird oft benutzt, um zu argumentieren, dass es besser ist, Geld oder Eigentum umzuverteilen als in Märkte regulierend einzugreifen 24
Zusammenfassung I Konsumentenrente = Fläche zwischen Nachfragekurve und Preisgerade Produzentenrente = Fläche zwischen Angebotskurve und Preisgerade Wohlfahrt = Konsumentenrente + Produzentenrente Wettbewerbsmarkt führt zu einem effizienten Ergebnis, da alle lohnenswerten Transaktionen durchgeführt werden Dadurch wird die Wohlfahrt maximiert 25
Zusammenfassung II 1. HSdW: Aus dem Wettbewerbsgleichgewicht in allen Märkten entsteht eine Paretoeffiziente Allokation Wettbewerbsmärkte verteilen Ressourcen effizient Konsumenten und Firmen müssen nur Preise kennen 2. HSdW: Jede wohlfahrtsmaximierende Allokation kann mittles Umverteilung der Erstausstattungen durch das Wettbewerbsgleichgewicht erreicht werden 26
Ausblick Märkte führen nicht immer zu effizienten Ergebnissen Es gibt vier Hauptgründe warum Märkte versagen (d.h. zu Wohlfahrtsverlusten/ Ineffizienzen führen) Marktmacht (wir behandeln nur den Fall eines Monopols, siehe Kapitel 11) Externalitäten (siehe Kapitel 12) Öffentliche Güter (siehe Kapitel 13) Unvollständige Informationen (siehe Kapitel 14) 27
Aufgabe 10.1 (T) Marktnachfrage und Marktangebot sind Bestimmen Sie die Konsumentenrente und die Produzentenrente im Gleichgewicht Hinweis: Das Gleichgewicht haben wir schon in Aufgabe 9.3 bestimmt, 28
Aufgabe 10.2 (T) Marktnachfrage und Marktangebot sind (in vereinfachter Schreibweise), Bestimmen Sie die Konsumentenrente, die Produzentenrente und die Wohlfahrt im Gleichgewicht Durch Lobbyarbeit erreichen die Produzenten, dass der Preis auf festgesetzt wird Wie wirkt dies auf die Konsumentenrente, die Produzentenrente und die Wohlfahrt? 29
Aufgabe 10.3 (T) Es gebe zwei Länder, A und B, und zwei Güter, Nahrung N (eine Einheit entspricht einer Tonne) und Werkzeug W (eine Einheit entspricht einem Stück) und in jedem Land einen Konsumenten Nahrung und Werkzeug sind für die Konsumenten beider Länder perfekte Komplemente, weshalb ihre Nutzenfunktion, min, ist Zur Herstellung einer Einheit Nahrung benötigt Land A 1 Arbeitsstunde, Land B 2 Arbeitsstunden Zur Herstellung einer Einheit Werkzeug benötigt Land A 2 Arbeitsstunden, Land B 1 Arbeitsstunde Beide Länder verfügen über 900 Arbeitsstunden im betrachteten Zeitraum und können miteinander handeln Bestimmen Sie die pareto optimalen Produktionspläne, Konsumpläne und Handelspläne beider Länder Hinweis: wenn es mehrere optimale Pläne gibt reicht es wenn Sie einen optimalen Plan bestimmen 30