Mit ERa die Zukunft gestalten

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Bezirk Niedersachsen und Sachsen-Anhalt Arbeitshilfe für Vertrauensleute und Betriebsräte Mit ERa die Zukunft gestalten Hinweise zum Entgelt-Rahmentarifvertrag für Niedersachsen

Bezirk Niedersachsen und Sachsen-Anhalt Mit ERa die Zukunft gestalten Hinweise zum Entgelt-Rahmentarifvertrag für Niedersachsen

Mit Era die Zukunft gestalten Inhalt Mit ERa die Zukunft gestalten 5 Ein neuer Rahmen... 6 Es war an der Zeit 6 Die ERa-Einführung Grundstein für die Zukunft 7 ERa Das Wichtigste in Kürze 8 Vier neue Tarifverträge 8 Der neue Entgeltaufbau 9 Lohn-/Gehaltssäule 10 Entgeltsäule 10 Die neue Eingruppierungssystematik 10 Prinzipien, Kriterien, Aufbau der Gruppen 10 Die Entgeltstufen 12 Die Entgelttabelle 13 1. 2. 3. drei Schritte bis zur Eingruppierung 15 Basis für die Arbeitsbewertung 15 Die Arbeitsbeschreibung 16 Die neuen Entgeltgrundsätze 17 Entgeltgrundsätze heute und morgen 17 Der Übergang in die neuen Entgeltgrundsätze 18 Zeitentgelt 18 Leistungsentgelt 19 Prämien- und Akkordentgelt 19 Bestandsaufnahme und Perspektiven für Entgeltgrundsätze 20 Überführung von Entgeltgrundsätzen 21 Standardentgelt 21 Zielentgelt 21 ERa umsetzen die wichtigsten Schritte 23 Kriterien für btriebliche Umsetzungskonzepte 23 Ziele der ERa-Umsetzung 24 Phasenverlauf der ERa-Einführung 25 2

Arbeitshilfe für Vertrauensleute und Betriebsräte Bestandsaufnahme Annäherung an die realen Verhältnisse 26 Betrieblicher Entgeltaufbau 26 Eingruppierung und variable Entgeltbestandteile 26 Am Ende der Bestandsaufnahme 28 Überleitungstarifvertrag 29 Das Einführungsverfahren 29 Die erstmalige Eingruppierung 29 Anpassung bestehender Betriebsvereinbarungen 30 Divisoren zur Anpassung der Leistungslöhne 32 Belastungszulagen 33 Überleitungszulagen und Besitzstandssicherung 35 Betriebliche Kostenneutralität 35 Tarifvertrag ERTV-Anpassungsfonds 36 Jetzt kann es losgehen 38 Anhang 39 Fragebogen zur Einbeziehung Beschäftigter bei Tätigkeitsbeschreibungen 40 Gegenüberstellung Lohn-/Gehalt zu Entgelt 44 Formblatt Ersteingruppierung 45 Musterbetriebsvereinbarung Einführungsprozess ERa 46 3

Mit Era die Zukunft gestalten 4

Vorwort Mit ERa die Zukunft gestalten Mit dem Abschluss des gemeinsamen Entgelt-Rahmentarifvertrages ist für Arbeiter und Angestellte ein tarifpolitisches Reformprojekt vollendet worden. Das Tarifwerk markiert nach über elf Jahren intensiver Beratungen und Verhandlungen einen Meilenstein in der Tarifgeschichte. In der Öffentlichkeit wird die mit ERa verbundene tarifpolitische Innovation nur unzureichend gewürdigt. In den zurückliegenden Jahren ist die überkommene Trennung zwischen Arbeitern und Angestellten Schritt um Schritt aus dem Weg geräumt worden. Der neue Entgelt-Rahmentarifvertrag hebt eine der letzten wesentlichen Unterscheidungen auf. Zukünftig werden gleichwertige Tätigkeiten auch einheitlich bezahlt. Damit findet auch die Trennung in Arbeiter und Angestellte bei der Bezahlung ein Ende. Dreizehn neue Entgeltgruppen lösen die bisher getrennten zehn Lohngruppen für Arbeiter und sieben Gehaltsgruppen für die Angestellten ab. Tarifliche Unterschiede bei der Bezahlung trotz gleichwertiger Tätigkeit gehören der Vergangenheit an. Das ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur arbeits- und sozialrechtlichen Angleichung von Arbeitern und Angestellten. Mit diesen Regelungen bilden wir nicht nur die aktuelle betriebliche Realität ab und sind auf der Höhe der Zeit, sondern gestalten die Arbeitswelt der nächsten Jahrzehnte. Damit belegt das neue Tarifwerk einmal mehr die Reformfähigkeit und Betriebsnähe des Flächentarifvertrages. Bis spätestens Ende 2008 ist der ERa in allen Betrieben der niedersächsischen Metallindustrie umzusetzen. Was sich ein wenig wie Zukunftsmusik anhört, beginnt aber schon heute. Schon jetzt müssen sich Betriebsräte und Vertrauensleute auf die im Jahre 2005 beginnende Einführungsphase von ERa vorbereiten. Parallel zum Tarifabschluss haben wir eine umfassende Beratungs- und Qualifizierungsstruktur aufgebaut. Die Vorbereitung und die Umsetzung von ERa ist eine der wichtigsten Aufgaben der Verwaltungsstellen und Betriebe der nächsten Jahre. Alle Funktionäre in den Betrieben und Verwaltungsstellen sind gefordert, sich daran aktiv zu beteiligen. Dann wird die Umsetzung von ERa ein Erfolg werden. Hartmut Meine Martina Manthey Diethelm Langer 5

Mit Era die Zukunft gestalten Ein neuer Rahmen... Es war an der Zeit Nach einem gut elfjährigen Verhandlungsprozess vereinbarten die Tarifvertragsparteien im November 2003 den Entgelt-Rahmentarifvertrag (ERa) für die niedersächsische Metallindustrie. Damit werden das bisherige System der Bewertung und Bezahlung von Arbeit (Eingruppierung) sowie die Regelung der Leistungsbedingungen und der Entgeltgrundsätze den Anforderungen moderner Industrie- und Dienstleistungsarbeit angepasst. Das war längst überfällig. Denn die bisherigen Regelungen der Lohn- und Gehaltsrahmentarifverträge werden den veränderten Bedingungen in den Betrieben längst nicht mehr gerecht: Während sich die Tätigkeiten von Arbeitern und Angestellten faktisch angeglichen haben, blieben die Unterschiede bei der Bezahlung bestehen. Ein einheitlicher Tarifvertrag beseitigt jetzt diese längst überholte Trennung und sorgt für mehr Entgeltgerechtigkeit. Die bisherigen Tarifverträge sahen unterschiedliche Entgeltgrundsätze für Arbeiter und Angestellte vor. Für den Bereich der Arbeiter bestand bisher die Möglichkeit, Zeitlohn mit Leistungszulage, Akkordlohn oder Prämienlohn zu vereinbaren. Für die Angestellten bestand ausschließlich der Entlohnungsgrundsatz Gehalt mit einer Leistungszulage. Leistungsbezogene Entgelte und damit verbundene Mitbestimmungsmöglichkeiten des Betriebsrats über die Leistungsbedingungen sah der Tarifvertrag bisher im Angestelltenbereich nicht vor. Die Folgen dieses Defizits sind nur allzu bekannt. In vielen Büros herrschen Arbeitshetze, Stress und Arbeiten ohne Ende. Die neuen Regeln des ERa verbessern nicht nur die Möglichkeiten zur betrieblichen Regulierung der Leistungsbedingungen deutlich, sondern weiten auch die Reklamations- und Mitbestimmungsrechte für Beschäftigte und Betriebsrat aus. Selbst in Zeiten, in denen die Arbeitgeberseite nicht müde wird Eigenverantwortung und Selbstorganisation der Mitarbeiter zu betonen, mangelt es in vielen Bereichen an rechtlich verbrieften Bestimmungen, die den Beschäftigten und ihren Interessenvertretungen Beteiligungs- und Mitbestimmungsrechte bei den Leistungsbedingungen zusichern. ERa schafft an dieser Stelle neue einheitliche Rechte für alle Kolleginnen und Kollegen. Nicht alle Zielstellungen konnten bei den Tarifverhandlungen durchgesetzt werden. Wie andere Tarifverträge auch, ist ERa ein Kompromiss. Aber die Richtung stimmt. Gleichwohl ist mit den neuen Verträgen erst ein Teil des Weges zur Verbesserung der Arbeits- und Leistungsbedingungen und mehr Entgeltgerechtigkeit zurück gelegt. Der Vertrag muss in den Betrieben noch umgesetzt werden. Zugegebener Maßen keine leichte Aufgabe. Damit dies gelingt, brauchen wir qualifizierte und engagierte Kolleginnen und Kollegen, Vertrauensleute und Betriebsräte sowie die möglichst große Beteiligung der Belegschaften. 6

Arbeitshilfe für Vertrauensleute und Betriebsräte Die ERa-Einführung Grundstein für die Zukunft Mit der Einführung der neuen Entgeltrahmenbestimmungen in den Betrieben kommt es für alle Beschäftigten zu Veränderungen ihrer Arbeits- und Einkommensbedingungen. Zunächst wird mit der Ersteingruppierung für alle Kolleginnen und Kollegen die eigene Tätigkeit neu betrachtet und bewertet. Hier bestehen Chancen zu Höhergruppierungen. Dennoch kann es auch leicht zu Abwehrhaltungen der Beschäftigten kommen, die ihre Ursache in eine nicht ausreichender Kommunikation und Information oder der Angst heruntergestuft zu werden haben. Die Regelungen zur Besitzstandssicherung bieten jedoch zuverlässigen Schutz vor der Gefahr von Abstufungen. Zweitens verändern sich die Leistungsbedingungen und die Mitspracherechte bei Leistungsvorgaben. Finanzielle Auswirkungen (z.b. bei der Festsetzung der Leistungszulagen) sind dabei nicht ausgeschlossen. Aber es sind auch ganz neue Vereinbarungen über Leistungsanforderungen möglich zum Beispiel für den heutigen Angestelltenbereich in Form des bislang tariflich nicht geregelten Zielentgelts. Die Planung des Einführungsprozesses in den Betrieben sollte einen ganz besonderern Schwerpunkt in den Verwaltungsstellen, den Betriebsratsgremien und bei den IG Metall-Vertrauensleuten bilden. Je nach Größe und Struktur der Betriebe geht es darum den Einführungsprozess für jeden einzelnen Betrieb genau zu planen. Dabei hilft das Prinzip der 4 W s : WER macht WAS mit WEM und bis WANN? Dabei stehen zwei Ziele im Mittelpunkt. Die Einführung des Entgelt-Rahmentarifvertrages, die Beschreibung und Bewertung aller Tätigkeiten im Betrieb sollte MIT den Beschäftigten geplant und realisiert werden und NICHT FÜR die Beschäftigten. Nur wenn Kolleginnen und Kollegen ausreichend über die neuen Bestimmungen des Entgelt-Rahmentarifvertrages, über die geplanten Einführungsprozesse usw. informiert sind, können wir gemeinsam mit ihnen erfolgreich sein. Aus Unkenntnis begründete Widerstände lassen sich nämlich nur schwer wieder abbauen. Der Entgelt-Rahmentarifvertrag legt für die nächsten Jahre, wenn nicht Jahrzehnte die Grundlagen für die Einkommen der Beschäftigten und deren Leistungsbedingungen. Mit den neuen Bestimmungen und den Besitzstandsregelungen im Überleitungstarifvertrag hat die IG Metall tarifvertragliche Voraussetzungen dafür geschaffen, die es auch offensiv und selbstbewusst deutlich zu machen und umzusetzen gilt. Die IG Metall im Betrieb die Vertrauensleute, die Betriebsräte und die Mitglieder können und sollen das Heft des Handelns in die Hand nehmen. Die Einführung der ERa-Bestimmungen ist Sache der Metallerinnen und Metaller. Es besteht damit eine große Chance, deutlich zu machen, dass die IG Metall die kompetente und professionelle Kraft im Betrieb für die Regulierung der Einkommens- und Arbeitsbedingungen ist. Die Einführung der neuen Entgeltrahmen-Bestimmungen im Betrieb sollte deshalb auch gezielt zur Mitgliederwerbung genutzt werden. 7

Mit Era die Zukunft gestalten Entgelt- Rahmentarifvertrag Tarifvertrag ERa-Anpassungsfonds ERa Das Wichtigste in Kürze Die Umsetzung des Entgeltrahmentarifvertrages ist in den einzelnen Betrieben Mitte 2004 mit der Vorlauf- und Vorbereitungsphase angelaufen. Die Einführung ist dann in den Jahren 2005 bis 2008, spätestens aber zum 1. Januar 2009, abzuschließen. In der so genannten Einführungsphase werden alle Beschäftigten aus den bisherigen Lohn- und Gehaltsgruppen in neue Entgeltgruppen eingruppiert. Dazu sieht der Überleitungstarifvertrag ein ausführliches Verfahren zur erstmaligen Eingruppierung vor. Dem Betriebsrat steht ein weitreichendes Mitbestimmungsrecht bei der Erst-Eingruppierung zu. Im Streitfall entscheidet eine besondere tarifliche Schlichtungsstelle. Darüber hinaus gelang es, eine weitreichende Besitzstandsregelung für alle Beschäftigten zu vereinbaren. Es ist aber zu erwarten, dass diese Regelung nur in sehr wenigen Fällen in Anspruch genommen werden muss. ERa-Projekt Vier neue Tarifverträge 1. Der Entgelt-Rahmentarifvertrag (ERTV) Er regelt die neue Eingruppierungssystematik, Bestimmungen zum Zeit- und Leistungsentgelt sowie eine Belastungszulage. 2. Überleitungstarifvertrag (ÜTV) Er regelt das Verfahren der Mitbestimmung des Betriebsrates bei der Einführung von ERa, die Erst-Eingruppierung, die Umstellung der Leistungsentgelte auf die Bedingungen des neuen Entgelt-Rahmentarifvertrages und die vollständige tarifdynamische Besitzstandswahrung. 3. Tarifvertrag ERTV-Anpassungsfonds (AFTV) Hier ist der Aufbau eines Anpassungsfonds geregelt, mit dem betriebliche Mehrkosten für einen Zeitraum von fünf Jahren kompensiert werden. 4. Entgelttarifvertrag (ETV) Er enthält die neue, einheitliche Entgelttabelle für Arbeiter und Entgelttarifvertrag Angestellte. Der Entgelttarifvertrag wird genauso wie der Tarifvertrag über Löhne, Gehälter und Ausbildungsvergütungen in den kommenden Tarifrunden um die ausgehandelten Prozentbeträge erhöht. Überleitungstarifvertrag 8

Arbeitshilfe für Vertrauensleute und Betriebsräte Der neue Entgeltaufbau Mit Einführung des Entgelt-Rahmentarifvertrages wird der Entgeltaufbau neu gegliedert. Die Grafik zeigt die einzelnen Entgeltbausteine, die Entgeltbegründung und die tariflichen Fundstellen. Leistungsbezug Wie gut wird die Arbeit ausgeführt? Leistungszulage, Prämienverdienst, Akkordverdienst, Zielentgelt 2, 11, 12, 14 ERTV Anforderungsbezug Welche Arbeit wird ausgeführt? Grundentgelt Entgeltstufen 2 + 3 ERTV 4 ERTV 9

Mit Era die Zukunft gestalten Die Grundlagen und die Zusammensetzung des Lohns bzw. des Entgelts lassen sich mit zwei Säulen verdeutlichen: Lohn-/Gehaltssäule Entgeltsäule Weitere tarifliche Zulagen Nacht- und Schichtzulagen Sonderzahlungen Überstundenzuschläge Belastungszulagen zusätzliche Urlaubsvergütung Weitere tarifliche Zulagen Nacht- und Schichtzulagen Sonderzahlungen Überstundenzuschläge Belastungszulagen zusätzliche Urlaubsvergütung Leistungszulagen/Leistungslohn Leistungszulagen/Leistungsentgelt Zeitlöhner Gehaltsempfänger Prämienlöhner Akkordlöhner Zeitentgelt Prämienentgelt Akkordentgelt Zielentgelt - 10 Lohngruppen - 7 Gehaltsgruppen mit je 3 Stufen Grundlohn/-gehalt Grundentgelt 13 Entgeltgruppen mit je 3 Entgeltstufen Die neue Eingruppierungssystematik Prinzipien, Kriterien, Aufbau der Gruppen Die Zusammenführung der Eingruppierungsbestimmungen von Arbeitern und Angestellten in ein neues, einheitliches und zeitgemäßes System ist eines der Kernelemente des neuen Entgelt-Rahmentarifvertrages. Durch diese Regelung werden für alle Beschäftigten der Metall- und Elektroindustrie gleiche Kriterien bei der Eingruppierung verwendet. 10

Arbeitshilfe für Vertrauensleute und Betriebsräte Der Entgelt-Rahmentarifvertrag enthält 13 Entgeltgruppen. Die Entgeltgruppe 1 ist für Auszubildende vorgesehen. Die Entgeltgruppe 2 gilt für einfache Tätigkeiten und die Entgeltgruppe 5 für Tätigkeiten, die Kenntnisse und/oder Fertigkeiten voraussetzen, die durch eine abgeschlossene mindestens dreijährige fachbezogene Berufsausbildung erworben werden. Tätigkeiten, für die Kenntnisse und/oder Fertigkeiten erforderlich sind, die durch eine mindest vierjährige Regelausbildung an einer Universität und mehrjähriger Berufserfahrung erworben wurden, werden mit der Entgeltgruppe 13 vergütet. Übersicht über die Entgeltgruppen (nur Kurzform!) Entgeltgruppe Kurzbeschreibung der Anforderungen (Die erforderlichen Qualifikationen können auch auf anderen Wege erreicht werden!) 1 Auszubildende 2... nach kurzer Anweisung 3... Anlernen 4... Anlernen + betriebl. Weiterbildung/oder... 2-jährige Berufsausbildung/ oder... Anlernen + mehrjährige Erfahrung 5 (Ecke)... 3-jährige Berufsausbildung/oder... entsprechende mehrjährige Berufserfahrung 6... 3-jährige Berufsausbildung + erweiterte berufliche Fertigkeiten 7... 3-jährige Berufsausbildung + auf den Betrieb bezogene Weiterbildung/ oder... mehrjährige Erfahrung 8... 3-jährige Berufsausbildung + berufl. Weiterbildung/ oder... entsprechende Berufserfahrung 9... Meister/in, Fachwirt/in, oder... entsprechende Berufserfahrung 10... Techniker/in bzw. Betriebswirt/in/ oder... 3-jährige Berufsausbildung + mehrjährige Erfahrung 11... Fachhochschule bzw. Bachelor/ oder... Techniker/in bzw. Betriebswirt/in + Mehrjährige Erfahrung 12... Universität/Master/Magister/ oder... Techniker/in bzw. Betriebswirt/in + langjährige Erfahrung 13... Universität/Master/Magister + mährjährige Berufserfahrung/ oder... Techniker/in bzw. Betriebswirt/in + Berufserfahrung die tiefgreifende Fachkenntnisse oder fachübergreifende Spezialkenntnisse erfordern 11

Mit Era die Zukunft gestalten Zum Beispiel die Entgeltgruppe 5 (Eckentgelt): Tätigkeiten, für die Kenntnisse und/oder Fertigkeiten erforderlich sind, die durch eine abgeschlossene, mindestens 3-jährige fachbezogene Berufsausbildung oder entsprechende mehrjährige Berufserfahrung erworben werden. Diese Kenntnisse und/oder Fertigkeiten können auch auf anderem Wege erworben werden. Auch wenn es auf den ersten Blick so erscheint, als sei die vorhandene Qualifikation für die Eingruppierung der Beschäftigten maßgebend, sind einzig und allein die Anforderungen, die die Arbeit stellt eingruppierungsrelevant. Im Entgeltrahmen heißt es dazu: Die Beschäftigten werden entsprechend ihrer Tätigkeit in eine der Entgeltgruppen 2 bis 13 gemäß 3 eingruppiert. Auszubildende werden der Entgeltgruppe 1 zugeordnet. (ERTV 2) Entscheidend für die Eingruppierung ist also wie bisher auch die Tätigkeit, die ein Beschäftigter ausübt. Diese anforderungsbezogene Eingruppierung trägt dem Grundsatz gleiches Entgelt für gleichwertige Tätigkeit Rechnung. Es kommt also nicht darauf an, ob ein Beschäftigter einen bestimmten Ausbildungsgang durchlaufen hat, sondern lediglich, ob er eine bestimmte Tätigkeit ausübt und die damit gestellten Anforderungen erfüllt. Wichtig: Die in den Entgeltgruppen beschriebenen Qualifikationen beschreiben das Maß an Anlernen oder Ausbildung, das ein Beschäftigter üblicherweise braucht, um eine bestimmte Tätigkeit ausüben zu können. Auf welchem Weg die Kenntnisse erworben wurden ist dabei unerheblich. Deshalb enthalten die Beschreibungen in den Entgeltgruppen des Tarifvertrages auch folgenden Hinweis: Diese Kenntnisse und/oder Fertigkeiten können auch auf anderem Wege erworben werden. Die Entgeltstufen Zusätzlich zu den Entgeltgruppen sind Entgeltstufen vereinbart worden. Die Entgeltstufe A ist eine Eingangsstufe der jeweiligen Entgeltgruppe: Nach 6 bzw. 12 Monaten erfolgt eine Überführung in die Entgeltstufe B. Die Entgeltstufe C setzt ein höheres Anforderungsniveau voraus. Diese Stufensystematik honoriert zusätzliche Anforderungen, die sich aus der Arbeitsaufgabe ergeben, aber noch keine Höhergruppierung rechtfertigen. Die so vereinbarte Stufensystematik berücksichtigt mehrere Aspekte, die sich aus der heutigen Systematik der Lohn- und Gehaltsgruppen ergeben. Zunächst ist für den Sprung von der Stufe A in die Stufe B ausschließlich die Zeit entscheidend in der man eine Tätigkeit ausführt. Die Höherstufung nach 6 bzw. 12 Monaten erkennt den Qualifikationszuwachs durch gesammelte Erfahrung in der jeweiligen Tätigkeit an. Ein Wechsel von der Stufe B in die Stufe C erfordert die Erfüllung zusätzlicher Anforderungen, die über das normale 12

Arbeitshilfe für Vertrauensleute und Betriebsräte Maß in der Entgeltgruppe hinausgehen. Eine besondere Chance bietet die Stufe C insbesondere für Beschäftigte, die abwechselnd mehrere gleichwertige Arbeitsplätze bzw. Tätigkeiten ausführen. Sind die Voraussetzungen für eine Höhergruppierung in die nächste Entgeltgruppe noch nicht erfüllt, so ist doch zumindest die Einstufung in die Entgeltstufe C vorzunehmen. Übersicht über die Entgeltstufen Entgeltgruppe A B C Entgeltstufen 1 Auszubildende 2 Aushilfen/Studierende selbstständige Erledigung unterschiedliche Tätigkeiten oder Gesamttätigkeit geht über das Anforderungsniveau der EG hinaus 3 4 bis zur selbstständigen Ausführung (in der Regel 6 Monate) selbstständige Erledigung unterschiedliche Tätigkeiten oder Gesamttätigkeit geht über das Anforderungsniveau der EG hinaus 5 12 bis zur selbstständigen Ausführung (in der Regel 12 Monate) selbstständige Erledigung unterschiedliche Tätigkeiten oder Gesamttätigkeit geht über das Anforderungsniveau der EG hinaus 13 bis zur selbstständigen Ausführung (in der Regel 12 Monate) selbstständige Erledigung Gesamttätigkeit geht über das Anforderungsniveau der EG 13 hinaus Die Entgelttabelle Die Entgelttabellen sind im Entgelttarifvertrag (ETV) geregelt. Bis Ende 2009 werden jeweils parallel sowohl Tarifverträge über Löhne, Gehälter und Ausbildungsvergütungen als auch der neue Entgelttarifvertrag abgeschlossen. Die entsprechenden Tabellen im Entgelttarifvertrag gelten dann bei der betrieblichen Einführung des Entgelt-Rahmentarifvertrages. 13

Mit Era die Zukunft gestalten Monatsgrundentgelte ab 1. März 2005 in Euro Metall- und Elektroindustrie Niedersachsen Entgeltgruppe Entgeltstufen A B C E 1 1. Ausbildungsjahr 666 2. Ausbidungsjahr 709 3. Ausbildungsjahr 773 4. Ausbildungsjahr 838 E 2 1.625* 1.677 1.689 E 3 1.703 1.729 1.770 E 4 1.788 1.812 1.906 E 5 2.019 2.148 2.175 E 6 2.200 2.229 2.278 E 7 2.345 2.397 2.454 E 8 2.510 2.592 2.625 E 9 2.644 2.692 2.734 E 10 2.785 2.826 2.859 E 11 2.896 3.033 3.170 E 12 3.305 3.439 3.577 E 13 3.728 4.021 4.141 * E 2A: Vorübergehende Aushilfstätigkeiten, insbesondere für Schüler, Studenten, sofern sie nicht im Leistungsentgelt beschäftigt werden. Monatsgrundentgelte incl. 10 % Leistungszulage (gerundet) ab 1. März 2005 in Euro Metall- und Elektroindustrie Niedersachsen Entgeltgruppe Entgeltstufen A B C E 2-1.845 1.858 E 3 1.874 1.902 1.946 E 4 1.968 1.993 2.097 E 5 2.221 2.363 2.392 E 6 2.420 2.452 2.505 E 7 2.580 2.637 2.699 E 8 2.762 2.850 2.889 E 9 2.908 2.961 3.007 E 10 3.063 3.109 3.146 E 11 3.185 3.336 3.487 E 12 3.635 3.783 3.935 E 13 4.100 4.423 4.555 14

Arbeitshilfe für Vertrauensleute und Betriebsräte 1. 2. 3.... drei Schritte bis zur Eingruppierung Basis für die Arbeitsbewertung Grundsätzlich erfolgt die Eingruppierung der Beschäftigten auf der Grundlagen einer Arbeitsbewertung. Dabei bestimmt die Arbeitsorganisation den Aufgabenzuschnitt und die Inhalte der Tätigkeit, die ein Beschäftigter ausübt. Eine fundierte Bewertung der Arbeit erfordert im Wesentlichen die folgenden Schritte: 1. Beschreibung der Arbeit Um eine Tätigkeit bewerten zu können, muss zunächst eine umfassende Arbeitsbeschreibung erfolgen. Dabei sollten alle Tätigkeiten, die der Beschäftigte tatsächlich ausführt, auch in die Beschreibung aufgenommen werden. 2. Anforderungen der Arbeit Nach der Arbeitsbeschreibung, ist zu prüfen, welche Qualifikationen erforderlich sind, um die Arbeit auch tatsächlich ausführen zu können. 3. Eingruppierung der Beschäftigten Die Eingruppierung erfolgt entsprechend der Bewertung der Arbeit. Für das Ersteingruppierungsverfahren gelten besondere Bestimmungen. Sie sind im Kapitel zum Überleitungstarifvertrag erläutert. Ein lange strittiger Punkt in den ERa-Verhandlungen war die Frage, ob einzelne Tätigkeiten isoliert oder die Summe aller Tätigkeiten bei der Eingruppierung zu bewerten sind. Aktuelle Veränderungen der Arbeitsorganisation und neue Produktionskonzepte verlangen in vielen Betrieben der Metall- und Elektroindustrie von den Beschäftigten die flexible Ausführung unterschiedlichster Tätigkeiten an verschiedenen Arbeitsplätzen. Besonders die Gruppenarbeit setzt voraus, dass alle Gruppenmitglieder so qualifiziert sind, dass sie ein breites Tätigkeitsspektrum innerhalb der Gruppe ausführen können. Um diese Arbeitssituation angemessen bewerten zu können, sieht der ERa die ganzheitliche Betrachtung der Tätigkeiten vor. 15

Mit Era die Zukunft gestalten Im Entgeltrahmen heißt es dazu: Die Beschäftigten sind entsprechend derjenigen Tätigkeit einzugruppieren, die das Niveau der Gesamttätigkeit prägt, auch wenn regelmäßig oder gelegentlich Tätigkeiten mit unterschiedlichen Anforderungsniveaus ausgeübt werden. Wenn sich durch die Ausführung unterschiedlicher Tätigkeiten und/oder den Einsatz an unterschiedlichen Arbeitsplätzen ein höheres Anforderungsniveau ergibt, ist dies bei der Eingruppierung entsprechend zu berücksichtigen. Für die Bewertung des Niveaus der Tätigkeiten ist eine ganzheitliche Betrachtung der Anforderungen erforderlich. Dabei ist der zeitliche Umfang einzelner Tätigkeiten nicht maßgebend. Diese Regelung stellt sicher, dass alle Anforderungen unabhängig von ihrer zeitlichen Dauer berücksichtigt werden. Einzelne Anforderungen können nicht mit dem Hinweis, es handele sich um nach ihrem zeitlichen Umfang nicht überwiegende Tätigkeitselemente, bei der Bewertung ausgeklammert werden. So können gerade auch Tätigkeiten, die zwar nicht zeitlich bestimmend, aber für das Anforderungsniveau prägend sind, angemessen berücksichtigt werden. Es findet keine Unterteilung in verschiedene Tätigkeiten statt. Fazit: Alle Tätigkeiten sind in die Arbeitsbeschreibung aufzunehmen und die Tätigkeitsanforderungen in ihrer Gesamtheit zu betrachten und zu bewerten. Die Arbeitsbeschreibung Voraussetzung für eine tarifgerechte Bewertung und Eingruppierung ist eine exakte und vollständige Arbeitsbeschreibung. Nur so gelangt man zu aussagefähigen Regelungen für die jeweiligen Anforderungen, die die Arbeit stellt. Längst nicht in allen Betrieben und für alle Beschäftigten liegen Arbeitsbeschreibungen vor. Und auch dort, wo solche Unterlagen vorhanden sind, beschreiben sie häufig nur unvollständig die Tätigkeiten, oder bilden nicht mehr den neuesten Stand ab. Auch wenn Beschäftigte und die Interessenvertretung in der Praxis der vergangenen Jahre mit dieser Situation gut zurecht gekommen sind, erfordert die Erst-Eingruppierung nach ERa einen qualifizierten Blick der Interessenvertretung auf die Tätigkeiten der Beschäftigten. Hierzu sollten unbedingt vorhandene Arbeitsbeschreibungen überprüft und ergänzt werden. In den meisten Fällen kommt man um die Erstellung neuer Arbeitsbeschreibungen nicht herum. Grundsätzlich ist der Arbeitgeber für die Erstellung von Arbeitsbeschreibungen verantwortlich. Doch häufig weisen diese Arbeitsbeschreibungen der Arbeitgeber erhebliche Mängel auf. Oft sind tatsächlich ausgeführte Arbeiten nur unvollständig aufgelistet. Formulierungen erwecken oft den Eindruck, als würden nur geringe Anforderungen an die Beschäftigten gestellt. Aus diesem Grund sollte der Betriebsrat auf keinen Fall darauf verzichten, sich gemeinsam mit den Beschäftigten ein eigenes Bild zu machen und eigenständig Arbeitsbeschreibungen erstellen. Die Vorgehensweise bei der Erstellung einer Arbeitsbeschreibung ist Gegenstand der Broschüre zur Eingruppierung (geplantes Erscheinen April 2005). 16

Arbeitshilfe für Vertrauensleute und Betriebsräte Die neuen Entgeltgrundsätze Entgeltgrundsätze heute und morgen ein Überblick Die bislang eigenständigen Tarifverträge für Arbeiter und Angestellte sehen unterschiedliche Entgeltgrundsätze vor. So unterscheidet der Lohnund Gehaltsrahmentarifvertrag (LGRTV) für die gewerblich Beschäftigten zwischen Zeitlohn mit Leistungszulage, Akkord und Prämie, während für die Angestellten lediglich der Grundsatz Gehalt mit Leistungszulage vorgesehen ist. Die Mitbestimmungs- und Reklamationsrechte über die Leistungsbedingungen sind nach geltendem Tarifrecht an leistungsbezogene Entgeltgrundsätze gebunden. Im Entgeltgrundsatz Zeitlohn gibt es keine Mitbestimmung des Betriebsrates über die Leistungsbedingungen. Deshalb hat im Zeitlohn und gerade im Angestelltenbereich die Leistungsverdichtung mehr und mehr zugenommen. Direkte und indirekte Leistungs- und Zielvorgaben haben in den letzten Jahren verstärkt in den Büros Einzug gehalten. Stress und Arbeitshetze bestimmen an vielen Arbeitsplätzen das Bild. Überblick über die Entlohnungsgrundsätze im Lohn- und Gehaltsrahmentarifvertrag Entlohnungsgrundsätze 5 HEUTE Zeitlohn 6/ Gehalt 11 Leistungslohn 8 Leistungszulage im Zeitlohn 7/ im Gehalt 12 Abs. 5 Für Angestellte nur Gehalt! Akkordlohn 8 I Prämienlohn 8 II Überblick über die Entgeltgrundsätze nach ERTV Entgeltgrundsätze 6 MORGEN Zeitentgelt 7 Leistungszulage/Leistungsbeurteilung 7 Abs. 5 und 6 Leistungsentgelt 8 Prämienentgelt 9 11 und 13 Zielentgelt 14 Akkordentgelt 9, 10, 12 und 13 17

Mit Era die Zukunft gestalten Mit der Neugestaltung der Entgeltgrundsätze im ERa haben sich nunmehr die Mitbestimmungsund Beteiligungsrechte für die indirekten Bereiche (alter Zeitlohn und Gehaltsbereich) deutlich verbessert. So gelten zukünftig für alle Beschäftigten neue, einheitliche Entgeltgrundsätze: das neue Zeitentgelt sowie ein Leistungsentgelt mit den Entgeltmethoden Prämienentgelt und Zielentgelt (Akkord gilt noch für eine längere Übergangszeit). Der Übergang in die neuen Entgeltgrundsätze Der Übergang von den heutigen Lohn- bzw. Gehaltsbestimmungen in die neuen Entgeltgrundsätze lässt sich vereinfacht folgendermaßen darstellen 13 % Alt Zeitlohn Mehr 10 % Neu ca. 35 % Alt Lohngruppe Zeitentgelt Prämienlohn Gleich ca. 22 % Neu Entgeltgruppe Im Zeitentgelt dürfen außer den betrieblichen Arbeitsvorschriften und Planungsgrößen keine Leistungsbestimmungsgrößen als Zeit- oder Mengenvorgaben der Tätigkeit zugrunde gelegt werden. Anders ausgedrückt: Im Zeitentgelt dürfen keine Leistungsvorgaben gemacht werden. Wenn dies der Fall sein sollte, kann der Betriebsrat den Abschluss von Leistungsentgelt verlangen. Betriebsräte sollten immer ihr Mitbestimmungsrecht und Initiativrecht nutzen um Leistungsentgelt durchzusetzen, sobald erkennbar ist, dass Leistungsvorgaben gemacht werden. Lohngruppe Entgeltgruppe 13 % Gehalt Gleich 10 % Alt Neu Gehaltsgruppe Entgeltgruppe 18

Arbeitshilfe für Vertrauensleute und Betriebsräte Ferner legt der Tarifvertrag fest, dass es für die Beschäftigten im Zeitentgelt nicht zu einer unzumutbaren Leistungsverdichtung kommen darf. In der betrieblichen Praxis können sich Beschäftigte im Zeitentgelt auf die Möglichkeit berufen, unzumutbare Leistungsverdichtung zu reklamieren. Bei Streitigkeiten haben Arbeitgeber und Betriebsrat mit dem Willen zur Einigung zu verhandeln. Kommt eine Einigung nicht zustande, so ist der Abschluss einer Betriebsvereinbarung zum Leistungsentgelt zu prüfen. Hier bestehen weitergehende Möglichkeiten, Leistungsvorgaben zu begrenzen. Sollte ein Betriebsrat einer ungleichmäßigen Verteilung nicht zustimmen, bleibt es bei der gleichmäßigen Verteilung und jede/r erhält 10 %. Eine Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrates durch die tarifliche Schlichtungsstelle ist nicht vorgesehen. Leistungsentgelt Folgende Entgeltgmethoden sind im Leistungsentgelt vereinbart: Prämienentgelt (mit Standardentgelt) Zielentgelt und Akkordentgelt (für eine Übergangszeit). Die Beschäftigten haben im Zeitentgelt einen Anspruch auf eine Leistungszulage. Der Durchschnitt muss in den Entgeltgruppen 2 bis 4 5 bis 9 und 10 bis 13 jeweils mindestens 10 % betragen. Der tarifliche Regelfall ist eine gleichmäßige Verteilung. In diesem Fall erhalten alle Beschäftigten im Zeitentgelt, zusätzlich zum Grundentgelt, eine Leistungszulage von 10 %. Eine Abweichung ist nur mit Zustimmung des Betriebsrates möglich. In diesem Fall ist zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber ein Verfahren der ungleichmäßigen Verteilung zu vereinbaren. Dies kann z.b. ein Beurteilungsverfahren sein, das auf Grundlage regelmäßiger Leistungsbewertungen die Höhe der individuellen Leistungszulage festlegt. Als tarifliche Mindesthöhe ist jedoch immer in den jeweiligen Entgeltgruppen eine Leistungszulage von mindestens 10 % im Durchschnitt der Beschäftigten zu erreichen. Prämien- und Akkordentgelt Bei der Vereinbarung der neuen Entgeltgrundsätze bzw. der Anpassung von Betriebsvereinbarungen ist es sinnvoll, zunächst bewährte Prämien- bzw. Akkordvereinbarungen anzupassen. Gerade in der Einführungsphase des Entgelt-Rahmentarifvertrages sind weitreichende Neuerungen und Absicherungen für die Beschäftigten zu regeln. Dieser Prozess sollte nicht zusätzlich mit der Ausgestaltung neuer Entgeltgrundsätze wie Zielentgelt belastet werden. Erst nach Einführung des Entgelt-Rahmentarifvertrages und der Anpassung der Entgeltgrundsätze, sollte der Schwerpunkt auf die Einführung und Ausgestaltung der neuen Entgeltgrundsätze Zielentgelt bzw. Standardentgelt gelegt werden. Wenn auch die bisherigen Regelungen zum Leistungslohn (Akkord und Prämie) im wesentlichen bestehen bleiben, sind in der Einführungsphase insbesondere die Divisoren besonders zu beachten. Der Grundgedanke zur Einführung der Diviso- 19

Mit Era die Zukunft gestalten ren besteht darin, dass durch die erhöhten Grundentgelte die Verdienstgrade entsprechend angerechnet werden. Wenn die Ersteingruppierung in die neuen Entgeltgruppen vorgenommen wird, führt dies zu unterschiedlichen Steigerungen der Grundentgelt gegenüber den heute bestehenden Beträgen in den Lohngruppen. Um die Verdienstgrade weitestgehend anzupassen, wurde eine unterschiedliche Anrechnung der heutigen Verdienstgrade vereinbart. (siehe auch Anpassung bestehender Betriebsvereinbarungen Seite 30). Bestandsaufnahme und Perspektiven für Entgeltgrundsätze Als Basis für die neuen Vereinbarungen sollte sich der Betriebsrat einen Überblick über die bestehenden Betriebsvereinbarungen zu Entgeltgrundsätzen verschaffen. Beispiel: Bei der Entscheidung über den zukünftigen Entgeltgrundsatz sollten folgende Überlegungen zu Grunde gelegt werden: Dem Entgeltgrundsatz Leistungsentgelt ist der Vorrang vor dem Zeitentgelt einzuräumen. Überall wo Leistungsentgelt möglich und sinnvoll ist, sollte dies auch vereinbart werden. Im Leistungsentgelt möglichst Prämienentgelt vereinbaren. Wenn möglich Akkordlohn in Prämienentgelt überführen. Auf keinen Fall Leistungslohn in Zeitentgelt überführen. Übertragungen aus Akkord- oder Prämienlohn in Zielentgelt sind zu verhindern. Abteilung Entlohnungsgrundsatz heute Entgeltgrundsatz morgen Montage I Prämienlohn Prämienentgelt Montage II Akkordlohn Akkordentgelt Montage III Akkordlohn Prämienentgelt Werkzeugbau Zeitlohn Zeitentgelt Fräserei Zeitlohn Prämienentgelt Versand Gehalt Zeitentgelt Konstruktion Gehalt Zeitentgelt... 20

Arbeitshilfe für Vertrauensleute und Betriebsräte Überführung von Entgeltgrundsätzen Entlohnungsgrundsatz heute Zeitlohn Gehalt Akkordlohn Prämienlohn ü ü ü ü Entgeltgrundsatz morgen Zeitentgelt oder Prämienentgelt Zeitentgelt oder Zielentgelt Prämienentgelt oder Akkordentgelt Prämienentgelt Standardentgelt Das Standardentgelt ist ein Unterfall des Prämienentgeltes. Bei dieser Entgeltmethode erhalten die Beschäftigten für die Einhaltung einer vereinbarten Standardleistung ein festes Standardentgelt. Die Höhe von Leistung und Entgelt regelt eine Betriebsvereinbarung. Wird die vereinbarte Leistung nicht eingehalten, erfolgt keine Verdienstminderung. Vielmehr sind die Ursachen zu überprüfen. Die Einführung von Standardentgelt in einzelnen Bereichen des Betriebes kann nicht über eine Schlichtungsstelle erzwungen werden. Die betriebliche Einführung bedarf der Zustimmung der Tarifparteien. Die Erweiterung des tariflichen Kataloges der Entgeltmethoden nimmt die Veränderungen in der industriellen Produktion auf: Durch neue Techniken und veränderte Organisationskonzepte nehmen die Bereiche zu, in denen es nicht in erster Linie auf die ständige Unterbietung einer vorgegebenen Leistung, sondern auf die konstante Einhaltung einer geplanten Leistung ankommt. Typisch für diese Arbeitssituation sind getaktete Bänder oder auch hochautomatisierte Anlagen. Zielentgelt Als neue Variante leistungsbezogener Entgeltmethoden enthält der ERa das Zielentgelt. Nach dem Tarifvertrag liegt eine Zielvereinbarung im Rahmen eines Zielentgeltes vor, wenn zwischen Arbeitgeber und einzelnen Beschäftigten oder Gruppen von Beschäftigten ein konkretes Ergebnis (Ziel) auf der Grundlage definierter Rahmenbedingungen festgelegt und wenn für die Erreichung dieses Ziels ein Zielentgelt gezahlt wird. ( 14 Ziffer (1)) Grundlage für die Einführung von Zielentgelt ist eine Betriebsvereinbarung, in der Einzelheiten, wie die Art von Zielen, Verfahren zur Vereinbarung, 21

Mit Era die Zukunft gestalten Rahmenbedingungen, Reklamationsverfahren usw. geregelt sein müssen. Außerdem schreibt der Tarifvertrag vor, dass nicht beliebige unternehmerische Ziele, die die Beschäftigten gar nicht beeinflussen oder nicht erreichen können, vorgegeben werden dürfen. Im Entgeltrahmen heißt es dazu:...zielen müssen zähl- und/oder messbare Bezugsgrößen wie Zeit, Menge, Qualität usw. zugrunde liegen. Sie müssen sich aus der Arbeitsaufgabe ergeben und von den Beschäftigten unmittelbar beeinflusst werden können. Die Ziele müssen nachvollziehbar und erreichbar sein. Umsatz oder Ertrag des Unternehmens sind ebenso wie Abwesenheit wegen eigener Krankheit keine Ziele, die im Leistungsentgelt vereinbart werden können. (ERTV 14) Mit der tariflichen Regelung zum Zielentgelt besteht jetzt erstmals die Möglichkeit, angemessen leistungspolitische Spielregeln in traditionellen Angestelltenbereichen zu verankern, die den Beschäftigten und der Interessenvertretung Rechte an die Hand geben, die einseitige Leistungsvorgaben und ständiges Drehen an der Leistungsschraube verhindern können. Das Zielentgelt stellt für IG Metall und Betriebsräte tarifpolitisches Neuland dar. Die betriebliche Umsetzung macht eine breite Diskussion über den besonderen Charakter dieser Methode erforderlich. Dazu gehört auch, dass bei der Zielvereinbarung ein besonderes Zusammenspiel von Tarifvertrag, betrieblicher Mitbestimmung und individueller Ebene vereinbart ist. Die spezielle Form der Arbeitsteilung zeigt das Schaubild. Regelungsebenen beim Zielentgelt tarifliche Ebene Im Tarifvertrag sind die Möglichkeit des Abschlusses von Zielvereinbarungen, die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats, das Reklamationsverfahren des Beschäftigten, die Absicherung von Mindestentgelten und Mindestanforderungen für das Verfahren bei Veränderungen und Störungen usw. geregelt. Der Tarifvertrag gibt Kriterien für mögliche Ziele vor betriebliche Ebene Zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat sind die im Betrieb zulässigen Ziele, das Verfahren zur Vereinbarung von Zielen, die Zuordnung von Zielerreichungsgraden zum Zielentgelt usw. in einer Rahmenbetriebsvereinbarung zu regeln. individuelle Ebene Zwischen Arbeitgeber und Beschäftigten sind konkrete Ziele in Zielvereinbarungsgesprächen zu vereinbaren. 22

Arbeitshilfe für Vertrauensleute und Betriebsräte Neben dieser besonderen Aufgabenteilung erfordert auch die Gestaltung der Rahmenbetriebsvereinbarung eine intensive Vorbereitung und Diskussion mit den Beschäftigten. Nur so kann eine sinnvolle und angemessene Entscheidung über zulässige Ziele getroffen werden. Außerdem ist die Einführung von Zielentgelt längst nicht in allen Bereichen sinnvoll. In den klassischen Bereichen der Produktion, in denen bei stabilen Rahmenbedingungen eine immer wiederkehrende Leistung verlangt wird, gehört die Zukunft dem Prämienentgelt. Deshalb sollte nicht gleich bei der Einführung von Era, sondern besser einige Jahre später und schrittweise Zielentgelt eingeführt werden. Detaillierte Empfehlungen für die betriebliche Umsetzung finden sich in der dritten Broschüre Entgeltgrundsätze (geplantes Erscheinen September 2005). ERa umsetzen die wichtigsten Schritte Kriterien für betriebliche Umsetzungskonzepte Die neuen ERa-Bestimmungen können und sollen nicht in allen Betrieben gleichzeitig, quasi über Nacht eingeführt werden. Die einzelnen Betriebe benötigen eine Vorlauf- und Vorbereitungsphase, die je nach Ausgangssituation unterschiedlich lang sein kann. Zudem kann es Phasen im Betrieb geben, die für die ERa-Umsetzung weniger günstig sind. Alles in allem wird es für jeden Betrieb und damit auch für die Verwaltungsstellen der IG Metall darauf ankommen, ein eigenes Einführungs- und Umsetzungskonzept und eine systematische Vorgehensweise zu entwickeln. Das geht sicherlich nicht nach einem fest gefügten Schema. Vielmehr sind die jeweiligen betrieblichen und örtlichen Besonderheiten zu berücksichtigen: So können in dem einen Betrieb bereits vorliegende ausführliche Arbeitsbeschreibungen als Basis für die Eingruppierung der Beschäftigten dienen. In einem anderen Betrieb fehlen bislang Arbeitsbeschreibungen oder Kolleginnen und Kollegen müssen sich zunächst für diese Aufgabe qualifizieren. In manchen Betrieben gibt es im gewerblichen Bereich einen eingefrorenen Akkord, andere haben gerade erst eine neue Prämie vereinbart. In dem einen Fall wird man über die Neugestaltung der Leistungsentlohnung nachdenken müssen, im anderen wird es möglicherweise nur um die Anpassung des neuen Prämiensystems an den ERTV gehen. In einigen Betrieben bzw. Abteilungen wird es bereits eine entwickelte Debatte über die Leistungsbedingungen im Angestelltenbereich und ihre mögliche Neuregelung geben, während andere hier völliges Neuland betreten. In dem einen Fall sollte geprüft werden, ob die Einführung von Zielentgelt bereits jetzt sinnvoll ist. In dem anderen Fall ist davon abzuraten. Auch die Strukturen in den Gremien können eine Rolle bei der Entscheidung über zeitliche Lage und Vorgehensweise spielen. Zum Teil wird es erforderlich sein, Kolleginnen und Kollegen in ERa-Fragen zu qualifizieren oder den Kreis der Aktiven zu erweitern. 23

Mit Era die Zukunft gestalten Die möglichen Ausgangsbedingungen und Umsetzungsszenarien sind so vielfältig, dass sie hier nicht annähernd dargestellt und erläutert werden können. Gleichwohl können Eckpunkte einer methodischen Vorgehensweise als Hilfestellung für die Umsetzung vor Ort dienen. Bevor jedoch auf die technischen Details der Umsetzung eingegangen wird, sollten die Ziele die die IG Metall mit der ERa-Umsetzung verfolgt, in Erinnerung gerufen werden. Sie dienen letztlich als Kompass für die tägliche Arbeit vor Ort. Diese Ziele stellen zugleich den Maßstab für die politische Bewertung dar. Ziele der ERa-Umsetzung Auf den ersten Blick mögen die Ziele, die wir mit der ERa-Umsetzung verfolgen, selbstverständlich erscheinen. Es geht um anforderungsgerechte Eingruppierung, Absicherung und/oder Verbesserung des betrieblichen Verdienstniveaus, faire Arbeitsund Leistungsbedingungen usw. Darüber hinaus geht es um mehr! Die IG Metall verbindet mit dem ERa-Projekt neben den entgeltund leistungspolitischen Zielen auch die Ausschöpfung tarifpolitischer betriebspolitischer und organisationspolitischer Chancen. Aus tarifpolitischer Sicht kommt es gegenwärtig darauf an, die tarifpolitische Kompetenz vor Ort zu stärken und die Geltung der Tarifverträge zu verbessern. Betriebspolitisch stehen wir vor der Herausforderung, unsere Interessenvertretungsarbeit durch die Einbeziehung weiterer Kolleginnen und Kollegen zu stabilisieren. Ergebnis aber auch Art und Weise der ERa-Umsetzung werden darüber mitentscheiden, ob es gelingt, neue Mitglieder zu gewinnen, bislang noch nicht berücksichtigte Beschäftigtengruppen einzubeziehen und auch neue Vertrauensleute zu werben. Alles in allem wird es darauf ankommen, dass das ERa-Projekt zu einer nachhaltigen Verbesserung unserer Arbeit vor Ort führt. Diese Ziele sind nur zu erreichen, wenn es gelingt möglichst viele Kolleginnen und Kollegen aktiv einzubeziehen. Aus diesem Grund setzen die nachfolgenden Eckpunkte einen starken beteiligungsorientierten Akzent. Von Beginn an sollten die IG Metall-Vertrauensleute eine tragende Rolle bei der Planung der Einführung des ERTV und dessen Umsetzung spielen. Die Umsetzung des neuen ERTV bietet die Chancen Entgelt- und Leistungsgerechtigkeit im Betrieb zu thematisierten. All dies geschieht aufgrund eines Tarifvertrages den die IG Metall mit und für ihre Mitglieder ausgehandelt hat. IG Metall-Vertrauensleute haben die Möglichkeit den Wert der Mitgliedschaft in der IG Metall deutlich machen. Bei der betrieblichen Auseinandersetzung um Eingruppierung und Leistungsbedingungen handelt es sich auch immer um Macht- und Durchsetzungsprozesse. Das sollten die IG Metall-Vertrauensleute zusammen mit den Betriebsräten sichtbar machen und selbstbewusst vertreten. 24

Arbeitshilfe für Vertrauensleute und Betriebsräte Phasenverlauf der ERa-Einführung Folgende Phasen der ERa-Umsetzung lassen sich grob unterscheiden: 1 2 Vorlaufphase: Betriebsrat und Vertrauenskörper (BR/VK) verschaffen sich einen ersten Überblick über die ERa-Inhalte An ersten Schulungsmaßnahmen teilnehmen (BR/VK) Diskussionen und erste Planungen im BR, der VKL und im VK Erste Infos an die Belegschaft (die wichtigsten Regelungen des ERa, was kommt auf uns zu? usw.) Erste Zuständigkeiten im Gremium klären: Was ist in der Vorbereitungsphase zu tun? Wer macht was? Wie können die Beschäftigten einbezogen werden?... Vorbereitungsphase: Umfassende betriebliche Bestandsaufnahme (Entgeltaufbau, Eingruppierungsspiegel, Arbeitsbeschreibung, Bestandsaufnahme Entlohnungsgrundsätze, Zeitlohn, Gehalt, Akkord und Prämie) Bestehende Betriebsvereinbarungen sichten Detaillierte Arbeitsplanung (BR, VK, Mitglieder) Umsetzungskonzept (z. B. Vorgehensweise in der Einführungsphase, Zeitpunkt der Einführung usw.) 3 4 Einbeziehung der Mitglieder bzw. der Beschäftigten zur Vorbereitung auf die Eingruppierung und Tätigkeitsbeschreibungen Gespräch mit dem Arbeitgeber über die Vorgehensweise in der Einführungsphase aufnehmen Rahmenbetriebsvereinbarung über die ERa- Einführung verhandeln und abschließen... (Nicht alle Punkte stehen in einer zwingenden zeitlichen Reihenfolge, z.t. werden auch Arbeiten parallel erledigt, Arbeitsplanungen korrigiert und Konzepte geändert.) Einführungsphase: Eingruppierung nach den tariflichen Bestimmungen Überführung bestehender Entlohnungsgrundsätze in neue Entgeltgrundsätze und/oder Neugestaltung Einführung ab X. Januar 200X... Konsolidierungsphase: Anwendung des ERa im Normalbetrieb Kontinuierliche Überprüfung des Eingruppierungsniveaus Von Zeit zu Zeit die Entgeltgrundsätze und Leistungsbedingungen auf den Prüfstand stellen... 25

Mit Era die Zukunft gestalten Ein Teil der hier aufgeführten Punkte versteht sich von selbst. Andere bedürfen einer ausführlichen Erläuterung und gliedern sich selbst wieder in unterschiedliche Arbeitsschritte. Die Vorstellung aller hier aufgeführten Meilensteine, würde sicherlich den Rahmen dieser Broschüre sprengen. Deshalb sind zwei weitere Broschüren vorgesehen, die ausführlich auf die Themen Eingruppierung und Gestaltung der Entgeltgrundsätze eingehen. Wir konzentrieren uns also in dieser Broschüre auf die ersten Schritte einer Bestandsaufnahme. Bestandsaufnahme Annäherung an die bestehenden Verhältnisse Voraussetzung für das zielgerichtete Vorgehen ist die genaue Kenntnis der betrieblichen Verhältnisse. Bei einer solchen Ist-Analyse sind drei Aspekte von besonderem Interesse: betrieblicher Entgeltaufbau Überblick über Eingruppierung und variable Entgeltbestandteile Überblick über Entgeltgrundsätze in den Abteilungen und Einschätzung der Leistungsbedingungen Betrieblicher Entgeltaufbau Die verschiedenen Entgeltbestandteile werden bei der ERa-Überleitung zum Teil unterschiedlich gehandhabt. So ist zwischen beispielsweise einer übertariflichen Zulage oder dem Prämienlohn zu unterscheiden. Eine Analyse des Entgeltaufbaus und die rechtliche Bewertung der einzelnen Entgeltbestandteile ist für die weitere Vorgehenswei- se des Betriebsrates unerlässlich. Vorteilhaft ist die Darstellung in Form einer Lohn- bzw. Gehaltssäule (siehe Seite 10 ). In den meisten Betrieben sind für die jeweiligen Entlohnungsgrundsätze mehrere Säulen zu erstellen. Für die rechtliche Bewertung der einzelnen Entgeltbestandteile wird es in vielen Fällen erforderlich sein, noch einmal die bisherigen Betriebsvereinbarungen zu den Entlohnungsgrundsätzen heranzuziehen. Überblick über die Eingruppierung und variable Entgeltbestandteile Wichtigstes Instrument für einen soliden Überblick über die Eingruppierung und den variablen Entgeltbestandteilen, ist ein Lohn- bzw. Gehaltsspiegel. Er erfasst die Zahl der Beschäftigten in den einzelnen Lohn- bzw. Gehaltsgruppen, in den einzelnen Entlohnungsgrundsätzen und Verdienstgrade. Unverzichtbares Hilfsmittel für die Erstellung des Lohn- bzw. Gehaltsspiegels ist die Bruttolohnund Gehaltsliste. Der Lohn- und Gehaltsspiegel macht spezifische Auswertungen nach unterschiedlichen Kriterien möglich. (z. B. wie verteilen sich die Leistungszulagen auf die einzelnen Gehaltsgruppen, usw.) Außerdem ist die systematische Aufstellung aller Arten von Arbeitsplätzen mit ihrer spezifischen Bezeichnung, der Zuordnung zu den Lohn- und Gehaltgruppen, der Anzahl der Arbeitsplätze, die unter die gleiche Funktion bzw. Bezeichnung fallen und der Schreibung der Entgeltgrundsätze sinnvoll. 26

Arbeitshilfe für Vertrauensleute und Betriebsräte Zunächst gibt diese Übersicht noch keinen Aufschluss über die Richtigkeit oder Fehlerhaftigkeit der Eingruppierung oder über die Arbeits- und Leistungsbedingungen, sondern gibt allenfalls Hinweise darauf, wie das Eingruppierungsniveau insgesamt aussieht, wie sich das Eingruppierungsniveau in den verschiedenen Betriebsbereichen oder Beschäftigtengruppen zueinander verhält, wie sich das Eingruppierungsniveau im Verhältnis zu anderen Betrieben darstellt, ob das bisherige Bild der Interessenvertretung von der Eingruppierungsstruktur einigermaßen zutreffend ist, wie sich die einzelnen Entgeltgrundsätze verteilen, wie unterschiedlich die Verdienstchancen je nach Entgeltgrundsatz sind, wie sich die Verdienstchancen über die unterschiedlichen Lohn- bzw. Gehaltsgruppen hinweg verteilen. usw. Die zahlenmäßige Besetzung der verschiedenen Lohn- und Gehaltsgruppen spielt in jedem Fall dann eine bedeutende Rolle, wenn die betriebliche Kostenbelastung durch die ERa-Einführung zu berechnen ist. Die quantitative Betrachtung stellt allerdings nur eine erste Annäherung an die bestehenden Verhältnisse dar. Sie ersetzt noch keine Überprüfung der Eingruppierung oder der Entlohnungsgrundsätze. Gleichwohl sind erste Schlussfolgerungen möglich. Über diesen Weg aufgedeckte Ungerechtigkeiten oder Ungleichbehandlungen der Vergangenheit bilden einen besonderen Merkposten für die Neureingruppierung. Entgeltgrundsätze und Leistungsbedingungen heute Beim qualitativen Blick auf die Eingruppierungssituation geht es nicht nur um tariftechnische Tatbestände und ihr Verhältnis zu einander. In vielen Betrieben finden sich sehr unterschiedliche Praktiken für die Eingruppierung. In der einen Abteilung existieren aktuelle Tätigkeitsbeschreibungen und es sind betriebliche Richtbeispiele für die Eingruppierung vereinbart. In einer anderen Abteilung ist das nicht der Fall. Deshalb gilt es, sich zunächst einen Überblick zu verschaffen und daraus Konsequenzen für die bevorstehende Eingruppierung zu ziehen. Außerdem sollte die aktuelle Einschätzung der Leistungsbedingungen in die qualitative Bestandsaufnahme aufgenommen werden. Für die Entscheidung des zukünftigen Entgeltgrundsatzes ist es bereits in der Phase der Bestandsaufnahme wichtig zu ermitteln, ob es zum Beispiel direkte oder indirekte Leistungsvorgaben gibt, obwohl bisher im Gehalt bzw. Zeitlohn gearbeitet wurde. Daraus sind Schlussfolgerungen für die Entgeltgrundsätze zu ziehen. Bereits zu diesem Zeitpunkt ist es wichtig, die IG Metall-Vertrauensleute, Mitglieder und Beschäftigte in den Umsetzungsprozess verantwortlich mit einzubeziehen. Die IG Metall-Vertrauensleute haben bereits zu diesem Zeitpunkt die Chance, sich als kompetente und zuständige Kraft einzubringen. Die Einbeziehung der Mitglieder in die Bestandsaufnahme sollte ganz bewusst gesehen und eingeplant werden. 27